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Der Bienenvater.( Seite 581). Wenn das erwachende Leben des Frühlings den eisigen Winter verdrängt und die ersten Blüten­knospen auf der Haide sich zeigen, dann macht sich auch der Bienen­vater Lüneburgs mit seinen kleinen Pfleglingen auf den Weg, um diesen als Entschädigung für die Winterkost das Suchen besserer Narung auf den ersten Blütenfelchen zu ermöglichen. Satweide und Heidelbeere spenden in reichem Maße das, was die kleinen fleißigen und sparsamen Leckermäuler suchen und später siedelt die kleine, durch unser Bild ver­anschaulichte Kolonie über nach den Gegenden, wo der Blütenreichtum des Buchweizens prangt. Dabei schafft die kleine Gesellschaft so emsig, daß schon im schönen Monat August ihr wolgekanter treuer Pfleger für seine Mühen reichen Lon findet in dem süßen Honig, den das Bienen­völkchen unterdessen in den Waben aufgespeichert hat. Und wie hoch der Wert des Ertrages ihrer Tätigkeit ist, zeigen am deutlichsten die statistischen Erhebungen, welche 1873 in der Provinz Hannover aufge­nommen wurden. Man zälte auf einen Flächenraum von 6983/4 Qua­dratmeilen 216 759 Stöcke, davon kommen in der lüneburger Haide allein 470-500 auf die Quadratmeile. Der Wert sämtlicher Stöcke wurde auf 4 740 000 Mark abgeschäzt; der Ertrag an Honig und Wachs pro Jar im Durchschnitt auf 3 792 000 Mart. Freilich ist die Bienen­zucht dort auch von ganz Preußen die bedeutendste, aber trozdem zeigen uns diese Zalen, welchen Nuzen dieselbe zu bringen vermag. Ist doch der Bienenfleiß sprüchwörtlich geworden. So interessant nun die Bienenzucht von ihrer nüzlichen Seite ist, so interessant ist das Leben der kleinen Tierchen. Man nimt an, daß die Familie der Bienen 2000 Arten zäle. Sie gehören zu den Insekten mit vollkommener Verwand­lung, denn ihre Larven haben weder Füße noch Aftern. In ihrer Metamorphose werden sie von den Weibchen in eigens für sie von diesen gebauten Nestern gefüttert. Bei der Honigbiene besorgen jedoch dieses Geschäft die hier vorhandenen Arbeiter. Die sehr mannig fachen Arten haben ebenso mannigfache Gewonheiten des Nesterbauens: in der Erde, im Mauerwerk, im Holze 2c. werden von ihnen ihre Zellen in den verschiedensten Formen mit großer Geschicklichkeit ausgefürt und die verschiedensten Stoffe dazu verwendet. So flebt die sogenante Tapezirerbiene sogar ihre fingerhutänlichen Zellen mit Blättern aus und schließt die Oeffnungen mit einem rundgeschnittenen Blattsegment. Betrachten wir jedoch das Leben und Treiben der Honigbiene, auch Grasbiene genant. Sie zeigt drei Formen: Mänchen, Weibchen und Arbeiter und lebt gesellig beisammen. Ungefär 6-800 Mänchen oder Drohnen, 10-30 000 Arbeiter und ein Weibchen bilden einen Stock oder Schwarm, den man auch einen monarchischen Staat zu nennen beliebt. Nun ist aber der Monarch dieses Staates das einzige Weib­chen, das sich in demselben vorfindet und in der Bienensprache Königin, Mutterbiene, Weisel, Weiser, Heidherr genant wird. Diese ihre her­vorragende gesellschaftliche Stellung im Bienenstaate hat sie sich denn auch redlich zu verdienen, denn sie ist es, von der die Existenz des Bienengeschlechtes abhängt. Sie wird nur einmal im Leben begattet und zwar hoch in der Luft gelegentlich ihres Hochzeitsfluges", von einer Drohne, welche aber bei dieser Gelegenheit ihren Tod findet. Darauf belegt das Weibchen im Stock zunächst die Arbeiter, dann die Drohnenzellen mit je einem Ei und zulezt die am Rard der Waben befindlichen Weiselwinzen mit Eiern. Die ausschlüpfenden Larven werden von den Arbeitsbienen gefüttert und diese ziehen auch die Insassen der Weiselwinzen durch bessere Narung zu Königinnen heran. Zugleich halten sie aber auch Wache an den Zelten der jungen Weisel und ver­hindern, daß die alte Königin ihre jungen Rivalinnen umbringt. So­bald aber eine derselben durch einen ihr eigentümlichen Ton zu er­kennen gibt, daß sie im Begriff ist, ihren bisherigen Aufenthaltsort zu verlassen, macht sich die Landesmutter des Bienenreichs mit einem Teil seiner Bewoner auf und verläßt den Mutterstaat von den, Bienen­vätern" das Vorschwärmen genant- sezt sich mit ihren Begleitern an einen Baumast und dgl. fest, von wo aus man den Schwarm in einen andern Korb bringen kann. Aber auch die junge Königin ziet zu ihrem Hochzeitsflug" aus und kehrt in den Stock zum Zweck des Eierlegens zurück. Berläßt jedoch noch eine junge Königin die Weiselwinzen, so das get auch sie mit einer Schar von Arbeitern aus dem Stock eigentliche Schwärmen und sucht sich eine neue Niederlassung, ihrer jüngeren Schwester das alte Reich überlassend. Und so vollziet sich dieser Brauch von Jar zu Jar. Die Bienenkönigin wird bis zu fünf Jare alt und ist sehr fruchtbar. Sie legt manchmal täglich 3000 Eier, welches Geschäft vom Frühjar bis Oktober dauert, und man nimt an, daß sie wärend ihrer fünf Lebensjare mehr als 1 million Eier legen tann. Dabei hat sie die Gewonheit, die Eier, aus denen die Drohnen hervorgehen sollen, nicht aus ihrer Samentasche zu befruchten; nur die Eier, welche die Arbeitsbiene und Weisel fortpflanzen, genießen diesen Vorzug. Gewissenhafte Forschungen haben ergeben, daß dies in der Willkür des Weibchens liegt, und daß Drohnen auch von einer jung­

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fräulichen Königin hervorgebracht werden können, oder von einer flügel­lahmen, die wegen ihres Gebrechens ihren ,, Hochzeitsflug" nicht unter­nemen kann. Die Arbeitsbienen sind verkümmerte Weibchen und unter­scheiden sich unter anderem einmal dadurch von den Drohnen, daß sie fleiner wie diese und ferner im Besiz einer Waffe, des Stachels, sind. Bekant und sprüchwörtlich ist, daß die Drohnen Müssiggänger sind, ein Schlaraffenleben füren und nur bei warmem Wetter ausfliegen. Ihre ganze Tätigkeit bestet in der Begattung der Königin. Sind sie dieser Pflicht nachgekommen, so sind sie überflüssig geworden und werden als unnüze Glieder des Bienen- Gemeinwesens aus dem Stocke gejagt oder einfach umgebracht. Ja, die Biene hält so sehr auf Ordnung und Ar­beitsamkeit, daß sie sehr eifrig bestrebt ist, alles Unnüze und Schädliche zu beseitigen oder sich dagegen zu schüzen; sogar verkrüppelte Junge werden aus dem Stock geworfen.- Aus alledem get hervor, daß die manchmal angestellten Vergleiche zwischen den Bienen und den menschlichen Gemein­schaften nicht zutreffen, und unter Umständen sogar die Dinge auf den Kopf stellen. Als Vorbild der schönsten bürgerlichen Tugenden, der Arbeits­und Ordnungsliebe können die kleinen unscheinbaren Insekten gelten, und will man denn wirklich eine Paralelle herausfinden, so dürfte diese lediglich zu Gunsten unseres schönen Geschlechtes ausfallen denn das ,, stärkere" stellt sich eben, wenn es nichts mehr leistet, als seine Vorbilder im Die Honig Bienenstaat, kein besonderes günstiges Zeugnis aus. biene ist über ganz Europa , Afrika und den größten Teil Asiens ver breitet. Sie stamt aus Syrien und wurde bereits 1675 in Nord­ amerika eingefürt, wo sie im Durchschnitt järlich 40 Meilen vorrückend, weit verbreitet ist, sich sehr stark vermehrt, aber verwildert lebt. Eine Varietät von ihr, die italienische Honigbiene, seit 1843 in Deutschland eingefürt und seit 1853 verbreitet, spielt gegenwärtig in ganz Europa eine bedeutendere Rolle als ihre Stammmutter, da sie fleißiger und minder stechlustig ist. Nur erreichen die Königinnen kein so hohes Alter wie die der ersteren. In Anbetracht der großen Nüzlichkeit der Bienen hat man sich in neuer Zeit vielfach mit der Pflege derselben beschäftigt und auch viele Fortschritte erzielt. Es gibt in Deutschland einen Verein der Bienenwirte, dessen Organ ,, die Eichstädter Bienen­zeitung" ist. Außerdem sind arch eine große Anzal von Schriften über die Bienenzucht erschienen. Ob unser Bienenvater" Mitglied des ge­nanten Vereins ist und ob er sich um seine Fachlektüre fleißig kümmert, wissen wir nicht zu sagen, aber aus seinem Eifer ersehen wir, daß er seine kleinen Lieblinge so gut pflegt, als sie es redlich verdienen und das tun tausende von kleinen Landleuten, die nur 5-10 Stöcke befizen, hauptsächlich aus Liebe zu den rastlos tätigen Tierchen. nrt.

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Redaktionskorrespondenz.

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Leipzig . Frau P. 1) Anfang September sollen die, Pensées genanten, Stief= mütterchen mit großer Blüte gepflanzt werden, wärend die Blumenzwiebeln der Krokus, Hyazinthen, Lilien, Narzissen, Tulpen und Schneeglödchen Ende September oder Anfang Oktober zu legen sind. Die zu Zimmerpflanzen bestimten Zwiebeln müssen in mit jandiger Misterde gefüllten Blumentöpfen eingepflanzt und mindestens 6 Zoll unter die Erde gebracht, und diese muß, falls sie troden ist, begossen werden. Von Gemüsen wird im September Wintersalat gepflanzt, sowie Spinat und Radieschen eingepflanzt. Bei trocnem Wetter ist tüchtig zu gießen. 2) Die Symptome der Trichinen erkrankung sind zuerst Brechen und Durchfall, dann Fieber, Schweiß, Salaflosigkeit, Anschwellung des Gesichts und der Glieder. Diese Krankheitsäußerungen verlieren sich später allmälich, lassen aber eine langwierige Schwäche und Steifigkeit der Muskem zurüd, wenn nicht gar der Tod eintritt durch Lähmung der Atemmuskeln oder durch Hinzutritt der Lungenentzündung, oder eine Art von Hungertod durch rämung der Kaus und Schlingmuskeln. Je nachdem mehr oder weniger Trichinen dem Körper durch Genuß trichinösen Fleisches einverleibt worden sind, richtet sich die Schwere der Erkrankung und die Art, wie sie sich äußert, entweder nur wie em heumatismus, oder wie ein leichtes Nervenfieber oder endlich anfänglich ähnlich wie die Cholera und dann in einen nerven fieberähnlichen Zustand übergehend. In den Anfangsstadien der Krankheit soll man durch Abfür und Brechmittel, durch Einnemen von Del oder Salzwasser noch möglichst viel von den kleinen aber gefärlichen Schmarozern unschädlich zu machen suchen.

Boizenburg . M. B. Das, was Sie von dem Inhalte des Gedichts sagen, nach dessen Wortlaut Sie forschen, scheint uns noch am ehesten mit folgenden Bersen Ludwig Seegers übereinzustimmen:

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Mein Lieber, soll dir's gelingen, Was heute nicht vielen gelingt,

In Sphären dich auszuschwingen,

Wo man Gold und Weihrauch dir bringt.

Dann biege deinen Rücken

Und huldige jedem Dunst,

Schlag' nicht nach allen Mücken

Und trachte vor allem nach Gunst. Was die Welt, die böse, auch munkle, Sag' nie, schwarz sei ein Ding: Es spielt nur etwas ins dunkle; So gewinst du hoch und Gering. Und komt dein Verstand in Bedrängnis, Glaub' nur, und begreifst du auch nicht, An die unbefledte Empfängnis Und Eurepas Gleichgewicht. Der Freiheitstraum, der tolle, Sei ferne dir auch im Schlaf, Wer fizen will in der Wolle, Muß werden ein frommes Schaf.

Inhalt. Herschen oder dienen? Roman von M. Kautsky( Fortsezung). Das Teater zur Zeit der französischen Revolution, von V. Sincerus( Schluß.) Aus Deutschlands schlimster Blut- und Eisenzeit. Historische Novelle von Carl Cassau( Fortsèzung). Blicke in die Gewerbe- und Kunstausstellung zu Halle a/ S. Tempel des Tschatur Bhodscha( mit Jllustration). Der Bienenvater( mit Illustration). Redaktionskorrespondenz.

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Verantwortlicher Redakteur: Dr. Max Vogler in Gohlis - Leipzig ( Mödernsche Straße 30d). Drud und Verlag von Franz Goldhausen in Leipzig .

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Expedition: Färberstr. 12. II. in Leipzig .