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Mode zu bringen," seine Lippen umzuckte es in leichter Ironie, ,, und dazu gehört weniger Kunst als Routine."
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,, Und Sie sind garnicht neugierig, sie wiederzusehen?" Friz neigte gegen Marie mit einiger Verbindlichkeit den Kopf: Ich werde die Ehre haben, mit ihr zu singen, und ich werde mich ihr daher vor der Probe vorstellen."
,, Nicht früher!" machte Marie mit einem Ausruf des Bedauerns, und dann in naiver Vertraulichkeit: Wissen Sie, daß Elvira Ihnen weit mehr Interesse und Freundschaft bewart hat, als Sie für sie noch übrig zu haben scheinen."
Sie wußte von meinem Debut in der Fenice?" fragte Berger rasch und mit einiger Schärfe.
Freilich, und von ihr habe ich's zuerst erfaren; sie hat Sie vor einigen Monaten singen gehört, und sie ist der Meinung, daß Sie nur einiger Protektion bedürfen, um vorwärts zu kommen und Ihr Glück zu machen."
Auf seinen mänlichen Wangen flamte ein dunkles Rot auf. ,, Dann verdanke ich wol ihr diesen Ruf hierher, der mich in meiner Unbedeutendheit immer gewundert hat? Und ihrer Verwendung ist es wol zuzuschreiben, daß mir der Impresario dreihundert Francs für mein jedesmaliges Auftreten bezalen will, was ich vollends garnicht begreifen konte?"
,, Das weiß ich nicht," sagte Marie einfach, aber ich weiß, daß Elvira es von ganzem Herzen wünscht, daß Sie recht bald in die Lage kommen möchten, Minna zu heiraten und glücklich zu werden."
Ich danke ihr," sagte er trocken, aber ich hoffe mir dies Glück selbst zu erringen und allein zu verdienen." Er schwieg einen Augenblick, dann wante er sich wieder an Marie, und seine Stimme flang so hell und seine Augen blizten so freundlich wie zuvor. Ich laufe jezt fort, mich treibt es hinaus, dieser Märchenwelt entgegen."
,, Aber Sie kommen bald wieder, Sie müssen bei uns wonen, Friz. Alfred freut sich so sehr darauf, und ich habe auch schon. eine leere Stube für Sie zurecht gemacht, freilich sehr dürftig?"
,, Marie," sagte Friz in seinem wärmsten Ton, meine teure Schwester, ich möchte Ihnen um keine Welt eine Unbequemlich feit verursachen, aber sobald Sie schon für mich vorgesorgt haben, neme ich's mit Freuden an. Es wird mir woltun, ein wenig einer Familie anzugehören, und Klein- Marietta darf auch nicht vernachlässigt werden; aber trozdem werden Sie mich nicht allzu häufig zuhause haben, ich werde mich sehr viel auf den Straßen herumtreiben, ah, ich kann es kaum erwarten, hinauszukommen." ,, Als ein echter Vagabund, der Sie sind," bemerkte Marie und lachend schüttelte sie ihm die Hand, die er ihr zum Abschied entgegenstrecte.
Erst am Nachmittag kehrte Friz in das Haus seines Freundes zurück. Alfred hatte ihn schon mit Ungeduld erwartet und begrüßte ihn nun auf das herzlichste. Er zeigte sich von dem Auftreten und dem veränderten Wesen seines Jugendfreundes angenem überrascht. Er fand ihn so kraftvoll in seinem Aeußern und den noch von einer ganz ungesuchten Noblesse, welche er ihm vorher nicht zuerkant. In diesem Augenblick lag eine schöne Begeisterung in seinen Augen.
Friz gestand auch, daß er sich in einem Rausch des Entzückens befinde, in den Venedigs Eigenart, seine Pracht und Schönheit ihn versezte. Er begann dem Freunde die Eindrücke zu schildern, die es auf ihn hervorgebracht, und die auf ihn, der jarelang den Anblick großer erhabener Kunstschöpfungen entbehren mußte, überwältigend gewirkt hatten.
Wenn ein Funke fünstlerischen Empfindens in einem Menschen wont, hier muß er zur Flamme sich entfachen," rief er; hier oder nirgends muß jede künstlerische Individualität zum Durch bruch kommen."
Plözlich hatte er selbst ein Stück Kole in der Hand, und nun schilderte er dem Freunde eine Straßenszene, welche er heute mit angesehen, und welche ihn durch ihren Humor und in ihrer Charakteristik gefesselt hatte, und wärend er sprach, gleichsam veranschaulichend, stizzirte er die ganze Szene auf die Rückseite eines aufgespanten Sarton, der vor ihm auf einer Staffelei stand. Dann sezten sie sich davor und sie lachten beide über die gelungene, so äußerst realistische Darstellung.
,, Man fiet, du hast in den vier Jaren deine Kunst nicht ganz vernachlässigt," sagte Alfred.
" Ich habe nichts gemacht, was unter diese Rubrik gezält werden dürfte."
„ Und heute siehst du, daß dennoch ein künstlerisches Können in dir ruht, das-"
" Heute füle ich, daß ich das Auge eines Künstlers habe, und daß das Schöne eine Begeisterung in mir erweckt, und ein Gefül der Wonne, das unbeschreiblich ist."
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„ Und das uns doch nur dann ergreift," erwiderte Alfred, wenn unser Gemüt frei ist, das Auge hell, wenn unser Geist nicht bedrängt und gequält ist von den kleinlichen Sorgen des Lebens. Es braucht die ganze volle Kraft unseres Wesens, um das Empfangene zu verarbeiten, daß es sich in unser Ich auflöse, um es dann als selbständige Schöpfung wieder zu geben." Friz sah den Freund betroffen an, das hatte so befremdlich geklungen, so gepreßt.
Er bat ihn hierauf, ihm seine Arbeiten zu zeigen, seine künstlerischen Entwürfe.
" Ich habe nicht viel zu Hause," sagte Alfred halb lachend, von fertigen Bildern nichts, was mich befriedigt.
Einige Studien werde ich dir zeigen, morgen, ich habe sie in Portefeuilles vergraben, diese dürften dir vielleicht gefallen." Alfred lachte. Friz aber meinte, wer zulezt lacht, lacht am besten.
Jezt ward die Tür leise aufgemacht, und Marie trat herein. Sie trug ein seidenes Kleid, das jedenfalls für feierliche Gelegenheiten bestimt und dafür zurückgelegt, das aber niemals hübsch und nun ganz unmodern geworden war.
Sie schien sich auch nicht behaglich darin zu fülen; sie blieb an der Türe stehen, und schüchtern und verlegen blickte sie zu ihrem Manne herüber.
„ Elvira hat die Gondel geschickt, uns zum Diner abzuholen," meldete sie,„ ich neme die kleine mit, und da möchte ich denn gleich einsteigen, wenn es dir recht ist."
Alfred hatte seine Frau mit keineswegs zufriedenen Augen gemustert. Wie schlecht trug sie sich auch, wie ungünstig sah sie aus. Er hatte seine Frau niemals in Gesellschaften gefürt, er hatte sich um ihre Toilette niemals gekümmert, aber heute irritirte es ihn, daß sie in einer solchen, die auch nicht den geringsten Ansprüchen auf guten Geschmack genügen fonte, bei ihrer eleganten Schwester sich einfinden, an seinem Arm in ihren Salon treten sollte.
Sie mußte geradezu lächerlich erscheinen und er mit ihr. Seine Stirne zog sich finster zusammen. Friz war indes auf die junge Frau zugegangen. Es hatte ihn eigentümlich berürt, fie so demütig, so zaghaft an der Schwelle stehen zu sehen, die fragenden Augen ihrem Manne entgegen gewant, der gleichwol noch mit keiner Silbe ihr geantwortet; er hatte ihre Hand ergriffen und sagte nun teilnamsvoll:" Sie sehen echauffirt aus, Marie, Ihre Wangen glühen, Ihre Hände zittern." Sie sah ihn an und mit einem verschämten Lächeln flüsterte sie:„ Ich habe Herzklopfen."
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Wovon Marie, weshalb?"
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Dieser Besuch bei meiner Schwester regt mich auf- ich fürchte mich davor ich bin so lange nirgend hingekommen und es soll so elegant bei ihr sein sie empfängt so feine Gesellschaft- wie werde ich mich da zurechtfinden." Sie hatte es flüsternd, nur in abgerissenen Säzen hervorgebracht, ihr Mann hatte gleichwol den Sinn ihrer Worte sehr gut erfaßt.
Sie ist immer noch die Kleinstädterin in allem und jedem," äußerte er scherzend gegen Friz.
Es sollte eine Entschuldigung sein und wurde zu einer bitteren Anklage. Dann trat er an seiner Frau heran und fragte leiser: Hast du kein anderes Kleid, das du anziehen köntest?" Sie schüttelte den Kopf. Es ist mein bestes," versicherte sie, ,, und es ist aus schwerer Seide, Mama hat sie selber ausgesucht."
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Alfred lachte auf.„ Ah, es ist aus einem waidinger Atelier hervorgegangen, man sieht es wol; nun, ich denke, es wird für Elvira, als eine Erinnerung an die Heimat, von einigem Interesse sein!"
Sie sah ihn mit unsicheren Augen an: Wünschest du, daß ich zuhause bleibe?" fragte sie beklemt. ( Fortsezung folgt.)