dern schelten will, in seinem Gegner aber einen noch Gröbern findet, muß die Pfeife einziehen, ebenso ein Praler, der entlarvt wird u. s. w. Luther freut sich in der Auslegung des 82. Psalm( 1530), daß ,, die geistlichen Tyrannen die pfeiffen einziehen mußten" und in der Vorrede zum Propheten Daniel, daß die bepste aus dem himel gestoßen sind und die pfeiffen einziehen muſten". An einer andern Stelle beflagt er sich über einige seiner Freunde: ,, Als ich anfing, wider den ablaß zu schreiben, da zogen sie die pfeifen ein, und ich war länger als drey jare ganz verlassen und reichete mir niemand die hand."
Sanders denkt bei der Erklärung dieser Redensart an die Sackpfeife, und in der Tat begegnen wir neben ihren Redensarten, wie: die Pfeife in den Sack stecken, im Sacke lassen. Voß spricht in einer seiner plattdeutschen Idyllen von einem: Erst wehrt er sich, aber versprichst du ihm guten Anteil am Schaz ,,,, bald trekt( ziet) he de Piep ut dem Sacke", in der Bedeutung: dann spricht er sich offen aus und ist bereit, an der Unternemung sich zu beteiligen. Andere Stellen aus ältern Schriftstellern machen aber die Anname, daß in diesen Redensarten die Sackpfeife gemeint sei, wenig warscheinlich. Eine Sackpfeife fürten wol nur Spielleute mit sich, aber des öftern ist die Rede von der Pfeife, die man im Sack, d. i. in der Tasche oder im Aermel bei sich trug. In einer Fabel des Burkhard Waldis streiten sich Tanne und Kürbis um ihren Wert. Die erstere spricht zu dem pralenden Kürbis: Und wenn dich trifft ein kleiner Reifen( Reiffrost), Bald zeuhstu in den Sack die Pfeiffen.
In Paulis Schwanksamlung ,, Schimpf und Ernst" wird erzält von einem guten Gesellen, der ,, ungeferlich ein kleines Pfeiflein im Ermel hatte, damit er jm den weg hett kurz gemacht, zoge es herfür 2c."
In weiten Aermeln pflegte man nämlich in alter Zeit allerlei mit sich herumzutragen. So erzält Thomas Platter von sich, daß er ein Licht in den Aermet steckte. In Fischarts ,, Gargantua" heißt es einmal: ,, und konten sich nicht wehren, so voll hatten sie die Ermel gesteckt." Außer jener Stelle in Schimpf und Ernst" bezeugt auch eine Stelle aus Brants ,, Narrenschiff", daß man eine Pfeife im Aermel trug. Die Pfeife war nämlich wie Schellenkappe und Britsche ein Symbol der Narren; nun sagt Brant an der betreffenden Stelle, daß mancher sich so ernsthaft geberde,
Das man in ouch für wizig halt
Bis jm die pfif uß dem ermel falt,
d. i. bis man seine Narrheit erkent. So trug wol mancher die Pfeife bei sich, mit der er sich den Weg verkürzte oder andern zum Tanz aufblies. Wer aber die Pfeife stecken lassen oder wieder einziehen mußte, nach dessen Sinn und Meinung wollte man sich nicht richten, oder, wer eine andere Redensart sagt, nach dessen Pfeife wollte man nicht tanzen.
Aus allen Winkeln der Beitliteratur.
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-r.
Das Telephon im Dienste der Polizei. In Chicago hat man, wie wir aus Dinglers polytechnischem Journal ersehen, den Fernsprecher", um stephansches Deutsch zu schreiben, bereits in den Dienst der öffentlichen Sicherheit genommen. An passenden Orten sind Polizeiposten errichtet, bei denen sich stets ein Wagen, ein Pferd und drei Mann in steter Bereitschaft befinden. Der Wagen fürt eine Bank, Decken und die zur Vorsorge für Kranke oder Verwundete oder verloren ge= gangene Kinder und zur Festname von Verbrechern notwendigsten Gerätschaften. Diese Polizeisoldaten stehen in telephonischer Verbindung mit öffentlichen Alarmstationen, welche Schilderhäusern änlich, längs der Straße in angemessener Entfernung von einander angebracht sind und groß genug sind, um einem Menschen als Zufluchtsort zu dienen. Sie werden durch Schlüssel geöffnet, die an alle angesehenen Bürger und Schuzleute verteilt sind. Derjenige, welcher ein Alarmhaus geöffnet hat, kann telephonisch oder durch einen Zeigerapparat, mit dem nächsten Polizeiposten sprechen. Auch in Privatwonungen und Geschäftsräumen können Signalkästchen mit oder one Telephoneinrichtung aufgestellt werden. Der Polizeiposten befizt einen unter Siegel befindlichen Schlüssel zur Wonung jedes Abonnenten. Die jezt in Chicago befindlichen 100 Alarmstationen sollen auch in diesem Jare erheblich vermehrt
werden.
XZ.
Die Zeitungen der Vereinigten Staaten weisen nach zuverlässig bezeichneten Nachrichten jezt die Zal von 9722 auf, die Wochenblätter und Monatsschriften mit inbegriffen. Davon erscheinen 843 täglich und 58 dreimal wöchentlich, 7500 sind Wochenblätter, 166 vier
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zehntägig erscheinende Journale und 55 Vierteljarshefte. Der Staat Neuyork besizt die größte Zal und zwar 113 Tagesblätter, 804 Wochenblätter und 322 andere Zeitschriften. Dann folgt Pennsylvanien mit 87 Tagesblättern und 748 anderen Publikationen, Illinois mit 67 täglich und 765 weniger oft erscheinenden Blättern, Ohio mit 48 Tagesblättern und 705 anderen Publikationen u. s. w. Der einzige Staat, in dem mehr täglich( 13) als anders( 11) erscheinende Blätter vorkommen, ist Nevada . Es gibt in den Vereinigten Staaten 9164 englische, 445 deutsche, 30 französische, 27 skandinavische, 24 spanische, 9 holländische, 9 böhmische, 4 italienische, 2 polnische, 2 hebräische, 1 portugisische und 1 cherokesische Zeitung. Die meisten deutschen Journale hat der Staat Pennsylvanien , mit 66, Neuyork 65, Illinois 56, Ohio 46, Wisconsin 38 und Missouri 20 täglich, wöchentlich oder in längeren Zwischenpausen erscheinend. In mehr als 100 000 Exemplaren werden verkauft, die neuyorker ,, Sun" ,,, Herold" ,,, News", und ,, Staatszeitung ", der ,, Philadelphia Ledger" und der ,, Boston Herald". Gleichfalls werden von dem in Neuyork wöchentlich erscheinenden ,, Frank Leslies Illustrated Journal" in englischer und deutscher Ausgabe, und der ,, National Police Gazette" über 100 000 Stück abgesezt.
nrt.
Modetorheiten. Daß die menschliche Phantasie nie ruht und rastet um auf dem Gebiete der Kleidermode womöglich täglich neues, wenn auch in den meisten Fällen geschmackloses zu tage zu fördern, zeigt eine Nachricht aus Paris , nach welchem die Mondschirme das neneste der Saison sind. Man stellt sie her in der niedlichsten Form aus Gaze mit rotem Seidenbande verbrämt. Die Erfinder dieses Modeartikels gehen nämlich von der Behauptung aus, daß die Mondstralen ebenso gefärlich seien wie die Sonnenstralen und daß man durch diese ebenso leicht mondsüchtig werden könne wie man durch die heißen Sonnenstralen den Sonnenstich bekommen könne. Ferner argumentiren sie: Wie die Sonne die Haut bräunt, trocknet der Mond dieselbe aus und macht sie bleich. Man empfielt deshalb die Mondschirme besonders für den Landaufenthalt, weil dort die Spaziergänge im Mondschein am meisten beliebt sind. Der gesundheitsretterische Mondschirm genügt jedoch nicht, man pflegt zu dieser Novität" noch Korfschuhe zu tragen, die entsprechend verfeinert in der Form der Holzschuhe gearbeitet sind. Ein furzer, roth- und gelbgestreifter Rock aus starkem Leinen, ebenso gestreifte Seidenstrümpfe, ein großer, mit einem Büschel Weizenären geschmückter Strohut und ein weißes Mousselintuch, welches über die Brust geknüpft wird, vervollständigen diesen Landanzug. Nun wissen wir wenigstens, woher bis jezt die vielen Torheiten in der Mode kommen. Die Mondsucht hat sie verschuldet und die wenigen Menschen mit gutem Geschmack werden es dem Erfinder des Mondschirms dank wissen, daß er ein Schuzmittel gefunden. Wir befürchten aber nur, daß noch geraume Zeit vergehen dürfte, ehe genügend Ursache zur Abstattung dieses Dankes vorhanden ist. ff.
Leuchtende Farbe. Die Phosphorescenz von Mineralien wurde schon 1630 von Casciorola in Bologna beobachtet. Die Versuche nun, die bis in neuerer Zeit damit gemacht wurden, hat Balmain fortgesezt und haben dessen Erfolge in diesem Jare in der Fachpresse viel von sich reden machen. Die leuchtenden Pulver sind ihrer chemischen Zusammensezung nach basisches Schwefelbarium, Schwefelstrontium oder Schwefelcalcium; reine Schwefelverbindungen leuchten garnicht. Erregt werden die leuchtenden Pulver durch künstliche Beleuchtung, namentlich durch Magnesiumlicht und durch elektrisches Licht und am besten aber durch das Sonnenlicht. Am wirksamsten sind von den Sonnenstralen die ultravioletten und violetten; die roten und gelben erregen nicht, sie schwächen vielmehr die violetten. Ein vom Licht erregter Leuchtstein stralt dasselbe Licht aus, ganz gleich von welchen Stralen oder ob von farbigem Licht er erregt wurde. Die besten der bis jezt bekanten Leuchtpulver leuchten 18 Stunden und zwar ist am Schluß nur ein schwacher Schimmer bei völliger Dunkelheit und mit gutem Auge zu bemerken. Empfelenswert ist, wenn bei der praktischen Verwendung ihnen ein weißer Untergrund von Zinkweiß oder Kreide gegeben wird bleihaltender Firnis darf nicht verwendet werden. Zur Verwendung: empfielt sich diese Farbe für Zifferblätter, Schlüssellochbleche, Feuerzeugständer, Seezeichen, Rettungsgürtel, Taucheranzüge u. s. w. Wird die Decke eines Eisenbahnwagens damit gestrichen, so genügt das, um die Dunkelheit bei der Durchfart eines Tunnels nicht ganz eintreten zu lassen.
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Inhalt. Im Kampf wider alle. Roman von Ferd. Stiller.( Forts). Die Zweckmäßigkeit in der Sternenwelt. Von P. Köhler. Edinburg . Dritter Reisebrief aus Schottland . Von L. Viereck. Im Dorf der Schmied. Eine Geschichte aus dem Elsaß von Dr. Max Vogler.( Forts.) Auch ein Stück sozialen Lebens. Poetische Aehrenlese: Die Blinde von Adalbert v. Chamisso. Julia Capulet. ( Mit Illustration.) Zodiakallicht.( Mit Illustration.) Die Pfeife einziehen. Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: Das Telephon im Dienste der Polizei. Die Zeitungen der Vereinigten Staaten . Modetorheiten. Leuchtende Farbe.
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