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nerals von Rüchel. 1798 fam ihm denn schon der Gedanke, seinen Abschied zu fordern, den er dann schließlich 1799 erhielt. Sein Vor­mund und seine Angehörigen waren natürlich ob dieses Schrittes un­gehalten, hielten ihn für zu alt zum Studiren und malten seine Zu­funft in den schwärzesten Farben. Die guten Leute hatten ebensowenig für ihre gährende Zeit ein Verständnis wie sie es begrei en konten, daß ein Junfer sich einer Gehirnanstrengung unterwerfen könne. Sie waren daher auch nicht imstande, den Abtrünnigen von allen Familientradi­tionen durch ihre Schicksalsmalereien von seinem Vorhaben abzubringen. Nicht aus Unzufriedenheit mit meiner Lage, nicht aus Mangel an Brot, nicht aus Spekulation auf Brot; sondern aus Neigung zu den Wissenschaften, aus dem eifrigsten Bestreben nach einer Bildung, welche, nach meiner Ueberzeugung, nicht in dem Militärstande zu erlangen iſt, verlasse ich denselben." So schrieb er dem einzigen Freund, dem er sich in dieser wichtigen Frage ganz vertrauen fonte, seinem Jugend­lehrer, der in seiner Vaterstadt als Geistlicher angestellt war. Glück­lich wollte er werden, sagt er in demselben Brife, dem wir auch den diesen Artikel einleitenden Bassus entnommen haben.

Interessant ist in demselben Schriftstück seine Beurteilung des Militarstandes. Er schreibt, nachdem er seinen Lehrer auf einen Brif verwiesen, der ursprünglich für den König bestimt war, um seine Ent­lassung zu erwirken: Durch diese Betrachtungen wurde mir der Sol datenstand, dem ich nie von Herzen zugetan gewesen bin, weil er etwas durchaus Ungleichartiges mit meinem ganzen Wesen in sich trägt, so verhaßt, daß es mir nach und nach lästig wurde, zu seinem Zwecke mit­wirken zu müssen. Die größten Wunder militärischer Disziplin, die der Gegenstand des Erstaunens aller Kenner waren, wurden der Gegen­stand meiner herzlichsten Verachtung; die Difiziere hielt ich für so viele Exerziermeister, die Soldaten für so viele Sklaven, und wenn das ganze Regiment seine Künste machte, schien es mir als ein lebendiges Monument der Tyrannei. Dazu kam noch, daß ich den üblen Ein­druck, den meine Lage auf meinen Karakter machte, lebhaft zu fülen anfing. Ich war oft gezwungen zu strafen, wo ich gern verziehen hätte, oder verzieh, wo ich hätte strafen sollen, und in beiden Fällen hielt ich mich selbst für strafbar. In solchen Augenblicken mußte na­türlich der Wunsch in mir entstehen, einen Stand zu verlassen, in welchem ich von zwei durchaus entgegengesezten Prinzipien unaufhörlich gemartert wurde, immer zweifelhaft war, ob ich als Mensch oder als Offizier handeln mußte; denn die Pflichten beider zu vereinen, halte ich bei dem jezigen Zustande der Armeen für unmöglich. Und doch hielt ich meine moralische Ausbildung für eine meiner heiligsten Pflichten, eben weil sie, wie ich eben gezeigt habe, mein Glück gründen sollte, und so knüpft sich an meine natürliche Abneigung gegen den Soldaten­stand noch die Pflicht, ihn zu verlassen."

( Fortsezung folgt.)

Aus allen Winkeln der Zeitliteratur.

Eine ganz neue Entdeckung hat nach Zeitungsberichten ein belgischer Lehrer, Herr Cailleux, gemacht, nämlich die, daß Homer - in Brüssel geboren sei. In dem dicken Buche, welches er zum Zweck des Beweises seiner scharfsinnigen Entdeckung geschrieben, fürt er auch den Nachweis, daß Troja in England gelegen habe und zwar ungefär an der Stelle, wo sich heute Cambridge befindet. Nach derselben Quelle hat Homer seine Ilias und Odyssee nur deshalb in griechischer Sprache übersezt, damit dieselben auch von den abendländischen Völkern gelesen werden konten, die damals allgemein griechisch gesprochen hätten. Da hätte sich Schliemann seine vielen Ausgrabungen und der berliner Magistrat sein Ehrenfest nebst Ehrenbürgerdiplom für ersteren ersparen können!

Frucht und Saat.

Targeboten von B. Geiser.

y.

Unter dieser Rubrik gedenke ich fortan hin und wieder den Lesern der ,, Neuen Welt" eine Reihe von Lesefrüchten, so wie sie mir dereinst und jezt bei der Lektüre als beachtens- und bewarenswert aufgefallen sind, one besondere Auswal und Ordnung, darzubieten. Es sind Früchte des Nachdenkens von allerlei Schriftstellern Früchte, welche an dieser Stelle die Aufgabe haben, als Gedankensaat zu dienen. Mögen die Leser eingedenk sein, daß alle Warheit bedingte Warheit ist, daß man keine Sentenz auf guten Glauben hinnemen und aufnemen darf in den Schaz seines Wissens und seiner Ueberzeugungen, sondern daß auch hier mehr

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als jede andere die Manung zu beherzigen ist: Prüfet alles und be­haltet das Beste.

Man versorgt fich heutzutage mit Gedanken wie mit Bären, mit Bbrasen wie mit Locken; je mehr die Civi isa'ion steigt, um so größer wird die Bal der Leute, die ihren Geist mit fertigen Jdeen möbliren, mit erlernten Phrasen. Die Origina ität imt ab, die Mittelmäßigkeit nimt zu. Charles Dollfuß.

Einen bemitleidenswerten Anblick bieten oft Künstler und Gelehrte, wenn sie mit den Jaren so berümt werden, daß auch die Großen sie auszeichnen. Wir kennen von ihnen einige, die, wenn sie zu hoi verlangt werden, stundenlang in findischer Aufregung zu br ngen können mit der Befestigung ihrer Orden und dem Brechen des Knotens ihrer weißen Halsbinde. Guzkow, Warnemungen in den ,, Unterhaltungen am häuslichen Herd".

Erziehen heißt: aufwecken vom Schlafe, mit Schnee reiben was erfroren ist, abkülen wo's brent. In gewisser Art lernen wir mehr von den Kindern, als die Kinder von uns Wer ein Auge hat, lernt hier den Me schen. Wenn die Sonne aufgeht, fann ſie der Blick umfassen. Wer kann in sie sehen, wenn's Hochgewitter ist. Hippel, Lebensläufe.

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Niemand spricht von uns in unsrer Gegenwart, wie er von uns in unsrer An­Pascal. wesenheit spricht. Ach, die Minister sollten die Geburtshelfer des allgemeinen Woles sein, aber leider drücken sie gleich manchen Hebammen den armen Neugebornen zuweilen den Kopf ein oder wenigstens platt. Minister Graf von Benzel- Sternau.

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Dem Manne ftet es an, zu tun soviel er fann: Was zutun mag das Glid, das liegt nicht an dem Mann. Wenn er das Glück besiegt, wird seinem Mut gehuldigt. Und wenn er unterliegt, so ist er wol entschuldigt. Rüdert, Weisheit des Brahmanen.

Bao Be sagt: ,, Die Natur des Mens ben gleicht fließendem Wasser. Wende es gegen Often, so rinnt es gegen Often, gib ihm die Richtung nach Westen, so fließt es gegen Westen. Die menschliche Natur unterscheidet Gut und Böse ebensowenig, wie das Wasser den Ost n vom Westen unterscheidet." Mencius antwort t: Wahr! das Wasser unterscheidet nicht zwischen Ost- und West, aber fent es nicht den Unterschied von Hoch und Tief? Die Menschennatur ist ursprünglich gut, wie das Wasser von Natur mebers wärts rint. Aber wenn du den Lauf des Wassers hemst, kanst du bewirken, daß es dir bis zur Stirn emporschwillt. Stelle ihm hindernisse in den Weg, so wird es zu seiner Quelle zurückfließen, ja, selbit über Berge tanit du es damit füren. Aber ist dies die Natur d's Waners? Nein, es ist Zwang. Uid so kann der Mensch tro semer Naturs anlage zum Bösen gebracht werden. Wenn wir etwas Böses begehn, ist es nicht, weil uns die Fähigkeit zum Guten abgeht. Alle Menschen haben das Gefül von Daf und Bietät, alle empfinden Sham und Scheu vor dem Laster. Alle hiben das Gefül von Ehrerbietung und Respekt, alle den Sinn für Lob und Tidel. Dankbarkeit und Bietät find Menschlichkeit, die Scheu vor dem Bösen ist Rechtlichkeit: Ehrerbietung und Re pekt sind die beste Act der Höflichkeit, das Gefül für Lob und Tabel ist Wisheit. Chinesische Weisheit.

Ratgeber für Gesundheitspflege.

Darmstadt . K. 2. Ihr Uebel ist sicherlich ein eingebildetes. Mut ist ivarscheinlich das einzige, was Ihnen felt.

Breslau . Tischler O. Die Blattfüße müssen Sie Sich schon gefa Ten lassen; in früherer Jugend hätte mit Gipsverbä den oder Schienenapparaten dagegen eingeschritten werden können. Gegen di Schmerzen können Sie Aufleaung von Senfteig oder Blasens bflaster anwenden. Den Senfteig bereiten Sie Sich, indem Sie Senfmehl mit derselben Gewichtsmenge warm- m Wasser od r Eifig zu einem Brei zusammenrühren, den Sie als­dann dick auf ein Stück Leinwand streichen.

Wien . Sch- t. Bei unbedeutenden Verbrennungen genügen falte Umschläge, die bis zum Aufhören des Schmerzes fortzus zen find. B deutende, aber nicht weit auss gedehnte Branowanden behandelt man am besten durch Auflegung einer Mischung von Leinöl und Kalkwasser, der man später Zintialbe folgen läßt. Bei Verbrennungen von sehr ausgedehnter Wundfläche sind lauwarme Bäder besonders zu empfehlen.

Redaktionskorrespondenz.

Hamburg . Frau St. Die Sitte, das Har zu pudern, ist nicht so jung, als Sie annemen. Schon auf der niederten Kuiturufe findet sie sich in verschiede ter Ers scheinungsform vor. Die Australier und viele Stämme ost nnd westafrikanischer Neger 3 B. fleben ihr Har mit Harz in Klämpchen zusammen und bestreuen es mit rotem Oder. Die Südinsulaner puderten sich mit pulverisirtem, gebrantem Kalt, der das Har allmälich hell beizt. Einzelne westafrikanische Negeritämme, insbesondere die Könige ber Goldfüste, benuzten zuerst Golbstaub als Buder, den sie zuweilen nicht allein in ihr dickes ölgetränktes Har, sondern auch über den ganzen mit Talg eingesalbten Körper streuten.

Kroffen. L. A. Der Paragraph der Gewerbeordnung Deutschlands , welcher allein auf Ihren Fall Anwendung finden könte, ist der§ 111, der da lautet: ,, Vor Ab­lauf der vertragsmäßigen Arbeitszeit und one vorherige Auffündigung können Geiellen und Gehülfen en lassen werden: 1) wenn fie eines Diebstals, einer Beruntreuung oder eines liederlichen Lebenswandels sich schuldig machen; 2) wenn sie den in Gemäßheit des Arbeitsvertrages ihnen obliegenden Berpflichtungen nachzukommen beharlich verweigern; 3) wenn fie, der Berwarnung ungeachtet, mit Feuer und Licht unvorsichtig umgehen; 4) wenn sie sich Tätlichkeiten oder grove Ehrverlesungen gegen den Arbeitgeber oder die Mitglieder seiner Familie zu schulden kommen lassen; 5) wenn sie mit den Mitgliedern der Familie des Arbeitgebers verbotenen Umgang pflegen, oder Mitarbeiter zu Hand lungen verleiten, welche wider die Geseze oder die guten Sitten verstoßen; 6) we in fie zur Fortsezung der Arbeit unfähig geworden oder mit einer ansteckenden Krankheit bes haftet sind. Juwiefern in den zu 6 gedachten Fällen dem Entlassenen ein Anspruch auf Entschädigung zustehe, ist nach dem Inhalt des Vertrages und nach den allgemeinen gesezlichen Vorschriften zu beurteilen.

Freiburg . U. G. Sie finden die betreffenden Schachpartien in dem bei Weber in Leipzig erschienenen ,, Katechismus der Schachipielkunst" von Bortius.

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Inhalt. Im Kampf wider alle. Roman von Ferd. Stiller.( Forts.) P. K. Rosegger, ein echter und rechter Volksdichter. Von Manfred Wittich.( Schluß.) Geschichtliche Gespenster. Streifereien im alten und neuen Athen . Von K. Kassau.( Schluß.) der Schmied. Eine Geschichte aus dem Elsaß von Dr. Max Vogler. Im Dorf ( Forts.) Yankee Doodle in der Stadt.( Mit Illustration.) Heinrich v. Kleist. Mit Porträt.)- Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: Eine ganz neue Entdeckung. von B. Geiser. Ratgeber für Gesundheitspflege. Redaktionsforrespondenz. -Feucht und Saat. Dargeboten

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Verantwortlicher Redakteur Bruno Geiser in Stuttgart. ( Neue Weinsteige 23.) Expedition: Ludwigstraße 26 in Stuttgart .

Druck und Verlag von Franz Goldhausen in Stuttgart .