so weit gelangt, daß er seiner Beute sicher schien, als der wachsame Waldmann, entrüstet über den frechen Eindringling, aus seinem Schlupfwinkel hervorbrach und einen von furchtbarem Gebell begleiteten Angriff auf den unberufenen Gast unternam. Das focht zwar den Peter wenig an, und der wachsame Dachshund hat schon manche Orfeige von ihm bekommen und wäre am Ende noch übler von seinen scharfen Krallen und Zähnen zugerichtet worden, wenn nicht der Höllenspektakel Nimrod herbeigelockt hätte. Die Ankunft dieses mit Recht gefürchteten Gegners zwingt denn den Peter auch zur Flucht nach seiner jezigen Stellung, die er mit gesträubten Haren und krummem Buckel schnaufend einnimt. Aber das hilft ihm alles nichts; für diesmal ist er gänzlich abgeblizt, und die beiden Wächter da unten scheinen auch gar keine Lust zu haben, jemals in ihr Reich auch nur den Eintritt gestatten zu wollen.
Henry Wadsworth Longfellow.( Porträt S. 621.) In einem Lande wie Amerika , dessen Leben von der trockensten Prosa beherscht und geleitet wird, muß sich die Erscheinung eines großen Dichters um so glänzender von der prosaischen Bildfläche des Volkslebens abheben. Besonders große Beanlagung und unabhängige Lebensstellung und ein von Kummer und Sorgen ungetrübtes Dasein sind wol hier, wo das Ringen um die materielle Existenz den ganzen Menschen zumeist einzig und allein in Anspruch nimt, viel mehr wie anderwärts Vorbedingung für poetisches Schaffen. Zu jenen wenigen Glücklichen, welchen die Natur diese intellektuellen und materiellen Güter verliehen, gehört nun der Mann, dessen Porträt die ,, Neue Welt" ihren Freunden und Lesern präsentirt. Drüben in seinem Vaterlande erfreut sich denn auch kein Dichter einer größeren Popularität als dieser, und auch DeutschYand wie ganz Europa hat Ursache, ihm dankbar zu sein. Hat er doch das Verdienst, die Meisterwerke unserer Dichtkunst, wie z. B. die ,, Frithjofssage", Dantes ,, Göttliche Komödie " und andere, seinen Landsleuten durch gelungene Uebersezungen bekantgegeben zu haben.
Henry Wadsworth Longfellow wurde als Son eines Advokaten am 27. Februar 1807 in Portland im Staat Maine geboren. Vierzehn Jare alt, besuchte er das Bowdoin College zu Brunswick , aus welchem er 1825 nach Vollendung seiner Studien ausschied. Da er wenig Gefallen an dem Beruf seines Vaters fand, so folgte er freudig dem Ruf desselben Kollegs, welches ihm 1826 die Stelle eines Professors der neueren Sprachen anbot. Bevor er jedoch in diese Stellung eintrat, unternam er eine Reise nach Frankreich , Spanien , England, Deutschland , Italien ; Holland und Schweden , von der er 1829 zurückkehrte. Eine von ihm im Jare 1833 veröffentlichte Uebersezung, sowie die 1835 erfolgte Publikation des Romans ,, Dutremer" machten seinen Namen in ganz Amerika bekant. Jm leztgenanten Jare wurde er denn auch als Professor der neueren Sprachen und der schönen Literatur an das berühmte Harvard College zu Cambridge bei Boston berufen, welcher Ort sein ständiger Wonsiz geworden ist. Aber auch diesmal unternam er vor dem Eintritt in seine neue Stellung eine Reise nach Europa und besuchte zunächst Schweden und Dänemark . Den Winter des Jares 1835 verlebte er in Deutschland , und hier, in Heidelberg , stirbt ihm seine Gattin, mit welcher er seit 1831 ehelich verbunden war. Nachdem er im Frühjar noch Tyrol und die Schweiz bereist hatte, trat er 1836 die genante Professur an und verblieb in dieser Position bis 1853. Von dieser Zeit an widmet er sich ausschließlich der Poesie und den Wissenschaften.
Seine zweite Frau, mit welcher er sich kurz nach dem Tode seiner ersten Gemalin verheiratete, verlor er auf eine schreckliche Weise. Sie
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kam nämlich mit ihren Kleidern dem offenen Kaminfeuer zu nahe, diese Als fingen Feuer, und sie starb an den erlittenen Brandwunden. Karakter wird Longfellow als äußerst liebenswürdig geschildert, seine Gastfreundschaft wird gerühmt.
Von großem Einfluß auf sein künstlerisches Schaffen sind jedenfalls die auf seinen Reisen empfangenen Eindrücke gewesen. So erschien bereits im Jare 1839 sein ,, Hyperion", ein Künstlerroman, dessen Handlung sich auf deutschem Boden abspielt und der die große Sympatie des Dichters für deutsches Wesen zeigt. Auch eines seiner Hauptwerke Evangeline, a tate of Acadie", welches 1850 erschien, zeigt diese Einwirkung, denn es wird mit vollem Recht als eine Nachbildung von Goethes Hermann und Dorotea" bezeichnet. Das Werk behandelt eine romantische Episode aus früheren Tagen der französischen Ansiedelung in Canada und zeichnet sich durch die poetische und anmutige Weise der Erzälung und auch durch seine wolklingenden Hexameter aus. Sein klassisch- schönes Vorbild erreicht es jedoch in keiner Weise. Die von den unseren so verschiedenen Verhältnisse Amerikas müssen natürlich auch auf den dort geborenen und aufgewachsenen Dichter den mächtigsten Eindruck hervorrufen, und so können denn auch seine Werke nicht one das Gepräge dieses anderen Denkens und Dichtens ins Leben treten.
In seinem zweiten Hauptwerk: The Song of Hiawatha " hat er eine Anzal Fabeln aus dem Indianerleben poetisch behandelt, und es fand dasselbe solch' großen Beifall, daß im Verlauf der ersten drei Monate nach dem Erscheinen 20000 Exemplare davon abgesezt wurden. Auch unter seinen Gedichten befinden sich viele, die sich sowol durch Gedankentiefe als auch durch ihre schöne Form auszeichnen. Als Probe wollen wir hier nur eins folgen lassen, das, von Freiligrath übersezt, einer Reihe gegen die Sklaverei gerichteter Gedichte entnommen ist:
Warnung.
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Laßt euch gewarnt sein! Der den Leu'n erschlug, Der vor sich hertrieb der Philister Schar, Der Gazas Tor auf breiten Schultern trug Er, als er blind nun und geschoren war, Als man ihn holte nun von seiner Mühle, Daß er, Ziel seines Hohns, vor seinen Quälern spiele:- Er packte wild und riß zu Boden dann nieder mit Getös Des Tempels Säulen: Stärzte das Dach! So strafte dieser Mann Die Schöpfer seines augenlosen Weh's! Der arme Sklav, den sie verlachten alle, Zermalmte tausende in seinem eignen Falle! Ein blinder Simson auch in diesem Land, Machtlos, geschoren, get in Kett' und Strick: D, hütet euch daß nicht auch seine Hand Umreißt die Säulen dieser Republik ,
Bis unsrer Freiheit Tempel, hehr gefügt,
Ein Trümmerlabyrinth formlos am Boden liegt!
Die meisten der von Longfellow verfaßten Werke sind von den verschiedensten Schriftstellern ins Deutsche übertragen worden; vor allen aber sind die Uebersezungen von Böttger und Freiligrath zu erwänen. Von seinen Hauptwerken existirt sogar bereits eine Volksausgabe*).
*) Longfellows Bild und der Text zu demselben sind dem im Verlage von Franz Goldhausen in Leipzig ( vom 1. Oktober ab in Stuttgart , Ludwigstraße 26) erschienenen ,, Omnibus"-Kalender( Jargang 1882) entnommen, und wollen wir dessen Anschaffung den Lesern der ,, N. W. " hiermit bestens empfolen haben.
Bur gefälligen Beachtung. Wir geben hierdurch bekant, daß vom nächsten, mit dem 1. Oktober d. J. beginnenden Jargang an der Preis der Neuen Welt" von 1 Mart 20 Pf. auf 1 Mark 50 Pf. pro Quartal erhöt werden wird, um uns in die Möglichkeit zu versezen, dem seitherigen Umfange jeder Nummer einen halben Druckbogen hinzufügen zu können. Es braucht wol kaum der besonderen Versicherung, daß Verlag und Redaktion, welch' leztere übrigens nach wie vor von denselben Mitgliedern, die ihr seither angehörten, gebildet wird, keine Bemühung scheuen werden, um die Neue Welt", sowol was den Text wie die Illustrationen anget, immer größerer Vollendung entgegenzufüren und ihr eine erste Stelle innerhalb der deutschen Journalliteratur zu sichern.
Gleichzeitig wird unseren Lesern zur Kentnis gebracht, daß vom 1. Oktober an sich Redaktion und Verlag unsrer Zeitschrift in Stuttgart befinden werden, wohin die leztere in der Hoffnung übersiedelt, daß sich der weite Kreis ihrer Abonnenten durch immer neue Scharen nicht blos Unterhaltung, sondern vor allem auch Belehrung begehrender Leser vergrößern wird, die in ihrem Streben nach wirklicher Aufklärung auf allen Gebieten des Wissens, in ihrem ernsthaften Ringen nach geistiger Unabhängigkeit zu unterstüzen, der„ Neuen Welt" von jeher als ihre oberste und zugleich schönste Aufgabe erschienen ist!
Verlag der ,, Neuen Welt". Franz Goldhausen.
Inhalt. Herschen oder dienen? Roman von M. Kautsky( Fortsezung). Bilder aus dem Privatleben der Griechen und Römer, von Dr. Max Vogler( Fortsezung, mit Illustration). Aus Deutschlands schlimster Blut- und Eisenzeit. Historische Novelle von Carl Cassau ( Fortsezung). Tendenzkritik wider Tendenzdramatik. Eine Entgegnung wider die Arbeit ,, Das Teater zur Zeit der französischen Revolution" Blicke in die Gewerbe- und Industrieausstellung zu Halle a/ S. von V. Sincerus in der ,, N. W. " Nr. 47, 48. Von Bruno Geiser ( Schluß). ( Fortsezung.)-Treue Wächter( mit Jllustration). Henry Wadsworth Longfellow ( mit Porträt). Zur gefälligen Beachtung.
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