Ventilationsteorie nimt man an, daß die hauptsächlich schäd­lichen Ausatmungsstoffe mit der gleichzeitig ausgeschiedenen Kolen­säure proportional sind, wonach folglich das Kolensäurequantum ein Maßstab wird für die Verunreinigung der Luft.

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Die Luft im Freien hält im Durchschnitt unter 10 000 Raum­teilen 3 bis 5 Raumteile Kolensäure, deren Zuwachs unter der Voraussezung einer vollständigen Mischung der Gase nicht über 10 auf 10 000 betragen darf. Ein erwachsener Mensch scheidet nun stündlich 20 Liter Kolensäure aus, weshalb bei einem Kolen­säurezuwachs von 10/10000 das Ventilationsbedürfnis pro Person und Stunde gleich 20 Rubikmeter*) wird. Wenn auch dieser Kolensäurezuwachs im allgemeinen als ein zu hoch bemessener gelten muß, so kann doch bei einer regelmäßigen Ventilation das Ventilationsquantum von 20 Kubikmeter pro Person und Stunde als ein vollkommen ausreichendes in Bezug auf die Luft in Sälen gelten, indem hier die verdorbene Luft teilweise bereits zur Abfürung gelangt, bevor sie eine vollständige Mischung mit der übrigen Salluft einzugehen vermag.

In neuerer Zeit findet die künstliche Ventilation, insbesondere für größere Lokalitäten, denn auch immermehr Eingang, und hat man sich für diesen Fall in der Tat dahin geeinigt, der Vorberechnung 20 Kubikmeter Lufterneuerung pro Person und Stunde zugrunde zu legen.- Die durch die Beleuchtung ent­stehende Verunreinigung der Luft wird aber hierbei zumeist völlig vernachlässigt, und erst ganz in neuester Zeit fängt man an, derselben mehr Beachtung zu schenken, wärend doch eine gewön­liche Gasflamme in gleicher Zeit etwa drei- bis viermal mehr Kolensäure produzirt, als ein erwachsener Mensch. Nach mehr­Nach mehr­fachen Versuchen hat sich herausgestellt, daß für mittlere Konsume des Leuchtstoffes ein Petroleumbrenner stündlich 60 Liter, eine Dellampe 32 Liter, eine Kerze 12 Liter und ein Gasbrenner pro Stunde 80 Liter produzirt. Hierbei komt noch in Betracht, daß bei der Verbrennung von Leuchtgas   und andern Materialien nicht nur Sauerstoff verbraucht und Kolensäure erzeugt wird, sondern es wird auch das so sehr gesundheitsschädliche Kolen­oryd in geringen Mengen entwickelt. Außerdem fürt das Leucht­gas Kolenwasserstoff und oft noch Schwefelwasserstoff mit sich. Der auffallend unangeneme Geruch der Petroleumlampe zeigt 3. B., wie viele unverbrante Stoffe diesem Leuchtstoff entweichen. Interessant ist es, zu beobachten, wie eine Gasflamme, die von einer elektrischen Lichtquelle beschienen wird, einen vollständigen Schatten wirft, und zwar in einer solchen Deutlichkeit, daß man die unverbranten Brengase genau abziehen siet.

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Um das Verhältnis der luftverderbenden Faktoren in einem größern Lokale festzustellen, sei hier der große Gürzenichsal in Köln  als Beispiel gewält. Derselbe faßt in Summa 2500 Menschen und wird durch 786 offene Gasbrenner erhellt, die mit Rücksicht auf die Kolensäure pro Sektion nach näheren Ermittelungen gleich 2600 Menschen zu rechnen sind. Diesem einfachen Tat­bestande gegenüber ist es zu verwundern, daß man für Lokali­täten, in denen eine regelrechte Lufterneuerung Schwierigkeiten macht, nicht schou längst allgemein dahin gelangte, solche Be­leuchtungskörper in Anwendung zu bringen, die ihre Verbrennungs­produkte direkt nach außenhin abgeben, umsomehr, da die Wärme­entwicklung derselben außerdem noch einen vorzüglichen Motor für die Lusterneuerung, betreffend die Menschen, abgeben könte.- Am deutlichsten wird dies, wenn die Wärmeproduktion der Flammen in Betracht gezogen wird. Man kann alsdann für 1 Liter ver­brauchtes Leuchtgas ca. 6 Wärmeeinheiten**) rechnen, was für den Gürzenichsal, bei seinem Gasverbrauche von 65 Kubikmetern pro Stunde, 65 000 x 6= 390 000 Wärmeeinheiten gibt.- Für die Wärmeentwicklung durch Menschen ist nach den neuesten Forschungen anzunemen, daß eine Person die Stunde 120 Wärme­eiuheiten abgibt an eine Salluft von+20 Grad Celsius, was für den beregten Sal 2500 x 120= 300 000 Wärmeeinheiten liefert, weshalb die Wärmeproduktion von Menschen und Beleuchtungs­flammen etwa in demselben Verhältnis zu einander steht, wie die Kolensäureentwicklungsmengen derselben.- Die gesamte Wärme­produktion beträgt hiernach für unser Beispiel 690 000 Wärme­einheiten. Nach dem mechanischen Aequivalente der Wärme ist 1 Wärmeeinheit gleich 430 Kilogrammeter und 1 Pferdekraft gleich 75 Kilogrammeter***). Will man daher wissen, welchem teoretischen

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*) 1 Kubikmeter 1000 Liter. 1 Gallon

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4,54345 Liter. ** Unter einer Wärmeeinheit wird hier diejenige Wärmemenge verstanden, die imstande ist, die Temperatur von 1 Kilogramm Wasser um 1 Grad Celsius zu erhöhen.

***) Unter 1 Kilogrammeter wird diejenige Arbeitsleistung ver­

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Arbeitswerte die 690 000 Wärmeeinheiten entsprechen, so braucht man diese von der Stunde nur auf die Sekunde zu reduziren, mit 430 zu multipliziren und hiernach durch 75 zu dividiren, um das Gesuchte in Pferdekräften zu erhalten. Dieses gibt 1099 Pferdekräfte. 1099 Pferdekräfte. Wenn man bedenkt, daß hiernach für einen Sal, der etwa 2500 Menschen hält, dem Ventilationstechniker über 1000 Pferdestärken als Motor, one irgendwelche künstliche Mittel zu Gebote stehen, so erscheint es wirklich als eine Fronie auf den gesunden Menschenverstand, wenn bei Ventilations­einrichtungen diese natürlichen Mittel meist gänzlich unbeachtet bleiben und dafür Ventilationsmaschinen oder dergleichen in der Stärke von einigen Pferdekräften angewendet werden. Ja, man get in dem Unverstande oft noch weiter und richtet die künstliche Ventilation so ein, daß die schlechte Luft, anstatt sie, ihrer ur­sprünglichen Stromrichtung gemäß, nach oben abzufüren, unten am Boden abgefürt wird, indem man hierbei den Standpunkt einnimt, daß, da die Kolensäure spezifisch schwerer ist, als die atmosphärische Luft, erstere nach unten sinke. Man vergißt hier­bei aber augenscheinlich, daß der Ausströmung eine lebendige Kraft innewont, die imstande ist, die Kolensäure, troz ihrer spezi­fisch größeren Schwere, sehr wol zu heben, sodaß nur dann, wenn die natürliche Ventilation nicht in ihrem ursprünglichen Strome sofort durch andre Mittel zur Unterstüzung gelangt, ein Sinken derselben eintritt. Außerdem vergißt man bei der Luft­abfürung am Boden, daß die Kolensäure in der hier vorkommen­den Verdünnung garnicht als das schädliche Agens in Betracht komt, indem es die sonstigen derselben beigemengten Exhalations­und Transpirationsstoffe sind, die den menschlichen Organismus hauptsächlich belästigen, und endlich noch die übergroße Wärme der Luft weit unangenemer auf denselben einwirkt, als die Un­reinheit derselben.

Von großer Wichtigkeit ist es daher, das Ventilationsbedürfnis aus der Wärmeentwicklung, die in einem Sale stattfindet, ab= zuleiten. Mit Rücksicht auf die Vermeidung von kalter Zug­luft ist hierbei von vornherein anzunemen, daß die Ventilations­lust nicht mit einer niedrigeren Temperatur als+12 Grad C. eingefürt werden darf, weshalb bei Außenlufttemperaturen, die diesen Temperaturgrad unterschreiten, eine Vorerwärmung der­selben durch Heizung bis zu 12 Grad C. erforderlich wird. Wenn wir ferner die wünschenswerte mittlere Temperatur eines Sales auf 20 Grad Celsius festsezen, die beständig er­halten bleiben soll, und welche dem menschlichen Organismus am besten entspricht, so wird die Temperaturdifferenz zwischen der Ventilationsluft und der Zimmerluft gleich 20 weniger 12, gleich 8 Grad C., um welche die Ventilationsluft erhöt wird und erhöt werden darf. Um nun zu berechnen, wieviel Wärme­einheiten erforderlich sind, um 1 Kubikmeter Luft um 8 Grad C. zu erwärmen, hat man das Gewicht von 1 Kubikmeter Luft bei 20 Grad C. mit 1,3 Kilogramm, sowie die spezifische Wärme*) der Luft, die 0,24 beträgt, in Ansaz zu bringen. Es ergibt sich hiernach, daß zur Erwärmung von 1 Kubikmeter Luft um 8 Grad C. 1,3 x 0,24 x8= 2,496 Wärmeeinheiten erforderlich sind. Nemen wir als Beispiel wieder den Gürzenichsal in Köln  , für welchen, wie wir gesehen, die stündliche Wärmeproduktion 690 000 Wärmeeinheiten beträgt, so wird nach der Wärmeteorie das Gesamtventilationsbedürfnis gleich 2,496

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690 000

276442 2500+ 2600

=

oder gleich

54 Kubikmeter

276 442 Rubikmeter, was bei dem Vorhandensein von 2500 Men­schen und einer Flammenanzal, die gleich 2600 Menschen wirken, einem Ventilationsbedürfnis von pro Person und Stunde gleichkomt. Das will sagen, daß zwecks Külhaltung der Salluft auf konstanten 20 Grad C. pro Stunde ein Ventilationsquantum in dieser Höhe notwendig ist, wärend nach der Kolensäureteorie nur 20 Kubikmeter verlangt werden. standen, die ein Gewicht von 1 Kilogramm um 1 Meter lotrecht zu heben vermag. Eine Wärmeeinheit ist hiernach also imstande, ein Gewicht von 1 Kilogramm um 430 Meter lotrecht aufzubewegen. Bei b. i. die Sekunde, mit in Betracht, weshalb man unter einer Pferde­dem Begriffe der maschinalen Pferdekraft komt noch die Zeiteinheit, kraft diejenige mechanische Arbeitsleistung verftet, die imstande ist, in i. die Sekunde, mit in Betracht, weshalb man unter einer Pferde­einer Sekunde ein Gewicht von 1 Kilogramm um 75 Meter zu heben.

*) Mau nent die spezifische Wärmemenge einer Substanz diejenige Wärmemenge, die erforderlich ist, um die Temperatur von 1 Kilogramm der Substanz um einen Grad des hundertteiligen Termometers zu er­höhen, wobei die spezifische Wärme des Waffers gleich 1 gesezt wird.