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13 Bei meinem ersten Aufenthalte in Cettinje schlief ich in dem einzigen Gasthofe der Hauptstadt in einem Zimmer, dessen Tür wie die übrigen des Hauses, kein Schloß hatte. Als ich des andern Morgens darüber meine Verwunderung aussprach, erwiderte man mir: ,, Wozu Schlösser, wo es keine Diebe gibt",- Antwort, würdig eines Spartaners! Als ich einige Tage später in der abgelegenen Hütte eines einfachen Ermniganers( Montenegriner der südlichen Provinz Crmniga) übernachtete, verlangte mir nach dem Abendessen, das in Eiern, Schinken, Käse, Südfrüchten und der unvermeidlichen rakija( Schnaps) nebst türkischen Cigarretten bestand, der biedere Hausherr Börse, Uhr und sonstige Wertgegenstände ab, um sie in seiner Lade ,, besser aufzubewaren"; meine Kleider, welche vom Regen durchnäßt waren, hängte er vor die Hütte an den Weg, der zum nahen Dorfe fürte, damit dieselben, wie er sagte ,,, über Nacht trockneten". Als ich des andern Morgens nicht one Besorgnis erwachte, wurden mir von meinem Kanadier , der noch Europens übertünchte Höflichkeit nicht kante, alle meine abgenommenen Habseligkeiten pünktlichst mit der freundlichen Frage eingehändigt: Jesi li žio?( Bist du lebendig?) Worauf die volkstümliche Antwort lautet: Jesam, fala Bogu!( Ich bins, Gott sei Dank!) Aus Dankbarkeit bat ich beim Weggehen meinen gastfreundlichen Wirt, dessen unschönere Hälfte sichs nicht nemen ließ, mir zuvor noch einen köst lichen Morgenkaffee zu bereiten, ein par Silbergulden( Papiergeld hat im Innern Montenegros keinen Wert) als kleines Andenken annemen zu wollen, denn Bezalung für Beherbergung in dem barbarischen Lande der ,, Nasen-, Oren- und Kopfabschneider", der ,, wild umherstreifenden Räuberhorden und Hammeldiebe" und wie die Montenegriner sonst noch, meist sehr ungerechter Weise geschimpft werden 2c., is nich, wie der Berliner sagt!
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14 Aus dem bisher Mitgeteilten ergibt sich eine große Aehnlichkeit des montenegrinischen Volkskarakters mit dem der alten Deutschen , wie sie uns Tacitus in seiner Germania schildert. Ich will hier nur noch
erwänen, daß auch in ihren Untugenden die kriegerischen Crnogorzen unseren germanischen Altvordern gleichen. So entspricht z. B. die Krvarina ganz der altgermanischen Blutrache und dem Wergelde, die Otmica dem Brautraube u. s. w. Beide mittelalterliche Gebräuche sind seit 40 Jaren in Montenegro zwar gesezlich, aber noch nicht tatsächlich abgeschafft.
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Salzburger Bergpuzer.( Siehe S. 544.) Wenn ein Bewoner des Flachlandes das gefarvolle Tun dieser in schwindelnder Höhe hängenden Männer zum erstenmale siet, so fragt er sich wol, nachdem er vielleicht den ersten Schwindelanfall überstanden: Was, Bergpuzer? Ist das ein Scherz? Besorgt nicht die Mutter Natur dieses Geschäft auch hier, in den herlichen Bergen Salzburgs selbst, wie sonst überall? Nnn, die leztere Frage ließe sich schon bejahen, aber eben gerade weil die Natur dies hier, wenn auch nicht wie anderwärts, so doch in einer den Menschen feindlichen Weise besorgt, ist es notwendig, daß die lezteren sich vor ihrem die Resultate menschlichen Schaffens vernichtendem Wüten zu schüzen suchen. Und hier hat sie sich schon in ihrer ganzen Unbarmherzigkeit gezeigt, alles niedertretend und vernichtend, was Menschenhand mit Mühe geschaffen und mit Sorgfalt und Liebe gepflegt hatte! Dort, wo das schöne, im Süden, Osten und Norden von hohen blauen Bergen umschlossene heutige Salzburg stet, in zwei Teile geschieden durch das grünlich- weiße, wildschäumende Gewässer des Salzach, befand sich einst, zur Zeit der römischen Weltherschaft, eine Niederlassung der siegreichen alten Roma. Zalreiche Spuren hat man davon gefunden unter den Felstrümmern in Salzburgs Umgebung: Stücke von marmornen Pferden und Bildsäulen, Wassertröge aus weißem Marmor, Schalen, Münzen, ein Gewölbe mit Mosaikboden und dgl. aufgefundene Reste zeugen noch von den früheren Bewonern:
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Das alte stürzt, es ändern sich die Zeiten,
Und neues Leben blüt aus den Ruinen.
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Das neue ist hier Salzburg . Die Römerherschaft wurde gestürzt von den sich aufraffenden Germanen, aber doch nur materiell, denn sonst hat sich dieselbe nur allzufülbar gemacht bis auf den heutigen Tag. Und zwar nicht allein dadurch, daß sie uns ein unseren alten Sitten und Gebräuchen fremdes Recht oftroyirte, den gefärlichen Einfluß des Papsttums wollen wir hier übergehen, da ihn deutsche Kaiser fleißig mit begründen halfen durch die italische Baukunst der Renaissance ist uns auch manch herliches Bauwerk geschenkt worden, gleichsam um damit wieder gut zu machen, was die alten Vorfaren der neueren Italiener an uns gesündigt. Salzburg ist dafür das beste Beispiel. Zeigen seine Profanbauten schon den Karakter der aus Italien gekommenen, dort wiedergebornen Kunst, so erst recht seine Prachtbauten, vor allem aber der mit seiner mächtigen Kuppel zum Himmel aufstre bende Dom. Aber gerade in der Zeit, wo der salzburger Dom von
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einem italischen Meister erst kurz vorher vollendet war, im 17. Jarhundert, und zwar am 15. Juli 1669, war es, wo die Mutter Natur wieder einmal ihre alte Feindschaft zeigte gegen das, was Menschenhand geschaffen. Es war zwei Uhr nach Mitternacht , die Bewoner Salzburgs lagen im tiefen Schlummer, manche hatten wol im schönen, süßen Traum Entschädigung gefunden für die Unannemlichkeiten des wirklichen Daseins- da Brausen und Krachen hebt an und durchzittert die Luft: ,, Das rollt und wälzt sich endlos fort Und schwillt und wächst von Ort zu Ort; Zerknickt die Tannen mit grauser Kraft Und schießt als Wurfspeer weiter den Schaft. Der Boden zittert und wankt und wiegt, Bis rings die Stätte begraben liegt." Kloster der barmherzigen Brüder, die schöne Kirche St. Markus, Große Felsmassen hatten sich vom Mönchsberge losgelöst und das Kapelle am Berge und 13 Häuser nebst allen Bewonern unter ihren Trümmern begraben. Leute, die zur Rettung herbeieilten, fanden gleichfalls unter den noch nachstürzenden Steinmassen ihr Grab. Dreihundert die Menschen erst durch Erfarung gewizigt worden, so untersucht man Menschen verloren bei dieser Katastrophe ihr Leben. Aber wie meist seitdem alljärlich, nachdem die Fremden den schönen salzburger Bergen den Rücken gekehrt haben, das weiche Gestein des Mönchberges, sowie den mürben Kalkfelsen, Berg der Kapuziner genant. Die ,, Bergpuzer" lassen sich, wie unser Bild zeigt, an langen, festen Tauen herab, untersuchen den Felsen, schlagen los, was locker sizt, und sprengen wol auch größere, mit dem Herabsturz drohende Blöcke los. Waghalsig und gefärlich ist dies Unternemen, und mancher hat wol auch schon sein Leben im Dienste tausender von Menschen, deren Leben und Gesundheit er dabei gelassen, aber er ist gestorben als ein echter Soldat der Arbeit durch seinen Tod erhalten hat; und deswegen stimmen wol auch alle unsere Leser kräftig mit ein, wenn wir den mutigen Gebirgssönen ein aus vollem Herzen kommendes ,, Glück auf!" zurufen.
Aus allen Winkeln der Beitfiteratur.
nrt.
Eine neue wasserspendende Pflanze. Man kent schon eine ganze Reihe von Pflanzen, Sträuchern und Bäumen, welche an bestimten Stellen ihres Wuchses Wasser absondern und ansammeln, das dem Wanderer in wasserloser Gegend zur Erquickung dient; am bekantesten dürfte der Baum des Reisenden"( Urania oder Ravenala speciosa) auf Madagaskar sein, aus dessen Blattstielen man große Quantitäten küles, süßes Wasser zapfen kann. Der Baum findet sich auch in unseren Treibhäusern. Neuerdings ist durch den Reisenden Serpa Pinto eine weitere derartige ,, vegetabilische Quelle" bekant geworden, der Muturistrauch im Gebiete des Zambesiflusses in Afrika . Serpa Pinto , ein portugiesischer Major, hat nämlich vom 4. Dezember 1877 bis 19. März 1879 eine Reise quer durch Afrika vollendet( von Benguela an der Westküste bis Port Natal oder Durban im Natallande), deren Beschreibung vor kurzem bei F. Hirt und Son in Leipzig in deutscher Uebersezung erschienen ist. Der Mukuri", heißt es darin, für den Reisenden in den dürren Wildnissen Centralafrikas ein warer Schaz, ist ein Strauch von 2-22 Fuß Höhe, an dessen äußersten Wurzelenden sich schwammige Warzen bilden, welche eine geschmacklose, den Durst stillende Flüssigkeit enthalten. Nur ist es nicht immer leicht, diese Warzen aufzufinden, wenn man die Pflanze auch trifft. Sie wachsen an den kleinen Wurzelspizen, welche sich von den Hauptwurzeln abzweigen und sich oft eine bedeutende Strecke vom Stamme entfernen, ehe sie die außerordentlichen Knoten bilden und entwickeln. Die beste Manier, sie zu suchen, die auch von den afrikanischen Eingeborenen angewendet wird, bestet darin, daß man langsam in immer größeren Kreisen um die Pflanze herumget und dabei beständig mit einem Knittel auf den Boden schlägt. Wo derselbe beim Schlage hol und dumpf flingt, kann man mit ziemlicher Gewißheit darauf rechnen, die Warzen zu finden, die 4-8 Zoll dick sind und eine fast runde Form haben." Serpa Pinto hat davon eine ziemlich beträchliche Menge gesammelt, und zwar auf einer Ebene, wo sich weit und breit keine Spur von Wasser zeigte. Eine botanische Bestimmung des merkwürdigen Strauches ist in dem Werke nicht angegeben.
Sprechsal für jedermann.
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Heinrich Schult, Uhrmacher, geboren den 17. März 1854 zu Altona bei Hamburg , dessen lezter Aufenthalt Chili war, möge seine Adresse an seine Schwester, Frau Werth, Schuhrt Nr. 1, Hannover , einsenden. H. Loges.
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Inhalt. Herschen oder dienen? Roman von M. Kautsky( Fortsezung). Der kosmopolitische Nachtwächter". Ein literarisches Porträt( mit Illustration).- Der Einfluß des Klimas auf den Menschen und seine Gesundheit, von Dr. Eduard Reich( Schluß).- Geschichten und Bilder aus Graubünden , von Dr. Max Vogler. Die Zuname der Blizgefar und ihre vermutlichen Ursachen. Crna Gora . Gedicht mit Kommentar von Prof. Dr. E. Sch. Salzburger Bergpuzer( mit Illustration.) Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: Eine neue wasserspendende Pflanze. Sprechsal für jedermann.
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