Aus allen Winkeln der Beiffiteratur.

Gemütliche Militärverhältnisse müssen in La Guayra( West­ indien  ) herrschen. So erzält in seinem Buche ,, Um die Erde. Reise­bericht eines Naturforschers" Dr. D. Kunge, daß die Soldaten sich dort besonders durch ihre liederliche Bekleidung auszeichneten. Die meisten gehen barfuß und sind mit schmuzigem Leinenzeug bekleidet. Die Offiziere, namentlich die Generale oder Obersten, welche ebenso lumpig gekleidet wären, zeichneten sich durch eine goldbetreßte Müze aus. In Colon habe er unter zehn Soldaten sechs verschiedene Trachten gezält. Ju Venezuela würden die 4000 Mann Gemeine sogar von 6000 Generälen kommandirt. So stellte dem Erzäler ein Apoteker in seinem Diener einen General vor. Unter anderem passirte jemandem mit solch einem hohen militärischen Würdenträger folgende heitere Szene. Auf einer Reise über Land mußte der Betreffende in einem Dorfe übernachten und wollte zu diesem Zweck ein leerstehendes Haus benüzen. Kaum ist er da, so komt ein General, der hier dasselbe tun will und den erstecen sehr höslich um Erlaubnis bittet. Dieser schlägt vor, daß sie sich zunächst gemeinschaftlich einen Grog bereiten wollten und frägt, ob er richt den schwarzen Diener seines Gastes nach Rum aussenden dürfte. Da ihm dies bereitwilligst gestattet wird, sagt er zu dem Neger: ,, Hier, Juan, sind zwei Realen, geh, hole Rum!" Da dieser sich aber hierauf nicht rürt, versucht er sein Heil mit der Grobheit und schreit ihn an: ,, Du verfluchter Nigger, willst du gleich Rum holen!" Doch der so Angebrüllte legt die Arme stolz ineinander und schaut ihn scharf an. Entschuldigen, Herr Oberst, würden Sie vielleicht die Freundlichkeit haben, uns etwas Rum gütigst zu besorgen?" spricht hierauf der General zu seinem Begleiter, und diese Anrede hatte eine solche Wirkung, daß sich das schwarze Ebenbild des Schöpfers, das barfuß und halbnact, aber mit einem Degen versehen, einherlief, davon machte, um den gewünschten Rum zu holen. Daß bei dieser Art Sol­daten von Disziplin keine Rede ist, glauben wir gern. Stehen sie Wacht, so legen oder sezen sie sich meist in den Schatten. Ein großes Vergnügen finden die Wachen daran, den Passanten auf den Trottoirs die Gewere quer in den Weg zu stellen, so daß leztere vom Trottoir herunter müssen. Man braucht gar kein fanatischer Verehrer des Militarismus zu sein, um an dieser Art Vaterlandsverteidigern keinen Ge­schmack zu finden. Ja, es klingen diese Nachrichten fast unglaublich, und man wäre am Ende auch geneigt, sie in das Reich der Fabel zu verweisen, wenn nicht der Herr Erzäler durch seine sonstigen, den Karakter ge­wissenhafter Forschung tragenden Mitteilungen dafür bürgte, daß er streng warheitsgemäß berichtet.

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Brombeerblätter ein genügender Ersaz für chinesischen Tee. Unsere Leser glauben vielleicht, wir wollten uns einen Scherz mit ihnen machen, indem wir obige Behauptung aufstellen. Das ist jedoch nicht der Fall und so leid es uns auch tut, gegen die ,, Mode" des Trinkens von chinesischem Tee, die Europa   alljärlich ca. eine halbe Milliarde Mark kostet, hier einen Einwand zu machen, so wollen wir hier doch zu Nuz und Frommen unserer Leser das Urteil eines Mannes anhören, der in dieser Frage Kenner sein dürfte: der an anderer Stelle schon erwänte Dr. O. Kunze in Leipzig  . Dieser behauptet, das Be­dürfnis des Teetrinkens im Orient sei dadurch entstanden und gefördert worden, daß schon das mit mikroskopischen und organischen Neben­bestandteilen geschwängerte dortige Wasser ein Abkochen verlange, um ihm seinen gesundheitsgefärdenden Karakter zu benehmen. Der Ost­asiate trinkt daher auch seinen Tee one Zucker oder sonstigen Zusaz. Im allgemeinen ist sein Tee aber von besserer Qualität als derjenige, welcher nach Europa   komt. Ursprünglich gaben die schlauen Chinesen den Europäern nur die schlechtesten Sorten und heute, da leztere daran gewöhnt sind, wird er eigens für diese präparirt. Weil der Tee für den Europäer ursprünglich nur Luxusartikel war, versezte er ihn auch mit Zucker, Rum, Cognac, Vanille 2c. Da das Bedürfnis nun einmal vorhanden ist, so behauptet Dr. Runge, man könne den teuren Artikel durch eine einheimische Pflanze ersezen, welche dem Tee gleich­wertig sei und deren Verwendung Europa   järlich eine halbe Milliarde zu erhalten ermöglichte. Solchen Ersaz für den Tee lieferten Erdbeer­und Brombeerblätter, sei doch so schon die Rede davon, daß Tee mit Erdbeerblättern vermischt, in den Handel käme. Brombeerblätter seien aber im Geschmack dem Tee am meisten entsprechend, wie der genante Reisende, der in Ostasien   viel guten Tee getrunken und viel frische Tee­blätter gekaut, seit langem beobachtet haben will. So machte sich der­selbe im Winter 1865-66 bereits den Spaß, einer Anzal Gelehrten Brombeerblätterabsud und reinen Tee vorzusezen, wobei diese nicht

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nur keinen Unterschied herausgefunden, sondern sogar dem Surrogat den Vorzug gegeben hätten. Es dürfte sich jedenfalls empfelen, dieses Rezept zu probiren. Die Verehrer der Tee- ,, Mode" werden sich aber wol auch für den Fall, daß Herr Dr. Kunze recht behielte, vorläufig nicht mit den Brombeerblättern begnügen, denn 1. sind sie doch ein zu gewöhnliches Kraut, das 2. nicht aus dem Auslande komt und 3. viel zu billig ist, um ,, gut" sein zu können.

Wegweiser für Lernende.

ff.

Im Anschluß an die nach Lößen an den Färber Herrn B. gerichtete Notiz in der Redaktionsforrespondenz in Nr. 2 ds. Js. eröffnen wir hiermit vorstehende Rubrik, der trefflichen Anregung des ebenerwänten Freundes unseres Blattes folgend. Mögen recht viele von unseren literaturkundigen Freunden dem Beispiele unseres vielbewärten Mit­arbeiters Herrn Dr. A. M. nachfolgen.

Naturwissenschaftliche Elementarbücher. Schon vor einer Reihe von Jaren traten mehrere hervorragende englische   Gelehrte zusammen, um unter vorstehendem Titel eine Anzal kleiner Fachschriften heraus­zugeben. In rascher Folge erschienen die Werkchen von Lockyer über Astronomie, von Geitie über Geologie und über physikalische Geographie, von Roscoe über Chemie, von Stewart über Physik. Das Unternehmen fand in England großen Anklang und noch heute dringen die kleinen, überaus billigen Schriften in immer größere Kreise des englischen Voltes. Die Art und Weise der Behandlung erregte denn auch die Aufmerksamkeit deutscher   Gelehrter ersten Ranges und so entschlossen sich die Professoren Winnecke, Rose, Warburg  , Schmidt, meist an der straßburger Universität wirkend, eine sachgemäße deutsche Bearbeitung dieser Elementarbücher herauszugeben. Für Botanik und Geologie lagen teine englischen Originalarbeiten vor, der Botaniker de Bary und der Zoologe D. Schmidt übernahmen daher die deutsche Original­bearbeitung der betreffenden Fächer, sich mehr oder weniger an die englischen Vorbilder aus den andern naturwissenschaftlichen Zweigen anlehnend. Im Jare 1878 erschien dann im trübnerschen Verlag zu Straßburg   die aus sieben Werkchen bestehende Sammlung natur­wissenschaftlicher Elementarbücher, ohne daß dieses Unternehmen in Deutschland   diejenige Beachtung gefunden hätte, welche es tatsächlich verdient. Jedes einzelne Werkchen enthält ungefähr 120 Seiten flein  Oktav und ist zum Preis von 80 Pfennig gebunden in jeder Buch­handlung zu haben. Ihre Leser werden Ihnen Dank wissen, wenn Sie mit allem Nachdruck darauf hinweisen, daß selten wol ein zeit­und sachgemäßeres Unternemen in's Leben trat. Es sind Elementar­bücher nicht in dem Sinne, daß sie sich nur an das Fassungsver­mögen des sogenanten Elementarschülers wenden, sondern in dem viel allgemeineren und höheren Sinne, daß in ihnen tatsächlich die Ele­mente der betreffenden Fachwissenschaften in angemessener und schlichter Form dargeboten werden. Dr. A. M.

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Redaktionskorrespondenz.

Berlin  . Lernbegierige Hausfrau. Es soll allerdings Verwendungsarten des Fleischertrakts geben, bei denen die Brühe genau denselben Geschmack annimt, wie ihn eine Bouillon aus frischem Fleische aufweist. Der deutsche Gelehrte, welcher dem Fleischextrakt zu seinem Weltrufe verholfen hat, der große Chemiker von Liebig, hat fol gendes Rezept zur Zubereitung einer solchen Mustersuppe aus Fleischextrakt gegeben: Man nehme zwei Quart preußisch, so ziemlich gleich 2 Liter, Wasser, seze 1/2 Pfund grob zerschlagene Knochen( am besten von Wirbel oder Schenkeltno.hen) hinzu, oder statt der Knochen 2 Lot Ochsenmart, füge darauf von den Suppengemüsen, gelbe oder weiße Rübe, Lauch, Sellerie, Zwiebel, Weißkolblätter 2c., zu, was man für gut hält und foche das Ganze bis zum Weichwerden der Gemüse, d. i. wenig über eine Stunde, darauf entfernt man die Knochen und jezt 20 Gramm des überall käuflichen amerikanischen Fleischextrakt samt dem nötigen Salze bei und hat so eine für sieben Perjonen genügende Fleischbrühe fertig.

Eisenach  .. 8. Daß die Dummen nicht leicht zu Schanden werden, lehrt tie Erfarung und bekräftigt manches Sprüchwort; Sie brauchen also nicht zu glauben, daß Sie nur immer Bech haben, wenn Sie mit einem Beschränkteren in irgendwelche Kon furrenz treten. Zum Troste lesen Sie die Gellertsche Fabel Der sterbende Bater"; welche also lautet: Ein Vater hinterließ zwen Erben, Christophen, der war flug, und Görgen, der war dumm. Sein Ende tam und kurz vor seinem Sterben Sah er sich ganz betrübt nach seinem Christoph um.- ,, Sohn," fing er au ,,, mich quält ein trauriger Gedanke; Du hast Berstand, wie wird dir's fünftig geh'n?" Hör' an, ich hab' in meinem Schrante Ein Kästchen mit Juwelen steh'n Die sollen dein. Nimm sie, mein Sohn, Und gib dem Bruder nichts davon." Der Sohn erschrad und stuzte lange. ,, Ach Bater!" hub er an ,,, wenn ich so viel empfange, wie tomt alsdann mein Bruder fort?". ,, Er?" fiel der Bater ihm in's Wort, Für Görgen

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ist mir gar nicht bange! Der tömt gewiß durch seine Dummheit fort." Königsberg  . F. U. G. Ihr Vorschlag ist nicht annembar. Brieg  . U. Hannover  . G. 2. Mittelwalde. Frl. Anna T. Wir sind nicht herzlos genug, Ihre Novellen, Gedichte u. s. w. der herzlosen Oeffentlichkeit zu überantworten.

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Inhalt. Im Kampf wider alle. Roman von Ferd. Stiller.( Forts). Judenhezen in Rußland  . Von C. Lübeck.( Forts.) Im Dorf der Schmied. Eine Geschichte aus dem Elsaß   von Dr. Max Vogler.( Forts.) Geschichtliche Gespenster. Streifereien im alten und neuen Athen  . Ein heiteres Kapitel über Tiersprache. Von Teodor Drobisch. Bestrafter Uebermut.( Mit Illustration.) Die Isonzobrücke. ( Mit Illustration.)- Eigentümliches Basaltgebilde.( Mit Illustration) Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: Gemütliche Militärverhältnisse in La Guayra. Brombeer blätter ein genügender Ersaz für chinesischen Thee. Wegweiser für Lernende.

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Redaktionskorrespondenz.

Verantwortlicher Redakteur Bruno Geiser   in Stuttgart.  ( Neue Weinsteige 23.) Expedition: Ludwigstraße 26 in Stuttgart  . Druck und Verlag von Franz Goldhausen in Stuttgart  .