Pflicht nemen und die Sache dem wilden Hauptmanu Deveroux und dessen Landsleuten, den Irländern im Zuge, anvertrauen; Obristwachtmeister Leslie übernam die Leitung des ganzen; Very behielt sich allein die Berichterstattung vor. Dann trente man sich.

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Leslie und Very flüsterten noch lange zusammen, nachdem sie Erna in ein altertümliches Haus an der Stadtmauer geleitet. " Nicht vor ihm," betonte Leslie im Gespräch, es könte den Hauptstreich vereiteln."

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" Dann mit ihm!" Mir recht! Und die Beute?" ,, Teilen wir, Kamerad!" Und sie schieden.

Um dieselbe Zeit saßen in dem Quartier des Generalissimus Waldstein drei Personen beisammen: Waldstein selbst, eine hohe Gestalt mit intelligentem Gesicht, in der einfachsten spanischen  Kleidung, jeder Zoll ein schöner Mann, wenn auch etwas an­gegriffen aussehend von der Krankheit; ferner Seni, sein Astrolog, und Stürig, dessen Gehülfe.

Und Ihr behauptet, Seni, es stände schlecht?" fragte der General scharf.

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Ja wol, sehr schlecht, herzogliche Gnaden; set nur" auf eine Sternfarte deutend, ,, wie gefärlich der Mars Eurem Stern stet, und dort Jupiter: ich sehe Blut, Blut, viel Blut!" Seni, Ihr träumt, Ihr werdet schwach! Was sagt Euer Gehülfe dazu?"

Herzogliche Gnaden," bestätigte Stürix schüchtern ,,, es ist so, wie Seni sagt!"

,, Ach was! Noch nie haben mir die Sterne so günstig ge­standen, nie, sage ich; der Stern des Hauses Waldstein wird sie alle besiegen! Morgen ist der entscheidende Tag schon, morgen schon, Seni! Gute Nacht! Ich bin ermüdet und will mich stärken zu morgen! Gute Nacht!"

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,, Gnädiger Herr Herzog!" trat Stürig vor. ,, Was soll's, Alter?"

,, Entlaßt mich, Herr, aus Eurem Dienste. Nicht, daß ich Euch nicht gern diente, Herr," sezte er hinzu, als er Waldsteins Stirn sich fräuseln sah, sondern weil ich Heimweh habe. Ich habe ihn gestern wiedergesehen, ihn, der schon mein Schüler gewesen ist, dessen Vater mein Herr und Lebensretter, der später mein General war und stets mein Freund. Damals, nach der Schlacht bei Lüßen, als ich gefangen wurde und Ihr mich meiner geringen Kentnisse wegen zurückhieltet bei Euch, habe ich aller­dings ihn und sein junges Weib verlassen müssen, aber er hat jezt einen Son, den muß ich ihm erziehen!"

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Waldstein war gerürt. Die Treue, sie ist doch schön! Ungern, Alter, tue ich's; doch gehe heim! Und hier!" Dabei warf er Stürir einen schweren Beutel mit Gold hin.

,, Danke Euch, gnädiger Herr; nicht für mich," sezte er hinzu, als er den Beutel aufhob, sondern für das Bübel, das ich er­ziehen will. Euer Stern stet hoch, Herr Herzog; möge er steigen höher und höher! Es werden Euch dann lieben lernen, die Euch jezt hassen, fürchten und verkennen!"

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,, So sei es, Alter!"

Froh nam Stürig Abschied und trottete, mit einem Geleit­schein versehen, zur Festung hinaus auf Franzensbad   zu, wo ihn schwedische Posten in Empfang namen.

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Auf dem Schlosse zu Eger   kreiste am Abend des 25. Februar der Becher. Illo, Terzky, Kinsky, Neumann und ihre Offiziere hielten dort ein großes Bankett und tranken fleißig auf das Wol des neuen Reichsfürsten Wallenstein  , räſonnirten über den Kaiser und den schuftigen Piccolomini und pralten von ihren Helden­taten, als plözlich Deveroux auf Leslies Zeichen, eine feuerfarbene Rakete, mit seinen fünfzig Irländern, sämtlich mit harscharfen Partisanen bewehrt, eintrat, die die Türen besezten und auf die Ueberraschten einhieben, und Deverours Stimme brüllte:

Nieder mit den Verrätern!"

Aber jene griffen zu den Pallaschen, und es sezte einen heißen Kampf, bis einer nach dem andern wie der reife Mohn auf dem Felde niedergestreckt ward; der lezte war Illo, der wie ein Ver­zweifelter focht. Da lagen sie nun alle, die Getreuen Wallensteins, wie entwurzelte Eichen! Um 8 Uhr war alles geschehen!

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Wallenstein  , Wallenstein  , dein Stern ist im Verlöschen! Bur selbigen Zeit schlichen zwei Vernumte an der Stadt mauer entlang bis an das Haus, wo Erna wonte. Als sie nach

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kurzer Zeit das Haus wieder verließen, war das Henkerswerk vollendet.

Nur wenig später marschirten fünfzig Dragoner mit blutigen Partisanen vom Schlosse nach dem Markte und hielten vor dem Hause des Bürgermeisters, gegen dessen Tür Deveroux mit der Partisane donnerte, als im kleinen Hause an der Stadtmauer helle, hohe Flammen aufstiegen.

Feurio, Feurio!"

Es wird lebendig.

,, Verdamt," brumt Deveroux, wer hat das getan? Viel­leicht ist dadurch alles verloren!"

Da öffnet sich im ersten Stock ein Fenster, und des Herzogs Kammerdiener schaut heraus:

" Feuer?"

" Ja, Freund, und wichtige Nachrichten für den Herzog!" ent­gegnet ruhig Deveroux.

Konstantin, des Herzogs alter Kammerdiener, siet die be­freundeten Uniformen, erkent Deveroux an der Stimme und bestimt Pachhübel, die Pforte zu öffnen. Bei dem geringsten Anzeichen von Gefar fonte der Generalissimus noch jezt über die Nachbardächer entfliehen. Die Dragoner besezen unterdes alle Aufgänge, Deveroux aber mit sechs Mann stürzt donnernd die Treppe hinauf. Noch immer schläft Waldstein. Erwache, erwache, Schläfer, es gilt dein Leben! Aber er schläft weiter. Oben an der Treppe empfängt sie der alte Konstantin:

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" Pst, ruhig, er schläft! Was wollt Ihr?" " Jsts jezt Zeit zum Ruhigsein, Tölpel?" schreit der Haupt­mann, und durch bort kollert ein Leichnam die Treppe hinab.

Jezt erschalli draußen Trommelwirbel. Durch abgeschickte Boten benachrichtigt, marschiren die piccolominischen Regimenter ein, deren Schritt man deutlich durch die Stille des Abends hört. " Bravo!" ruft Deveroux. Kameraden vorwärts!"

Vom Getöse ist soeben der Herzog erwacht. Im weißen Nachtkleide, mit offener Brust, von der langen Krankheit bleich, macht er den Eindruck des Gespenstischen, sodaß die Dragoner zurückweichen, als er fragt:

" 1

Was gibts?"

" Bist du der Hund," donnert ihn nun Deveroux an, der des Kaisers Volk dem Feinde zufüren und Ferdinandus die Krone vom Haupte reißen will? Stirb, Hund!"

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Waldstein siet seinen Stern erloschen; Jupiter und Mars haben ihn besiegt: schweigend öffnet er sein Nachtgewand und empfängt sechs Partisanenstöße, ehe er lautlos auf seinem Bette niedersinkt.

Den Leichnam werfen die Mörder auf die Straße hinab. Wallenstein   hält jezt den längsten Schlaf!

Zehn Tage sind vergangen und General Gallas hat die Feind­seligkeiten eröffnet; das schwedische Korps unter Mansfeld   ist vor­gerückt, aber seines Bleibens ist dort wol nicht, da er selbst in der Vereinigung mit Arnim und seinen Sachsen   zu schwach sein wird, den Kaiserlichen die Stirn zu bieten.

Mansfeld   ist soeben heimgeritten zu dem kleinen Hause, das sein ganzes Glück birgt. Zwanzig Dragoner bilden Tag und Nacht die Wache desselben und sind angewiesen, niemals die Waffen abzulegen. Heute ordnet der General die Räumung des Häuschens an; morgen Mittag soll ein bequemer Wagen seine Lieben nach dem Norden befördern, er selbst mit dem Heere wird folgen. Grade an seinem dreißigsten Geburtstage, denn morgen ist wieder des Grafen. Namenstag, einen Rückzug anzutreten, ist freilich wenig nach seinem Geschmack, aber die Not gebietet es, und die hat im Kriege allemal recht.

Wolgefällig sizt der General neben seiner Jutta und dem kleinen Ernst; Stürig, der nun zu ihnen zurückgekehrt ist, hat gegenüber plazgenommen und hört ebenso ernst wie des Generals Gattin Hoyers Berichte an. Draußen aber stehen neben ihren Pferden fünfzig Mann Kürassiere, die den General begleitet haben; sie erhalten jeder einen Becher Weins, denn der Märzwind get kalt durch den Garten. Alle sind trefflich geschulte Krieger und haben gute Augen, aber sie sehen nicht, zusammengekauert in einer Ecke des Gartens hinter Gestrüpp, ein menschliches Wesen. Der General spielt mit dem Kleinen, der, laut jauchzend, nach des Vaters wallenden Federn greift. Nach einer Weile fragt Hoyer plözlich die auffallend stille Jutta:

"

Was ist dir, mein Lieb? Du bist ja so stille!"