haben; denn der leztere schritt gleich ihm entschlossen, wenn auch fast unvorsichtig, weiter. Es war eine tiefe Stille rings, nur das dumpfe, immer gleiche Rauschen und Plätschern eines Gieß bachs konte man hören, der drüben, aus dem Tannengeheg weiß hervorblizend und hier und da morsche Steinhöhlung durch­brechend, von steiler, felsiger Höhe herabfiel. Die Kälte hatte seinen blizschnellen Fall nicht aufhalten, ihn in keine starre Eis­fruste zusammenzwängen können; nur hier und da hing es in seltsam geformten, silbernen Backen um das Gestein herum. Dann erweiterte sich plözlich die Schlucht, aus der es feuchtkühl zu den beiden heraufwehte. Das Mondlicht spielte und webte seltsam über den in wilder Unordnung zur Seite umherliegenden, teils von dichtem Schnee, teils, wo sich dieser nicht hatte hinlegen können, von hohen Nadelschichten bedeckten Granit- und Sand­steinblöcken, auf die von den steilen Felswänden her schwarze Schlagschatten gespenstig herabfielen. Es war heute der Abend

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von St. Silvestertag, und der Volksmund erzälte sich allerlei Seltsames und Abenteuerliches, was sich in dieser Nacht draußen zutragen sollte, zutragen sollte, gerade zwischen diesen großen, unförmigen Steinen, die der Böse selbst hier hereingeworfen, und die manch­mal von selbst sich zu drehen beginnen, wärend sie häßliche, ge­färliche Unholdinnen im wilden, fliegenden Tanz umschweben und den nächtlichen Wanderer in ihren Reigen hineinziehen, in dä­monischer Luft mit ihm auf und niederwogen, bis er zum Tode ermattet hinsinkt und sie, ihn einsam sterben lassend, unter gel­lendem Hohngelächter auseinanderstieben und sich in der Luft verlieren, die beiden dachten kaum daran, nichts konte in ihre Sinne eindringen, nichts sie erfüllen, als nur immer der Gedanke, dessen Ausfürung sie bei jedem Schritte, den ihr Fuß tat, näher kamen.

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( Fortsezung folgt.)

" Yankee Doodle" in der Stadt.

( Mit Juustration Seite 187.)

Ober zu deutsch etwa:

Yankee Doodle came to town Upon a pretty pony, His coat tails stuck straight out beehind, His legs were long and bony.

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Yankee Doodle ritt zur Stadt Auf seinem kleinen Bferbe, Die Rockschwänz standen hinten ab, Sein Dünnbein streift die Erde.

Was ein Yankee" bedeutet, weiß wol ein jeder. Man bezeichnet damit die Bewohner der Neu- England - Staaten, soweit sie englischer Abkunft waren, später ist ,, Yankee" ein bestimter Typus, dessen ebenso puritanisch- frommen als rücksichtslos egoistischen Alüren Spott und Unwillen herausfordern. Vielleicht hat zu diesem Sündenfall des Be­griffs das alte volkstümliche Lied vom ,, Yankee Doodle" etwas bei­getragen. ,, Doodle" ist ein Faullenzer, Tunichtgut, Taugenichts- ,, yaukee doodle" also eigentlich ein amerikanischer Schlingel, der sein Leben laut der oben zitirten ersten Strophe des Gedichts damit be­gint, daß er von seiner väterlichen Farm in die Stadt reitet. Aber dieser amerikanische Schlingel ist aus einem andern Holze geschnizt als die Schlingel der alten Welt. Er ist Kolonist, Staat- und Städte­gründer, verdrängt die zivilisationsunfähigen Indianer und endlich, als John Bull ihn mit dem Segen von Monopolen, Stempelabgaben und Einfurzöllen allzu glücklich macht, greift er entschlossen zur Flinte und bringt es in wenigen Jaren dahin, daß der britische Löwe knurrend europawärts sich davonschleicht. Alles dieses und noch mehr schildern die wenn ich nicht irre- zweiundfünfzig Strophen des Liedes vom ,, Yankee Doodle" in der originellen Volksmelodie, die wol in der ganzen Welt befant ist. Es kann nicht ausbleiben, daß wir einen gewissen Respekt bekommen vor der Kulturarbeit dieses Schlingels und ihm gerne nachsehen, wenn er zur Abwechslung auch einmal eine mehr oder minder harmlose Unterhaltung sich aufsucht.

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Der Amerikaner ist sehr schaulustig und liebt die Musik, wenn er auch meist mit einer nach Geschmack und Vorfürung recht primitiven Musikleistung sich zufrieden gibt. Darauf spekulirt der dollarsüchtige ,, Saloon" Inhaber, wie sich die Schenkwirte hier stolz zu betiteln pflegen. Bu einer amerikanischen Kolonie gehören vor allem: eine Zeitung, ein Schul- und Bethaus und, zulezt der Reihe, aber nicht dem Range nach, der ,, Saloon" oder sagen wir dafür mit dem deutschen Kraftwort die ,, Kneipe." Aber Städte gibt es wie Sand am Meere; sind sie doch in Amerika eben so flüchtig wie das Sandkorn, werden ebenso schnell ge= gründet und wieder verlassen, ja komt es doch häufig genug vor, daß eine Niederlassung in einem Jare je nach dem Bedürfnisse eines Bahn­arbeiterwegs zum Beispiel, von Relais zu Relais verlegt wird und so nach und nach verschiedene Staaten durchwandert. Will der ameri­fanische Kneipwirt also seine Konkurrenten überflügeln und eine nach­haltige Anziehungskraft ausüben, wird er auf außerordentliche Zug­mittel sinnen müssen. Was liegt da näher, als das ewig Weibliche herbeizurufen und von den Brettern, die die Welt bedeuten, seinen Zauber intfalten zu lassen?

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Eine solche Szene aus einem ,, Saloon" des Westens führt unsere Illustration dem Lejer vor die Augen. Mr. Snith, der ,, Saloonkeeper" ( D. i. Kneipwirt) hat einen Teil des öden Hofraums, der an seine Bar"( d. i. Sanktisch) stößt, in einen Sal umgewandelt, natürlich nur einem Holzbau, dessen Dekoration lediglich in einem phantastischen Anstrich und einer Garnitur Gardinen und Vorhänge zweifelhaften Alters und Ursprungs besteht. Nichtsdestoweniger hat er angekündigt, daß er an diesem Abende sein grandios erleuchtetes man sieht die fünf Petroleumlampen in der Mitte des Bildes! nach maurischem Geschmack prachtvoll dekorirtes Olympic- Teater eröffnen und einem ver­ehrten Publikum von X- city zur Verfügung zu stellen die Ehre haben werde. Sämtliche Mitwirkende werden Kräfte ersten Ranges sein, die

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in allen Hauptstädten der Welt mit einem noch nie dagewesenen Erfolge debütirt haben. Da ist vor allem die in allen ihren Leistungen uner­reicht dastehende pariser Koryphäe, Mademoiselle Finette, welche mit ihren Chansonette- Vorträgen und Soloscherzen bereits das Publikum aller europäischen Residenzen zum höchsten Entusiasmus begeisterte und nur für wenige Monate sich hat gewinnen lassen, eine ,, Tournée"( Kunst­reise) durch die Vereinigten Staaten anzutreten. Nach ihren beispiel­losen Succes in den Metropolen des Ostens, wie namentlich in New­ York , Boston , Baltimore und Philadelphia werden die Bewohner von X- city gewiß one Ausname zu der Eröffnungsvorstellung eilen, zu dec die ,, tickets "( Entreebillets) zu dem unerhört billigen Preise von einem Dollar für den Logenplaz und 50 Cents für den Salraum zu haben sind 2c. Begnügen wir uns mit dem Pröbchen amerikanischen Reklame­styls und werfen wir einmal einen Blick auf die gewiß warm empfohlene Primadonna. ,, Mademoiselle Finette" ist die Tochter eines kleinen Bauern und Grünkramhändlers aus der Umgegend von Mez, dessen Obst- und Gemüseverkäufe sie in der Festung zu einer Zeit versah, als an eine Beendigung des napoleonschen Regimes dorten die kühnsten Propheten noch nicht zu denken wagten. Diese Geschäftsgänge wurden ihr Unglück, denn sie lernte bei dieser Gelegenheit den jungen Lieute­nant, Mr. de L...... kennen, der ihr anfangs nur als häufiger Abnemer kleiner Obstquantitäten entgegentrat, später aber ihr regel­mäßig morgens den ganzen Vorrat bis zum lezten Strund bar ab­kaufte und sie dann zu bestimmen wußte, den freien Tag mit ihm in einer sie sehr gut fleidenden eleganten städtischen Tracht in Nancy zu verbringen. Schließlich behagte ihr die Rückkehr in die ländliche Puppen­hülle und langweilige häusliche Umgebung nicht mehr, eines schönen Tages flatterte der damals noch schönere Schmetterling unter der be­wärten militärischen Eskorte nach dem Eldorado aller Leichtsinnigen, nach Paris . Die Dinge namen den üblichen Verlauf. Mr. de L..... wurde nach sehr kurzer Zeit zu den Chasseurs d' Afrique nach Algier fommandirt und auch sein Jugendfreund und Kamerad de P., dem er die Sorge für seine verzweifelt weinende Geliebte bei der Abreise über­trug, hielt nicht viel länger bei der armen Verlassenen aus. Finette fuchte sich in Seine- Babel auf anständige Art über Wasser zu erhalten, vergeblich die Wogen schlugen unerbittlich über ihr zusammen und nach einigen wenigen Jaren ist sie soweit, daß sie in Anbetracht eines ihr drohenden ernsthafteren Konflikts mit der pariser Polizei für gut befindet, ihr Domizil nach London zu verlegen. Wenn in Paris hundert­tausende und millionen von Franks in den Sphären der Halbwelt ver­geudet werden, so fällt in London die gleiche oder höhere Summe von Sovereigns, deren einer bekantlich volle 25 Franken gilt, dem gleichen Zweck zum Opfer. Was Wunder, daß Finette gleich so vielen in Lon­ don ihr Glück macht und jeden Nachmittag mit eigenem Geschirr und geschmackvoll gekleideten groom"( Jockey ) im Hydepark spazieren färt. Allein ,, das Glück auf einer Kugel steht." Sie ist noch nicht schlecht genug, um das Laster kaltblütig für sich ausbeuten zu können. Ein junger deutscher Kommis, Sohn eines reichen rheinischen Fabrikanten, begegnet ihr und entflamt ihr Herz durch seine Aehnlichkeit mit dem Geliebten ihrer Jugend in Meß. In Vertretung des väterlichen Ge­schäfts geht dieser nach New- York . Finette folgt ihm und betritt auf diese Weise die neue Welt, in welcher ihr die bittersten Enttäuschungen, der tiefste Fall vorbehalten blieben. Das gefärliche Klima wirft sie auf's Krankenlager und damit in die Hände einer jener scheußlichen Megären, welche die Schlechtigkeiten, die man ihnen selbst einst zuges fügt, der menschlichen Gesellschaft mit Zins und Zinseszins wieder heim­zahlen. Die Verzweiflung über ihre Existenz in einem der dunkelsten Häuser der an dunklen Punkten so reichen amerikanischen Metropole stachelt sie auf zu einer Entfaltung aller ihrer Fähigkeiten. Wir finden sie wieder als Sängerin in einem der zahllosen ,, Tingel- Tangel", welche der Bowery mit ihren Nachbarstraßendent amerikanischen, ham­burger Berg" die Signatur geben. Was ihr an Stimmitteln ab­geht, erf zt sie reichlich durch ihre Weltläufigkeit und den Schaz von Beobachtungen, die sie an der Bestie ,, Mensch" im Laufe ihres be

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