Gebäude noch einen einfachen Anstrich. Die Wonungen auf den Landgütern der Besizenden waren freilich auch schon in dieser Zeit prunkvoller und verschwenderischer ausgestattet.
In der Regel besaß jedes Privatgebäude blos ein Stockwerk; zeigte es ja ein zweites, so hatte dasselbe nicht die gleiche Ausdehnung wie jenes, sondern erhob sich mehr turmartig über dem ersten und diente in der homerschen Zeit als Frauenwonung, in der Periode, um die es sich hier handelt, meist zu Wonungen für Sklaven oder auch zu Fremdenzimmern. Jenes eine Stockwerk des Hauses war in zwei Hälften abgeteilt, von denen die der Straße zugekehrte die Männerwonung, das Hinterhaus die Wonräume der Frauen enthielt. Auf der Straße vor dem Hause sah man gewönlich einen zu diesem gehörenden Altar des Apollon Agyieus( des Apollon als Stadt- und Straßenschirmer) oder einen den Gott selbst vorstellenden Spizpfeiler. Ehe man durch die Haustür eintrat, hatte man wol bei diesem und jenem Hause zuerst einige Stufen zu überschreiten; befand man sich in der Hausflur, so sah man auf der einen Seite die Wonung des Tür hüters, auf der anderen Ställe. Aus der Hausflur trat man in den Hof( die Aule der Andronitis), der auf vier Seiten mit Säulengängen umgeben war, und um welchen rings herum die Säle für das Symposion( Gastmal) der Männer, ferner ein Befuchszimmer mit Sizen und fleinere Gemächer, sowie zuweilen Vorratskammern lagen. Als besonderen Schmuck zierte die Aule in der Regel ein Altar des Zeus . Durch einen Gang( Mesaulos) gelangte man aus dieser Aule in einen zweiten Hof, der auf drei Seiten von Säulen umgeben war, wärend auf der hinteren, der Mefaulostür gegenüberliegenden Seite zwei Pfeiler einen nach dem Hofe zu offenen Raum, eine Art Sal, begrenzten, dessen Tiefe um ein Drittel geringer war, als die durch den Abstand der Pfeiler bezeichnete Breite( Prostas). Auf beiden Seiten dieses Raumes lagen auf der einen das eheliche Schlafgemach, auf der anderen ein Gemach, von dem man jezt annimt, daß es als Schlafzimmer für die Töchter diente. Auf den übrigen Seiten befanden sich die täglichen Speisezimmer und Zimmer zu wirtschaftlichen Zwecken, wärend sich in der Tiefe die Säle für Webstüle und weibliche Arbeiten, die für den Aufenthalt der Frauen bestimten Räume, anschlossen. Aus diesen gelangte man in den Garten, den wol in der Regel das Haus besaß.
Was die Ausschmückung dieses Heims anbetrifft, so stellte sich dieselbe in früheren Zeiten als eine ziemlich einfache dar; der Estrichfußboden wurde erst später getäfelt, und die Wände waren blos geweißt. Je mehr die Entwickelung des Volkes jedoch vorwärts schritt, desto mehr empfand man das Bedürfnis nach fünstlerischem Schmuck der Behausung; zu den Malereien, mit denen man die Wände zierte, kam warscheinlich bald reiche Stuckaturarbeit am Gesims und an den Decken und mannigfacher anderer plastischer Schmuck. Die verschiedenen Räume und Gemächer waren teils durch Türen, teils durch Vorhänge unter einander verbunden. Die Haustüren öffneten sich meist nach innen, und wer Einlaß begehrte, klopfte an die Tür, die dann von dem Türhüter, der zugleich den Fremden anmeldete, geöffnet wurde. Unzweifelhaft gab es auch Fenster; das meiste Licht aber wurde den Zimmern durch die nach den Aulen fürenden Türen mitgeteilt. Die Dächer erscheinen meist platt; doch zeigten sich hier und da auch hohe. Geheizt wurden die Zimmer teils durch Kamine, teils durch tragbare Herde oder Kolenbecken. Neben den ausschließlich von den Besizern mit deren Familie bewonten Gebäuden kommen übrigens auch Mietshäuser vor.
Wenden wir jezt, bevor wir in der Schilderung des Privatlebens der Griechen weitergehen, unserem eingangs angedeuteten Plane gemäß, die Blicke nach Rom , um zu sehen, in welchen Formen sich dort der bisher berürte Teil des Lebens bewegte. Wir werden hier viele den Verhältnissen in Sparta verwante Züge finden. Hier wie dort liefen alle Bestrebungen im Erziehungswesen hauptsächlich auf die Heranbildung zur Kriegstüchtigkeit hinaus, wozu sich in Rom als zweites Moment namentlich noch die Herausbildung des Rechtsinnes gesellte. Demnach war das praktische Staatsbürgertum hier das einzige Ziel, auf das die ganze Erziehung hinsteuerte. Gleichzeitig brachte es freilich dieser bei der lezteren vor allem im Auge behaltene Gesichtspunkt mit sich, daß aus dem Volke allmälich ein besonderer Stand der Gebildeten und Gelehrten herauswuchs, dessen wissenschaftliche Taten, besonders was die Rechtspflege anget, dann von so außer ordentlicher Bedeutung für die europäische Staatenentwicklung und für die Entwicklung der gesamten europäischen Kultur werden sollten.
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Gemäß der ganzen Art des römischen Karakters, der römischen Auffassung des Lebens und dessen Zwecks waren die Kinder in die unumschränkte Gewalt des Vaters gegeben, die dieser, so lange er lebte, selbst über erwachsene Söne, bis zum Recht der Tötung besaß. Die Kinder galten eben als vollständiges Eigentum desselben, mit dem er nach Belieben verfaren durfte. Sobald ein Kind geboren war, wurde es daher auch vor den Vater gelegt, damit dieser die Entscheidung treffe, ob es angenommen oder verstoßen werde. Als symbolisches Zeichen seiner Erhaltung galt, wenn er es einmal von der Erde aufgehoben hatte, worauf es so, daß es mit den Füßen die Erde berürte, aufrecht gehalten wurde. Damit übernam der Vater zugleich die Verpflichtung seiner Erziehung. Am neunten Tage nach der Geburt fand für die Knaben, am achten für die Mädchen das Opfer statt, durch welches sie gereinigt und gegen Bezauberung geschüzt werden sollten. Es war dies ein häusliches Fest, bei welchem die Kinder zugleich ihren Namen und allerhand Spielzeug bekamen, das am Halse getragen wurde, so z. B. ein goldenes Schwert mit dem Namen des Vaters darauf, eine kleine goldene Art mit demjenigen der Mutter, zwei verschlungene Händchen, ein silbernes Schweinchen, einen goldenen Halbmond, ein goldenes Ringlein u. s. f. Der Besiz von Kindern gab dem Vater in den Augen seiner Mitbürger einen besonderen Vorzug, und es geschah daher natürlich nur in den seltensten Fällen, daß er sich jener entäußerte. Nur krüppelhafte und misgestaltete Kinder pflegte man auszusezen, und zwar geschah dies meist auf dem in der elften Stadtregion belegenen Gemüsemarkt, wo dann mitleidige Seelen sich der Armen annamen und sie durch Milch ernärten.
Die erste Erziehung des Kindes wurde durch die Mutter geleitet, wärend der Vater seine Sorgfalt schon früh den Sönen zuwante und ihnen, sobald es die Entwicklung ihrer Körperkräfte gestattete, reiten, schwimmen, fechten lehrte. Erziehung und Unterricht waren eng verbunden, und wurde der leztere in der Regel schon im elterlichen Hause durch einen Elementarlehrer, welcher auch hier in der frühesten Zeit immer ein Sklave war, erteilt. Das leztere fonte aber natürlich nur in wolhabenden Familien geschehen. Schon früh entstanden indessen auch Elementarschulen, in denen Lesen, Schreiben, was mit dem Griffel auf Wachstafeln oder auf Pergament geschah, und vorzugsweise Rechnen gelehrt wurde. Der Elementarlehrer war auch in Rom petuniär sehr schlecht gestellt und erhielt ursprünglich nur freiwillige Geschenke, später, als eine Besoldung durch den Staat eintrat, sein Honorar in monatlichen Raten. Das leztere fiel aber wärend der Monate Juli bis Oktober, in welcher Zeit fein Unterricht stattfand, ganz aus. Nach dem zweiten punischen Kriege( 218 bis 201) begann man, der Jugend die Bekantschaft mit der griechischen Literatur zu vermitteln; es wurden griechische und lateinische Schriftsteller gelesen, von den Dichtern namentlich auch Homer . Mit der Eröffnung der Retorenschulen im lezten Jarhundert der Republik trat eine immer größere Trennung der Erziehung und des Unterrichts vom häuslichen Leben ein. Leider übten die retorischen Uebungen, indem sie anstatt das positive Wissen den leeren Schein, die Sucht, mit wolklingenden Worten und Wendungen zu prunken, beförderten, nach und nach einen sehr schädlichen Einfluß aus, bis es Cicero mit seiner wissenschaftlichen Behandlung philosophischer Gegenstände und seiner ebenso faßlichen wie anziehenden Darstellungsweise gelang, zu wirklichem Nachdenken über die ernſteſten und tiefsten Fragen des Lebens anzuregen. Nach der Unterjochung Griechenlands war es allgemein Sitte geworden, dort, und insbesondere auf der Universität Athen, die Gelegenheit zu weiterer und gründlicherer Ausbildung warzunemen.
Neben der geistigen Ausbildung wurde natürlich die körperliche Entwicklung in besonders hohem Grade zu fördern gesucht. An Stelle der heiteren Spiele des attischen Volksstammes traten hier aber ernste Vorbereitungen für den Beruf des Kriegers. Nur Tanzen und Singen genossen außer den lezteren einen besonderen Vorzug; das Schwimmen wurde fleißig betrieben. Die Disziplin in den Schulen war sehr streng, und an Schlägen, vor allem auf die Hände, felte es nicht. Weit dem vollendeten 15. Lebensjare, bis zu welchem alle langes Har trugen, sah man das Kindesalter für vollendet an, der Knabe wurde im Tempel der Juventus in die ,, libros juniorum"( Jünglingsbücher) eingeschrieben und brachte dann in Begleitung seiner Jugendgenossen den Göttern auf dem Kapitol ein feierliches Opfer dar. Aber auch jezt noch hatte er sich strenger Bucht zu unterwerfen. Bis zum dreißigsten Lebensjare war es den jungen Männern verboten, Wein zu trinken, und vor allem wurde ihnen Ehrerbietung gegenüber dem Alter zur