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und schuhklappernd fürt. Das alles wird mit Chorgesängen von Gstanzeln und Volksliedern begleitet, teils überlieferte, teils auch eben erfundene mit gegenwärtiger Beziehung, die dann allemal laut belacht und jubelnd wiederholt werden.
Eine schmucke Dirn drängt sich zu mir, faßt meine Rechte: " Du, komm!" und zieht mich fort." Ja, ich kann nicht platteln, Mirzl oder wie du heißt!"" Du dalketer Bua!" Keine Widerrede hilft und fast hätt ich am selben Tag die edle Kunst des Ländlers noch gelernt. Ob mein Tanzen den kunstgeübten Kennern gefallen, das weiß ich nicht, aber die ganze Sache, das Mirzl und der ganze Sontagnachmittag gefiel mir gar wol.
Ja es war prächtig! Wo waren denn die plumpen Bewegungen, die sonst als unumgängliches Attribut des Dörflers galten? Diese naturwüchsige Anmut mit Behendigkeit gepart hatte ich bis dahin noch nie so gesehen.
Und die Lieder, Worte wie Weisen! Wie griffen sie mir ans Herz! Rosegger hat in seinen Werken vielfach volksliedermäßigen Stoff eingewebt. Dem wissenschaftlichen Fachmann, der sich schon umgetan hat, wenn auch nicht überall, so doch in den Herbarien der gedruckten Volksliedersamlungen, wird manche liebe Bekante begegnen, aber bei dem Dichter sind es frische Blumensträuße, die er uns gepflückt mit vollkommener Erdkraft und lieblichem Duft und bunter Farbe, nicht arme Blumenleichen, die im Her
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barium zwischen die Blätter jederart gequetscht Duft und Farbe des Lebens doch verlieren. Am wirksamsten aber sind diese Lieder, wenn man sie in der Natur und auf dem Boden, wo sie erwachsen sind, von dem Volk selbst hört, am besten wenn man mit plattelt. Wem aber das nicht zu Teil wird, der hat den bestmöglichen Ersaz dafür, in unseres Dichters Schriften, der von sich selbst sagt, daß er mit seinem Volke gebetet, gescherzt, gejauchzt, gestritten, gelitten, gesündigt" hat, mit ihm aufwuchs, und eben der rechte Mann war, mit seinem dichterischen Gestaltungsvermögen uns es zu zeichnen.
Da diese Zeilen nur den Zweck haben, unsere lieben Leser auf den Dichter R. aufmerksam zu machen, sofern er ihnen nicht schon längst ein lieber Freund ist, und da billige Rücksicht auf andere Arbeitsgenossen zu nehmen ist, die auch in diesen Blättern zum Worte kommen sollen, versage ich mir, wenn auch schweren Herzens, ein genaueres Eingehen, ja sogar das Aufzälen aller roseggerschen Werke*), deren wir hoffentlich noch viele zu erwarten haben. Der Mann ist gesund, wo man ihn packt, dieses ehrendste Zeugnis, was man in einer vielfach kranken Zeit jemandem ausstellen kann, verdient er voll und ganz.
Schließlich kamen wir auch auf das politische Gebiet. John lobte sein freies England und meinte, darnach stände es wol am besten in Deutschland , worauf der liebenswürdige Doktor noch mals das Wort nam:
" Bei uns haben sich die Beziehungen noch nicht befestigt; das Volk ist neuerungssüchtig und flüchtig, wie die Perlen dort im Weinglase. Von König Otto ist hier nichts mehr übrig als der der Name des Plazes, der nach ihm benant ist; König Georgios sizt fester, aber schwerlich für immer: das Volk ist gar zu sehr für eine Republik ; hoffen wir das Beste! Mit König Otto fonten wir wol zufrieden sein, mit Georgios erst recht. Aber die Neu- Griechen geben ihren Vätern nichts nach; sie wollen täg= lich etwas Neues hören. Voilà tout!"
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Wir namen Abschied und kehrten im Mondenschein nach der Hermesstraße zurück, um im Senatorhause sogleich unser Lager aufzusuchen.
Es war schon ziemlich lichter Tag, als ich von einem höchst interessanten Traume erwachte. Mir träumte nämlich, ich wan delte auf der Agora umher und traf dort mit Sokrates und seinen Schülern zusammen, die hier bei einem Grobschmied stehen blieben, dort in das Atelier eines Bildhauers eintraten, hier die Kunst eines Schusters, dort der Behendigkeit der Ringkämpfer im Gymnasium zusahen. Plözlich winkte mir Sokrates :
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" Fremdling", sagte er ernst, komme mit mir ins Teater, du kanst dort eine ergözliche Komödie schauen, in der Ritter Aristophanes gegen mich mit den Waffen des Wizes kämpft!" Jch ging natürlich mit, und so kamen wir in einen mit Leinen umispanten halbrunden Plaz, an dessen Langseite eine Holzbüne errichtet war. Vorn am Fuße derselben, in der Orchestra, saßen Flötenbläser, die das sich im Halbkreise auf Holzbänken sammelnde Publikum unterhielten. Einen Vorhang hatte die Büne nicht; furz, sie war ganz eingerichtet, wie es in der ältesten Zeit in Griechenland Sitte war. Nun traten Chöre und einzelne Schauspieler auf; man machte Sokrates arg herunter, indem man ihn so lächerlich als möglich darstellte. Und er selbst?- Er lachte tapfer mit. Dann änderte sich plözlich die Szene: wir sahen uns plözlich auf dem Pnyx, und Lykon, der gerbende Volksmann, hezte den Pöbel gegen Sokrates auf, als lehre er andere Götter und verderbe die Jugend. Dann aber stand ich mit Sokrates , Xenophon , Platon , Kriton, Kritobolus, Apollodor und anderen Schülern des Meisters zusammen, und Sokrates sagte:„ Er wird noch den Mond vom Himmel herunter reden; laßt uns, meine Freunde, nach dem Kephissos gehen, ein Bad zu nemen!" Und wir gingen.
In diesem Moment erwachte ich durch die Berürung einer eistalten Hand. Vor mir stand ein Mann mit kalem Kopf, auf
( Schluß.)
gestülpter Nase und großem Munde, kurz der leibhaftige Sokrates, so daß ich noch zu träumen vermeinte. Das Gespenst aber ergriff mich beim Arm und deutete gebieterisch auf meine Kleider. Ich legte sie an und folgte ihm dann durch die menschenleeren Straßen bis nach der Altstadt, wo es mich nicht one energischen Protest meinerseits in eine Ruine hineintrieb.
" Höre nun", begann das Gespenst mit holer Stimme zu deklamiren,„ Volt von Athen meine Verteidigung: erkenne dich selbst! Das ist immer mein Walspruch gewesen. Ich habe vierzig Jare dazu auch deine Jugend angeleitet und sie gelehrt, die Götter zu ehren, den Gesezen zu gehorchen, den Eltern zu folgen, die Alten zu achten, Treu und Glauben zu halten. Fragt sie doch, die von mir gebildet sind, wozu ich sie angeleitet! Wo sind die fremden Götter, die ich gelehrt haben soll? Wenn ich die Nichtigkeit mancher Götterfabeln nachgewiesen, so habe ich damit den ewigen Göttern, die unsichtbar und unerfaßlich sind, einen Dienst erwiesen. Mein Schuzengel, der Dämon in mir, sagt: die einzige Strafe, welche ich mir auferlegen könte, ist die, lebenslang im Prytaneion auf Staatskosten versorgt zu werden!" Ich sah betroffen den Sprecher an, der jezt auf Neugriechisch schrie: " Wein Herr, applaudiren Sie doch, applaudiren Sie!" Dann ergriff mich der Unbekante abermals bei der Hand und fürte mich in eine andere Ruine.
" Ich danke dir, Kerkermeister," begann er nun wieder im hohlen Tone eines modernen Tragöden, ich danke dir, daß du mir den Giftbecher gebracht hast. Wie muß ich ihn trinken?" Als ich schwieg, fragte er gereizt:
,, Wissen Sie wieder Ihr Stichwort nicht? Man wird Sie kassiren, Herr, total kassiren!"
Dann beruhigte er sich, trat zu mir, streichelte mein Har und sagte:
,, Liebster Apollodor , ich genese nun für imner; opfere dem Aeskulap einen Hahn!"
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Dann legte er sich in einem Winkel nieder und sagte noch: ,, Begrabt mich ganz, Freunde, wie Ihr wollt; dieses ist doch das geringste Teil von mir, das hier bleibt; der eigentliche Sofrates geht ein zu den Wohnungen der ewigen Götter!" Und bald hörte ich die Laute eines Schnarchenden. Ein Frösteln überlief mich; ich wußte nun, daß ich nicht mehr träumte, daß ich es mit einem Wahnsinnigen zu tun hatte. Da tauchte Ali Behts Kopf neben mir auf: ,, Morning Sir!" sagte er gelassen ,,, how do you do here?- Is here a mad?"*)
sinniger hier? *) Guten morgen Herr. Wie geht's euch hier? Ist ein Wahn