Illustrirtes Unterhaltungsblatt für das Volt.
№ 18.
1882.
Erscheint wöchentlich.
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Preis vierteljärlich 1 Mark 50 Pfennig.
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Im Kampf wider alle.
Roman von Ferdinand Stiller.
Bei dem General von Bommer war an diesem Abende eine sehr kleine, aber äußerlich recht sonderbar zusammengesezte Gesellschaft beieinander.
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bei dem
Ein Mann des Krieges und zwei des Friedens General der katolische Domherr von Lysen und der protestantische Konsistorialrat Kölle.
Und wie die Herren durch ihren Beruf und ihr Religionsbekentnis von einander anscheinend streng geschieden waren, so waren sie es anscheinend auch durch ihr politisches Glaubensbekentnis.
Der General hatte sich öffentlich mit vielem Stolz und Geräusch unter die Kulturkämpfer gemischt und nante sich freikonser vativ; der Domherr von Lysen war, wenn auch nicht vor der Welt, so doch in der Tat einer der streitbarsten Kämpfer für die aller irdischen Gerechtigkeit vorangehenden Rechte der ultramontanen Kirche; der Konsistorialrat Kölle bekante sich dagegen zu ber altkonservativen Partei und verehrte in der Kreuzzeitung das einzige von echt christlichem Geiste durchdrungene und getragene Preßorgan.
Troz aller dieser anscheinend unvereinbaren Gegensäze waren die drei Herren, wenn sie sich im stillen Kämmerlein bei einem Glaje echten Rebensaftes vereint fanden, ein Herz und eine Seele. Und das wäre für jeden, der die Ehre und das Vergnügen gehabt hätte, sie genau zu kennen, sehr erklärlich gewesen.
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Der General zuvörderſt huldigte der Ansicht, daß politische ind religiöse Ueberzeugungen zwar sehr nüzliche und notwendige, ja unerläßliche Dinge ſeien, so nüzlich, so notwendig, so unerläßlich, wie der Waffenrock, die Montur des Monarchen für den Soldaten. Aber im Soldaten steckt doch der Mensch und dieser war, selbst für solch einen alten Haudegen, wie der Ge
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( 17. Fortsezung.)
Zu diesen Gründen kam bei dem General noch das Gefül, daß Kirche und Staat mit ihren Vertretern und Anhängern eigentlich zusammengehörten und sich nicht bis zur entschiedenen Feind seligkeit oder etwa gar bis zur Unversöhnlichkeit befehden dürften. Natürliche Bundesgenossen zu Schuz und Truz wären und blieben sie troz allem Hader um politische und religiöse Detailfragen wie um die allerdings wichtigere Frage des Vorrangs und der Hegemonie.
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Was der General fülte das wußten die beiden Gottesmänner genau. Sie wußten das, und wußten, daß der aus den
politischen Gemeinschaften des Mittelalters hervorgegangene Staat, wußten nicht weniger gut, daß die beiden christlichen Hauptreligionsgemeinschaften sich selbst am schlimsten schädigen würden, wenn sie heute noch wie zur Zeit der Reformation gegeneinander Krieg fürten und wüteten.
die Kirche und die Kirche den Staat nicht entbehren kann. Und sie
Daß eine die materielle Welt umspannende, durchdringende und beherschende immaterielle, übersinliche Welt bestehe, die mit jener von einem über alles Sinliche und Außersinliche schrankenlos von Ewigkeit zu Ewigkeit gebietenden Weltgeist vom Größten bis zum Kleinsten regiert wird, war den beiden hervorragenden Vertretern der christlichen Konfessionen der erste der Glaubensartikel, welchen um jeden Preis wach zu erhalten im Herzen des Volkes die
höchste Aufgabe aller christlichen Priesterschaft sei. Und zu diesem
einen Glaubensartikel gesellte sich noch der andere an Wert und Wichtigkeit ihm um nichts nachstehende hinzu, daß Vermittler zwischen der sinlichen und übersinlichen Welt, zwischen Gott und den Menschen unerläßlich nötig seien, wenn die Menschheit nicht zeitlich und ewiglich verderben solle, und daß zu diesem erhabensten
auch one Waffenrod zu denken nämlich wenn er sich nicht Priester. Zuhause beim Weine und beim Male liebte es der
im Dienste befände.
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niemand anders berufen und befähigt sei, als die
Es liegt auf der Hand, daß diese Quintessenz religiösen Glaubens sowol von den Dienern der katolischen als von denen
General, in einem dünnen Alpaccajaquetchen dazuſizen. Dichtere der evangelischen Kirche vertreten und verbreitet werden muß, Kleidung wurde ihm schon nach dem ersten Gange und der
tischen und religiösen Ansichten nicht minder lästig; wenn er solche besessen hätte, so wäre er oft in Diskussion und Streit darüber gekommen, und da er weder ein Mann der Feder noch des Wortes war, so vermied er allen Streit gern da und mit solchen Leuten,
und es ist nicht minder offenbar, daß neben diesen Angeln des
Kirchenglaubens alle Stonfessionsstreitigkeiten und bogmatiſchen
Sinn und Wortklaubereien Nebendinge sind und für erleuchtete Streiter der Kirche als unwesentlich zurücktreten müssen.
Das war der geistige Boden, auf dem sich der Domherr und der Konsistorialrat längst begegnet waren. Und da das Haus
welchen er nicht im Notfalle durch ein derbes Machtwort seine des Generals von Pommer ein Sammelplaz der vornehmen Welt
Meinung einfach als die einzig richtige oftroyiren konte.
und infolge der ungemein ostensiblen Frömmigkeit der Generalin