,, Gewiß," bestätigte der Gesante, ein so seltenes Talent sollte sich nicht völlig an einen verschenken dürfen, es gehört der Welt."
,, Es gehört uns!" rief Bennwit, sich in die Brust werfend. Hellenbach lachte etwas geckenhaft und auf das höchste geschmeichelt.
,, Nun," tröstete der Gesante ,,, vorderhand ist die Entscheidung noch ihr anheimgegeben, und wir wollen uns das vor Augen halten. Wie denn, Baron, sie war so liebenswürdig gewesen, die Einladung zu dem Bankett, das ich ihr zu Ehren heute Abend veranstalte, anzunemen; sie wird Wort halten, nicht war? Sie wird kommen und es durch ihre Gegenwart verherlichen?"
,, Sie komt," versicherte Hellenbach.
,, D, das ist himmlisch! Ich hoffe, sie wird befriedigt sein. Es sind alle Anstalten getroffen, um diesem Feſte einen gewissen Reiz zu verleihen; auch einige venetianische Adelige und ihre Damen sind geladen. Eine junge Malerin ist darunter, eine interessante Frau, Messieurs, ich werde das Vergnügen haben, Sie der Dame vorzustellen, Sie werden von ihr entzückt sein." ,, Sie scheinen es selbst zu sein, lieber Graf," scherzte Hellenbach. " Ich war vor Jaren rasend in sie verliebt." Nun, und-?"
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Sie war damals uneinnembar,- sie gehörte einer reichen Familie an, ich konte ihr nicht beikommen." „ Und jezt?"
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Ist sie Witwe und, wie es scheint, arm. Sie ist gezwungen, glaube ich, durch ihre Talente sich ihren Lebensunterhalt zu erwerben, sie sucht Arbeit ich werde ihr solche verschaffen."
Die Herren hatten ein faunisches Lächeln; der edle von Bennwiz drote dem Grafen lächelnd mit seinen kurzen, dicken Fingern. ,, Die Verhältnisse haben sich also sehr zu Ihren Gunsten gewendet, und Sie haben sie in der Hand, das heißt wenn Sie sie noch wollen, hehe!"
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,, Sie erscheint mir noch immer begehrenswert, aber"- der Graf nam wieder seine vornem zurückhaltende Miene an, und mit einer Nüance von Blasirtheit fügte er hinzu:„ In meiner Stellung, Sie begreifen, man hat alle Rücksichten zu nemen."
Ich verstehe!" rief Hellenbach in munterster Laune.„ Als Diplomat haben Sie die Verpflichtung, in allem diplomatisch zu Werke zu gehen und selbst ihre Siege unter einem gewissen Vorbehalt zu acceptiren."
Alle lachten. Das Klingelzeichen, das. die Wiederaufname der Vorstellung bekantgab, ertönte. Alles hastete aus dem Foyer in den Sal zurück. ( Fortsezung folgt.)
Von einem alten Honvedoffizier.
Man hat in der Gegenwart viel darüber geschrieben, und der Willkür der Paschas wurde wirklich ein sehr weites Feld offen gelassen. Der vom Sultan ernante Pascha erhält in der Türkei feine fige Besoldung, außer wenn er im aktiven Militärdienst an gestellt wird, wozu beinahe ein jeder mehr oder weniger befähigt ist. Die mit der Civiladministration der einzelnen Provinzen oder Vilajets betrauten Paschas sind gleichzeitig oberste Steuereinnemer oder Miniaturfinanzminister. Sie müssen der hohen Pforte eine gewisse ziemlich hohe Summe zuschicken, welche sie aus den Steuern der Einwoner herausschlagen. Daß sie nebenbei auch gut leben wollen, ist wol selbstverständlich, und sie nemen sich aus den eingekommenen Steuern den Löwenanteil. Hier gibt es feine Kontrole, ja sie ist bei ihrem Steuersystem nicht möglich, da die Einname der Gelder jüdischen Wucherern verpachtet wird. Diese schinden nun das Landvolk nach Belieben, um den Pascha zu befriedigen und sich ebenfalls etwas zu ersparen. Troz aller dieser Uebelstände war zu jener Zeit, vor Ausbruch des Kriegs in der Krim , die Besteuerung noch immer nicht erdrückend, und Steueregecutionen gehörten zu den seltensten Fällen.
Der Handschi von Czervenibreg war ebenfalls Steuerpächter und beherbergte bei sich eben einen Pascha, welcher dahin gekommen war, um die eingegangenen Gelder einzukassiren, die ihm der Jude bereits abgeliefert hatte. Da ein civilisirter Gast in diesem Haus zu den größten Seltenheiten gehört, so werden diese, wenn sie ihr Unstern dahin fürt, von den jüdischen Handschis aufs gewissenloseste geprellt, zudem erhält man bei ihnen beinahe garnichts zum Imbiß, elende Betten, Kuhställe für Pferde, das Lager von Maisstroh und man riskirt auf die Weiterreise Ungeziefer mitzunemen. Da ich meine Reisetasche mit Viktualien versehen und eine wolgefüllte Feldflasche bei mir hatte, genoß ich im Han nichts als eine Tasse Kaffee. Als ich die Zehrung zalen wollte, erstaunté ich nicht wenig, als er mir sagte, ich müßte 21 Zwanziger( 14 Mark) zalen, für den Stall und Pferdefutter 10 Zwanziger, für mein Nachtquartier im gemeinschaftlichen Schantzimmer 4 Zwanziger und für den Kaffee 7 Zwanziger. Dies fand ich doch etwas zu unverschämt und geriet darüber mit dem Handschi in einen ziemlich lauten Wortwechsel.
Wir stritten noch über die Ermäßigung der Rechnung, als die Verbindungstür zwischen dem Schänkzimmer und dem Gemade des Pascha, das beste im Han, sich öffnete und ich einen Türken erblickte von Ehrfurcht gebietenden Zügen und hoher Gestalt, mit dem Tschibuk in der Hand, uns beide betrachtend. Ich vermutete sofort den Pascha in ihm und ergriff die Gelegen heit, um mich bei ihm über die Erpressungen des Juden zu be schweren. Er hörte mich ruhig an, fragte den Juden, ob er mir wirklich 7 3wanziger für den Kaffee angerechnet, und als dieser es nicht leugnen fonte, bearbeitete er seinen Rücken mit dem Tschibuk und sagte, ich sollte ihm einen Zwanziger geben, damit
( Schluß.)
wäre alles übermäßig bezalt. Dies fand ich aber selbst zu wenig und gab dem Juden 6 Zwanziger. Der Pascha schalt mich, daß ich so verschwenderisch mit dem Gelde sei, und lud mich ein, ihm auf seinem Zimmer Gesellschaft zu leisten, als er erfur, daß ich ein Ungar und Kossuths Courier sei.
„ Kossuth büh Adan( Kossuth ist ein großer Mann)", sagte er und erkundigte sich bei mir nach den Zuständen in Schumla, ob wir uns dort wol befänden.
Es war der nachmals berühmte Ahmet Pascha, welcher eigentlich durch seinen kühnen Kavalerieangriff die Schlacht bei Cetate entscheiden sollte. Er sprach auch etwas französisch, und wir verständigten uns so ziemlich.
" Der Sultan wird die Ungarn nicht ausliefern," sagte er. „ Das Volk würde ihn verachten, wenn er es täte. Der Koran gebietet jedem Rechtgläubigen, Flüchtlinge und Gäste selbst mit Aufopferung des eigenen Lebens zu schüzen. Stet Ihr Gouver neur mit dem Gesanten Englands Stratford de Redcliff und dem französischen Lavalette in Brifwechsel?"
" Ich weiß es nicht, glaube es aber kaum" entgegnete ich.
"
Sagen Sie ihm, er soll sich briflich an diese Herren wenden, damit sie sich für die Ungarn interessiren" riet er mir. Man wird sie nicht in Europa halten können, die österreichische und russische Regierung wird darauf dringen, daß sie ja weiter von dem Lande, wo die Revolution kaum erst gedämpft werde, entfernt werden. Daß man Sie zwinge oder berede, zum Islam überzutreten, das ist eine Fabel. Nur wer von der Warheit der Lehren des Koran überzeugt ist, ist uns als Bruder willkommen, und ein Giaur kann ebenso ein Ehrenmann und ein Son Allahs sein, wie ein Moslim. Wenn Sie in Europa bleiben sollten, namentlich in Konstantinopel , dann wird Ihnen das, was ich sage, nicht sehr einleuchten. Die große Stadt am Bosporus ist zu sehr verpestet durch die schlimmen Sitten der Franken, als daß sich dort alle diejenigen meiner Landsleute rein erhalten hätten, selbst in Kleinasien in den Städten, namentlich in Brussa, Kutahiah, Sinope, Trebizond und Erzerum stet es noch sehr schlimm mit dem Halten der Koranlehren, doch schon viel besser in den Dörfern, namentlich im Süden Natoliens und in Syrien , ob schon es auch dort in den beiden großen Städten Aleppo und Damaskus besser gehen könte. Die eingebornen Christen, die man bei Ihnen Maroniten nent, sind die größten Diebe und Betrüger. Wenn dann von Zeit zu Zeit ein Massacre unter ihnen angerichtet wird, darf dies niemanden wundern. Wenn Sie jemals da hin kommen, werden Sie dies selber einsehen und die Langmut meiner Glaubensgenossen bewundern, daß sie jenes abscheuliche diebische Volk noch nicht ganz ausgerottet haben."
Auch die weitere Unterhaltung mit Ahmet Pascha war für mich eine sehr interessante und lehrreiche. Er klärte mich über manche vorgefaßte Vorurteile der Christen über die Türken auf,