allen Gebäuden der Burg der kaiserliche Palast ein, dem sich ein hehres Münster würdig zur Seite stellte. Zwar war auch dieses sowol, als auch die Wonungen der Geistlichen nur aus Holz hergestellt, aber es war im Innern herlich geschmückt, mit kostbaren Geräten, die der Kaiser durch Bitten oder Befele erlangt hatte, aufs reichste versehen. Ein treffliches Geläute mächtiger, zum Teil silberner Glocken ertönte von dem Turme des Domes herab. Zalreiche Reliquien, so der Arm des heiligen Simeon, das Haupt des Märtyrers Anastasius , der Körper des Bischofs Spaus u. a., waren mit großem Kostenaufwand auf der Harz burg gesammelt, damit die Stätte eine um so gewichtigere, dem Volke heiligere werde. Und um auch seinem Hause diese Feste um so sicherer zu erhalten, legte er hier eine Familiengruft an, in der seines schon 1055 im dritten Lebensjare gestorbenen Bruders und seines gleich nach der Taufe 1071 verschiedenen Sones irdische Ueberreste ihre Ruhestätte fanden. Und da kaum eine festere und sichrere Stätte gefunden werden konte, als die Harzburg , so wurde auf derselben auch ein Staatsgefängnis eingerichtet, in dem die gefärlichsten und mächtigsten Feinde des Kaisers in festem Gewar sam gehalten wurden. Auch ein Chorherrenstift gründete Heinrich, dessen Glieder gar bald im Reiche zu den höchsten geistlichen Stellen befördert wurden. Und so vor allen Feinden gesichert erschien dem Kaiser diese Feste, daß er seine Schäze und Reichskleinodien in ihr vertrauensvoll niederlegte." Wie Bruno berichtet, hätte der Erzbischof Adalbert von Bremen , bekantlich neben dem Prälaten Hanno von Köln der Erzieher des jungen Königs, den ersten Anstoß zur Gründung der Burg gegeben, und dieselbe müßte dann, aller Warscheinlichkeit nach, im Jare 1065 im Bau begonnen worden sein, wärend ihre Vollendung etwa in das Jar 1069 fällt.
War schon die Erbauung aller dieser Burgen eine Ursache mehr gewesen, die Unzufriedenheit der Sachsen zu steigern, so wurden diese im höchsten Grade erbittert durch die Unbilden, welche die auf ihnen hausenden Ritter des Königs ausübten, durch den immer härter werdenden Druck der Steuern und die Gewalt tätigkeiten, die man gegen das sächsische Volk nicht blos, sondern auch wider dessen Fürsten , gegen die Weiber und Jungfrauen beging. Dazu kam der Umstand, daß der edle Sachsenherzog, der dem Geschlecht der Billunge angehörende Magnus, schont seit zwei Jaren wegen Teilname an den Kämpfen Ottos von Nordheim wider Heinrich IV. auf der Harzburg gefangen gehalten wurde und nur gegen Verzicht auf seine Herzogswürde und seine Erblande wieder auf freien Fuß gesezt werden sollte. Ferner hatte der König die Unvorsichtigkeit begangen, auch die Türinger sich abhold und zu einem Anschluß an die Sachsen geneigt zu machen. Die Fürsten beuteten nun demgegenüber den Ünmut des Volkes in ihrem Interesse aus und spornten das leztere zu offenem Aufrur an. So bildete sich allmälich eine vollständige Verschwörung gegen den Reichsherscher aus, an deren Spize von geistlichen Fürsten u. a. Bucko oder Burchard, Bischof von Hildesheim , Wesilo oder Werner, Erzbischof von Magdeburg , Hejilo, Bischof von Hildes heim , die Bischöfe von Paderborn , Merseburg , Minden und Münster , von den weltlichen Fürsten u. a. Otto von Nordheim , Hermann Billung , der Oheim des gefangenen Herzogs Magnus , sowie Udo, Graf von Stade, Dedi von der Lausitz , Eckbert von Braunschweig- Malverade, Friedrich, Pfalzgraf von Sachsen, Adal bert von Ballenstedt und die Söne Ottos von Nordheim standen. Eine im Jare 1073 vom Könige unternommene große Rüstung gegen die Polen , welche die Sachsen wider sich selbst gerichtet glaubten, gab den direkten Anlaß zum Losbruch der Feindselig feiten. Als Heinrich im Juni des genanten Jares die sächsischen Stammesfürsten zu sich nach Goslar berufen hatte und die lezteren diese Gelegenheit benuzen wollten, ihm ihre Beschwerden vorzutragen, ließ sie der König, der inzwischen wol von der Verschwörung gehört hatte, vom Morgen bis zum Abend vergeblich auf sich warten und erbitterte sie dadurch dermaßen, daß sie sich noch in derselben Nacht in einer Kirche zu Goslar vereinigten und Tag und Stunde zu einer großen Versamlung mit einander verabredeten. Diese Versamlung fand denn auch unter dem Zuströmen des größten Teils des sächsischen Volks, warscheinlich zu Wormsleben bei Eisenach statt, und man faßte den einhelligen Beschluß, mit Waffengewalt sich gegen Heinrich zu erheben. Ein mit außerordentlicher Schnelligkeit zusammengebrachtes Heer von 60 000 Mann fezte sich, nachdem mehrfach angebahnte Verhand lungen one Erfolg gewesen waren, sofort gegen die Harzburg , wo der König Zuflucht vor den Aufständischen suchte, in Be wegung. Man beabsichtigte nichts Geringeres, als den König hier
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gefangen zu nemen und dadurch einem langwierigen Kriege aus dem Wege zu gehen, weshalb man sich beeilte, die Burg one Aufschub einzuschließen. Dem König, der an Zal zwar nur dreihundert, aber außerordentlich tapfere und entschlossene Reisige, die die Besazung der Burg bildeten, zur Seite hatte, war vor allem daran gelegen, die Sachsen so lange hinzuhalten, bis sich die ihm ergebenen Heere im Süden Deutschlands gesammelt hatten, und er schickte daher den damals auf der Harzburg weilenden Herzog Berthold von Kärnthen, sowie die Bischöfe Eppa von Zeiz und Benno von Osnabrück in das Lager der Aufständischen, damit sie mit diesen verhandelten. Die Warnungen und Bitten aber, durch welche diese Männer die Sachsen von ihrem kühnen Unternemen abzubringen bemit waren, fruchteten nichts. Vergeblich war auch ihr Rat, die Belagerer möchten ihre Beschwerden vor einer Reichsversamlung vorbringen, die Sachsen bestanden auf ihrem Verlangen, demzufolge alle vom Könige errichteten Burgen geschleift werden sollten. Noch schwebten diese Verhandlungen, als es Heinrich gelang, durch eine von außen nicht sichtbare, geheime Ausfallspforte nebst Berthold von Kärnthen und den genanten Bischöfen zu entkommen. Von einem der Gegend kundigen Jäger geleitet, durcheilten die Flüchtlinge den Wald, was nur unter den größten Anstrengungen auf geheimen Pfaden gelang, und kamen am vierten Tage, durch den beschwerlichen Warsch und vom Hunger aufs äußerste ermattet, in Eschwege an. Darauf begab sich der König so rasch wie möglich nach Hersfeld und fand hier einen Teil des gegen die Polen gerüsteten Reichsheers, mit dem sich auch die übrigen Reichsfürsten, namentlich Rudolf von Schwaben , vereinigten, beisammen. Fußfällig flehte Heinrich die versammelten Fürsten an, die ihm von den Sachsen angetane und ja auch sie treffende Schmach an den Urhebern rächen zu helfen, worauf die durch seine Bitten bis zu Tränen gerürten Fürsten ihm ihren Beistand zusagten. Darauf wurde zunächst das Heer mit der Weisung entlassen, sich am 5. Oktober zu Breitenbach an der Fulda von neuem zu verſammeln. Mit Angst und Sorge hatten die Sachsen von des Königs Flucht gehört, da sie nun einen langwierigen Kampf für unvermeidlich halten mußten. Immerhin aber erfüllte es sie mit Gemugtuung, daß der Herzog Magnus gegen Auslieferung von siebenzig, durch Hermann Billung in Lüneburg gefangen genommenen schwäbischen Rittern seine Freiheit erhielt, welcher Umstand die Veranlassung zu dem seit dieser Zeit im Volke sprüchwörtlich gewordenen Ausdruck wurde, ein Sachse wiege siebenzig Schwaben auf."
Nachdem die Sachsen darauf die Heimburg bei Blankenburg , die Asenburg bei Nordhausen , die Spatenburg und andere Festen gebrochen hatten, schlossen sie die Harzburg wieder mit 20000 Mann ein und suchten sie durch Aushungerung zur Uebergabe zu zwingen. Die Besazung hielt sich indes tapfer, brachte den Belagerern durch oft wiederholte Ausfälle große Verluste bei, plünderte die benach= barte Gegend, fürte das Vieh von der Weide weg mit sich in die Burg und verheerte die umliegenden Dörfer und brante sie nieder. Die Stadt Goslar vor allem wurde durch diese Kämpfe schwer niedergedrückt, indem nicht nur der blühende Handel derselben den ärgsten Schaden erlitt, sondern auch noch besondere Drangsale ihre Bewoner auf das härteste heimsuchten. So erzält der schon genante Annalenschreiber Lambert aus dieser Zeit u. a.: „ Einst war zwischen den streitenden Parteien ein Waffenstillstand geschlossen. Da zogen zwei Reisige aus der Harzburg nach Goslar , um Waffen einzukaufen: Hier kam es zwischen ihnen und goslar 'schen Bürgern im Wirtshause zu einem heftigen Streit, der bald in Tätlichkeiten ausartete. Die beiden wurden ergriffen und nackt gekreuzigt. Dafür schwuren die Harzburger blutige Rache zu nemen. In der Stadt lebte ein treuer Anhänger des Königs, der Vogt von Goslar , Bodo, der den Harzburgern Genugtuung für die Freveltat der Bürger verhieß. Wie verabredet, ließ er eines Tages die Herden der Stadt weiter von der Weide forttreiben, worauf dieselben von den Reisigen des Königs sofort überfallen und weggefürt wurden, wärend ein anderer Trupp sich in den angrenzenden Wäldern verborgen hielt. Kaum vernamen die Goslar 'schen den Verlust, als sie eiligst aus der Stadt hervorbrachen und ungeordnet, wie sie waren, die Feinde verfolgten. Diese flohen scheinbar aufs eiligste, um so heftiger, um so ungeordneter verfolgten sie die Bürger. Da plözlich brachen die Reisigen aus dem Hinterhalte hervor und richteten ein furchtbares Blutbad unter den Städtern an."
Zur Verhinderung dieser Raubzüge der Königlichen wurde von den Belagerern mit aller Raschheit auf dem benachbarten,