einbrachten, der zum Grafen Hoyer von Mansfeld verlangte. Hoyer befand sich mit Hilten, Werbener, Tauscher, dem Obrist Staelhandske und Steenbock, die dem jungen Rittmeister die Ehre antaten, im eignen Zelte, wo man den Namenstag des Grafen beging, als der Bote eingefürt war. Die Binde fiel von seinen Augen.
" Helchner, alter Helchner!" schrie das Festtagskind freudig auf. " Woher komst du heute?"
Helchner war des Mansfeldes alter Reitknecht, der schon dem Grafen Peter wärend seiner Statthalterschaft in Luxemburg gedient hatte.
" Direkt aus Niedersachsen , gräfliche Gnaden, von des Herrn Vaters gräfliche Gnaden! Und hier ist meine Kommission."
Damit zeg der Alte ein großes, nach der Sitte der Zeit mit Wachs versiegeltes Pergament hervor und überreichte es Hoyer.
" Entschuldigt, Kameraden," meinte der Rittmeister und zog sich in einen Winkel zurück, die Botschaft seines Vaters zu lesen, die Sorge für seine Gäste Hilten empfelend. Auch dem alten Helchner ward sein Recht.
Der Rittmeister aber las nassen Auges die herzlichen Worte des Vaters. In London hatten die money bags*) und mercantile princes**) die Börsen aufgetan, Frankreich aus Eifersucht gegen das Haus Desterreich große Summen bewilligt; die geizigen Mynheers in Amsterdam , die Pfeffersäcke der Generalstaaten , hatten Vorschüsse geleistet, sodaß der Graf wieder zu Anfang 1625 mit einem 20 000 Mann zälenden Heere im Osnabrückschen auftreten konte. Jezt war der Vormarsch auf die Weser angetreten und, falls man Tilly geworfen, war es des Grafen Absicht, durch Schlesien nach Siebenbürgen zu dem Fürsten Bethlen Gabor zu stoßen, um mit demselben gemeinschaftliche Sache zu machen, in Ungarn und von dort in das Herz der österreichischen Erbstaaten einzudringen. Schließlich lud Graf Ernst seinen Son ein, wenn er Neigung hätte, wieder zu ihm zu stoßen, obwol er ihm keine gewisse Zukunft bieten könne. Das sei aber einmal des Kriegers Los, für den es kein Morgen gäbe, nur ein Heute, und der eben da bliebe, wohin ihn der rauhe Kriegsbesen kehre. Schließlich gratulirte der Vater zum 21. Geburtstage des Sones in aller Herzlichkeit und forderte ihn auf, durch den alten, treuen Helchner sofort Nachricht zurückzusenden.
Der junge Rittmeister kam wieder aus seinem Winkel hervor, um mit seinen Gästen anzustoßen, dann fragte er den Alten: " Wann gedenkst du wieder aufzubrechen?"
" Morgen früh, gräfliche Gnaden!"
" Schön. Bis dahin ist mein Brif auch fertig. Jezt sei frölich mit uns!"
Die Becher kreisten fleißig; man trank auf das Wol des Königs und der Königin Maria Eleonore, einer brandenburgischen Prinzessin, dann wurde gespeist und schließlich wieder potulirt, wie es die Sitte der Zeit forderte. Das Gelage dauerte an, bis die Trompete zum Schlafengehen rief. Indes hatten alle Zecher fast, was man damals einen Stiefel nante, denn des Becherns war kein Ende. In des Schwedenkönigs Lager jedoch ging's im übrigen gar ernst und strenge her; solche Manneszucht bei solcher Tapferkeit hatte Hoyer nie gekant. Wie ein Stein war es ihm vom Herzen gefallen; hier ward nicht um Raub und Plünderung gekämpft, sondern um eine gerechte Sache.„ Armer Vater," dachte er, wie tontest du so verblendet sein, za denken, daß dein System keine Folgen tragen werde? Da ist der Waldsteiner; er hat von dir gelernt, aber er übertrifft dich!" so rief Hoyer auch an diesem Abend schmerzlich aus, als er daran ging, des Baters Schreiben zu beantworten, denn er hatte sich bei der damals allgemein bei solchen Gelegenheiten üblichen Becherei nüchtern zu halten gewußt.
Stille hatte sich inzwischen über das Lager gelegt; schon waren Stunden unter dem gegenseitigen Anrufen der Wachen dahingeflogen, als Hoyer seinen Brif schloß. Derselbe lautete:
" Teuerster Herr Vater!
,, Euren Brif habe ich mit tiefer Rürung heute an meinem 21. Geburtstage gelesen und den alten Helchner vor Freuden umarmt, da er als Euer Bote zu mir kam. Ich werde, bester Vater, Euch gewiß stets Ehre machen; in der Armee Gustav Adolfs get es strenge, aber gerecht zu. Helchner wird Euch er
*) Geldsäcke.
** Handelsprinzen.
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zälen, daß ich schon bis zum Rittmeister gestiegen bin. Laßt mich, teuerster Herr Vater, nur in der schwedischen Armee, zumal ich, aufrichtig gesagt, Euer System der Unterhaltung einer Armee nicht gut heißen fann. Zürnt mir nicht, Herr Vater, aber ich mußte dieses, das ich schon lange mit mir herumtrage, vom Herzen los sein; ich weiß, Ihr werdet meine Bitte berücksichtigen und die Sache anders einrichten, wenn Ihr irgend könt, denn zu sehr schon hat das arme Vaterland gelitten! Ich wünsche Euch, bester Vater, viel Glück zu allen Euren Unternemungen und bleibe unter tausend Küssen Euer dankbarer und gehorsamer Son Hoyer, comte de Mansfeld*).
Jaroslaw, den 14. März 1625.
Müde war des Schläfers Haupt auf seine Schrift herabgesunken; das blonde Lockenhar breitete sich über die feine und doch kräftige Hand aus; das Licht war weit heruntergebrant und drote in der Zugluft des Zeltes das schöne Lockenhar zu ergreifen, und müde schlummerte Helchner auf Stroh und Decken in seiner Nähe: da ertönte das Frühsignal. Einige Zeit darauf trat eine hohe Figur in weißem Mantel und langer Feder am goldbordirten Hut an das Zelt hinan, wie sie auch bei den andern getan, schob neugierig den Vorhang beiseite, trat ein, sah den Schläfer über der Schrift liegen und beugte sich über die leztere. Sie schob das drohende Licht beiseite, zog die Schrift leise unter der Hand des Schläfers weg, las sie mit Interesse und murmelte:„ Wackerer junger Mann!", nam dann die Feder, strich das Wort_ ,, Rittmeister" aus und schrieb dafür ,, Obrist". Dann zog sie aus dem Wams einen Streifen Pergament und schrieb darauf die Worte hin:
Wir ernennen den bisherigen Rittmeister, Grafen Hoyer von Mansfeld hiermit zum Obristen des blanen Umea- Dragonerregiments. Da wir die Equipirung des Herrn Obristen auf uns genommen haben, so wolle derselbe sich bezüglich derselben von Ünsrer Armeekassa fünfunddreißig Dukaten ausfolgen lassen. Hauptquartier Jaroslaw, den 15. März a. d. 1625.
Diesen Zettel schob der geheimnisvolle Besuch unter den Brif, legte jenen wieder auf den Tisch und entfernte sich lächelnd.
Bald darauf ertönte das Frühsignal zum zweitenmale und Hoyer flog schlaftrunken auf. Dann besann er sich und fing an, den Brif nochmals zu durchfliegen. Bei dem Worte Obrist", das eine fremde Hand geschrieben, ward er unwillig über den dummen Spaß", wie er vermeinte. Er griff zur Feder und starte wie das Haupt der Medusa die eigenhändige Ordre des Königs an. Stumm faltete er die Hände, dann gab er dem Brife einen Nachtrag, siegelte ihn, weckte den alten Helchner, sorgte für seine Rückreise und entließ ihn mit tausend Grüßen an den Vater.
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Zwei Jare waren vergangen.- Jm königlichen Schlosse zu Stockholm saß am Fenster nach dem Mälarsee hinaus ein schwedischer Obrist, dessen Schönheit und Jugend, wie die bleiche, leidende Gesichtsfarbe jedermann auffiel. Er trug die einfache, hellblaue Uniform der Umea - Dragoner und die Obristenschärpe in den schwedischen Farben, blau- gelb. Beides stand ihm vortrefflich; der silberbordirte Schlapphut dagegen mit blaugelber Feder lag auf dem Fenstergesims; den linken Arm trug er in schwarzer Binde.
Vor ihm stand ein Page in violett gekleidet, mit langen seidenen Bändern in den schwedischen und brandenburgischen Farben auf der linken Achsel und hierin als im Dienste der Königin stehend kentlich.
Ist Euch besser?" " Ich danke Euch."
Der Verwundete war Hoyer von Mansfeld, der nach einem Streifschuß am linken Arm vom Könige als Rekonvaleszent mit Depeschen zu seiner Gemalin nach Stockholm entsant wurde. Dort hatte sich aber die Wunde so erheblich verschlimmert, daß die Aerzte die Rückkehr zum Heere verboten, wogegen die Königin den hübschen Obristen an ihren Hof gezogen hatte. Der Page fur zutraulich fort: