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Der Boden und sein Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen. Ueber dieses Tema sprach am 18. September- dem Eröffnungstage auf der 54. Naturforscherversamlung zu Salzburg , der Geheimrat Prof. Pettenkofer aus München in längerem Vortrage, dem wir folgendes entnemen. Als Siz der Krankheitsursachen werde bisher vorwiegend die Luft und das Wasser angenommen, wärend doch alles Wasser in gleicher Zusamensezung vom Himmel fällt und erst im Boden durch Verbindung mit anderen Stoffen seine Veränderung erfärt. So sei auch von völlig stagnirender Luft selbst in den engsten und tiefsten Schluchten keine Rede, indem dieselbe bei völligſter Windstille sogar/ Meter per Sekunde zurücklege. Wenn ein Ort in Beziehung auf die Gesundheit besondere Eigenschaften aufweist, so müssen sie auf den Boden zurückgefürt werden." Der Boden ist es demnach, der den größten Einfluß auf die menschliche Gesundheit übt, wie beispielsweise am deutlichsten die Epidemien zeigen. Bekant ist seit längerer Zeit, daß die Malaria( Sumpf-) fieber auf Bodeneinflüsse zurückzufüren sind. Wärenddem suchte man bis vor kurzem die Krankteitsträger des Typhus und der Cholera in der Luft und im Wasser, bis neuere Beobachtungen den Erweis brachten, daß auch hier in vielen Fällen die Ursache des epidemischen Auftretens im Boden zu suchen sei. Als bester Beweis für die leztere, neuerdings gewonnene Ansicht gilt die Tatsache, daß Orte wie Lyon , Salzburg , Versailles u. a. von den Epidemien verschont wurden, wärend ihre ganze Umgebung, mit der sie in stetem Verkehr blieben, gänzlich verseucht waren. Ueber das Was? lassen sich vorläufig noch feine positiven Behauptungen aufstellen, aber man stimt allgemein in der Vermutung überein, daß es sehr kleine Organismer sind, deren viele Millionen erst das Gewicht eines Milligramm erreichen, und die als ganz kleine Spaltspize den Boden bewonen und von hier aus durch die Grundluft zum Schaden der Gesundheit ans Licht des Tages gefördert werden. Die Grundluft ventilire größtenteils unsere Wonungen, und so sei es erklärlich, wie gerade die schlechtgelüfteten Häuser so oft von epidemischen Krankheiten befallen würden. Dagegen habe man die Beobachtung gemacht, daß bei einer Epidemie von 9 Häusern eines Gutes, die Bewoner der beiden Häuser, deren Fußboden aus Lehm hergestellt war und deshalb die Grundluft nicht durchließ, verschont blieben, wärend die Insaßen der anderen sieben, nach neuerem System erbauten Häuser, von der Krankheit ergriffen wurden. Dabei waren die Lebensverhältnisse sämtlicher Bewoner der 9 Häuser ein und dieselben. Schließlich plädirte der Vortragende noch für das Kanalisationssystem, da es im Interesse der Gesundheit gut sei, wenn die Abfallstoffe möglichst schnell entfernt und verdünt würden. Welche Bedeutung diese Angelegenheit hat, zeigt uns recht deutlich ein Vortrag, den gelegentlich der„ neunten Versamlung des deutschen Bereins für öffentliche Gesundheitspflege" Herr Dr. Soyta aus München hielt. Redner belegt mit Zalen, wie in Orten, wo Kanalisation eingerichtet sei, seit deren Einführung die Typhussterblichkeit bedeutend abgenommen habe. So wären in Danzig von 1863-1871 järlich 70 Personen am Typhus gestorben, von 1872-1879, also seitdem die Kanalisation vorhanden, nur 27,5 Personen järlich. In Frankfurt a. M. starben vor der Kanalisation auf 10 000 Einwoner 6,1-7,9, nach derselben 2,8-2,0. In München starben 1852-1859 am Typhus 2,4 pro Tausend und nachdem allmälig die Kanalisation eingefürt wurde, 1860-1865 nur 1,68, 1866-73 1,33 und 1874-1880 nur 0,83 pro tausend Einwoner.
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Aller Anfang ist schwer.( Illustr. S. 36.) Das alte Sprüch wort: Böser Umgang verdirbt gute Sitten, hat sich auch an dem halberwachsenen Steffen, der links den Stul auf unserem Bilde einnimt, bewarheitet. Sonst ein ganz vernünftiger Kerl, hat er sich heute von dem im ganzen Fischerdorfe als Ausbund aller Tollheiten geltenden Jochen beschwazen lassen, mit lezterem gemeinschaftlich ein Pfeifchen zu schmauchen." Jochen, der schon von Jugend auf alle Dumheiten ungestraft verüben fonte, hat auch bereits seit langem die Kunst des Rauchens probirt und es darin, wie Figura zeigt, zu hoher Meisterschaft gebracht. Und es ist obendrein ein schweres Kraut, was die Tonpfeife erglühen macht er hat es seinem ,, Alten" in einem unbewachten Moment wegstibizt, und zwar nicht zum erstenmale, und dieser, ein alter abgehärteter Fischer, konsumirt einen„ beizenden Tobak!" Die der bösen Tat entsprechenden Wirkungen zeigen sich denn auch schon derart bei dem Steffen, daß man nur den Wunsch empfindet, es möchte doch jede üble Handlungsweise in der Welt so schnell ihre verdiente Strafe finden. Jochen höhnt ihn freilich aus und bläst, indem er die Pfeife triumphirend erhebt, dicke Rauchwolken von sich. Für die treuen Anhänger des Tabaksmonopols gäbe er somit ein vortreffliches Objekt, um zu zeigen, wie„ sittlich erziehend" eine Verteuerung des Tabaks wirken würde, da aber die warmen Freunde der neuen ,, Wirtschaftsreform" auch zumeist ebenso große Feinde der„ sittlichen Verwarlosung" der Jugend sind, so gibt- der in unserem Bilde dargestellte Vorgang ihnen gleichzeitig Gelegenheit, ihre pädagogischen Rezepte auszuframen, unter denen bekantlich das von der„ strengeren Zucht", dem Prügel, den Gensdarmen und wie die liebenswürdigen Institutionen eines christlichen Staates alle heißen, die größte Rolle spielen. Nun, das Tabaksmonopol wird ebensowenig die halbwüchsigen Jungen" verhindern, den Reizen des Tabakrauchens nachzujagen, wie die strenge Zucht" im Sinne der Herren Rückwärtsler imstande sein wird, den Menschen die verloren gegangenen wie man sich und andere täuschend
meint Tugenden wieder zu geben. Wir gehen jede Wette ein, daß diese Mittel den beiden Fischerbuben die vorgefürte Situation nicht erspart hätten. Wol aber wäre Steffen von der Verfürung und deren üblen Folgen und Jochen von der keineswegs beneidenswerten Aufgabe, andere zu verfüren, behütet worden, wenn beide sich voll und ganz bewußt gewesen wären, welchen Schaden sie durch den zu frühzeitigen Tabakgenuß an ihrer Gesundheit hätten nemen können. Dieses Bewußtsein wird aber nicht durch die strengere Zucht" erzeugt, es kann auch nicht hinein geprügelt, sondern nur gelehrt, durch gewissenhafte Erziehung erzeugt werden, und wir haben wol garnicht so unrecht, wenn wir behaupten, daß Steffen wie Jochen weiter nichts sind, als die Opfer jener seit langem bis heute üblichen Erziehungsmetode, die eigentlich in der förperlichen Züchtigung ihre lezte Konsequenz findet.
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Der Tiger und seine Amme.( Bild S. 37.) Wenn wir nicht irren, so liegt unserem Bilde ein wirklicher Vorgang zugrunde. Eine Tigerin im zoologischen Garten zu Köln hatte ein Junges geworfen, starb aber kurz darauf. Um das Junge am Leben zu erhalten, machte man den Versuch, es von einer Hündin säugen zu lassen. Das junge Raubtier närte sich auch richtig mit Hundemilch, ward groß und stark und bezeigt jezt, wie uns die Abbildung zeigt, der, welcher es in zweiter Linie das Leben dankt, durch Liebkosungen und dgl. seine unwandelbare Anhänglichkeit. Derartiges ist nun wol bei dem Tiere, das als das grausamste und furchtbarste Raubtier verschrien ist, sehr selten und es würde hier wol unglaublich erscheinen, wenn nicht seit langem betant wäre, daß dieser Schrecken von Ostindien sich hier und da in weniger grausamem Lichte zeigte und manchmal sogar Anfälle von Großmut hätte, wie folgende Geschichte beweist. Einem Kapitän wurde einst in Columbia eine große Tigerin zum Geschenk gemacht, und dieser ließ ihr jeden Tag einen der sehr zalreichen Hunde vorwerfen. Der Hund wurde lebendig in den Käfig geworfen und nachdem der Tiger eine zeitlang mit ihm wie die Kaze mit der Maus gespielt, wurden seine Augen funkelnd, er bewegte den Schwanz, griff seine Beute in den Nacken, daß die Schneidezähne die Halsarterien trenten und ging dann mit seiner Beute im Rachen im Käfig hin und her, wobei er derselben das Blut aussog. Eines Tags warf man ihm nun einen durch nichts ausgezeichneten Hund in den Käfig, der, sobald er seine gefärliche Lage bemerkte, ein furchtbares Geheul begann und die Tigerin mit großer Wut anfiel, an ihr in die Höhe sprang und ihr die Nase blutig biß. Dieser schien die Wut des kleinen Tieres Spaß zu machen, der Grimm aus ihrem Gesichte schwand und sie legte sich bald der Länge nach auf die eine Seite, bald tauerte sie sich sphynxartig hin, immer die Angriffe des Hundes mit den Pfoten abwehrend, bis lezterer sich müde getobt hatte. Nun fing die Tigerin an, dem Hündchen durch Liebfosungen und allerhand kleine Künste Vertrauen einzuflößen, was ihr auch gelang. Schließlich legten sich beide neben einander, sie schliefen und wurden für die Dauer unzertrenliche Freunde. Doch solche Beispiele gehören zu den Seltenheiten und die Fälle, in denen der Tiger dem Leben von Menschen und Tieren auf's höchste gefärlich ist, sind viel zalreicher. Besonders furchtbar und zwar im höheren Grade wie der Löwe und andere Raubtiere ist er wegen seiner riesigen Körperkraft und Gewantheit. Er schleicht sich an seine Beute heran wie eine Schlange, und wenn er sich wie der Bliz auf sie gestürzt und sie mit seinen Krallen und Zähnen gepackt, so ist er ebenso schnell wieder davon. Er trägt bequem einen Menschen im Rachen fort und gräbt seine Klauen zolltief ins Fleisch. Aber so schnell er in seinen Bewegungen ist, so groß ist seine Ausdauer; dazu ist er ein gewanter Kletterer und Schwimmer. Zuerst raubt und würgt er immer das Vieh, aber sobald er Menschenfleisch gekostet, ziet er dies allem anderen vor. Er bricht dann des Nachts in die Wonungen ein und schwimt auf Kähne zu, um Menschen zu rauben, und es ist öfter vorgekommen, daß seine Mordlust ganze Ortschaften vernichtet hat. Hat er sich jedoch satt gefressen, so wird er furchtsam und flieht wol gar den Feind, welchen er sonst nicht im mindesten fürchtet. Früher glaubte man, er würge und morde nur aus purer Lust am Morde; man ist jedoch jezt der Ueber zeugung, daß dies nur aus Hunger geschähe. Nun kehrt aber sein Hunger so oft wieder, daß er schon deshalb genugsam fürchterlich wird, und daß die Redensart, er sei der ,, Herr der Wege und Tiere", dort, wo er zalreich auftritt, jedenfalls viel Berechtigung hat. Kann man in den Gegenden, wo er viel angetroffen wird, wegen der großen Hize nur des Nachts reisen, so kann dies nur geschehen, indem man sich eine Anzal Lanzenträger, Tromler und Fackelträger mitnimt. Durch große Treibjagden, bei denen die eben genanten Hilfsmittel und vieles andere mitwirken mußte, hat man ihn in einzelnen Gegenden bald gänzlich ausgerottet, wie z. B. auf Ceylon; in Candesh in Dekan wurden von 1825-1829 1032 Stück erlegt. Ein erwachsener mänlicher Tiger ist von der Schnauze bis zum Schwanzende 7-8 auch 9 Fuß lang; der Schwanz hat eine Länge von 24 Fuß. Hoch wird er 2½½ Fuß. Das Weibchen ist kleiner. Seine kurze glatte, Beharung ist an den Wangen bartartig verlängert und hat eine helle rostgelbe Färbung, welche mit den unregelmäßigen, schwarzen, vom Rücken nach dem Bauche und der Brust sich hinziehenden Streifen lebhaft kontrastirt. Seine Grundfarbe ist auf dem Rücken dunkler wie an den Seiten, auf der Unterseite, den Innenseiten der Gliedmaßen, dem Hinterleib, den Lippen und den Wangen ist er jedoch weiß gefärbt. Ein Unterschied in der Farbe bestet zwischen den verschiedenen Individuen nur darin, daß die gelbe