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Krausharige Antilope.( Illustration Seite 148.) Ein sonder bares Vieh! wird mancher ausrufen und ungläubig den Kopf schütteln, daß dieses Individium zu derselben Familie gehören soll, dem auch die wegen ihren zierlichen und leichten Bewegungen sprüchwörtlich gewor dene Gazelle zugeteilt ist. Aber auch der tierkundige Brehm ist der Meinung, daß es gerade unter den Antilopen Tiere gibt, die der Laie keineswegs beim ersten Anblick als zu dieser Familie gehörend betrachten würde und könne, indem viele wegen ihrer Plumpheit und ihr schwerfälliges Aeußere viel eher Aenlichkeit mit den Rindern hätten. Namentlich sind es die Hufen, Hörner und der Schwanz, die an Gestalt am meisten variiren. Bei einigen ist der leztere kurz, bei andern verlängert wie beim Rind. Bald biegen sich die Hörner gleichmäßig, bald winden und drehen sie sich nach allen Seiten, bald sind sie grade, bald gewunden wie eine Schraube; bald sind sie rund, bald gekantet, und bei einer Sippe besteht das Gehörn sogar aus vier Stangen. Sie bewohnen Mittel- und Südeuropa , Nordamerika , ganz Afrika , Mittelund Südasien. Die meisten bewohnen die großen Steppen warmer Länder, aber die gleichfalls ein Glied dieser Gesellschaft bildende Gemse verschmät bekantlich auch die Gletscher der Alpenwelt nicht. So verschieden sie sonst sind, so verschieden ist auch ihr Geschmack und jede Art hat ihr Lieblingsfutter. Daher ist auch ihr Aufenthalt verschieden: in den Tälern sowol wie auf den höchsten Gebirgen, in den Sümpfen wie im Buschwerk und gelichtetem Walde ist ihr Aufenthalt. Die größeren Arten leben in Rudeln und sind oft in sehr zalreicher Auzal beisammen, die kleineren leben parweis oder doch nur in kleineren Gesellschaften. Mit ganz wenigen Ausnamen sind sie alle behend und leicht beweglich. Sie befizen scharfe Sinne und sind, da ihr Fleisch schmackhaft, ihr Gehörn brauchbar und ihr Fell gleichfalls gut zu verwenden, für den Menschen nüzliche Geschöpfe. Da die Zal ihrer Glieder so groß ist, so ist es auch schwer, sie natürlich zu gruppiren und man teilt sie deswegen nach ihrer Aenlichkeit ein, die sie mit Hirschen, Ziegen, Stieren 2c. haben, oder nimt auch die Hörner als Maßstab zur Klassifikation. Das sehr seltene Tier, welches unsere Abbildung bringt, lebt in Japan , ist dort unter dem Namen ,, Nik" bekant, und wird auch, aber höchst selten in sehr hohen Gebirgen angetroffen. Von der Seite gesehen, ist es Einzelheiten abgerechnet, unserer Gemse änlicher als man glauben sollte, wärend es von vorn wegen der dichten Mähne von dieser Aenlichkeit allerdings keine Spur zeigt. Es befand sich bis 1876 im fölner zoologischen Garten, ist etwa von der Mittelgröße unserer Hausziege, das grobe zottige Har ist am ganzen Rumpf hellschiefer- und eisengrau gefärbt. Die plumpen und starken Beine, wie Schwanz, Rücken und Nacken sind schwarz, die Hare über den Augen nach der Stirn, an den Wangen und an der Kehle sind schmuzig- weißgrau. Das Innere der Ohren ist lang und dicht behart. Die Iris in den knapp mittelgroßen Augen ist dunkelbraun; die kurzen, nach hinten gebogenen Hörnchen sind fast ganz im Har versteckt. Das Tier wird, weil es meist nur in Japan vorkomt, auch, japanische Gemse" genant. Ueber seine Lebensweise in der Wildnis, über seine Fortpflanzung u. s. w. ist man nicht unterrichtet. Unser Exemplar ging im Frühjar 1876 zugrunde gelegentlich einer Ueberschwemmung, von der der hintere Teil des zoologischen Gartens zu Köln heimgesucht wurde. nrt.
Germanischer Zweikampf. Unser Bild auf Seite 149 ist einmal für uns von Interesse, weil es uns unsere kräftigen Altvorderen in ihrem originellen kriegerischen Kostüm vorfürt und uns andererseits eine Szene schildert, die aus dem Leben der alten Germanen unmittelbar hervorgegangen ist. Mut und Tapferkeit war, wie männiglich befant, bei den alten Deutschen erste Pflicht und erste Tugend, Mannhaftigkeit und Kampfeslust stand im höchsten Ansehen. Waffen schenkte als das höchste Gut die Jungfrau dem Jüngling bei ihrer Vermälung und dieser wußte sie dann auch bei den verschiedensten Gelegenheiten zu füren und daß auch die germanischen Frauen Kampfeslust und Kampfesmut besaßen, ist an anderer Stelle in diesem Blatte auseinandergesezt worden. Kampf gab es bei unseren Vorfaren daher auch bei den verschiedensten Gelegenheiten: im Heerbann und im Volfskrieg, bei den Raubzügen zu Lande und zu Wasser, im Fehdegang wegen Blutrache und im gerichtlichen und außergerichtlichen Zweikampf. Lezterer mag wol manchmal entstanden sein, wenn der Metbecher etwas zu fleißig die Runde gemacht und die mutigen Zecher angeheitert und angeregt über dies und das in Streit gerieten, der dann im blutigen Kampfe entschieden ward. Vielfach war auch bei den Germanen der Zweikampf für die Edlen eine Art Gottesurteil, dem sie sich in irgend welchen Streitfalle auf Grund richterlicher Entscheidung zu unterwerfen hatten. Daß die Leibeignen in solchen Fällen nicht so leicht
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| wegkamen, ist eine alte Geschichte, denn die Feuer- und Wasserprobe hatte doch ihre noch unangenemeren Seiten. Was nun auch für die sfreitenden Parteien auf unserem Bilde die Veranlassung gewesen sein mag, genug, der Kampf fand statt und daß er ein recht grimmiger war, zeigen die zerfezten Schilde, die da an den Seiten herumliegen. Als Kampfplaz wälte man immer gern eine vom Meer, Strom oder von einem Flusse umschlossene Insel, im Norden Holm genant- daher auch für Zweikampf der Name Holmgang" und auf einer solchen öden und sandigen Fläche war man so recht sicher, daß nicht dieser oder jener Anverwanter mit Macht dem Streite wehrte und so den Lauf der ,, Gerechtigkeit", denn um diese handelte es sich auch damals, hinderte. Gekämpft wurde oft bis einer der Streitenden tot am Boden lag, doch soll dies nicht immer der Fall gewesen und der Streit auch oft beigelegt worden sein, wenn einer der beiden Kämpfenden verwundet, und dieser sich für besiegt erklärte, oder wenn einer der Kampfrichter sich dahin entschieden hatte. Einen solchen Plaz hat nun auch der Künstler Johannes Gehrts , dem unser Bild seine Entstehung verdankt, gewält. Hinten die See, darüber flattern die Möven und die dürren Gräser wie die frostige Dede bürgen schon dafür, daß wir uns in feinem Paradies befinden. Jeder Kämpfer ist von zwei Zeugen begleitet, die die Kampffläche abgesteckt haben; der Kampfplaz selbst ist von Schnuren umzogen und mit einem Tuche bedeckt. Jeder Tritt über dies genau abgegrenzte Terrain hinaus seitens eines der beiden Kämpfenden bedeutet Unterliegen. Doch man hat sich wol gehütet, um eine solche ,, schimpfliche Niederlage" zu erleben und hat drein geschlagen, daß buchstäblich die Stücke davon flogen. Schon haben die Zeugen neue Schilde herbeibringen müssen, besonders hat der jezt Besiegte das seines Widerparts in Fezen zerhauen, ein wuchtiger Schlag seines Gegners, der Schild zersplittert und hindurch dringt das mächtige Schwert und schmettert den Kräftigen zu Boden. Der Streit ist ,, gefühnt," die ,, Ehre" gerettet und sehnsüchtig blickt der Sterbende empor zu Walhalls Hallen, wo ihm für den Heldentod der schönste Lohn, die schönste Freude winkt. ff.
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Aus allen inkeln der Zeitliteratur. Gehörschwäche als Ursache vermeintlicher Unaufmerksamkeit der Schulkinder. Ein stuttgarter Ohrenarzt schreibt in Reklams „ Gesundheit:" Im Laufe der lezten Beit hatte ich Gelegenheit, 4500 Kinder im Alter von 7-14 Jaren auf ihr Gehör zu untersuchen, darunter Knaben und Mädchen aller Stände. Die Ergebnisse der Untersuchung sind, soweit sie sich heut schon übersehen lassen, folgende:
1) Das normale Ohr hört auf 20-25 Meter Entfernung Flüstersprache mittlerer Intensität bei genügender Ruhe in der Umgebung. 2) Die Gehörstörungen sind ungemein verbreitet: in der Volfsschulen hören bis zu 30% der Kinder auf einem oder beiden Ohren mangelhaft; nicht normal hörte ein noch größerer Prozentsaz.
3) Die Kinder aus wolhabenden Familien bieten bessere Verhältnisse als die Kinder aus armen Familien; so fand ich z. B. im Katarinenstift blos etwa 10% mangelhaft hörende Schülerinnen.
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4) Der Prozentsaz der Gehörstörungen steigt mit dem Alter. 5) Die Landschulen wie ich das nach den 400 heßlacher Kindern schließen darf bieten verhältnismäßig gute Verhältnisse. Was die einzelnen Befunde bei Besichtigung der Ohren anbelangt, so finden sich z. B.:
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Durchlöcherung des Trommelfells mit Eiterung bei 20% der Kinder; Ohrenschmalzpfröpfe oder Beginn von solchen( es werden nur solche Fälle notirt, wo schon ein ziemlich großes Segment des Trommelfells durch die Ansamlung verdickt war) bei etwa 13% Hintere Falte bei beinahe 5%.
Die meisten von den Erkrankten waren nie in Behandlung gewesen; viele hatten gar keine Ahnung von ihrem Leiden; nicht wenige waren für unaufmerksam gehalten und warscheinlich darnach behandelt worden. Das leztere ist ein Beweis für die Richtigkeit eines von mir schon früher aufgestellten Sazes: jedes unaufmerksame Kind sollte auf sein Gehör untersucht werden. Viele unaufmerksame Kinder sind eben nur scheinbar unaufmerksam, in der Tat aber schlecht hörend.
Das Erträgnis der Perlenfischerei in der Torres- Straße zwischen der Nordküste Australiens und Neu- Guineas betrug im vergangenen Jare 4492 Tonne Perlmuscheln, die einen Wert 1 200000-1400 000 Mark repräsentiren. Der Preis einer Tonne schwankt zwischen 2400 und 5600 Mark. Die Taucher, welche neben einigen Eingebornen meist Kanatas, Maoris und Malaien sind, sollen bei dieser allendings wol nicht besonders leichten Beschäftigung järlich 4000-6800 Mark verdienen.
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Juhalt. Im Kampf wider alle. Roman von Ferd. Stiller.( Forts.) Oban und die Fingalshöle. Fünfter Reisebrief von L. Viereck. Die Religion der Vergangenheit und der Zukunft. Von Dr. A. Jsrael. Im Dorf der Schmied. Eine Geschichte aus dem Elsaß von Dr. Max Vogler.( Forts.) Landbrifträgers Weihnacht. Heinrich von Kleist .( Forts.) Krausharige Antilope. Illustration.) Germanischer Zweikampf.( Mit Jllustration.)- Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: Gehörschwäche als Ursache vermeint licher Unaufmerksamkeit der Schulkinder. Das Erträgnis der Perlenfischerei in der Torresstraße.
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Verantwortlicher Redakteur Bruno Geiser in Stuttgart .( Neue Weinsteige 23.) Expedition: Ludwigstraße 26 in Stuttgart . Druck und Verlag von Franz Goldhausen in Stuttgart .
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