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Selbstgefällig!( Illustration S. 632.) Der edlen Wissenschaften wegen hat der auf unserm Bilde vergnügt in die Welt Hineinlachende sich nie den Kopf zerbrochen, auch ist die Menschheit sicher, daß er je mals irgend welche Anstrengung machen wird, um seinen Namen durch diese oder jene nüzliche Erfindung oder Entdeckung der Ewigkeit auf­zubewaren, er hatte schon zu der Zeit, wo er sich verschiedene Se­mester ,, studirenshalber" auf der Hochschule zu X. aufhielt, seinen Beruf mehr an der reich besezten Tafel und beim Weinkruge gefunden, und stark materialistischen Anschauungen ist er, wie schon sein respektabler Leibes­umfang zeigt, treu geblieben sein Leben lang. Dabei haben ihm die Angelegenheiten der Menschheit weder im großen noch im kleinen be­sondere Kopfschmerzen verursacht, da, wo dieses unangeneme Gefül ihn wirklich hätte beschleichen können, d. h. betreffs des Wols und Wehes seiner höchsteignen Persönlichkeit, hat die ,, gütige Vorsehung" ihn derart mit dem nötigen beglückt, daß in dieser Beziehung an keine Gefar zu denken ist. Zu alledem ist er eine gute Haut", wie man zu sagen pflegt, die niemandem, selbst keiner Fliege etwas zu leid tun könte. Das hindert ihn jedoch alles nicht, sich für die wichtigste Person zu halten, die es gibt, namentlich aber, seitdem man es für angezeigt ge­funden, ihn in den ,, Hohen Rat" seiner Vaterstadt zu berufen. Würde­voll sizt er bei den segens- und folgenreichen Beratungen in dem Kreis der Stadtweisen, das Gesicht entsprechend seinem hohen Beruf in ernſte Falten gelegt, aber ebenso würdevoll ist sein Nicken oder Schütteln des Hauptes, wodurch er seiner Meinung bei der Abstimmung den unum­stößlichsten Ausdruck gibt. Aber dann, wenn dieser schwere Dienst für das Gemeindewol wieder einmal beendet, dann erst ist er in seinem eigentlichen Element, wenn er im Kreise seiner würdigen Kollegen seinen Riesenvorrat von Schnacken und Schnurren auspacken kann. Selbst­verständlich ist er der Held in jeder Geschichte, und wenn es ihm auch nicht so sehr auf warheitsgemäße Darstellung ankomt und meist seine Phantasie dabei das bedeutendste und nicht selten das ungeheuerlichste leistet er glaubt schließlich selbst an die Warhaftigkeit dieser Ge­schichten. Und wenn er später allein, wie jezt, noch seinen Krug ,, Roten  " trinkt und die Kellnerin mit großem Erfolg in die vollen Backen_ge= kniffen hat dann freut er sich aus Herzensgrunde über sein Dasein, und es wird ihm nun erst recht klar, welche bedeutende Persönlichkeit er ist und welch' kluge Tat die Vorsehung" vollbracht, daß sie ihn, so wie er ist, mitten in das Universum hineinstellte. Sieh' dir ihn nur an, lieber Leser, und dann entscheide, ob ich nicht recht habe, nein? Du zweifelst und meinst, diese Menschengattung existire nur in der Phantasie des Künstlers? ,, Nur noch" müßte es dann in

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ergießen sich von ihm aus mehrere kleinere gegen Süden ins Meer, zu welch' lezteren auch der Saleph   oder Selef, in dem Friedrich Barba­ rossa   seinen Tod fand, gehört. Historische Berühmtheit hat der Taurus erhalten durch Kriegszüge im Altertum, wie z. B. Alexanders, welche sich durch seine Pässe bewegten. Und wie die Gebiete, welche er einrahmt und beherscht, unzälige Spuren der griechischen und römischen Kultur in den Bauüberresten aufweisen, so auch die Partie, welche unser Bild vorfürt. Hier waren es jedoch die Byzantiner, von denen unweit der steilen hohen Felsschluchten die Burg Annascha Kalessi erbaut wurde.

Literarische Umschau.

nrt.

,, Klassiker Bibliotek der bildenden Künste, bearbeitet von J. E. Wessely und Dr. Ad. Rosenberg. Leipzig  , Verlag von Bruno Lemme." In einer Zeit wie der unseren, wo der immer härter werdende Kampf ums Dasein die Kräfte des einzelnen in stets erhöhterem Maße in Anspruch nimt und das fieberhafte Etreben nach materiellem Gewinn den Sinn und die Empfänglichkeit für reingeistige Genüße mehr und mehr be einträchtigt, die idealen Güter der Menschheit fast vergessen läßt, in solcher Zeit wird man mit besonderer Freude jedes Unternemen begrüßen, das bestimt scheint, an seinem Teile in den breiten Schichten des Volkes echtes Schönheitsgefül wiedererwecken und pflegen und so die arg verwarloste ästetische Erziehung des heutigen Geschlechts fördern zu helfen.

Ais ein Unternemen dieser Art stellt sich im ganz besonderen das obenbezeichnete Werk dar, welches insofern an eine außerordentlich dankbare Aufgabe herantritt, als es grade das von ihm in populärer Weise behandelte Gebiet der bildenden Künste ist, welchem das Volk im weitesten Sinne des Worts noch ziemlich belehrungsbedürftig gegenüberstet. In großen Städten pflegen wol die Museen und öffentlichen Kunstausstellungen fleißig besucht zu werden, aber die meisten betrachten in der Regel wol nur staunend die ihnen vor die Augen tretenden Kunstschäze, one in ihrem Anblick jenen rechten Genuß zu finden und jene tiefe, nachhaltige Wirkung davonzutragen, welche nur durch ein wirkliches Ver­ständnis der fünstlerischen Schönheit des Angeschauten vermittelt werden können.

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Das vorliegende Werk bezweckt nun so spricht sich der Prospekt aus ,, die ewigen Jdeale der Menschheit, wie sie im Geiste gottbegnadeter Künstler Form und Leben gewonnen haben," jebem nahezubringen; es will ,, ein wares Volksbuch" werden, welches das große Publikum in den Geist und die Schönheit aller Kunstschöpfungen ein­zufüren versucht, die, von den besten Künstlern aller Zeiten und Schulen erfunden und ausgefürt, den Anspruch auf Klassizität erheben dürfen. Dabei ist keine erschöpfende, wissenschaftlich gegliederte Kunstgeschichte oder etwa ein allgemeines Künstlerlerikon zu geben beabsichtigt; vielmehr wollen die Herausgeber aus der großen Anzal von Künstlern nur solche hervorheben, die durch ihre schöpferische Tätigkeit sich ganz besonders aus­gezeichnet haben und, innerhalb ihres Schaffensgebiets meist den Anstoß zu eigenen speziellen Richtungen gebend, in karakteristischer Weise tätig gewesen sind. Man ging dabei von dem richtigen Gedanken aus, daß der Laie vor allem die fertigen Kunst leistungen zu genießen verlangt, und es soll ihm eben das durch die hier gebotene Be­lehrung über die künstlerische Entwicklung der einzelnen Meister und über den Wert und die Bedeutung ihrer Werke ermöglicht werden. Durch wirklich gute Illustrationen in Lichtdruck phototypische Nachbildungen der Originale oder der besten Stiche sucht das Werk das Auffassungsvermögen des Lesers zu unterstüzen und ihn zu selbständigem Urteil zu befähigen.

Dem eben gekenzeichneten Plane gemäß, soll das überreiche Kunstmaterial bei der

Folge nach Schulen gegeben werden, sondern in bunter Reihe, wie es zu fortwärender Anregung und Frischerhaltung des Interesses der Leser am zweckmäßigiten erscheint. In den uns vorliegenden, in jeder Hinsicht trefflich ausgestatteten 5 Lieferungen sind denn auch Malerei und Plastit bereits nebeneinander behandelt. Der für ein Werk dieser Art überaus niedrige Preis von 60 Pfennigen pro Heft, deren jedes neben dem reichhaltigen Text mindestens 8 Lichtdruckbilder enthalten soll, wird die weiteste Ver­breitung, die dasselbe in vollstem Maße verdient, wesentlich fördern; wir können es namentlich auch für jede Voltsbibliotek mit gutem Gewissen auf das wärmste empfelen und werden bei dem Erscheinen der weiteren Hefte die Gelegenheit ergreifen, auf das dankenswerte Unternemen zurückzukommen.

diesem Falle heißen, denn wie uns der Habit unseres Selbstgefälligen lieferungsweise eingerichteten Herausgabe auch nicht systematisch oder in chronologischer zeigt, gehört er längst nicht mehr zu den Lebenden. Aber sein Typus, d. h. die Familie aller derer, die mit ihm geistig und seelisch eine Verwantschaft bilden, existirt heute noch luftig weiter; deshalb sieh dir nur Gesicht und Haltung ihres würdigen Vorfaren ganz genau an, dann mache deine Beobachtungen in der Wirklichkeit um dich her, und ich gehe jede Wette ein, daß du binnen gar nicht langer Zeit ein oder mehrere Exemplare seiner heute noch lebenden Nachkommen gefunden hast. Nur die Kleider sind gewechselt worden, sonst ist der Enkel oder Úrenkel unseres Selbstgefälligen noch ,, Bein von seinem Bein und Fleisch von seinem Fleische", und verschiedene Generationen werden noch vergehen, one daß sich hierin eine wesentliche Wandlung vollzogen hat oder seine Familie wol gar ausstürbe. Lezteres zu wünschen, haben wir gar keine besondere Ursache, vor allem wenn seine Nachkommen nach der unangenemen Seite hin nicht allzusehr aus der Art schlagen.

Gebirgsschlucht im cilicifchen Taurus.( Illustration S. 633.) Die reizend romantische Schlucht mit ihrem herabstürzenden Gebirgs. wasser, welche die Illustration darstellt, ist eine Partie aus dem füd­lichen Randgebirge des Hochlandes von Kleinasien  , welches, wie schon im Altertum, den Namen Taurus fürt. Als Fortsezung des armenischen Taurus ziet es sich vom Euphrat   aus westwärts bis an das ägäische Meer, trent die Küstenländer Cilicien  , Pamphilien und Lycien von Kappadocien, Lykaonien   und Phrygien und endet an der Küste Kariens  . Jm östlichen Cilicien erreicht es eine Höhe von 3000-3500 Meter, und mehr westlich ist es 2-3000 Meter hoch. Sein höchster Gipfel ist 3570, sein höchster Paß 3050 Meter hoch, wärend die Baumgrenze im Norden 2275, im Süden 2080, die Getreidegrenze im Mittel 1787, die Schneegrenze im Norden 2925, im Süden 3250 Meter hoch zu finden ist. Als durch Eroberung die kleinasiatischen Provinzen unter fremde Herschaft tamen, zogen sich die früheren Bewoner vielfach in die unwegsamen Berge des Taurus zurück und fürten hier ein Räuber­leben. Zwei größere Flüsse durchbrechen den Taurus, und außerdem

Dr. Max Vogler( Schluß).

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Redaktionskorrespondenz.

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Berlin  . Frau Luise M. Eine sehr einfache und vielempfolene Metode, Obst im Winter aufzubewaren, ist folgende: Man legt das Obst in Behälter, wie man sie eben hat Kisten, Fässer u. f. w. und füllt die Zwischenräume mit möglichst feinem, weber ganz feuchten, noch ganz trocknen Sande, am besten Flußsande, aus. Die vollen Gefäße sind im Keller oder in anderen frostfreien Räumlichkeiten aufzubewaren, in denen man auch das Einschichten vorzunemen hat. Vor der Nuzung reinigt man das Obst durch Abbürsten oder Abwaschen. Wie man Schinten auf westphälische und Gänsebrüste auf pommeriche Art räuchert, können wir Ihnen auch verraten. Der Schinken wird ein wenig mit Salz eingerieben, worauf man ihn 3-4 Tage liegen läßt. Alsdann nimt man bei einem Schinken von 15-16 Pfund 1-2 Lot gestoßenen Salpeter, 112 Pfd. Seesalz, 12 Pfd. gewönlichen Zucker und 2 Lot Wachholderbeeren und focht alles zusammen in einer Mischung von 1 Quart Bier und 12 Quart Wasser eine halbe Stunde lang. Dann läßt man es kalt werden, gießt die Brühe durch ein leinenes Tuch in eine Schüssel und preßt die zurückbleibenden Ingredienzien gut aus. In dieser Brühe läßt man den Schinken, bei täglich einmaligem Umwenden, ungefär vier Wochen lang liegen. Hierauf wird der Schinken in Leinwand eingenäht und in den Rauch gehängt. Zwei bis drei Wochen später fann er genossen werden. Mit den Gänsebrüsten macht man es auf pommerisch so: nachdem man dieselben etwa 4-6 Tage hat pöteln lassen, werden sie mit Weizenkleie eingerieben und 24 Stunden an die Luft gehängt. Alsdann schlägt man die Gänsebrüste in Papier, oder näht sie in dünne Leinwand und hängt sie in den Rauch. Schon nach sechs bis zehn Tagen sind sie zu genießen.

Schönau. Predigtamtskandidat 2. F. Ob wir Ihre uns zugesanten drei Gedichte ,, nach Verdienst gewürdigt haben"? Gewiß, Verehrtester, wir haben sie würdig ge funden des ewigen Friedens im Schoße unsres mit gleicher Liebe alles in ihn eingehende umfassenden, über alle maßen toleranten Papierkorbes.

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Leipzig  . H. Fr. Wir müssen Ihre Anfrage verneinen. Die Erfüllung des gleich­zeitig geäußerten Wunsches aber werden wir uns angelegen sein lassen.

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Inhalt. Herschen oder dienen? Roman von M. Kautsky( Schluß). Bilder aus dem Privatleben der Griechen und Römer, von Blicke in Aus Deutschlands   schlimster Blut- und Eisenzeit. Historische Novelle von Carl Cassau( Schluß. die Gewerbe- und Industrieausstellung zu Halle a/ S.( Schluß).- Selbstgefällig!( Mit Jllustration.) Gebirgsschlucht im cilicischen Taurus ( mit Illustration). Literarische Umschau. Redaktionskorrespondenz.

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Verantwortlicher Redakteur: Dr. Max Vogler in Gohlis  - Leipzig  ( Mödernsche Straße 30 d). Expedition: Färberstr. 12. II. in Leipzig  . Druck und Verlag von Franz Goldhausen in Leipzig  .