wurden. Frauen traten vielfach als Gönnerinnen und Förde rinnen literarischen Strebens auf; so die Schwester des Richard Löwenherz , der selbst in provenzalischer und nordfranzösischer Sprache dichtete. Ihren Gatten, Herzog Heinrich den Löwen, bestimte sie, das französische Rolandslied nach Deutschland kommen zu lassen, welches vom Pfaffen Konrad in's Lateinische und dann in's Deutsche übertragen ward.

Und wie sah denn die deutsche Frau im Mittelalter aus? Zeichnen wir sie einem mittelalterlichen Sänger, Dietrich von Glaz, nach: Gelbes Haar, stolz ihre Wänglein, rosenfarb und Lilienweiß darunter, daß ihre Augen sind so klar, so recht wie die beim Adelar; Ihr wolbeschaffenes Nasenbein war nicht zu groß und nicht zu klein, ihr Mund darunter rosenrot: wie selig der, dem Kuß er bot, rund und weiß das Kinn und licht durchsichtig die Kehle, so daß man den Rotwein durchfließen sah, wenn die Fraue trant. ihre Zähne wie von Elfenbein, und golden schier ihr züngelein, ihre Achseln sehr säuberlich( a sauber's Deandl" noch heute lebendig!), ihre Hände, ihre Arme ritterlich standen ihr zu Wunsche wol; ihr Herz, das war tugendvoll, ihre Beine, ihre Füße hoferlich, ihre Schuhe standen ritterlich, ihre Güte war so süße, und wären ihre Füße gekommen in des Meeres Flut, die wäre davon worden gut! Tragen wir von anderwärts her noch nach: die Augenfarbe braun oder in verschiedenen Farben spielend wie beim Falken, auch blau war beliebt, groß soll der Zwischenraum zwischen den Augen sein, weiß, voll und fest der Hals, die Statur mäßig groß, schlank und doch voll, in der Mitte wie eine Ameise" rank und schmal, voll und zart die Hüfte, grade und rund wie eine Kerze die Beine, die Füße schmal, klein und gewölbt, daß sich ein Vöglein drunter verbergen kann," eine Forderung, die sich schon im Schönheitskanon der alten Griechen findet.

Daß übrigens der Natur schon sehr frühe durch Schminke nachgeholfen wurde, beweist die Stelle des Nibelungenliedes, wo es heißt:

,, Gefälschet Frauen Farbe gar wenig man da fand."

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Frei wallte das über die Stirn gescheitelte Har herab, am liebsten geschmückt mit Blumenkränzen oder einem einfachen Reif von Edelmetall. Bei den Verheirateten kam zu dem Kranze, auch Schagel( chapeau= Hut) oder Blumenhut genant, ein Schleier hinzu, der darunter getragen wurde; oder das Gebände, ein haubenartiger Kopfpuz, mit einem Kinn und Mund verhüllenden Tuch. Nahm die Dame dies Gebände von Mund und Kinn ab, so zeigte sie damit an, daß sie den Mund brauchen wolle, und

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aufgelegt sei zu minniglichen Scherzen. Unvermeidlich war die am Gürtel lang hängende lederne oder gestickte Tasche. Wir verzichten auch hier darauf, unsern Leserinnen einen mittelhoch­deutschen Kleiderschrank vorzufüren mit all seinen Schäzen au Sammet und Seiden und pelzgeschmückten Gewändern.

Wie es noch heute sein soll, liebten die Damen des Mittel­alters eben auch, einen großen Kleidervorrat zu haben. Ulrich von Lichtenstein singt:

Der Frauen Sinn ist so gestalt,

Sie seien jung oder alt

Sie haben gern Gewande viel.

Dazu bemerkt er, diejenige, welche diese Kleider nicht trägt, will wenigstens sagen können, daß sie es wol imstande wäre, wenn sie nur wollte.

Auch die Schleppe ist ein Bestandteil der mittelalterlichen Damengarderobe, sie war sauber gefältelt, gestickt und wurde gepudert, namentlich gern beim Tanze getragen und hieß Franz. Wie heute wurden auch Klagen laut über diesen Bestandteil der weiblichen Kleidung. 1180 sagt Gaufredus Vosiensis: Die Frauen schreiten mit ihren langen Kleidern umher wie die Schlangen" und Etienne de Bourbon fanzelt folgendermaßen: Die Damen ziehen ihre Schleppen länger als eine Elle hinter sich her und sündigen damit ganz wunderbar, weil sie das schwere Geld dafür den Armen, folglich Christus stehlen, Flöhe sammeln, die Andäch­tigen in der Kirche stören, Staub aufwirbeln, die Kirche ver­düstern, die Altäre gleichsam beräuchern, die heiligen Stellen be­stäuben und entweihen und auf den Schleppen den Teufel faren."

Ein anderes Prunkstück an Staatsgewändern waren die langen Parade- Aermel, die bis zum Handgelenk auch anlagen, dann aber sich erweiterten, so daß sie fast bis zur Erde herabreichten. Selbstverständlich war auch das Reinhalten des Körpers strenge Vorschrift für die Frauen. Gegen das fleißige Baden, welches im ganzen Mittelalter hochgehalten wurde, bildet einen sonderbaren Gegensaz die Gesellschaft der Frommen, welchen diese Zier des Körpers allzu weltlich dünkte und die sich Schmuz und sogar Ungeziefer zum Verdienst anrechneten! Von der bekannten thüringischen Landgräfin, der heiligen Elisabeth, wird erzält, daß sie sich einst auf vieles Zureden zu einem Bade entschloß, diesen Frevel aber im lezten Augenblick noch berente und nur einmal mit einem Fuße im Badewasser herumplätscherte. Wer auf Heiligkeit keinen Anspruch machte, badete äußerst fleißig; Arme erhielten wöchentlich ein oder mehrere Freibäder in den Städten. ( Schluß solgt.)

Die Religion der Vergangenheit und der Zukunft.

Von Dr. A. Israel.

Auch der denkende Mensch ist eine Erscheinungsform der Sub­stanz; das individuelle Denken und alle psychologischen Phänomene sind Modi der Substanz. Kein Vorgang im Universum one das Wirken entsprechender, der Substanz innewohnender Kräfte oder Ursachen. Das Gesez der Causalität ist allgemein.

Der menschliche Wille ist nicht frei; sondern auch er steht, wie jede andere Naturerscheinung, unter dem Gesez der Causa lität. Der menschliche Wille, oder das Entschließen, ist in der psychologischen Disposition des Moments der Entschließung be­dingt.

Was den Menschen zur sittlichen Erhebung und Vollkommen­heit fähig macht, ist die Erkentnis( Warheit). Denn neben den Affekten ist die Erkentnis der psychologische Faktor, welcher das menschliche Wollen regiert. Je mehr nun der Mensch die War­heit erkent, desto weniger steht er unter der Herschaft der Affekte, desto mehr wird er nach den Grundsäzen der Sittlichkeit leben, weil er erkent, daß nur dadurch das lezte Ziel seines Strebens, die Glückseligkeit, erreicht werden kann.

Diese wenigen Säze bilden nur den Grundriß des herlichen Tempels des Spinozismus, dessen festes Gefüge die massiven Quadern des sirengsten logischen Denkens bilden, in dessen Räumen die Friedensluft reinster Seligkeit weht, auf dessen glän­zenden Zinnen das beglückende Banner der Humanität aufge­pflanzt ist.

Spinoza stand mit seiner Offenbarung so ziemlich allein;

( 2. Fortsezung.)

aber seine Schriften übten eine große Anziehungskraft auf alle Denker aus, und wenn sie auch nur von sehr wenigen vollständig begriffen wurden, so war doch mit ihrer Ausbreitung die Morgen­röte der naturalistischen Weltanschauung in der civilisirten Mensch­heit angebrochen und immer heller wurde es am Himmel der Kultur. Die spinozistischen Ideen sicherten in alle Gebiete des Wissens und in viele des Lebens, und von späteren Philosophen wurden manche seiner Ideen feiner ausgeschliffen oder neu gefaßt und ihren Systemen einverleibt.

Mit Spinoza trennen sich die Pfade der Philosophie und der Teologie, welche im Mittelalter treue Gefärten waren; denn wenn sie auch hier und da eine Fehde mit einander hatten, mitunter sogar derbe Püffe wechselten, so hatten sie sich doch bald wieder ausgesöhnt. Nun aber hieß es: Geh du rechtwärts, laß mich linkwärts gehn.

Ganz bedeutende Hülfstruppen fand die spinozistische Welt­anschauung in den Naturwissenschaften, welche, nachdem die Wiſſen­schaft das Joch aristotelischer Autorität abgeworfen hatte und der von Baco vorgezeichneten Induktionsmetode sich zu bedienen be­gann, einen ungeahnten, mächtigen Aufschwung nam. Mit jedem neuen Gesez, das die Naturwissenschaft entdeckte, erweiterte sich die Bresche, welche das Zeitalter in die supranaturale Weltan schauung gebrochen hatte; jeder Triumph, den jene feierte, war eine Niederlage für diese. Denn sobald die Phänomene der Er­scheinungswelt sich als naturgesezmäßige Notwendigkeiten dar­