und hob sie auf ein bereitstehendes Pferd, neben welchem jezt ein zweiter Reiter in den schwedischen Farben auftauchte. Dann sprang der erstere hinter Jutta auf, und fort gings im Galopp. Wärend der Nacht langten sie schon bei den kaiserlichen Vor­posten an, passirten diese und brachten Jutta in das von den Kaiserlichen besezte Gebiet; von dort schaffte man sie nach und nach gen Leipzig , wo sie bei Verwanten von Erna, der sächsischen Kammerpräsidentenwitive Zenack, gleich einer Gefangenen und hart gehalten wurde.

In derselben Nacht erhielt Hoyer von Mansfeld Marschordre für den dritten Tag auf Naumburg und Weißenfels . Wärend dieser ganzen Zeit passirte der lezte schwedische Train Erfurt, und die Arrièregarde unter unserm Helden mußte bald folgen.

Der geringe Schlaf, den der leztere in dieser Nacht genoß, ward noch unterbrochen durch einen seltsamen Traum, über dessen Eedeutung Hoyer nachgrübelte, als er sich morgens früh auf dem Wege nach den Hohen Stiegen befand. Es war ihm nämlich, als wäre er ein Schwan, der leicht im Teiche hin und her seine Kreise zog; neben ihm schwebte eine weiße Taube, seine Gesell­schafterin; da kam ein Geier aus der Luft und drote sie zu zer­reißen. Das litt aber der Phönig nicht, welcher aus den Wolken herbeischoß und die weiße Taube befreite.- Große Bestürzung verursachte ihm nun das Verschwinden Juttas, als er ins Haus trat. Hoyer kam in ein Haus des Todes: beide Gatten waren fast zu gleicher Zeit, one wieder zum Bewußtsein zu erwachen, nach Aussage der Wärterinnen, verblichen, ein Umstand, den Hoyer jezt segnete, weil er den Aermisten in ihren lezten Stunden die Qual um Juttas Schicksal erspart. Er dachte an Erna und Very, welcher leztere, obwol fern, doch seine Hände im Spiel haben konte. In dieser Meinung ward Hoyer noch bestärkt durch die Aussagen der Wärterinnen über den vermeintlichen schwedischen Soldaten, der als Bote gekommen. Da eine sofortige Unter suchung keinen Desertionsfall ergab, so war nur eins möglich: verkapte Kaiserliche, von Very dazu im Auftrage der Gräfin gedungen, hatten Jutta in das von den Kaiserlichen offupirte Terrain entfürt. Hoyer wollte sogleich als Repressalie die Gräfin aufheben lassen, abec sie war schon in derselben Nacht aus der Stadt verschwunden. Um so sicherer glaubte der General seiner Sache sein zu können.

Nachdem seine erste Sorge nun den Anordnungen des Heeres­zuges gegolten, war die zweite der würdevollsten Bestattung der beiden teuren Toten gewidmet, denen ein berümter Kanzelredner Erfurts die Leichenrede hielt, in welcher besonders hervorgehoben ward, wie durch verbrecherische Hände den Eltern beim Sterben die Tochter entzogen, sodaß Fremde diesen die Augen hätten zu­drücken müssen. So hatte es sich Erna gedacht, als sie heim­lich mit Zofe und Gepäck im sicheren Wagen Erfurt verließ; sie hatte ihren Feind ins Herz getroffen, aber sie wollte ihn noch besser treffen: sterben sollte er und weder sie selbst noch die andre bejizen.

Die dritte Sorge des Generals galt der Auffindung Juttas. Er verfaßte sofort einen Brif au den Waldsteiner; dieses Schreiben mußte Fuchsner, der sich freiwillig dazu erbot, als Parlamentär selbst an das feindliche Hauptquartier besorgen, welches bei Leipzig liegen sollte. Jener Brif aber lautete:

Edelgeborner Herr Graf,

Kommandirender Generalissimus!

Eurer Exzellenz tue ich zu wissen kund, daß Eure Leute, in die schwedischen Farben gekleidet, mit Hülfe von Verräterei am 28. des Mits. Oftobris eine Jungfrau mit Namen Jutta, des Syndikus Rauek aus Magdeburg Tochter, meine Base und ver lobte Braut, aus Erfurt geraubt und jedenfalls in sicheren Gewar­sam gebracht haben. In derselben Nacht sind beide Eltern der Jungfer gestorben und diese jezt ganz auf meinen Schuz an­gewiesen. Eure Exzellenz sind edelherzig, solches weiß ich, und füren teinen Krieg mit Weibern. Derhalben ersuche ich Hoch­dieselben, Nachforschung wegen vorbenanter Jutta Rauet anstellen lassen zu wollen und dieselbe bei Auffindung unter sicherer Be­deckung nach Weißenfels zu senden.

Ich verbleibe Eurer Exzellenz ganz ergebenster Kamerad Hoyer, Graf von Mansfeld, komm. General der schwedischen Armee,

m. p."

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Daneben stand das mansfeldsche Siegel. Mit diesem Brife begab sich Fuchsner dann an demselben Tage, dem 1. November, als die Schweden unter Mansfeld Erfurt verließen und in Schnell­

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märschen auf Naumburg losrückten, um die Saale zu gewinnen, zu den kaiserlichen Vorposten. Unterwegs hatte Hoyer eine lange Unterredung mit Stürix in Betreff der Hochzeitsanordnungen, sobald Jutta aufgefunden sei.

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Es war am 14. November abends, als bei den Feldwachen sich ein kaiserlicher Parlamentär meldete, der den General Mansfeld zu sprechen wünschte. zu sprechen wünschte. Hoyer ward benachrichtigt und befal Werbener, mit einem Zug Dragoner den Parlamentär und seine Begleiter zu geleiten, worauf dieser nach kurzem mit Fuchsner und Jutta, wie einem Boten Albrechts von Waldstein zurück­kehrte. Waldstein schrieb:

Herr Bruder!

Meine Nachforschungen hatten Erfolg; ich sende Euch die Jungfer unter sicherem Schuz. Gehabt Euch wol! Euer wolgeneigter Albrecht von Waldstein , m. p."

Hauptquartier

Leipzig , den 12. Novembris 1632.

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Wer aber wollte wol dieses Wiedersehen beschreiben? Jutta kam in Trauer, denn schon hatte der treue Wachtmeister Fuchsner sie über den Tod der Eltern aufgeklärt und in Leipzig , wo man sie auf Ermittlung des Generals mit Hülfe einer großen Be­lonung schnell gefunden, nicht so aber die beiden Täter Trauergewandung, passend für die Braut seines Generals, besorgt. Lange lag Jutta am Halse Hoyers, bis dieser sprach: ,, Tröste dich nun, teuerste Jutta: ich bin dir jezt Vater und Mutter, bin dir Bruder und Schwester, bin dir alles! Aber wisse, daß du dich einem Kriegsmann zu eigen gegeben; uns soll Priesters Hand jezt sogleich vereinigen, doch auf wie lange, das stet in Gottes Hand! Gott , wie du willst!" sezte er dann mit einem Blick nach oben fromm hinzu.

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Im schwedischen Lager zwischen Naumburg und Weißenfels war es bald bekant geworden, daß Jutta wiedergefunden. So­gleich strömten Hilten, die Obristen und Rittmeister, wie alle Freunde des Generals herbei und beglückwünschten denselben hoch­erfreut, wärend die Bevorzugtesten von ihnen sofort von Hoyer als Trauzeugen geladen wurden. Wärenddes hatte Stürir seinen besten Talar angezogen, die Bibel ergriffen und sich hinter der großen Trommel aufgestellt, die seine Kanzel und sein Altar zu­gleich war, und vor die das Brautpar trat, wärend ringsherum Fackeln die Ceremonie beleuchteten. Wer die zwei edlen Gestalten, Jutta und Hoyer, sah, der mußte gestehen, daß er wol kaum ein schöneres Par gesehen, und daß beide durchaus zu einander paßten und zusammengehörten; niemand aber konte sich bei dem feierlichen Akt der Tränen erwehren.

Stürig begann seine erste und lezte Traurede, von der er sich damals, als er den Nordhäuser Teufel" zusammendestillirte und sein Schüler auf dem langen Chim" herumiritt, wol nichts hatte träumen lassen. Seine Rede war gedrungen, kurz, feierlich und ergreifend. Dann sang man ein geistliches Lied unter Be­gleitung der Trompeten und Pauken, und unter einer dreimaligen Musketensalve wechselten die Brautleute die Ringe.

Hierauf nam das junge Ehepar die Glückwünsche der Ver­sammelten entgegen; die hervorragendsten Offiziere aber traten mit demselben zu einem schnell im großen Wachtzelt improvisirten Male zusammen, bei dem tüchtig pokulirt und getoastet ward. Noch lange nachher sprach man im Lager von dieser vergnügten Soldatenhochzeit vor der Trommel.

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In derselben Nacht hatte der verräterische Very, schon seit langem im Einverständnis mit den Kaiserlichen jenseit der Vor­posten, eine Unterredung mit einem kaiserlichen Obersten. Ihr garantirt mir meinen Rang?"

,, Auf alle Fälle!"

"

,, Und die Feldbinde?"

,, Hier!"

Was sie noch weiter mit einander über Stellung und Größe des schwedischen Heeres verhandelten, das verschlang das Dunkel jener rabenschwarzen Nacht; am andern Morgen aber namen die Waldsteinschen ihre Stellung an dem Steindamm ein, der von Lügen nach Leipzig fürt, und verschanzten sich dort in vier Reihen; zugleich gingen Eilboten nach Halle zu Pappenheim ab, ihn mit seinen Regimentern zurückzurufen.

Zur selben Zeit hielt Gustav Adolf , der inzwischen seine Gemalin nach Norden geleitet, seinen Einzug in Naumburg .

Das Heer hatte bereits Aufstellung genommen, der König aber blieb in seinem Wagen und veränderte den Schlachtplan in

Mr. 52. 1881.