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notwendig, daß sich der Auswandrer genau erkundigt, ob er auch in seiner Gewerbsbranche in der neuen Heimat fortkommen kann, oder ob er womöglich da noch schlechter( d. h. im Verhältnis) daran ist, als drüben. Die vielen von den Staaten hinüber geschickten Agenten, sowie direkt oder indirekt mit dem Auswanderungsgeschäfte in Verbindung stehenden Personen schmücken selbstverständlich die amerikanischen Verhältnisse und Zustände nach Kräften aus, denn bei diesen Leuten ist das eben nur ,, Geschäft". Bessere Erkundigungsquellen sind Verwante oder Angehörige, und durch Vermittelungen dieser Art wird ein nicht unbedeutender Teil des Auswanderungsstromes herübergeleitet. Der Handwerker findet wol hier Arbeit, aber mit dem goldenen Boden des Handwerks ist es eine problematische Sache. Mancher kleine Handwerker verkauft draußen Haus und Hof, bestreitet mit dem Erlös die Unkosten und findet, nachdem er hier sich wieder häuslich eingerichtet hat, daß er geradezu von vorn anfangen muß. Er ist dann hier denselben Wechselfällen drückender Konkurrenz ausgesezt wie drüben, und erst nach Jaren gelingt es ihm, wieder zu dem zu kommen, was er zu Hause gehabt. Für den kleinen selbständig arbeitenden Handwerker ist es jedenfalls am ratsamsten, keinen übereilten Schritt zu tun, wärend diejenigen Arbeiter, welche auf ihren Verdienst in größeren Werkstätten angewiesen sind und die Ueberfartskosten für sich und ihre Familie auftreiben fönnen, auf alle Fälle es hier nicht schlechter haben werden, als sie es drüben haben. Im Gegenteil, man fann getrost sagen, daß sich die Arbeiter bei besserer Lebenshaltung besser stehen, als im alten Europa . Eins muß man sich aber einprägen, und das ist, daß es eine geraume Zeit kostet, sich mit der Art und Weise vertraut zu machen, wie hier gearbeitet wird. Der von seinem Verdienst abhängige Arbeiter findet hier die größte Schwierigkeit in der ausgedehnten Art und Weise, in welcher die Technik und Chemie zur Verwendung kommen ein ,, vermeintliches" Uebel, dem draußen manche in der Hoffnung zu entrinnen suchen, daß sie hier als Kleingewerbsleute arbeiten oder sich nach mehrjärigem Aufenthalte als solche etabliren können. Wem solche Aussichten gestellt werden, der möge wol erwägen, ehe er sich entschließt. Die meisten Enttäuschungen finden gerade auf diesem Gebiete statt, nicht zu reden von den ,, farenden Handlungsdienern, halbstudirten Medizinern, durchgefallenen Advokaten" u. s. w., welche gemeiniglich anstatt der erhofften Stellen sich in den Seestädten mit Schenkaufwärter- und Kellnerdiensten und dergleichen durchschlagen und froh sind, wenn sie sich nach langjärigem Herumlaviren endlich auf die eine oder andere Weise ein festes Auskommen sichern.
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Es wird so viel geschrieben über die schöne Gelegenheit, welche hier der Arbeiter zum Geldsparen, resp. dazu hat, sich durch Arbeit so viel zu erübrigen, daß er sich unabhängig machen kann. Ich will one Umschweise nur dies sagen: wem es gelingt, eine leidliche Stelle zu finden; wer es vermag, sich ruhig alles gefallen zu lassen; wer es fertig bringt, troz der durch die klimatischen Verhältnisse gebotenen besseren Lebensweise gerade so genau oder knapp zu leben, als drüben ob nun frei willig oder durch die drückenden Verhältnisse dazu gezwungen mag mit solchen Absichten herüber kommen. Hat er dann eine Konstitution, welche bei derselben Lebensweise alles ertragen kann, hat er dann ,, recht viel Glück", wenig Krankheiten, kurz keinerlei unvorhergesehene Zwischenfälle so mag er sich binnen zehn oder fünfzehn Jaren so viel zusammenkrazen, als man für einen Arbeiter ein kleines Vermögen nent. Wer dies aber nicht kann, wer gewont ist, solche Anfordernngen an das Leben zu stellen, welche sich von Rechtswegen gehören wird bald ausfindig machen, daß er zufrieden sein kann, wenn er mit seiner Familie nur so leidlich durchkomt." Sämtliche Einwanderer, welche ich bis jezt gesprochen, sind mit geringer Ausname vollständig mit ihrem Los znfrieden, was für mich als Beweis gilt, daß es drüben sehr trübe aussehen muß. Ich habe Bahnarbeiter und Tagelöner getroffen, welche drüben ein kleines Hüttchen hatten und sich hier bei einem Verdienst von 7-9 Dollars pro Woche äußerst glücklich fülten, indem die Leute mir versicherten, daß sie eine bessere Lebensweise füren könten, als sie dies drüben imstande gewesen. Wenn es so aussiet, dann hilft freilich alles Auseinandersezen wenig, indem ein solch' drückender Zustand die Bevölkerung förmlich aus dem Lande treibt, ganz absehen davon, wohin oder auf welche Aussichten hin. Zweck der Auswanderung kann aber nur Verbesserung der Lage sein und deswegen wiederhole ich, man fare nicht blindlings in die Welt hinein und lasse sich nicht durchweg von dem irrigen Saze leiten: ,, Schlechter kann es nicht sein!"
Ich habe in Vorstehendem inbezug auf den Handwerkerstand nur allgemeine Andeutungen gemacht, und ich würde den Raum in Ihrem geschäzten Journal zu viel in Anspruch nemen, wenn ich auf Details eingehen wollte. Gestatten Sie mir nur noch, für den Landarbeiter und Besizer eines Gütchens einige Winke zu geben. Der unverheiratete Landarbeiter tut am besten, wenn er mit der Absicht herüber komt, eine zeitlang als Farmarbeiter zu fungiren, bis er sich afklimatisirt und mit den Besonderheiten des amerikanischen Farmerlebens vertraut gemacht, wodann er sich nach einem Stück Land umsehen kann, vorausgesezi, er hat die Mittel zur Beschaffung der nötigen Zugtiere, Haustiere, Gerätschaften u. 1. w. Dem Familienvater, zumal wenn er arbeitsfähige Kinder und Mittel zur Beschaffung der Tiere, Gerätschaften u. s. w. hat, ist dies nicht zu raten, da der Verdienst als Farmarbeiter zur Ernärung einer Familie nicht immer ausreichend ist. Immerhin gibt es aber Stellen, wo auch ein solcher sein Auskommen findet, aber sie sind rar. Für ihn ist es am besten, wenn er sich nach solchen Staaten wendet, welche schon dichter bevölkert sind, aber noch Bundes- oder Eisen
bahn- Ländereien befizen. Man hüte sich vor holzarmen Gegenden, indem gerade in diesem Winter in solchen die größte Not an Feuerungsmaterial herschte. Alles Gerede von dem reichen Prairieboden zerfällt angesichts der strengen Winter in nichts. Das vielgepriesene Kansas hat stellenweise reichen Boden, gehört aber schon zum teil in die regenlose Region und ist berüchtigt wegen seiner Heuschreckenplage. Kurzum, es heißt eben ,,, auf der Hut sein!" Die Herren Agenten preisen gar viel an, was hier niemand mag und das Resultat ist dann Enttäuschung, vergebliche Arbeit u. s. w. Man kaufe auch keine Landanweisungen, one sich erst auf der betreffenden Distrikts- Landoffice von deren Aechtheit überzeugt zu haben. Beim Ankaufe von Eisenbahn - Ländereien ist gleichfalls große Vorsicht notwendig, indem es Bahnen gibt, deren Landschenkungen so gut als verwirkt, d. h. durch Nichterfüllung eingegangener Verpflichtungen fraglich geworden sind. Besonders zu warnen ist vor dem Ankauf kleiner Farmen, welche schon lange Zeit bewirtschaftet wurden. Vei dem hier herschenden sogenanten Raubsystem, wonach dem Lande fortwärend alle seine Schäze entzogen, aber keine ihm zugefürt werden, kann man leicht übel ankommen.
Es ist nicht meine Absicht, besondere Landesteile zu empfelen jedoch glaube ich vor den südlich gelegenen Staaten warnen zu müssen. Neuerdings machen dieselben große Anstrengungen, einen Teil der Einwanderer zu sich zu ziehen, und es wird nicht an Agenten mangeln, welche voll des Lobes über dieselben sind. Auch die größten Vorteile, welche die Südstaaten bieten, werden durch die gesellschaftlichen Verhältnisse und das den Einwanderern meist nicht zusagende Klima aufgehoben.
Schließlich noch eins. Der Einwanderer muß sich von der hervorragenden Stellung, welche viele unserer Stammesgenossen im staatlichen und bürgerlichen Leben einnemen, nicht hinreißen lassen. Der Amerifaner, obwol gegen früher bedeutend emanzipirt, ist immer noch eingenommen gegen Fremde, welche vermeintlicherweise herüberkommen, um an seinen freilich in mancher Beziehung etwas altväterlichen Institutionen zu rütteln. Der Einwanderer, mag er nun auch den höchsten Bildungsgrad besizen, tut am besten, die ersten fünf Jare sich passiv zu verhalten, und solche Stellungen einzunemen, welche ihn nicht in politischer Richtung vor die Deffentlichkeit bringen. Er kann wärend dieser Zeit Land und Leute studiren und später vielleicht besseren Gebrauch von seinen Talenten und bürgerlichen Rechten machen, als wenn er sich gleich in das öffentliche Leben stürzt. Mit lezterem Winke werde ich wol manchen geehrten Leser der ,, Neuen Welt" etwas vor den Kopf stoßen, zumal er vielleicht privatim ganz anders unterrichtet ist. Ich bin jeder Zeit bereit, den Beweis für meine Behauptungen anzutreten und halte dieses einstweilen für genügend, um Nachdenken zu erregen, übertriebene Juusionen zu zerstören und Enttäuschungen zu verhindern.
Es grüßt Sie wie immer unter der Zusicherung, wenn erwünscht, diese Art Einsendungen zu wiederholen*), Ihr G. Bartholomäus, Warrenton, Ma., U. S. of A. Red. d. ,, N. W."
*) Wird uns selbstredend sehr lieb sein.
Ein Sontagsmorgen in Albano.( S. Illustr. S. 436-37.) Es ist ein reizender Sontagsmorgen, der sich über das italienische Städtchen ausgebreitet hat. Und mit ihm ist die feierliche Sabatstille eingetreten: in der Werkstatt und auf dem Felde rut die menschliche Tätigkeit. Es ist der Tag des Herrn oder richtiger der Tag der Menschen, die sich von ihrer Werktagsarbeit erholen und sich erbauen und stärken zu neuer Tätigkeit der kommenden Woche, ganz gleich, ob diese Erbauung bestet im Gebet in der Kirche oder im stillen Kämmerlein daheim, oder im unmittelbaren Verkehr mit der Natur. Das würdige Alter mag sich wol darum streiten, wie man die Feier des Sontags am würdigsten beget, die heitere Jugend nicht. Denn für sie ist der Sontag ein Tag der Freude und der Lust, und das zeigt uns auch die liebreizende Gesellschaft auf unserem Bilde, welche im fröhlichen Spiel den Sontagsmorgen verbringt. Dadurch aber, daß der Künstler( Karl Blaas , geb. 1815 in Nauders bei Finstermünz in Tirol) uns dieses Spiel der schönen Frauengestalten, mit deren Anmut sich noch die reine Unschuld der Kindergesellschaft verbündet, so im Ramen des Familienhauses vorfürt, wird uns die Stimmung eines italienischen Sontagsmorgens um so lebendiger vor die Seele gezaubert, und in uns selbst jene weihungsvolle Stimmung hervorgerufen, deren Ausgangspunkt die Schöne in der Natur und Kunst ist. Und die Natur ist gerade in Albano der Kunst seit langem sehr freigebig entgegengekommen, denn schon seit den Zeiten der großen italienischen Meister lieferte dieser Ort den Malern die schönsten weiblichen Modelle zu ihren Madonnen, Göttinnen und Halbgöttinnen, Nymphen und dergleichen. Aber ebenso schön wie die Albanerinnen ist auch die Gegend ihrer Geburtsstätte. Albano, selbst verarmt, mit über 6000 Einwonern, liegt südöstlich von Rom , am Abhange eines Albanergebirges. Die Stadt ist gut gebaut, hat eine präch tige Kathedrale, mehrere andere Kirchen und 3 Klöster. Umgeben ist sie von einem förmlichen Kranze schöner römischer Villen und Parkanlagen. Wegen ihrer Kunstschäze aus alter und neuer Zeit sind besonders berühmt die Villen Barberini und Corsini. Außerdem findet man um Albano noch zalreiche Trümmer der Bauwerke des klassischen Altertums, worunter die Ueberreste der Villen des Pompejus und Domitian , eines Amphiteaters und des sogenanten Grabmals der Horatirer. Unweit davon prangt auf einer Höhe Kastello Gardolfo, die Sommerresidenz