5) Die beiden Pyramiden repräsentiren die ersten Erem­plare königlicher Gräber des alten Reiches, die mit hiero­glyphischen Inschriften versehen sind, und diese Inschriften ent­halten nicht nur die vollständigen Namen der begrabenen Phara­onen, sondern machen uns auch zum ersten mal mit einer langen Reihe von religiösen Sprüchen aus dem Buche der Toten" der Altägypter bekant.

6) Die Inschriften erwänen auch des Sternes Pothis( Si­rius), des Gestirnes Sahir( Orion), des Planeten Venus   und konstatiren daher die Kentnis der Astronomie in den so weit ent­schwundenen Zeiten der sechsten Dynastie.

7) Die Gänge und die Totengemächer im Innern der Pyra­miden, sowie die Sarkophage, die Mumien und die Gegenstände, die daselbst gefunden wurden, hatten durch äußere Eingriffe viel zu leiden. Vieles ist nämlich von Dieben, die sich vor Jarhun derten in die Pyramiden einschlichen, gestolen worden. Wie es scheint, zerbrachen diese Diebe auch alles, was ihrer Raublust Schwierigkeiten entgegenstellte.

8) Die Entzifferung der zalreichen in den Kalksteinen der Py­ramiden eingemeißelten oder gemalten Inschriften ist von der höchsten Wichtigkeit für die Wissenschaft. Sie enthüllen uns zum ersten male die genaue Kentnis der feologischen Ansichten und die

de succès

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II.

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Kulturgeschichte einer Epoche, die bis jezt nur in wenig mytho­logischen Namen, welche man in den Gärten zu Giseh   und Sak­ kara   vorfand, Erinnerungen ihrer Existenz zurückgelassen hatte. Diese Inschriften geben außerdem ganz neue Aufschlüsse über die Sprache, die Grammatik, die Syntax und die Schreibart der aller­ersten Sprache des pharaonischen Agyptens.

Nachdem Mariette meinen Bericht gehört, ergriff er meine Hand, Tausend Danf," flüsterte er ,,, für Ihren Bericht. Was Sie mir mitteilen, ist höchst merkwürdig und wiegt das Serapeum auf, daß Sie gesehen und mit mir vor 30 Jaren studirt haben. Aber werde ich jemals diese Pyramiden sehen? Umarmen Sie mich und kommen Sie bald wieder zu mir!"

Einige Tage später fehrte ich wieder zu Mariette zurück. Er fonte nicht mehr sprechen. Ich sah ihn zum lezten male. Am 18. Januar hauchte er seine Seele aus.

Ich hatte einen Freund verloren, der mich seit dem Jare 1850 geliebt hat. 1850 geliebt hat. Am 18. Januar 1850 eröffnete er mir zum erstenmale die Pforte des Serapeums*).

Heinrich Brugsch  ."

*) Serapeum wurde das Heiligtum des unterweltlichen Gottes Serapis zu Memphis   genant.

Ein Ritter vom Grist.

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Man spricht von einem Embarras de richesse von einer Verlegenheit des Reichtums, es gibt aber auch einen Embarras eine Verlegenheit des Erfolgs. Man kann zuviel Erfolg haben: Disraeli   ist ein Beweis dafür. Der wunderbare Erfolg, den Disraeli   seinem wunderbaren Willen verdankt hat, ist seinem Dichter- und Schriftstellerruhm verhängnisvoll geworden: der Dichter und Schriftsteller Disraeli   hat schwer unter dem Politiker Disraeli   zu leiden gehabt. Nicht daß der Politiker in ihm den Dichter und Schriftsteller geschädigt hätte im Gegen teil, er gibt ihm erst sein innerstes Wesen, aber er hat ihn seiner Lorbeeren beraubt, wenigstens sie stark gekürzt. Die Welt ist gegen den Schriftsteller und Dichter Disraeli   ungerecht, aus lauter Bewunderung für den Politifer Disraeli  . Niemand kann sich denken, daß ein so bedeutender Staatsmann auch ein bedeu­tender Schriftsteller und Dichter sein könne. Seine Dichtwerke werden nicht ernsthaft genommen, sie werden als Kuriositäten, als Nebenbeschäftigungen, als geistreicher Zeitvertreib betrachtet und aus Bewunderung für die Person des Verfassers-unter­schäzt.

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Und doch hätten grade die Engländer aus ihrer Geschichte lernen können, daß praktische Staatsmanschaft sich sehr gut mit hervorragenden schriftstellerischen Leistungen verträgt. Waren doch Baco von Verulam und Thomas Morus   von anderen, fleineren nicht zu reden ebenfalls Kanzler von England, Vor­gänger Lord Beaconsfields am Steuerruder Großbritanniens  . Wäre Disraeli   nie ins Parlament gekommen und wäre sein Name nie in der Politik genant worden, so würde er sich durch seine Romane einen dauernden Namen gemacht haben. Für den Augenblick, und wol auch auf einige Zeit hinaus, durch den politischen Glanz ihres Urhebers verdunkelt, werden sie über kurz oder lang nach ihrem waren Werte geschäzt werden und einen wolverdienten Plaz neben den besten Romandichtungen des nach­scott'schen England einnemen.

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Der Politiker Disraeli   und der Romanschreiber Disraeli   ge­hören zu einander, und in den Romanen Disraeli's spielt auch die Politik eine große Rolle, trozdem ist es ganz falsch, was von vielen Rezensenten behauptet wird: daß die disraeli'schen Romane eigentlich nur poetisirende Leitartikel seien. Das ist entweder ein schlechter Wiz oder die Rezensenten haben die disraeli'schen Romane nicht gelesen.

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Wenn die Politik in denselben eine große Rolle spielt, so hat das seinen sehr natürlichen Grund in der Lebensstellung und Beschäftigung des Autors. Der Dichter soll in das Leben hinein greifen. Hineingreifen kann er aber nur in das Leben, welches ihn umringt. Und das hat Disraeli   getan. Hiermit ist auch zugleich der andre Vorwurf widerlegt, Disraeli   habe namentlich in seinen späteren Romanen nur Personen und Zustände der höheren und höchsten Gesellschaft vorgefürt. Das ist zum Teil

( Schluß.)

falsch, und soweit es nicht falsch, kein Feler. Daß Disraeli   in allen Klassen und Ständen den Menschen zu finden wußte, das hat er durch seine Sybil" gezeigt, welche die englische Arbeiter­bewegung zu Ende der dreißiger Jare behandelt, und daß er von der Lage der Fabrikarbeiter in den großen Industriezentren, und von den Bestrebungen der Gewerkschaften und der Chartisten die glänzendste und doch treueste Schilderung gibt, welche die Literatur fent. Das einzige Werk, welches ihr nahe komt, ist Kingsley's Alton Locke".

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Und daß Disraeli's   Feder nicht durch die Politik ausschließlich gelenkt ward, zeigt uns das in der Farbenpracht des Hohenlieds funkelnde Heldengedicht in Prosa: David Alroy", die Geschichte einer der mittelalterlichen Judenerhebungen gegen die Muhame­daner. David Alroy hat das Blut des Königs David in den Adern, er brütet lange darüber, wie er sein niedergetretenes Volk wieder zu Ehren bringen kann: ein Streit mit einem muhame­danischen Prinzen, den er tötet, macht seinem Brüten ein Ende, zwingt ihn zur Tat,- er wallfartet nach Jerusalem  , erlangt das geheimnisvolle Szepter Salomos   und entfaltet die Fahne der Rebellion. Siegreich, solange er den Willen des alttestamentari­schen Gottes und der rechtgläubigen Priesterschaft vollstreckt, be­gint er zu sinken im Moment, wo er sich von Gott   und der Priesterschaft abwendet. Vor dem Tode aber versönt er sich mit Jehovah und fühnt seine Schuld. Disraeli   selbst hat durch­

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Wenn man dieses merkwürdige Epos es eine ,, wondrous tale", wunderbare Erzälung, genant liest, glaubt man abwechselnd das Hohelied, Davids   Psalmen oder das Buch der Maktabäer vor sich zu haben.

Disraeli   hat auch ein Drama geschrieben:" Count( Graf) Alarcos": Alarcos, ein Vetter des Königs von Kastilien, ist mit dessen Tochter verlobt, wird durch die Königin, deren Liebe er verschmät, zur Entfernung vom Hof genötigt, heiratet eine andre, sucht aber hernach doch die Hand der Königstochter zu erlangen, und verstrickt sich, vom Ehrgeiz getrieben, in ein Nez­werk verbrecherischer Intriguen, in welchem er zulezt sich selbst fängt und zugrunde get. Eine reiche, ja üppige Phantasie, eine blendende, bilderreiche Sprache und wiziger Dialog, die in feiner Dichtung Disraeli's felen, zeichnen auch diese Tragödie aus, können jedoch die Tatsache nicht verhüllen, daß Disraeli   bei all' seiner dramatischen Kraft für das Drama keinen Beruf hatte.

Mit dem Vivian Grey", der 1826 erschien, fand Disraeli  sein eigentliches Genre: den sozialpolitischen Roman. Hier ist er er selbst; und hier wirft er den Schatten seiner kommen­den Größe voraus. Schon das Motto ist charakteristisch und prophetisch:

Why then, the world's my oyster, Which I with sword will open.

Die Welt ist meine Auster; ich will sie mir mit dem Schwert öffnen.