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gezeichnet, die respektable Leistung, welche zwischen den ersten Tagen des August und Mitte September des blutroten Jares 1870 unsern werten Bedalen zugemutet wurde. Wer da weiß, was es sagen will, so ungefär 40 Tage hintereinander mit einem oder höchstens zwei Ruhetagen dazwischen täglich drei bis sieben Meilen mit vollem Soldatengepäck auf dem Körper, alles in allem wol mehr als ein halber Centner schwer bei glühendem Sonnenschein in endloser, meilenlange Staubsäulen aufwirbelnder Marschkolonne, oder bei vielstundenlang strömendem Regen bald über wildzerklüfteten Felsboden, bald durch lehmiges Aderland oder sumpfiges Wiesenterrain vorwärtshezen, der kann sich einen schwachen Begriff machen von der Stimmung, welche sich allgemach in dem Schreiber dieser Zeilen festsezte,-- mit Worten darlegen läßt sie sich nicht.
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Nur ein einzigesmal war ich so recht bis in die tiefsten Falten meines Herzens hinein froh das war unmittelbar nach der Schlacht bei Sedan , als beim Regiments appell, der dem Dankgottesdienst für die gewonnene Schlacht folgte, unser Oberst mitteilte, daß der Krieg nun zu Ende sei. Der Kaiser Napoleon sei mit seiner ganzen Armee gefangen, Frankreich bleibe nichts übrig, als Frieden zu schließen, einen Frieden, den die Großmut des Siegers dem unglücklichen Lande gewiß nach äußerster Möglichkeit erleichtern werde, und wir würden binnen kürzester Frist zurückkehren zu Vater und Mutter, zur Geliebten oder zu Weib und zu Kind. Dem harten, eisenfesten Manne standen die Tränen in den Augen und die Stimme versagte ihm mehr wie einmal, als er uns die Friedensbotschaft verkündete, und es waren gewiß, nur wenige im Regiment, die sich nicht wundersam ergriffen fülten in jenen Augenblicken.
Friede! Friede! schallte es jubelnd aus den deutschen Soldatenfehlen, und Arm in Arm zogen wir in unsre Quartiere, um die Vorbereitungen zum würdigen Genusse der beiden Ruhetage zu treffen, welche uns der Regimentskommandeur als Vorgeschmack der kommenden Friedensfreuden bewilligt hatte.
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Der mir liebste unter meinen Kriegskameraden, Schulz mit Namen, der zum Gymnasialoberlehrer als welcher er nun schon seit einer Reihe von Jaren tätig ist unvergleichlich mehr Talent hatte, als zum Kriegsknecht, schlenderte mit mir in seelenvergnügter Gemeinschaft nach unsrer Behausung. Der Freund machte sich sofort daran, unsre troz aller Kriegsfeindschaft nicht unfreundliche französische Wirtin zu bewegen, uns eins ihrer zalreichen Hühner zu braten, wärend ich in der Nachbarschaft auf den Weinkauf ging.
Es mochte nachmittags drei Uhr sein, als das Huhn, köstlich duftend und fertig zum Verspeistwerden, auf dem Tische in unsrer Dachstube stand und daneben ein Kochgeschirr, mit prächtig mundendem Rotweine ganz und ein anderes noch halb gefüllt. Eben hatten wir uns am Tische niedergelassen jeder griff nach einem der Kochgeschirre, und der Freund rief:" Der Friede soll leben!" Und die Vernunft und der Edelsinn der Menschheit wachsen und gedeihen, daß dereinst der Friede nicht mehr zu kommen und zu gehen brauche, sondern heimisch werde!" entgegnete ich.
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fie erklangen so Im nächsten da
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Wir stießen mit unsern Riesenpokalen an recht häslich blechern, aber wir fehrten uns nicht daran. Augenblick wollten wir dem Huhn an den saftigen Leib Teufel! Was war das? Wir sprangen beide hoch auf Schulz fiel das Taschenmesser, mit dem er das Huhn zu tranchiren im Begriff gewesen, unter den Tisch, und ich hätte in einem Hare mein noch nahe an zwei Liter des herrlichen Rebenblutes haltendes Kochgeschirr umgestoßenTrommelwirbel tönten von der Gasse zu uns herauf, jene energifchen, aufrüttelnden, verhängnisschwangeren Trommelwirbel des Generalmarsches.
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Ist denn das möglich?" schrie Freund Schulz entfezt. Es ist ja Ruhetag und Friede, Friede!" Ich war mit einem Saze am Fenster gewesen. Ich wußte selbst nicht, wie mir geschah aber ich sah, unsere Ohren hatten sich nicht getäuscht aus allen Häusern quollen sie bereits hervor, tornister und mantelbepackt, mit dem Gewehr auf der Schulter, atemlos die einen puterrot vor Aufregung, die andern leichenblaß vor Schreck aber alles in zauberhafter, von echt preußischer Disziplin gezeugter und gelenkter Lebendigkeit.
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die Räder der RiesenDa gab's auch für uns kein Besinnen maschine Militarismus waren wieder in Bewegung, wer nicht zermalmt werden will, muß sich willenlos fortreißen lassen.
Wir sprachen kein Wort blizschnell ging's in die Stiefeln und den Waffenrock hinein, das Huhn nam ich an den Beinen und Schulz am Schopfe, und unbarmherzig wurde es mitten auseinandergerissen, um, von alten Zeitungsblättern umhüllt, in unserm Brotbeutel zu verschwinden, dann noch ein Riesenschluck von dem Wein, darauf der diesmal vergeblich lockende Inhalt geleert in die Schüsseln und Teller, der Tornister im Fluge zurechtgemacht, umgeworfen, der gerollte Mantel drüber, den Helm auf den Kopf, das Bündnadelgewehr in die Faust, und kaum fünf Minuten nach unserm Hoch auf den Frieden jagten wir in raschestem Laufschritt durch die Gassen, dem Sammelplaz unsrer Kompagnie zu, wo wir eben noch rechtzeitig, aber beinahe als die lezten, ankamen.
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Antreten! Das Gewehr über! In Sektionen rechts brecht ( Schluß folgt.) vorwärts marsch!"
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Nomadenzelt in Algerien .( Bild S. 400.) Noch ist der Streit zwischen England und den südafrikanischen Bauern nicht endgiltig geschlichtet, als schon wieder ein Konflikt, der zwischen der französischen Republik und nordafrikanischen Stämmen ausgebrochen ist, nicht minder unser Interesse in Anspruch nimt. Seit Jarhunderten haben die hier in Frage kommenden eingebornen Volksstämme mit den zivilisirten Staaten Europas in Fehde gelebt die Vorfaren der Kabylen, die Numidier, machten schon den Karthagern und Römern zu schaffen- bis sie endlich nach den blutigsten Kämpfen in diesem Jarhundert von den Franzosen unterworfen wurden und leztere selbst im Jare 1830 dort die Kolonie Algerien begründeten. Damit war aber noch lange kein dauernder Frieden gestiftet. Im Gegenteil folgte von dem Zeitpunkte der Besizergreifung Algiers durch Frankreich ein Aufstand dem andern und diese Rebellionen gegen die Usurpatoren wurden von den lezteren oft in der grausamsten Weise unterdrückt, so daß wir zur Charattrisirung der französischen Kriegfürung in Algier nur den Namen des französischen Generals Pelissier zu uennen brauchen. Daher komt es denn auch, daß der sehr zweifelhafte Ruhm einer nordafrikanischen Kolonie von Frankreich , je nach der Stärke der militärischen Manschaften, welche dort benötigt sind, oft mit 40-60 Millionen Franken järlich bezalt wird. Mit zu diesem Umstande trägt bei, daß das Projekt einer Kolonisation dieser Provinz als vollständig mislungen bezeichnet werden kann, denn von der Gesamtbevölkerung Algeriens , die im Jare 1872 2414 218 Röpfe betrug, wurden one die 67 774 Mann Soldaten nur 217-990 Europäer gezält und von diesen waren wiederum nahezu die Hälfte Spanier, Malteser, Deutsche, Italiener und Schweizer , wärend den Franzosen noch die nach 1870 sich in Algier niedergelassenen Elsässer und Lothringer zugeteilt sind. Die Gesamtzal der seßhaften Bevölkerung betrug 1872 inklusive sämtlicher Europäer überhaupt nur 4862 272; wohingegen der weit größere Rest ein Nomadenleben fürt. Von den zwei Völkern, aus denen sich die dortigen Eingebornen zusammensezen, ist es der Stamm der Araber und von diesem wieder hauptsächlich die Beduinen, welche man als Nomaden oder Zeltbewoner bezeichnet. Sie treiben Ackerbau und Viehzucht, und zwar vornemlich auf den von Bergen und fruchtbaren Tälern durchzogenen, an der Küste des Mittelländischen Meeres gelegenen nördlichen Streifen Algeriens und wonen nur in Zelten oder Reisehütten. Eine dieser Wonungen nebst Insessen stellt unsere Illustration dar. Ihre in der Sahara lebenden Stammesgenossen beschränken sich jedoch nur auf die Viehzucht. Der andere Volksstamm, die Berbern, resp. deren Abkömlinge, bewonen, 70 000 Köpfe stark, die Provinz Konstantine, das Vaterland ihrer alten Vorfaren: Numidien . Von den Eingebornen ist zu den dauernd seßhaften Bewonern der Städte nur der Maure zu zälen; er ist jedoch verarmt und im Absterben begriffen. Dazu komt noch ein kleiner Bruchteil Neger, die seit 1848 von der Sklaverei befreit wurden, und 33120 Juden. In Konfessionen geteilt, bestet die algerische Be völkerung außer den genanten Jsraeliten, aus 200 000 Ratolifen, 12000 Protestanten und der Rest sind Mohamedaner. Zwischen lezteren und den übrigen herscht ein bedeutender Haß, der denn auch immer wieder zu neuen Kämpfen fürt. Das Klima in dem 669 000 Qu. Kilometer großen Algerien ist änlich dem Italiens , Spaniens und Süd- Frankreichs. Früher war es sehr ungesund, jezt jedoch ist in dieser Beziehung ein Fortschritt zu verzeichnen, da die vorrückende Boden- und Waldfultur viel zur günstigen Gestaltung dieses Umstandes beiträgt. Die Be bauung des Bodens läßt allerdings noch viel zu wünschen übrig, denn einmal stellt sich ihm der Naturzustand des Landes, das anderemal die mangelhafte Bewässerung entgegen. Kultivirt sind 242 Millionen Hettaren und diese liefern ca. 12 Millionen Hektoliter guten Weizen, Hülsenfrüchte und Hafer. Ferner baut man viel Olivenflanzen und neuerdings in der Umgegend der Stadt Algier feine Gemüse, besonders Frühgemüse, die nach Paris und London ausgefürt werden. Mit Erfolg baute man auch wärend des nordamerikanischen Bürgerkrieges Baumwolle für den französischen Markt. Feiner Tabak, järlich 100 000 Hektoliter mittleren Wein und ca. 15000 Kilogramm Kotons als Ergebnisse der Seidenraupenzucht kommen noch hinzu, und endlich hat durch die Regulirung des Bewässerungssystems auch die Zucht der Dattelpalme viel gewonnen. Den größten Feind hat aber der Ackerbau in den Heuschrecken, welche pft die ganze Ernte verwüsten. In der Viehzucht stet als Resultat das Pferd obenan; ihm folgen zalreiche Hornviehheerden und eine bedeutende Schafzucht. Dahingegen liegt die Waldkultur sehr im argen und ebensowenig ist der mineralische Reichtum des Landesaußer dem Golde sind alle Metalle vertreten genügend gewürdigt worden. Wie leicht erklärlich, ist die Industrie noch sehr zurück und bestet die Haupttätigkeit nach diefer Richtung nur in der Erzeugung von Rohprodukten, die dann nach außerhalb, namentlich Frankreich , exportirt werden. Doch ist in den Küstenstädten auch die Weberei im Schwunge und auch in der Sahara bildet das Weben der verschiedensten Stoffe schon von Alters her eine Hauptbeschäftigung der Bevölkerung. Daneben gibt es wol einige Cigarrenfabriken, 2 Seidenspinnereien, 1 Papier fabrik und eine größere Anzal Schneide- und Delmülen. Der Handel zeigte 1869 einen wirklichen Wert der Gesamt- Einfur von 118,9 Millionen Franks und eine Ausfur von 254,9 Millionen Franks. Die Bevölkerung steigt sehr langsam nach dem uns zur Verfügung stehendem Material hat sie sogar abgenommen was seinen Grund in den Hungerjaren und den unsichern politischen Verhältnissen hat. Das Zivilisationswerk der christlichen Europäer bestet bekantlich in der Ausrottung der Naturvölker. Auf der einen Seite fließt man über im patriotischen
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