vor dem seligen Pare. Diesesmal war er weniger verwundert, sondern sagte ganz ruhig:
,, Also hat meine Alte doch recht gehabt, damals in Ingolstadt schon? Nun, Kinder, meinen Segen habt Ihr!" Dann wollte er weiter wandeln, seine Rürung zu verbergen.
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Hoyer aber umarmte ihn stürmisch und bat: Nein, gebt uns Euren Segen, Vater, hier unter den blühenden Bäumen!" Sie knieten vor ihm und der Syndikus legte seine Hände auf
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die Häupter der beiden, die Batterien der Festung aber sangen das Brautlied dazu. Ein gutes Geschick erhalte euch für einander in diesen schweren, bekümmerten Zeiten und gebe euch den Segen der Edlen! Amen!"
Bei dem Lehnstul der kranken Mutter aber wechselten die Verlobten die Ringe.
Andern Tages zog Mansfeld in seines Oheims Haus als Gast ein. ( Fortsezung folgt.)
Tendenzkritik wider Tendenzdramatik.
Eine Entgegnung wider die Arbeit„ Das Teater zur Zeit der französischen Revolution" von V. Sincerus in der ,, N. W." Nr. 47, 48. Von Bruno Geiser.
V. Sincerus hatte sich eine ungemein interessante Aufgabe gestellt, indem er zeigen wollte, was wärend der französischen Revolution auf dem Gebiete des Dramas von Seiten des Volkes geleistet worden ist, das sich vermaß, die alten, in langsamem historischen Entwicklungsprozeß gewordenen Staats- und Gesellschaftsverhältnisse mit furchtbaren Faustschlägen zu zertrümmern und sein staatlich Heim allein, one Bevormundung und Kommando eines einzelnen Herschenden von Grund aus neu zu zimmern.
Diese ungemein interessante Aufgabe zu lösen, war freilich auch ungemein schwer; aus vielen Gründen schwer.
Man erlaube mir, daß ich hier nur den vornemsten dieser Gründe vorlege. Wenn man etwas richtig, menschlichem Vermögen und dem Zeitverstande gemäß richtig, beurteilen will, muß man objektiv urteilen, d. h. man muß die Dinge so nemen, wie sie sind, wie sie entstanden sind und sich entwickelt haben, man hat sich seiner persönlichen Sympatien und Antipatien zu entäußern, man darf seinen über andere als die in Frage stehenden Dinge bereits fertigen Urteilen und Vorurteilen feinen Einfluß gestatten, man muß sich fülen und geben, so unparteilich und erhaben über Nebendinge und Kleinlichkeiten, Gunst und Misgunst, wie ein echter und gerechter Richter es soll, in dessen Hand Wol und Wehe seiner Mitmenschen gegeben ist.
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So unparteilich zu sein, ist in jedem Falle schwer; am schwersten da, wo wichtige, tiefgreifende Interessen ins Spiel kommen. Bei der französischen Revolution handelte es sich um Haus und Hof, Leib und Leben, Tron und Altar, es handelte sich um das finanzielle und politische Machterbe von Generationen und Jarhunderten, um die Ideen- und Glaubenshinterlassenschaft von mehr als einem Jartausend.
Was wunder, wenn da heute noch der Leute Blut in Wallung gerät, sobald sie von jenem furchtbaren Würfelspiel in Frankreichs weltmächtiger Hauptstadt reden und schreiben!
Was wunder, wenn die einen, die geistigen Enkel und Urenkel der Sanskülotten von Paris und Marseille , wie sie heut zutage zu millionen durch aller Herren Länder zerstreut sind, was wunder, sage ich, wenn diese aus allem, was in jenen Zeiten von ihren Ahnen gesungen ward, die gewaltigen, überwältigenden Klänge der Marseillaise hervorklingen hören, wenn sie in allem, was die Revolution getan, ein Stück ewiger Gerechtigkeit zu erkennen sich einbilden und verehren?
Und wer hätte ein Recht, es den andern zu verdenken, daß fie jener, wie sie die Geschichte nent, großen" Revolution noch heute zürnen; daß sie in den Gassen des Paris von 1789-94 nur die Ströme von Blut, die zu Galgen degradirten Laternen, den Menschenopferaltar der Guillotine schauen; daß sie im Konvent und in den Klubs, in den Sektionen und bei den Weibern der Halle nur Gewalt und Brutalität das Wort füren, und alle Laster und Verbrechen, die Menschenphantasie ersinnen kann, predigen hören? Jenen anderen, die von den französischen
Emigranten stammen, oder deren aristokratischer Freundschaft nebst Anhang in den übrigen Ländern unsrer alten Europa !
Das eine ist so erklärlich und so entschuldbar, aber auch so unkritisch wie das andre.
Wem man den Demokraten anmerkt oder den Aristokraten, den Republikfreundlichen oder- Feindlichen, wenn er irgendwelche literarische Erzeugnisse oder historische Ereignisse zu kritisiren oder zu erforschen unternimt, der kann ein sehr guter, gescheiter, edeldenkender Mensch sein aber ein schlechter Kritiker, ein unzuverlässiger Forscher ist er bestimt.
Der geistvolle und kentnisreiche Schriftsteller, welcher unter dem Namen Sincerus in die Reihe der Mitarbeiter der Neuen Welt" eingetreten ist, denkt sicherlich von sich, seinem Tema und der„ Neuen Welt" nicht klein genug, daß er es mir übelnemen fönte, wenn ich mir nach dieser Einleitung erlaube, seine Arbeit auf jene Objektivität hin zu untersuchen, welche den guten Kritiker, den glaubwürdigen Kulturforscher und schilderer auszeichnen muß.
Sincerus wirft sowol den Dramatikern als den Machthabern der französischen Revolutionsepoche vor, sie hätten keine Ahnung davon gehabt, daß die Kunst, auch die dramatische ihre eigenen Geseze" habe, sie hätten sie zur Magd der Politit" gemacht, zur Mätresse", die mit erborgtem Flitter prangt, indem sie dieselbe in den Dienst politischer und sozialer Tendenzen gezwungen, und sie hätten sie so zum elenden Zugrundegehen an ihrer eignen Unnatur verdamt.
Unser Herr Mitarbeiter hat gewiß recht: die dramatische Kunst, wie jede andre, hat ihre eigenen Geseze, welche ihr verbieten, sich in den Dienst der Politik, der Religion oder irgendeiner nicht in ihr, in der Kunst selbst, begründeten Tendenz zu stellen.
Waren aber etwa die französischen Republikaner die einzigen Leute, die das nicht begriffen haben?
Im Gegenteil: wenn die französischen Republikaner von 1789. das begriffen hätten, wären sie zu ihrer Zeit so ziemlich die einzigen gewesen, die sich auf diese Höhe der künstlerischen Erkentnis hinaufgeschwungen hätten. In Frankreich wenigstens unzweifelhaft die einzigen; in Deutschland hatte ungefär zwei Jarzehnte vorher Lessing die dramatischen Geseze dargelegt und begründet; in Deutschland wuchs eben erst zu jener Zeit in Schiller und Goethe die dramatische Kunst zu jener imposanten Reinheit und Größe empor, wie sie bei den neueren Völkern nur noch ein einziger Mensch nur noch Shakespeare erreicht und wie Literaturforscher meinen überboten hat. Frankreichs Literatur lag wärend des ganzen achtzehnten Jarhunderts in tiefstem Verfalle darnieder, und selbst das Genie des großen Voltaire war nicht im stande, Dramen zu schaffen, welchen ein andres Schicksal zuteil geworden wäre, als in die Rumpelkammer der Literaturund Kulturgeschichte zu wandern und zu der Stellung des schäzbaren Materials für den gelehrten Forscher, der Beweisstücke für der Menschen Frtümer und Geschmacklosigkeiten hinabzusinken. ( Schluß folgt.)
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Blicke in die Gewerbe- und Industrieausstellung zu Halle a/ S.| nach dem Trocknen der Farbe diejenigen Stellen, welche Grund bilden
( Fortsezung.)
Das gemalte oder richtiger das aufgetragene Ornament, wie wir es auf den bürgeler Tonwaren finden, bestet in Punkten, Strichen, Schrift und gesezlosen Schnörkeln. Die Farben werden stark mit Ton versezt und oft 4 Centimeter stark aufgetragen, damit sie das Feuer aushalten, wodurch jedwedes Malen mit dem Pinsel unmöglich wird. Sollen bessere Ornamente mit dem Binsel angebracht werden, so wird das Gefäß mit der anzuwendenden Farbe vollständig übergossen und werden
sollen, wieder herausgenommen. Das Brennen der Tongeschirre findet in ganz altherkömlicher Weise in Defen mit Holz statt. Besondere Muffeln( Kapseln) werden dabei nur selten angewendet, jedoch dienen größere Tongeschirre als solche für die mit Glasur begossenen Waren. Die großherzogliche Regierung hatte zu der oben angegebenen Zeit den Entschluß gefaßt, in Bürgel vorläufig für die Dauer von 6 Monaten einen provisorischen Zeichen- und Modellunterricht einzufüren, um so den dortigen Meistern, Gesellen und Lehrlingen eine größere Ausbildung für ihr Gewerbe zu geben, ferner eine zum Muster und Modell