und gefärlich verschrienen Küste der Hebriden denn doch ein anderes Gewässer ist als unsere gemütliche Ostsee . Das Schiff fann nur mit großer Vorsicht sich nahen und wirst schon in ziemlicher Entfernung Aufer. Ehe man es sich versieht, sind eine Anzal Rettungsboote beim Schiff, die von der Dampferkompagnie für die Passagiere bestellt sind. Ein par kräftige Matrosenfäuste packen zu und nach einem Augenblick zwischen Himmel und Meer, fizt man völlig sicher in dem starkgepanzerten, sehr soliden Rettungsboote. Wir hatten einen für Schottland phänomenal schönen Tag die Sonne schien; der Wind, der des Morgens etwas geweht hatte, war ganz eingeschlafen und jedermann glaubte, daß der angebliche Normalfall vorläge d. h. die in der Ankündigung gemachte Zusage,„ bei gutem Wetter" mit dem Boot in die Höhle einzufaren. Die Lootsen belehrten uns, daß so ruhige See beinahe nie vorkäme, um diese Fart ristiren zu können. So mußten wir denn mit dem Boote an dem der Höhle entgegengesezteu Ende der Insel landen und den Marsch durch deren ganze Ausdehnung erst vornemen. Der Anstieg und der Weg über das Plateau lassen an romantischer Wildheit nichts zu wünschen übrig. Zur Erhöhung des Genusses diente weniger die Feuchtigkeit der oberen Wiesenschicht-man versant häufig bis über die Knöchel- als eine stattliche Heerde von schottischem Rindvieh, welche meines Wissens die einzigen Bewohner der Insel Staffa aus der Fa milie der Säugetiere sind. Sie schienen von unserm Besuche feineswegs erbaut und bei einigen der durchaus nicht gutmütig dreinschauenden Stiere regten sich offenbar Gelüste, mit uns Ein dringlingen den Strauß aufzunemen. Wir marschirten indessen mit allen Kräften und waren denn auch nach 20 Minuten bei der großen und steilen Treppe angelangt, die zur Ostküste herabfürt. Man befindet sich unten am Eingange der Clam ShellHöhle, die indessen nicht zugänglich ist. Der Fürer treibt zur größten Eile und so stolpert man denn über eine Anzal von Felsblöcken der Fingals- Höhle zu, getragen von dem Bewußt sein, daß ein Fehltritt genügt, um sicher jede Wiederholung dieses Abenteuers unmöglich zu machen. Der Besuch der Höhle ist es aber wirklich wert, daß man eine gefärliche Kletterei ihretwegen unternimt. Der Eingang präsentirte sich wie ein riesiges Portal mit gigantisch hohen Säulen. Diese sind in Wirklichkeit nicht höher wie 30-40 Fuß, da die Decke der Höhle im Innern
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nirgends mehr wie 20 Meter über die Wasserfläche sich erhebt, und reichlich ein Drittel der Portalhöhe einzeln aufgetürmte Felsblöcke sind. Die Höhle selbst geht nun über 200 Fuß weit in das Innere, und kann nur auf einer in den Felsen befindlichen natürlichen Gallerie, an der man eiserne Geländer angebracht und die zum Teil auch mit Holzbrettern bekleidet ist, in das Innere hineingehen. Den Boden der Höhle füllt das Meer aus, die Brandung zischt empor und die feuchte Beschaffenheit der Gallerien verrät, daß bei stürmischer Witterung die Wogen über sie hinweggehen. Man hat ein Naturerzeugnis ersten Ranges vor sich, dessen voller Genuß aber sehr empfindlich dadurch beeinträchtigt wird, daß man im großen Haufen hineingetrieben wird und dann auf Kommando des Fürers wieder fort muß. Wer es irgend einrichten kann, sollte in der benachbarten Insel Jona sich einquartieren und von dort aus mit dem Segelboot den Besuch vornemen. Zum richtigen Eindrucke gehört auch eine feierliche Stille, wie sie außer dem Heulen des Windes und dem Brausen der Wogen auch stets auf Staffa vorhanden ist. Zwei salbungsvolle Reisegefärten konten sich aber nicht enthalten, in der Höhle einen Psalm anzustimmen und mit ihren nichts weniger als melodischen Stimmen die ganze Gesellschaft zu behelligen. Eine gute Orgel fönte dagegen großartig wirken in diesem natürlichen Dome. Dome. Grade der Umstand, daß alles, was man sieht, von der Natur selbst hervorgebracht ist, scheint mir unbedingt das Merkwürdigste dieser Höhle. Die einzelnen Säulen und Felsblöcke sehen aus wie von Bildhauers Hand gemeißelt und das Ensemble würde bei einem menschlichen Bauwerke sicherlich keinen gemeinen Geschmack bezeugen. Sehr karakteristische wirkt, daß die Felsblöcke nicht quadratische sondern mit einer einzigen Ausname fünf oder sechseckige Seitenflächen haben. Auf diese Weise wird das Ganze außerordentlich belebt, was vielleicht unsere Baumeisters in Ers wägung ziehen sollten. Die inneren Wände der Höhle bestehen nicht von oben bis unten aus einer soliden Masse, sondern aus Würfeln, die in ziemlich gleichen Distanzen auf einander gehäuft sind. Eine vortreffliche Beschreibung in Versen gibt Walter Scott . Da mein Brif aber schon sehr lang geworden ist, verzichte ich auf deren Wiedergabe, indem ich hoffe, mit Vorstehendem schon die Vorstellung geweckt zu haben, daß hier die Natur ein wunderbares und großartiges Stück geleistet hat.-
Die Religion der Vergangenheit und der Jukunft.")
Vorwort.
Von Dr. A. Israel.
Zwei Weltanschauungen stehen sich gegenwärtig kampfgegürtet gegenüber, der Monismus*) und der Supranaturalismus. Um geben von den stattlichen Gruppen, welche die Naturwissenschaften ihm liefern, tritt der erstere mit der ganzen Vollkraft, dem Feuer und Uebermut eines jugendlichen Kämpfers gegen den älteren Supranaturalismus auf, gewiß, ihn aus seiner Position, die er viele Jartausende inne hatte, zu verdrängen und seine Burgen, die Kirchen, zu zerstören. Dieser dagegen weist auf die mannig faltigen Woltaten hin, welche er der Menschheit gewärte und deren sie, nach seiner Behauptung, unter der Aegide des Monismus verlustig gehen müsse. Mit dem ersteren halten es gewönlich die Männer des tonsequenten Denkens, die alle Argumente, welche nicht die Prüfung strenger Logik bestehen, unerbittlich verwerfen; mit dem andern die, welche um die idealen Güter besorgt sind, die sie vom Monismus gefärdet glauben.
Es hat sich immer an neueren Jdeen bitter gerächt, wenn sie
*) Die philosophische Lehre von der Einheit und Natürlichkeit alles dessen, was da ist; wärend der Supranaturalismus der Glaube an die Existenz eines Úebernatürlichen ist, das seine Spize in dem christ
lichen Gott hat.
ihre kulturgeschichtlich bedeutsamen Gegner geringschäzig behandelt und, den Maßstab der Logik allein anlegend, mit den mannigfaltigen psychologischen Faktoren, denen jene entsprungen waren, nicht gerechnet haben. Nicht ganz mit Unrecht wurde ihnen von gegnerischer Seite der Vorwurf gemacht, daß sie zerstören, one wieder aufzubauen und die Fundamente der idealen Kultur erschüttern.
Auch der Monismus ist in vielen seiner Vertreter in diesen Fehler verfallen. Er übersah, daß die supranaturalistische Religion, speziell das Christentum, auf so manche Dissonanzen des Daseins versöhnend wirkte und insbesondere die sittliche Entwicklung durch kräftige Motive förderte.
Es sind zwar schon mancherlei Versuche gemacht worden, die Moral auf monistischer Grundlage aufzubauen. Soweit wir dieselben jedoch kennen, bestehen sie mehr in einer Aufstellung von moralischen Grundprinzipien, als in einer zureichenden logischen Zurückfürung derselben auf den Glückseligkeitstrieb. Bei der Moral handelt es sich aber vorzugsweise darum, daß Beweggründe geschaffen werden, welche als lebendige Macht den Willen zu regieren imstande sind.
Das Ungenügende solcher Begründungen fülend haben manche Vertreter des Monismus sich dahin resignirt, daß diese Lehre sich nur für die Gebildeten eigne; die Massen aber sollten vorerst dem Supranaturalismus nicht entzogen werden. Ein be
*) Wir bitten unsere Leser, dieser äußerst populär gehaltenen philosophischen Arbeit one Vorurteil, aber scharf prüfend zu folgen; sie bietet ungewönlich reichen Stoff zum Nachdenken, und zur Aufklärung. Soweit sie von unserm zur Genüge bekanten Standpunkte einer Beantwortung bedarf, wird sie dieselbe finden. D. Red. d.„ N. W."