,, Die fragliche Zuname muß also vorwiegend in tellurischen Ein­flüssen begründet sein, sei es in mehr territorialen Aenderungen oder in solchen, welche mehr die Beschaffenheit der Gebäude selbst betreffen. Unter ersteren möchte ich namentlich die Zuname der Entwaldungen nennen, vielleicht auch die Zuname der Eisenbahnen, weil beide Maß­namen die Gewitter mehr nach den Städten und Dörfern ziehen. Unter lezteren möchte ich aber noch besonders auf die Zuname aufmerksam machen, welche sich von Jar zu Jar mehr in der Anwendung metal­lischer Teile bekundet, insonderheit auf die Zuname metallischer Dach­berzierungen, metallischer Pumpen oder Gas- und Wasserleitungsröhren im Innern der Gebäude."

Inbetreff der etwaigen kleinen Vermehrung der Gefar durch Bliz­schlag, welche das Vorhandensein von Wasserleitungsröhren herbeifüren kann, bedarf es wol kaum des Hinweises, daß wir dieselbe one Be­denken hinnemen für die so großen hygienischen Vorteile, welche die beständige Nähe und das reichliche Zuströmen des reinen Wassers uns R.-L.

bietet.

Crna Gora .

Gedicht mit Kommentar von Prof. Dr. E. Sch.

Ringsum Fels, ein versteinertes Meer, von Stürmen umwettert; Hochland 2, ärmlich und rauh, aber von Helden bewont, Festeste Burg altserbischen Volkstums wider die Türken³,

-

-

551

Dies wol der Hauptgrund der minderen Achtung, in welcher das Weib bei den Südslaven überhaupt stet. Der Morlat( dalmatinischer Festlands­bewoner), welcher von seiner Ehehälfte sprechen will, begint mit den höflichen Worten: Da prostite, moja žena....( Verzeihen Sie, meine Frau....), was ungefär dasselbe bedeutet, wie: Mit Respekt zu sagen, meine Frau.. Bei all' dem ist das südslavische Weib die Herrin des Hauses, die hochverehrte Mutter ihrer Kinder und daheim wie im Freien unantastbar. Wehe dem Fremden, der einer Montenegrinerin Zwang antun wollte! ,, Verbrüderte" oder auch nur im allgemeinen befreun­dete Montenegriner, die sich nach längerer Trennung wiedersehen, küssen sich zärtlichst, mit der Rechten sich umarmend, wärend sie mit der Linken ihr Käppchen( kapica) ergreifen und zur Begrüßung lüften. Schreiber dieses wurde im Innern Montenegros ebenso begrüßt. Die armen, lasttragenden Weiber hingegen küssen dem Manne, auch dem fremden, bei der Begegnung demütig die Hand mit den allgemein ge­bräuchlichen Grußworten: Pomoži Bog!( elf Gott! Antwort: Bog pomogao!) oder: Zdrav bio!( Sei gesund!) oder: Dobra ti sreća! ( Gutes Glück dir!), begnügen sich mit den Ueberresten der Malzeiten ihrer gestrengen Herren und Gebieter, wagen nicht mit Fremden an einem Tische zu speisen u. s. w. Hierbei ist zu erwänen, daß in Monte­negro, änlich wie in Tirol, jedermann duzt und geduzt wird. Was die altslavische Sitte des Handkusses betrifft, so können wir hier noch hinzufügen, daß dieselbe dem Fürsten gegenüber von allen seinen Untertanen, one Unterschied des Ranges und Alters geübt wird.

8 Wie auch neuerdings in den Schlachten bei Vučidol( Wolfstal) oder Vrbica( Weidenzweig), bei den Kuči( einem den Montenegrinern teils verbündeten, teils befreundeten Stamme), an der Morača ( 28. Juli, 14. Aug., 6. Sept. 1876) und Beta( 9. und 10. Oft. 1876), in Grahovo, vor Medun bis zur Uebergabe der Feste am 20. Oft. 1876 u. s. w. 9 Der echte Montenegriner ist troz seiner Armut voll ritterlicher Tugenden: neben seiner weltberühmten Tapferkeit und Kriegstüchtigkeit ist er gutherzig und großmütig; bei all' seiner Zuneigung zum Wein ( Vino piju mladi Crnogorci, Wein trinken die jungen Crno­

Kühn von den Vätern erkämpft, welche verewigt im Lied! 4 Hirten die Mannen daheim, wehrliebende, immer bewaffnet; Bärtliche Freunde 7, zugleich rächende Löwen der Schlachts, Ritterlich Volk spartanischer Art, doch beslissen der Bildung 10; Kinder der Alpennatur, fräftigste 11, bieder und klug, Stattlich die Frau'n wie die Männer 12, des Gastfreunds treueste Pfleger 13: gorzen.... heißt es am Anfange so manchen Volksliedes) und zum Seht die Genossen Armins 14 heute im ,, Schwarzen" Gebirg!

*

-

1 In der eigentlichen Crnagora, d. i. in den vier Nahien( Ur­fantonen): katunska, rječka, lješanska und crmnička sind Wälder ( junges, fümmerliches Laubholz ausgenommen) garnicht, Felder und Gärten nur zerstreut und vereinzelt vorhanden. Diese machen daher auf den aus fruchtbareren Gegenden kommenden Fremden ganz den Eindruck von Dasen in einer ungeheuren Stein- und Felsenwüste.

2 Der höchste Berg Montenegros , der Kom, ist über 8000 Fuß hoch. Die Hauptstadt Cettinje( eigentlich Cetinje ) selbst liegt 3500 Fuß über dem Meere. Tiefland ist nur sehr wenig vorhanden: am Nordwest­ende des Skutarisees, an der Sota und Moratscha.

3 Nach der unglücklichen Schlacht auf dem Kosovo polje( Amsel felde) im Jare 1389, und später aus der Herzegowina, flüchteten sich viele christliche Serbenfamilien( ,, Uskoken " von uskočiti, gleich: fich flüchten, also: Flüchtlinge!) ins schwer zugängliche Hochgebirge der Ernagora, wo sie, wie in feinem andern Teile des alten Serbenreiches, ihre Nationalität und Religion unvermischt und siegreich gegen die wiederholt anstürmende türkische Uebermacht behaupteten.

4 Von dem Car Lazar , der auf dem Amselfelde fiel, und dem mytischen Volkshelden Kraljević Marko angefangen bis zum gegen­wärtig regierenden Fürsten Nikola I. Petrović Njeguš. Manche dieser epischen Volkslieder sind zugleich die einzige montenegrinische Geschichts­quelle für ihre Zeit. Siehe ,, Narodne pjesme , četorta i peta knjiga Vuka Stef. Karadžića. Beč, 1863 i 1865 godine."( Volkslieder, 4. und 5. Buch des Vuk Stefanowitsch Karadschitsch. Wien , 1863 und 1865.")

5 In einzelnen fruchtbaren Gegenden, wie z. B. an der Rjeka, am Stutarisee, an der Seta und Moratscha auch fleißige Ackerbauer, Fischer und Jäger.

Kein Montenegriner ist unbewaffnet. Jedes Haus, jede bewonte Hütte der Crnagora birgt ein größeres oder Kleineres Arsenal von älteren und neueren Waffen, die nicht selten des Montenegriners ganzes bewegliches Vermögen ausmachen. Die gewönliche Bewaffnung des Montenegriners im Frieden bestet in der langen orientalischen puška Flinte", gegenwärtig meist Hinterlader) und im nož( ,, Messer ") oder yatagan, one welche Waffen er seine Hütte nicht verläßt, und die er in Krieg und Frieden meisterlich zu handhaben verstet. Das ,, Messer " nebst einer oder mehreren Pistolen türkischer Herkunft( neuerdings Revolver) stecken vorne im breiten Ledergürtel( pas), der nebst dem bis an die Knie reichenden weißen Wollenrocke, der kapica( eine Art Cerevis) und den Opanke( Sandalen) ein wesentlicher Bestandteil der montenegrinischen Männertracht ist.

7 In Montenegro , sowie im angrenzenden Dalmatien , herscht noch die urslavische Sitte des pobratimstvo( Verbrüderung). Zwei Männer ( dva pobratima), bisweilen auch zwei Frauenspersonen( dvie pose­strine) schließen miteinander einen Bund der Freundschaft und Liebe, der auf Verlangen der beteiligten Personen auch den kirchlichen Segen erhält. Diese ungeschlechtliche Liebe ist nicht selten zärtlicher und dauer­hafter, als die geschlechtliche, welche, wie bei den alten Griechen, für minder würdig, fast für eine Art unvermeidlichen Uebels gehalten wird.

-

Ats

verderblichen Brantwein( rakija) zeigt sich der Montenegriner doch nie in betrunkenem Zustande; sein Ehrgefül ist so lebhaft, daß er, dem Strafgericht verfallen, den Tod oder, was für ihn dasselbe, die Ver­bannung der körperlichen Züchtigung vorziet. Keine montenegrinische Seele bettelt auf montenegrinischem Boden einen Fremden an. ich im Spätherbste 1875 in einem abgelegenen Hochtale der Ermniza einem halbnadten, frierenden und hungernden Crnogorzenknaben, der, one mich anzusprechen, an mir vorbeiging, einige Kreuzer reichen wollte, sagte mein montenegrinischer Begleiter: ,, Tue das nicht, du würdest damit nur die Eltern des Knaben beleidigen, auch würde der Knabe von dir, als Fremden, kein Almosen annemen." Gustav Rasch in seinem lesenswerten Buche ,, Vom schwarzen Berge"( Kollektion deutscher und ausländischer Belletristik, Bd. 34, Dresden 1875) übertreibt daber nicht, wenn er die Montenegriner mit Vorliebe ,, Ritter des schwarzen Berges" nent. Vgl. auch ,, Montenegro " 2c. von Spir. Goptschewitsch, Leipzig 1877. 10 Seit 1869 hat im glänzenden Gegensaze zur angrenzenden Türkei oder auch zu Dalmatien ! jede montenegrinische Gemeinde ihre Volksschule, Cettinje eine musterhafte höhere Mädchenbildungs­schule, genant ,, Institut des jeunes filles"( bekantlich noch ein frommer Wunsch des benachbarten höhergebildeten" Königreichs Dalmatien!), und Söne wolhabender Montenegriner besuchen ausländische Lehr­anstalten. So hatte ich am t. t. Obergymnasium zu Zara in den Jaren 1874 und 1875 Gelegenheit, zwei junge Montenegriner zu unter­richten, die durch anständiges Betragen, natürliche Begabung und Fleiß vor ihren dalmatinischen Mitschülern sich auszeichneten, und bei meinem ersten Aufenthalt in Cettinje( Oktober 1875) hörte ich im Billardzimmer des dortigen Hotels neben Serbisch auch Französisch, Italienisch und Deutsch , welche Sprachen von der fürstlichen Familie und den höheren Beamten in Cettinje gesprochen werden. Des Jtalienischen ist neben der serbischen Muttersprache jeder gebildete Montenegriner fundig.

"

-

11 Die Körperkraft und Ausdauer der Crnogorzen, Weiber wie Männer, ist eine ganz außerordentliche. Wie von den Männern befant, daß sie mit einem Hiebe ihres Yatagan ihrem Feinde oder einem Hammel den Kopf vom Rumpfe trennen, so von den Montenegrine­rinnen, daß sie Lasten, die in andern Ländern kaum ein kräftiger Mann fortschleppen könte, auf dem Kopfe, mit 1-2 Kindern auf dem Rücken, und dabei noch strickend und singend, viele Stunden weit auf den ge= färlichsten Gebirgspfaden, one zu ermüden, bergauf und ab tragen, wie Verfasser dieser Zeilen zu beobachten mehrmals Gelegenheit hatte. Daheim verrichtet die Montenegrinerin willig die gröbsten Arbeiten in Haus und Feld und folgt ihrem Manne selbst in den Krieg, demselben Munition nachtragend, Essen bereitend, die Verwundeten aus dem Getümmel holend und pflegend, die Toten auf dem Schlachtfelde be­grabend u. f. w. Und nun denke man sich neben ein solches Helden­weib der Crnagora eine unsrer großstädtischen Damen gestellt, welche ihr ganzes Leben damit zubringen, Toilette zu machen und sich von aller Welt bedienen zu lassen!

12 Die meisten Montenegriner sind 6 Fuß hoch und darüber. Minder hochgewachsen, aber ebenso muskulös wie die Männer, und meist auch wolgestaltet, ist das weibliche Geschlecht. Die Crnogorzen zeigen hierin, wie in ihrer Tracht und in gewissen Sitten und Gewon­heiten viel Aenlichkeit mit den Tirolern.