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die perikleische Republik Von der Höhe der Anschauung herab, welche wir in den vorhergehenden Ansfürungen erreicht haben, nimt sich freilich alles, was die von Sincerus zitirten Männer der französischen Republik über die Bestimmung der dramatischen Kunst gesagt haben, klein genug aus, aber deutlich erkenbar dämmert doch in all' dem angefürten nicht nur die Ueberzeugung, daß das franziösische Teater der vorrepublikanischen Zeit seine Aufgabe ganz und geir verfelte, daß es zu etwas besserem, weit besserem bestimit sei, sondern auch die Erkentnis, daß es vom Staate und Volke, von der Nation dazu erhoben werden müsse. Das war gewiß ein vielversprechender Anfang zur Besserung! Daß es bei diesem Anfange im großen und ganzen bis heute geblieben ist, ja, daß heute, nach einem Jarhundert noch, in allen Kulturländern die dramatische Kunst grade in ihrem dominirenden, auch von dem angeblich ,, gebildeten" Publikum meistgeliebten und gepflegten Teile nicht einmal diesem Aufdämmern besserer teoretischer Erkentnis in ihren Leistungen gerecht geworden ist, dafür können die französischen Republikaner von 1789 sicher am allerwenigsten verantwortlich gemacht werden.
Und nun die andern Vorwürfe, mit welchen Sincerus neben der kapitalen Verkennung des Wesens und der Aufgabe eines höchstbedeutenden Teiles der Kunst die teatralischen Sünden der französischen Republik heimsucht!
" In den Kulissen und auf der Szene zankte, beleidigte, ohrfeigte man sich." Abscheulich, wirklich höchst ungebildet, ja roh. Gesittete Menschen sollen sich weder zanken, auch wenn sie Meinungsverschiedenheiten auszufechten haben, sie sollen sich noch
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weniger beleidigen, und am allerwenigsten entsezlich zu sagen: orfeigen. Schade nur, daß nicht einmal die Orfeige hinter den Kulissen und vor den Kulissen bis heutigen Tags außer Mode gekommen ist. V. Sincerus, dessen gesellschaftliche Stellung ihn, wenn ich nicht irre, mit mehr als einer hervorragenden Büne unsrer Tage, insbesondere auch mit Hofbünen in Berürung gebracht hat, wird in seiner Erinnerung nach Skandal- und Prügelszenen zwischen Schauspielern, Dichtern und Teaterrezensenten neuester Zeit nicht vergeblich suchen.- Par exemple: vor wenig mehr als zehn Jaren schimpfte ein heute noch zu den allerberühmtesten zälender Opernsänger der vornemsten deutschen Hofbüne eine gleichfalls heute noch als eine der allerberühmtesten gefeierte Opernsängerin hinter den Kulissen auf das beleidigendste und unanständigste, und dafür sprang die körperlich kleine Diva an dem in jeder Beziehung großen Sänger empor und applizirte ihm ein par Orfeigen, an die seine Oren noch lange brummend gedacht haben sollen. Und ferner, ist Herrn Sincerus nicht die Skandalgeschichte des leipziger Stadtteaters bekant? Hat man sich da in den lezten Jaren etwa nicht gelegentlich gezankt, beleidigt und georfeigt? Mit all' den übrigen Vorwürfen, die Sincerus gegen das Teater der französischen Republik erhebt, stet es genau so. Dieselben oder noch schwerere lassen sich, zum mindesten mit demselben Recht, gegen das Teater der Gegenwart erheben, und da die Anname der Unbekantschaft mit den bezüglichen Zuständen bei einem Mann wie Sincerus ausgeschlossen ist, kann es nichts andres als der Ausfluß einer bei dem Kritiker unstatthaften, republikfeindlichen Tendenz sein, wenn Sincerus dessen bei der Beurteilung der dramatischen Verhältnisse wärend der Revolution nicht eingedenk ist.
Blicke in die Gewerbe- und Industrieausstellung zu Halle a/ S.| ganzen Erzbistum Magdeburg, der vom Kaiser mit dem Banne be
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( Fortsezung.)
III. Berg-, Hütten- und Salinenwesen.
Die Provinz Sachsen ist für den Bergbau von besonderer Bedeutung. Silber, Kupfer, Salz, Eisen und Braunkolen sind die Schäze, die hier die Erde verschließt. Man braucht nur an die Aufschrift: Segen des mansfelder Bergbaues" auf den schönen Silbertalern zu erinnern, um auf einen der Hauptfundorte des edlen Metalls hinzuweisen. Der mansfelder Bergbau repräsentirt sich denn auch auf der Ausstellung in imposanter Weise. Man findet da eine graphische Darstellung der Kupfer- und Silberproduktion in den Jaren 1779 bis 1880, die ein lehrreiches Bild von den Schwankungen in der Gewinnung dieser Metalle sowol wie von den Schwankungen des Wertverhältnisses derselben gibt. Eine größere Anzal Modelle von Bergwerksbauten läßt den Beschauer die schwierige und gefarvolle Arbeit der Bergleute erkennen, wärend Modelle von Hochöfen, Zeichnungen und Photographien die Hüttentätigkeit zu veranschaulichen bestimt sind. Von Hüttenprodukten selbst ist eine sehr große und natürlich überaus wertvolle Menge ausgestellt. Wem schien nicht die Kollektion von zehn Feinsilberbarren begehrenswert, die hier dem Auge entgegenglänzen, wer erstaunte nicht über die großen Kupferbleche, die man da in einer Länge bis zu neun Metern und bis zum Gewicht von zehn Kilogramm sehen kann, über die mächtigen kupfernen Böden und Kessel, die daneben lagern? Diese Ausstellung der mansfelder fupferschieferbauenden Gesellschaft, welche übrigens über 13,000 Arbeiter beschäftigt, ist denn auch von der Jury durch die Verleihung der goldenen Medaille ausgezeichnet worden.
Ein Bericht über eine Ausstellung, deren Schauplaz Halle a. d. S. ist, wird nicht geschrieben werden können, one dem Salzbergbau eine besondere Berücksichtigung zu teil werden zu lassen. Ist doch die Geschichte der Stadt Halle auf das engste mit derjenigen des lezteren verknüpft, und wir geben daher auch zuerst eine kurze Skizze, wie sich hier der Salzbergbau und mit ihm die alte Saalstadt länger als ein Jartausend hindurch entwickelt hat. Neben dem Salzdorfe Halla erbaute 806 König Karl( Karls des Großen Sohn) eine feste Burg, warschein lich das schwarze Schloß, welches an der Stelle der jezigen Morizburg lag. 961 schenkte König Otto I. den ganzen Gau Neletice mit allen salzigen Gewässern dem Morizkloster in Magdeburg . Diese Schenkung ging 968 auf das vom Kaiser Otto I. gestiftete Erzbistum Magdeburg über. Wie früher der König, so war fortan der Erzbischof von Mag deburg Eigentümer der Salzbrunnen im Gau Neletice. Der Erzbischof belehnte mit den Salzgütern verschiedene Lehnsleute, welche die Salzbereitung durch des Salzsiedens kundige Wenden, von denen der ganze Gau Neletice bevölkert war, ausüben ließen. Tas alte Salzdorf Halle im Tale an der Saale ( welches nie, wie behauptet worden ist, Dobrogora geheißen hat, da dieser Name die wendische Bezeichnung für das früher mit einer Burg versehene benachbarte ,, Gutenberg" ist, während eine verdächtige Urkunde König Konrads II. vom Jare 1029 den Namen Dobresol- Gutsalz hat) wuchs bald zur blühenden Handelsstadt heran, als welche sie sicher 1124 erscheint. In ihr hielt, wie im
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lehnte Burggraf von Magdeburg Gericht( wie es 1123 Markgraf Wieprecht v. Groißsch als Burggraf von Magdeburg bereits tat). Der Burggraf von Magdeburg , der järlich nur dreimal zum Gericht kam, belehnte den erzbischöflichen Salzguts- Betriebsdirigenten mit der Gerichtsbarkeit in( Talstadt) Halle; dieser Vorsizer des Gerichts hieß ,, Salzgraf, comes salis", das Gericht selber ,, Talschöffenbank".( Als bis zum Anfange des 12. Jarhunderts neben der Talstadt die Bergstadt Halle entstanden war, wurde für diese die ,, Bergschöffenbank" eingerichtet, deren Vorsizender später der Schultheiß war, der ebenfalls vom Burggrafen von Magdeburg die Gerichtsbarkeit als Lehen empfing.) Die Talgüter oder Salzbornlehne, welche im 12. Jarhundert noch Eigentum des Erzbischofs von Magdeburg sind, erscheinen nach der Mitte des 13. Jarhunderts als Erblehne der Pfänner. Die Pfänner bildeten das Patriziat der Stadt Halle . Um sich von der Herrschaft des Erzbischofs und seiner Beamten, des Salzgrafen und der Schöffenbänke, freier zu machen, errichteten die Pfänner eine neue Behörde, den Rat der Stadt, um die Mitte des 13. Jarhunderts. Das Talamt bestand in der ältesten Zeit aus neun Schöffen, zu denen seit 1475 die drei Oberbornmeister( für den wendischen, deutschen ,, Gutjars" und Meterizbrunnen mit dem Hackeborne) gehörten. Das Talamt mußte mindestens wöchentlich einmal zusammentreten, über allgemeine Talangelegenheiten beraten und die Salzlager und das Gewicht der Salzstücke inspiziren. Außerdem hatte es järlich drei Botdinge, in denen bürgerliche und peinliche Klagen abgeurtelt wurden, abzuhalten. Seit 1482 bestand das Talgericht aus dem Salzgrafen und 12 Schöppen, dem Bornschreiber und dem Talvogte und hielt wöchentlich zweimal, Freitags nachmittags und Sonnabends vormittags, Sizungen auf dem Talhause ab. dinge wurden nur järlich zwei gehegt. 1722 wurde auf Befel König Friedrich Wilhelms I. von Preußen das Talgericht mit dem Burggerichte vereinigt und der Salzgräfe fortan vom Könige ernannt, die bisherigen Talschöppen aber fielen weg. Solches Talgericht sollte fernerhin den Namen ,, Sr. föniglichen Majestät in Preußen zu denen Talgerichten verordnete Salzgräfe und Assessors" tragen. Erst am 1. Juli d. J. ist das Talgericht völlig aufgehoben, die ,, konsolidirte hallesche Pfännerschaft" aber neuerdings reorganisirt worden. Die Ausstellung der lezteren ist eine sehr umfangreiche. Erreicht doch die Jaresproduktion an ausgezeichnetem Speisesalz, welches die Halloren in der Saline herstellen, eine Höhe von 220,000 Zentnern. Die Resultate der Salzgewinnung werden auf einem 15- armigen, von einem kleinen Halloren gekrönten Ständer in folgender Reihenfolge dargestellt: Schachtsoole, Mutterlauge und Siedesoole, Tafelsalz, grobkörniges, mitteltörniges und feinkörniges Speisesalz, Badesalz, Düngesalz und Steinsalzkerne. Nächstdem ist die Veranschaulichung des Grubenbetriebes und der maschinellen Seilförderung durch zalreiche Modelle interessant. Die Ergebnisse des Braunkolenbergbaues der Pfännerschaft werden in einem mächtigen pyra midalen Aufbau vorgefürt. Auch das herzoglich anhaltische Salzwerk Leopoldshall bringt verschiedene Salze in Glasglockeen c. und einen Grund- und Profilriß des Werkes zur Anschauung. Ein nicht minder bedeutendes Salzbergwerk ist die Gewerkschaft Neustaßfurt, welche sich im Jare 1871 konstituirt hat und gegenwärtig circa 800 Beamte und
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