Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis; Das Unzulängliche, hier ward's Ereignis; Das Unbeschreibliche, hier ist es gethan; Das Ewig- Weibliche zieht uns hinan.
Der ganze Marienkultus, die Verehrung der Jungfrau Maria als Gottesmutter in der christlichen Mytologie, berut zum größten Teil auf dieser echt menschlichen und echt männlichen Empfindung, die im Grunde genommen Zeichen einer gesunden Seele ist; das hoffen wir weiter begründen zu können bei geeig neter Gelegenheit.
Weiters ein Gegenstand, würdig unserer Achtung und Bewunderung, ist das Weib als Mutter, sowol da, wo sie es wird, als da, wo sie das geborene mit ihrer Liebe, die die Stärke einer Elementarkraft hat, hegt und pflegt, behütet und bewart, und es in sorgsamer Hut umgibt für und für. Welche Fülle von Kraft wird hier aufgeboten, beides des Leibes und der Seele! Gegen diese Wunder der Liebe, gegen diese menschlichen Wunder sind alle Wunder aller Religionssysteme Kinderspiel, sicher nicht größer und geeigneter, jene Stimmung hervorzubringen, daß wir anbeten
möchten!
Ein trefflicher deutscher Literarhistoriker bespricht gelegentlich die Catarina Regina von Greiffenberg, eine Dichterin des 17. Jarhunderts, welche die Männer zur Tapferkeit gegen die Türken auffordert und dabei auf die Lebensgefaren des Weibes auch im Frieden hinweist. Dazu bemerkt er sehr richtig:
Es ist sonderbar, wie wenig die Herren der Schöpfung gemeiniglich die Furchtlosigkeit und die Todesgefaren der Frauen in solcher Beziehung psychologisch und philosophisch moralisch verwertet haben. Jeder Soldat, der in's Feld geht, wird verherr licht. Von den werdenden Müttern, denen schwere Stunden und Gefaren gewiß sind, wird, auch alle sonstigen Rücksichten in Anbetracht gezogen, sehr wenig Aufhebens gemacht."
Nun, diese fühle Gleichgiltigkeit ist wol nicht allgemein, vielleicht, ja wol sicher, schon in ältester Zeit nicht! Diese Fülle von Mut, Liebe und Kraftaufwand kann zu keinen Zeiten gänzlich übersehen und unterschäzt worden sein!
Ein über das Natürliche Hinausragen bei gewissen einzelnen des Geschlechtes mag nur vereinzelt jene bei jedem Weibe bewunderungswürdigen Warnemungen gesteigert haben, so daß sie wirklich etwas Göttliches und Prophetisches in ihnen warnamen, eine Warnemung, die sie bestimten, ihren Rat nicht in den Wind zu schlagen, ja von ihnen sichere Deutung der Zukunft zu er warten. Wir kommen hier speziell auf das religiöse Moment zu sprechen, mit welchem das Weib auch innige Beziehungen unterhielt. Nicht blos in unsern Tagen, glauben wir, ist bei ihnen das religiöse Bedürfnis bei weitem stärker als bei den Männern; wenn auch die Frauen der Vorzeit nicht so viel Zeit hatten, wie
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moderne Vorneme, denen fromme Betrachtungen nicht nur Liebhaberei, sondern eine willkommene Ausfüllung der Mußestunden sind, deren sie zuweilen am Tage vierundzwanzig zälen.
Wie ferner jeder Familienvater der Hohepriester seines Hauses und seiner Familie war, so scheint die praktisch ihm nicht als Sklavin sondern als Genossin zur Seite stehende Frau auch seine priesterlichen Funktionen geteilt zu haben. Ja auch für die Gesamtheit eines ganzen Stammes gab es priesterliche Frauen von hohem Ansehen. In dem öfter angefürten Gimbern- und barfüßig, in feinen Flachslinnengewändern, mit ehrnen Gürteln Teutonenkrieg lernten die Römer solche kennen. Grau von Haren, umgürtet und mit wallenden, weißen Mänteln werden sie dargestellt. Mit blankem Schwert füren sie den tötlichen Schnitt durch die Sole der zu opfernden Kriegsgefangenen, deren Blut der heilige Kessel auffängt: aus diesem wurde dann geweissagt. Vor Zeiten sei Aurinia, so berichtet Tacitus , eine gefeierte Warsagerin gewesen. Solche weise Frauen widerrieten 58 v. Chr. den Germanen des Ariovist vor Neumond eine Schlacht zu liefern. Hochberühmt war ferner Veleda, eine Jungfrau aus dem Stamme politischen Einfluß hatte bei den deutschen Stämmen am Unterder Brukterer, welche auf einsamem Turme hauste und hohen lauf des Rheines. Auch die Skandinavier hatten Priesterinnen, bei dem Tempeldienste Freys und Baldurs waren Priesterinnen beschäftigt. Menschen-, Tier- und Fruchtopfer darbringen, Gebet und Schmückung des Tempels, des Altars, der heiligen Geräte: sprechen, heilige Gesänge singen, Füren von Umzügen, Reinigung leicht auf dem Wege des animalischen Magnetismus oder änliche das war ihre Beschäftigung; daneben auch Krankenheilung vielfür übernatürlich gehaltene Arten und Weisen. Lezterer Beruf löst sich von dem priesterlichen Amt, an bestimter Kultſtätte, los und die weisen Frauen oder Zauberinnen, wie sie den Christund zu warsagen. Ihrer Wunder sind viele: sie können Gewitter gläubigen heißen, ziehen im Lande umher, um Wunder zu wirken brauen und abwenden, Liebe und Haß in der Menschen Herzen entzünden, allerlei Schäden durch Besprechen beheben oder zuFrauen ein gern geheztes Wild der Pfaffheit wurde, die dann fügen und was dergleichen mehr ist. Wie später aus diesen grausigsten Martern und qualvollstem Tode weihte, davon später. schließlich die Scheiterhausen entzündete und tausend Weiber den der Runenschrift, die bei den Drakeln und Weissagungen eine Die uralte Form wissenschaftlicher Regung ist hier die Kunst große Rolle spielten. Die christliche Religion machte erst die Schreib- und Lesekunst gemeiner, von der und ihren segensreichen ebenfalls später die Rede sein wird. sowol wie verhängnisvollen Folgen für die deutsche Frauenwelt
( Schluß folgt.)
Die Abendglocken, die, wie die Dämmerung mit dem Nebel tiefer und tiefer herabsant, auf dem grauen, dicken Kirchthum sich zu schwingen begannen, hatten ausgeklungen und immer weichere, süßere Stimmung, zum Träumen und zum Sinnen eignend, in's Herz hineingetragen, wärend wir die ersten Gläser vollgeschenkt und uns an der lockenden Blume, die uns aus ihnen entgegen duftete, gelabt. Es war eine schöne, poesiegeweite Stunde, wie es ihrer nicht allzu viele im Leben gibt. Alte, liebe Erinnerungen wurden zwischen uns beiden Freunden, die wir uns lange nicht in's Auge gesehen, ausgetauscht und immer neue geweckt,- manch munterer, ausgelassener Streich, bei dem wir einst im frölichen Jugendmut mitgespielt, manch heiter Ereignis, an dem wir uns gemeinsam erfreut, manch' schneidendes Herzweh auch, das wir beide erduldet.
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Aber so fest und innig der Zauber alter Tage unser ganzes Wesen in sich hineinverstrickte, ich mußte dazwischen immer wieder nach den beiden Mädchen hinübersehen, die stille Zwiegespräche mit einander hielten und dann und wann auch ihre Blicke verstolen aufmerkend nach unserem Tische Hergleiten ließen, und ich fülte mein Herz stets rascher klopfen, wenn eine Wendung ihres Hauptes mir die großen, dunklen Augen und das feine Gesicht der älteren wieder voll zu sehen gestattete. Das geschah
( 1. Forfezung).
auch dann, wenn sie, die nun gefüllte Flasche herzutragend, wieder dicht vor uns hintrat, sie hat es noch öfter tun müssen an diesem Abend.
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Es kamen nur wenige Gäste noch in die Schenke. Der Alte blieb still und ruhig beobachtend am Ofen lehnen; nur dann und wann ging er auf ein par Minuten hinweg, um einem der Eintretenden zum Willkommen die Hand zu drücken. Es geschah auch kein allzu lauter Becherklang, kein Zecherstreit und Geschrei an diesem Abend. Die anderen, die im Zimmer waren, hielten sich still, als wollten sie erlauschen, was wir beiden Fremdlinge mit einander redeten. Wir wurden nicht müde, uns zu erzälen, bald leiser jezt, dann lauter, und das Glas voll würzigen Weins zum Munde zu füren. Auch die beiden Mädchen sprachen still mit einander fort. Dazwischen schlug eintönig langsam das Pendel der Wanduhr. Endlich mahnten uns die Zeiger auf dem großen Zifferblatt, aufzubrechen, wenn wir nicht allzu spät heimkommen wollten. Wir gingen mit dem festen Vorsaz, bald wieder Einkehr zu halten in dieser freundlichen Herberge, in der uns alles mit so eigentümlichem Reize anmutete, recht baldige Einkehr, und nicht blos des rot schimmernden, köstlichen Weines wegen, den man daselbst auf spiegelblankem Zinnteller uns aufgetragen. Draußen lag ein fahler, matter Glanz auf den Weinbergen
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