" Jutta, Geliebte meiner Seele, prächtiges, treues, tapferes Weib!" Und er eilte zu der Leiche, küßte den bleichen Mund, die offenen großen schönen Augen, die Wunde, welche die Todeskugel gerissen, nezte ihre Hände mit Tränen und rief wieder und wieder:

" Jutta, Jutta, du einzige, beste, tapfere!"

Dann warf er sich bei der Leiche nieder und weinte, daß es hätte einen Stein rüren können. Plözlich aber sprang er auf: er hatte die blutbefleckte Tafel von Stürig gefunden:

"

Very Ernst leb

-

"

641

gefangen genommen; die Kaiserlichen haben die Schweden glän­zend geschlagen und den großen Sieg bei Nördlingen am 7. Sep­tember 1634 gewonnen.

Am Abend, ehe es dämmert, reitet ein kaiserlicher Obrist, begleitet von einem Reiter über das Schlachtfeld, eine lange Reiterpistole in der Faust. In der Nähe, wo Mansfeld die Batterie gestürmt, durchsucht er das Schlachtfeld; sein Begleiter muß jeden Toten mit der Partisane wenden. Dort liegt Hilten, dort Werbener. Ein häßliches Lachen gleitet über des Unholds Gesicht: dort liegt Graf Hoyer von Mansfeld, todwund, halb Erzschurken Verr. Hoch richtet sich der Reiter im Sattel auf: Siehe da, du stolzer Graf, du hast wol Durst?"

Ernst, Ernst!" schrie er. Er tastete ins Bettchen; es war erstart schon, preisgegeben seinem Feinde, dem Doppelmörder und noch warm.

Um Gott, meinen Son, meinen Son!"

Kaum hatte Fuchsner alles vernommen, so flüsterte er Hoyer ein par Worte zu, dann flog er mit abermals fünfzig Reitern davon.

Den Rest des Regiments bis auf eine Wache von 50 Köpfen schickte Hoyer unter Obrist Henning zurück zum Gros, das heute Abend stürmisch angegriffen ward und sich nunmehr langsam zurückzog.

Andern Tages wurden die fünf Opfer des Glaubenshasses und der Rache in Särgen nebeneinander auf dem Marienkirch­hofe unter allgemeiner Teilname der Bevölkerung bestattet; die Dragoner kamen daselbst in eine große Grube mit Kalk, die Mörder verscharrte man auf dem Schindanger.

Hilten war mit unter den Leidtragenden; er hatte keine ver­folgbaren Spuren entdeckt; Fuchsner war noch nicht zurück.- Als Hoyer selbst eigenhändig sein teures Weib in den Sarg zu rechtgebettet, da hat er zu Hilten gesagt:

" Siehe, lieber Freund, hier habe ich an meinem dreißigsten Namenstag meine Jugend und mein Glück eingesargt!" Dann hatte er die Tote wiederholt geküßt und gesprochen: ,, Wir sehen uns bald wieder, bald, Jutta!" Seitdem sah niemand mehr den General lachen.

Als man nach dem Begräbnisse nochmals, zum leztenmale, das kleine Haus betrat, erklärte Mansfeld ganz ruhig, auf die Blutflecken deutend: Das sind die roten Rosen!" und auf den Schnee, der vom Himmel fiel: Und das die weißen!" Niemand verstand ihn.-

--

Zwei Stunden nachher marschirte man ab.

Ein Wink und der Reiter steigt ab, den Verwundeten trinken zu lassen, der jezt zum Bewußtsein komt. Very ist ein Teufel, und wie viele solcher erzog nicht dieser große Glaubensfrieg?- Er will seinen Feind bei vollem Bewußtsein morden, und siehe, jezt ist Mansfeld wieder flarer Sinne. Nun hält sich der Tücke­bold entfernt, denn der Verwundete hat noch das lange Feuerror bei sich liegen, und lezteres fürchtet er; aber er höhnt:

-

Nun rechnen auch wir ab, Herr Graf von Mansfeld!" Bei diesen Lauten durchrieselt den Verwundeten ein konvul sivisches Zittern; er reißt die Augen weit auf, greift nach der langen Pistole, der Schuß brent los und der Verwundete sinkt matt zurück. Wie ein Teufel lacht nun Verr; dicht reitet er an den Ver­wundeten hinan, sezt ihm das lange Pistol an die Schläfe, ein Knall Hoyer von Mansfeld, der Held, hat sein Leben unter der Faust des elendesten Schurken seiner Zeit ausgehaucht. Zur Ehre Gottes!" schrien die Katolischen.

-

Elf Jare später hatte der gichtkranke und dennoch so schnelle Graf Torstensohn die Donauschanzen genommen; Wien war voll Bestürzung, und der Kaiser hatte seine Familie und seine Schäze bis Steiermark flüchten lassen.

Am 24. Februar des Fares 1645 hatte ein alter, eisgrauer Wachtmeister, in dem wir Fuchsner erkennen, in der Schlacht bei Jankowitz ein Gesicht gesehen, das er nie, weder bei Tag noch bei Nacht vergißt, das er schon elf Jare gesucht. Mit hundert den flüchtigen General de Very zu suchen, denn gefallen ist er nicht; Fuchsner hat jeden Toten besehen.

Fuchsner holte das Korps erst am dritten Tage ein. Sogleich tüchtigen Reitern hat er von Torstensohn die Erlaubnis erhalten, ritt er zu Mansfeld :

Hast du Spuren, Fuchsner?"

Ja, Exzellenz, er ist nach Wien gegangen!"

Bald darauf ließ sich Mansfeld mit seinem treuen Fuchsner zu der Armee Bernhards von Weimar versezen, die an der Donau operirte. Hilten und Werbener folgten ihm bald darauf nach.

In einer stillen Stunde nam Hoyer allen dreien einen Eid ab und teilte ihnen das Geheimnis seines Hauses mit; vielleicht meinte er, könne es einmal zur Lösung seines Sones, zu der er alle verpflichtete, falls er stürbe, dienen. Aber von Ernst schien jede Spur verloren.

*

*

*

Im Kriegsrat ging es scharf her. General Hoyer war nicht einig mit Herzog Bernhard von Weimar . Der leztere bestand darauf, sofort das kaiserliche Heer unter Johann von Werth , den Schweden bei weitem überlegen, anzugreifen; und so geschah es auch.

An der Spize der Kürassiere ritten General Mansfeld und Obrist Hilten den eisernen Todesboten mutig entgegen. Es galt einer Batterie, die Tod und Verderben spie und nun überritten werden sollte.

Klirrenden Schrittes rückten die Kürassiere troz aller Kugeln vor, als der General plözlich in den Reihen der Feinde seinen Todfeind erblickt.

,, Vorwärts, Mansfeld !" schreit er, und ,, Mansfeld , Mans­ feld !" donnern die Manschaften hinter ihm nach. Die Batterie ist genommen, aber Verg ist verschwunden. Da braust plözlich eine dreimal größere Reiterwoge heran; die Ballasche klirren, die langen Reiterpistolen knallen, vom nahen Nördlingen läutet es Sturm. Da sinkt Hilten wund nieder: Ich sterbe einen schönen Tod!" murmelt er bleich. Bei ihm rut schon Werbener, endlich stürzt auch der General, schwer am Schenkel verwundet, mit dem Roß. Und über sie alle braust der Reitersturm dahin: von dem ganzen Kürassierregiment sind nur einige mit dem Leben davon gekommen. In 8 Stunden sind 8000 Schweden gefallen, 6000

-

Endlich Spuren! Ein elendes Bauernhaus verbirgt den Herrn General nebst seinem Spießgesellen, General von Leslie, oben im Heu, wie eine Bauersfrau, ob der Blutschinder erbost, mit Geberden andeutet. Ein par Kugeln sezen das Heu in Brand, der Wachtmeister aber drückt der Bauersfrau zehn Goldstücke in die Hand, wofür sie zehn solcher Haufen faufen kann. Als das Häuschen brent, kriechen die beiden sauberen Galgenvögel heraus und werden sogleich geknebelt.

Fuchsner schlägt an den Sarras: Kenst du mich noch, Schinder Verr?"

Jener antwortet nicht, aber an den Augen voll Haß siet es Fuchsner, daß er ihn fent; er weiß nun, er hat auf feine Hoff­nung zu warten, es sei denn, daß ihn das Geheimnis um den Son des Grafen Hoyer rette.

Der Trupp ziet dem Grafen Torstensohn nach in gebirgiger Gegend; Fuchsner fragt von Zeit zu Zeit:

Wo ließest du das Kind?"

Der Gefangene schweigt tückisch, troz der Hiebe mit dem Pallasch. Endlich kneift der Alte mit dem grauen Bart die Zähne zusammen:

,, Na, Bestie, du weißt, der alte Fuchsner hält Wort; er läßt euch beiden Schurken laufen, wenn ihr ihm sagt bei dem Schwur auf das Kreuz Christi, wo des Grafen Son iſt."

Zuerst schüttelt der Gefangene den Kopf, dann läßt er sich nochmals alles laut vorsprechen und nicht dann.

Ruft den Schotten," sagt Very, er weiß es auch, des Grafen Son ist in Wien im Jesuitenkloster der Patres zum roten Herzen Jesu." Der Schotte macht dieselbe Angabe.

"

Euch beiden Kanaillen," sagt nun der Alte, habe ich das Leben geschenkt; mein Wort muß ich halten! Damit ihr aber mir nicht in Wien zuvorkomt, lasse ich euch hier an eine Tanne denn es war Abend, wird man euch binden; morgen früh" denn es war Abend schon befreien!"