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den Einsaz, läßt ein schriftliches Versprechenausstellen, daß der Graf ihm die Hand seiner Tochter gewären würde, und auf Ehre selbstverständlich, wenn einer mal im Pech ist die Karte schlägt gegen Alteneck. Zwar stellte nun der Herr Schwiegerson skandalös, pfui Teufel- seinem Schwiegerpapa seine Börse zur Verfügung und wollte von der Auszalung seines übrigen Spiel­gewins vorläufig nichts wissen. Aber der Alteneck hatte doch noch Ehre im Leibe er verschrieb heimlich alles, was er hatte dem David und jagte sich am Tage der Hochzeit seiner Tochter mit dem Juden eine Kugel durch den Kopf."

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Miserabel ein Geschlecht wie das der Altened so im jüdischen Schmuze untergegangen," sagte Graf Waldkirch, auf's tiefste indignirt. Wenn eine derartige Spielaffäre unter Standes­genossen vorkomt, habe ich nichts dagegen. Da könte der lezte der Alteneck heute noch leben, brauchte sich nicht zu geniren, sich von seinem Gegner im Spiel unter die Arme greifen zu lassen - aber so- impossible, tout- à- fait impossible*)."

Wärend die Offiziere sich so über die Tatsachen unterhielten, welchen Herr Willibald David sein Dasein und seine hochadlige Mutter verdankte, drehte sich an dem nur etwa zehn Schritte ent fernten Tische, an dem Herr Specht mit den Seinen saß, die Unterhaltung zunächst um Franz Stein.

Die Offiziere hatten, als die beiden Freunde vorübergingen, das Monocle in das rechte Auge geklemt, Fräulein Elfriede Specht und ihr neuester Verehrer, Herr Gabriel Haßler, schauten jenen durch ihre goldnen Nasenklemmer mit nicht minderem Interesse nach.

" Ein schöner Mann, der mit dem dunkelbraunen Har und dem sonnenverbranten Gesicht," sagte Fräulein Elfriede mit Kenner­miene. Kennen Sie ihn vielleicht, lieber Herr Haßler?"

Herr Haßler machte ein Gesicht, wie einer, der eine bittere, schlecht überzuckerte Pille hinunterschlucken muß.

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Hi, hi," lachte er gezwungen." Pardon, meine verehrteste Gnädige, ich kann die Männergesichter nicht schön finden, die von Geist und Humor vor allen Dingen Humor nicht wie soll ich sagen sprudeln. Würden ihn auch nicht schön finden, Verehrteste, verlassen Sie Sich drauf, wenn Sie Sich einmal mit ihm unterhalten hätten. So langweilig ernsthaft- kein Wiz, feine Spur von Wiz, und das ist doch die Hauptsache bei einem Mann

Fräulein Elfriede verhüllte mit ihrem Fächer den untern Teil ihres Gesichts.

Allerdings," entgegnete fie, Wiz muß ein Mann haben, wenigstens wenn er einem geistvollen Mädchen gefallen soll. Aber Sie machen warscheinlich gar zu hohe Ansprüche, lieber Herr Haßler, es kann nicht jeder jo von Humor und Wiz übersprudeln wie nein, ich fann einmal nicht schmeicheln, ich verschweige also, wen ich meine, lieber Herr Haßler."

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Dabei warf die Kokette ihrem Anbeter einen Blick zu, der auf dessen dicken Wangen die Röte verschämten Stolzes her­vorrief.

Ach, wenn ich das wüßte, wen meine Gnädige meint," flötete er, und versuchte unter dem Tisch die Hand seiner Nachbarin zu erhaschen, was ihm aber nur zu einem ganz flüchtigen Drucke gelang.

Fräulein Elfriede schien nicht gewillt, sich so leicht von dem einmal angeschlagenen Gesprächstema ablenken zu lassen.

Aber wer jener Herr ist, müssen Sie mir doch sagen, liebster Herr Haßler. Ich interessire mich für ihn, wie für die Beduinen, welche vorigen Sommer in unsrem zoologischen Garten Furore machten ich interessire mich für alles Exotische, wissen Sie. Ein höchst platonisches Interesse natürlich, wie ich überhaupt" Fräulein Elfriede Specht schlug die Augen nieder und stockte, als wäre sie im Begriff gewesen, mehr zu sagen als gut war, sie hielt wieder den Fächer vor den Mund.

Herr Gabriel Haßler seufzte verliebt und sagte:

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" Ich stehe ganz zu meiner Gnädigsten Befehl, dieser Herr also heißt Franz Stein und ist auch deswegen hi, hi ein Stein des Anstoßes für mich, weil er sich viele Jare one nüzliche Be­schäftigung in der ganzen Welt herumgetrieben hat."

Nun mischte sich der Herr Specht in das Gespräch. " Franz Stein, wie ist mir doch?" sagte er in dem heisern frächzenden Tone, der ihn nicht zu seinem Vorteil auszeichnete. Den Namen muß ich in neuester Zeit öfter gehört haben."

Wol möglich, hochverehrter Herr," entgegnete Gabriel. Sehr wol möglich. Will jezt in unsrem Gebirge eine große Fabrik *) unmöglich, durchaus unmöglich.

gründen, lächerlich- hi hi- versteht von technischen und kommer­ziellen Dingen nicht ein Jota und will Großindustrieller werden." " Na, so was findet sich schon, das glauben Sie mir, guter Herr Haßler," meinte Herr Specht in überlegenem Tone, wenn nur einer nicht grade ein ganz dickes Bret vor dem Schädel hat. Aber wo will er die Gründung loslassen?"

In Seifersdorf, im Kreise Buchenfels

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,, Na, da bin ich bekant wie in meiner Westentasche. Und nun weiß ich auch, woher mir der Name so bekant war und zwar nicht blos aus der lezten Zeit. Den alten Stein auf Seifers­dorf hab' ich gekant. Ich hab' Geschäfte mit ihm gemacht. Der kümmerte sich die lezten Jare nicht mehr viel um sein schönes Gut, und da hab' ich ihm ein par mal die Ernte auf dem Halme abgekauft und ein hübsches Stück Geld dabei verdient. Weil ich aber den verfluchten Kerl, den Dekonomieinspektor nicht so kolossal schmierte, wie er wollte, hat er dafür gesorgt, daß mir eines Tages ein Makler des Geheimen Kommerzienrat David das ganze famose Geschäft vor der Nase weggeschnappt hat."

" Der Herr, welcher mit dem Herrn Stein an uns vorüber­ging, war der Son des Geheimen Kommerzienrats , Herr Willi­bald David," warf Fräulein Elfriede hin.

Den kennen Sie auch, gnädigstes Fräulein?" fragte Gabriel Haßler, wiederum nicht sehr erbaut.

,, Nur par renommée," erwiderte die Dame auffällig kül und ihren Vater scharf anschauend, der ihr bei diesen Worten verwundert ins Gesicht sah.

Also das war der junge David?" sagte Herr Specht mit eigentümlicher Betonung. Er hatte noch etwas hinzufügen wollen, aber die sehr gebieterischen Blicke seiner Tochter, von denen Herr Gabriel Haßler nicht das mindeste warnam, schlossen ihm den Mund. Mit einigen, hm, hm," sammelte er sich dann aber rasch genug und fur möglichst harmlos fort:

,, Der Stein gründet also auf seinem Gute die Fabrik?"

Wegen des Gutes soll er mit unsrem Herrn Bischof in Ver­handlung stehen, der es kaufen will, um seine vielen Güter oben im Gebirge zu arrondiren."

,, Nun, in Seifersdorf so was zu gründen, ist garnicht so dumm. Da kann man die Arbeiter noch für ein par lumpige Groschen per Tag haben, und alles ist billig: Holz, Kolen, Steine gibts die schwere Menge. Außerdem wird jezt die Eisenbahn bei Seifersdorf' ne Haltestelle einrichten, da hat' n Fabrikant dort billig seine Waren zu verladen und zu transportiren. Wenn der Stein allein auf den Einfall gekommen ist, so ist er gewiß kein so gar dummer Kerl. Uebrigens, wissen Sie vielleicht, Haß­lerchen, an welchem Ende von Seisersdorf der seine Fabrik hin­bauen will?"

,, Da, wo sein Vater das neue Herschaftshaus hingebaut hatte, hab' ich gehört. Das will er behalten und die neuen Wirtschafts­gebäude zu Fabriken ausbauen. Das paßt auch ganz gut, weil der Herr Bischof doch das ganze Gut einfach zu seinem benach­barten viel größeren Rittergute Steinseifen zuschlägt."

,, Das ist aber nicht grade sehr nahe an der Bahn," sagte Herr Specht und stüzte sein Kinn nachdenklich auf seinen Stock. Die Geschichte möcht ich mir mal ansehen, vielleicht läßt sich da ' n Geschäft machen."

Nun ist Papa glücklich bei den Geschäften angekommen, da ist mit ihm nichts mehr anzufangen," meinte Fräulein Elfriede. Kommen Sie, liebster Herr Haßler, begleiten Sie mich auf einem fleinen Spaziergang durch den Park."

Herr Gabriel Haßler sprang entzückt auf.

Erwartest du uns hier, Papa?" fragte Fräulein Elfriede, bereits im Abgehen begriffen, indem sie ihrem Vater über ihre Schultern hin einen bedeutsamen Blick zuwarf.

Fällt mir nicht ein," entgegnete der Vater, dessen eigne Wünsche mit der stummen Weisung seiner Tochter vollständig harmonirten. Unser guter Haßler wird dich schon nachhause bringen. Ich fare zu Hübner und Son auf ein Glas Bordeaux ."

Herr Gabriel Haßler schüttelte mit dem Hut in der Hand dem würdigen Herrn Specht warm die Hand und machte in aller Eile ein halbes Duzend Verbeugungen zum Abschied, um dann so rasch und so zierlich, als es angehen wollte, der Dame, die allerneuestens von seinem empfänglichen Herzen Besiz ergriffen hatte, nachzuhüpfen.

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