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Nr. 102. 15. Jahrgang. 1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt.

Reichstag .

81. Gigung. Montag, 2. Mai 1898. 1 hr. Am Tische des Bundesraths: Graf b. Posadowsky , Nieberding.

Ferner liegt ein Antrag Bedh( frf. Bp.) vor zu§ 49 a der Zivilprozeß- Ordnung, der von der Parteifähigkeit handelt und vor schreibt, daß ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, verklagt werden tann. Er verlangt, daß einfach gesagt werde:

"

Parteifähig ist auch ein nicht rechtsfähiger Verein." Abg. Beckh( frf. Bp.) begründet seinen Antrag. Den Vereinen Die auf der internationalen Sanitätstonferenz werde damit das volle Prozeßrecht verliehen, nicht blos die passive zu Paris am 3. April 1894 und zu Venedig am 19. März d. J. Rechtsfähigkeit, welche die Vorlage ihnen zugestehen wolle. getroffene lebereinkunft wird debattelos in erster und zweiter Lesung Staatssekretär Nieberding erklärt sich gegen diesen Antrag. genehmigt. Der Antrag Bech wird hierauf abgelehnt und§ 49 a unver ändert angenommen.

Die Novelle zum Gesez über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden, wird in dritter Lesung an­genommen.

Ebenso der von dem Abg. Dr. Bachem eingebrachte Gesetz entwurf betr. Abänderung des Bolltarifs für Rohseide. Die Novelle zur Kontursordnung wird darauf auf Antrag des Abg. Dr. Rintelen( 3.) wie in zweiter Lesung en bloc auch in dritter Lesung angenommen.

Es folgen Berichte ber Wahrung ommiffione ferbe beantragt die Wahl des Reichmuth( Rp.) ersten Wahlkreis von Sachsen- Weimar für ungiltig zu ertlären. Das Haus beschließt demgemäß.

Ebenso wird die Wahl des Abg. März( natl.) für ungiftig erklärt, nachdem Abg. Bassermann erklärt hat, daß seine Partei mit Rücksicht auf die Geschäftslage des Hauses und die eingehende Diskussion über die Materie im badischen Landtag auf eine nochmalige Diskussion verzichte.

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Die Wahl des Abg. Schulz Berlin( frs. Bp.) wird für giltig crflärt. Es folgt die zweite Berathung der Novelle zum Gerichts verfassungs- Gesez, der Strafprozeß- Ordnung und der Bivil prozeß Ordnung.

Abg. v. Dziembowski- Pomian( Bole) beantragt im§ 13, der nach den Beschlüssen der Kommission unverändert bleiben soll, als neuen Absatz aufzunehmen:

,, Vor die ordentlichen Gerichte gehören alle Streitigkeiten über Ansprüche gegen die Hinterlegungsstellen."

Geheimrath Vierhaus bittet, diese Aenderung abzulehnen. Ferner beantragt Abg. Stadthagen( S03): Wegen der bes sonderen Eigenschaft einer der Parteien darf die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten weder ausgeschlossen noch an besondere Bedingungen geknüpft werden. Für den Fall der Ablehnung dieses Antrages soll§ 13 folgenden Busaz erhalten:" Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten über Nechte aus einem Arbeits: vertrage einschließlich des Gesindevertrages darf durch Landesgesetze weder ausgeschlossen noch an besondere Bedingungen geknüpft werden.

Abg. Stadthagen ( Soz.): Es ist verwunderlich, daß noch immer nicht der Grundsatz festgelegt ist, daß es der Landesgesetzgebung nicht überlassen bleiben darf, gewisse Rechtsstreitigkeiten den bürgerlichen Gerichtshöfen zu entziehen und sie an andere Behörden( Polizei 2c.) zu überweisen. Das ist lediglich durch die Reichsgefezgebung zuläffig. Bei dem heutigen Stande unserer Kultur scheint es ungeheuerlich, daß irgend eine Landesgesetzgebung daher kommt, um Rechts- An­sprüche der Bürger an irgend welche andere Stelle zu überweisen. Es muß also in das Gesetz nothwendigerweise eine Aenderung eingefügt werden, dahin gehend gehend, daß für Streitigkeiten über Rechtsverhältnisse, die dem Gebiete des Bürgerlichen Gesetz buches angehören und für die nicht Vorschriften der Landesgesetz­gebung vorbehalten sind, die Zulässigkeit des Rechtsweges nicht durch die Landesgesetzgebung ausgeschlossen werden darf. Wenn der preußische Landtag über den Rechtsweg zu ent scheiden hat, so werden ganz zweifellos die Rechtsansprüche der Arbeiter und des Gesindes an die Polizeibehörden, statt an die ordentlichen Gerichte, verwiesen werden. Also wenn Sie schon dem von nationalliberaler Seite früher gestellten Antrag, den Rechts­veg überhaupt in das Gesetz einzufügen, nicht an nehmen wollen, fo bitte ich Sie jedenfalls, um der Willfür reaktionärer Einzelgesetzgebungen vorzubeugen, meinem von mir soeben eingebrachten Anfrage zuzustimmen. Staatssekretär Nieberding: Wenn Sie die vorliegende Gesetz novelle überhaupt noch in dieser Session zu Ende bringen wollen, fo wird es sich empfehlen, von sämmtlichen Anträgen, die noch nicht in der Kommissionsberathung erörtert sind, abzusehen. Den Stand­punkt der Regierungen zu dem vorliegenden Antrage darzulegen bin ich noch nicht in der Lage. Jedenfalls bestreite ich, daß die Be­fürchtung berechtigt ist, die preußische Landesregierung werde be­fonders reaktionäre Bestimmungen treffen.

Dienflag, 3. Mai 1898.

neu. Daß Dr. Arons eine verbrecherische Handlung begangen oder ge plant hätte, ist mir nicht bekannt geworden. Wenn ein Privatdozent als Mensch, ohne daß ein Verbrechen vorliegt, sich so verhält, daß dies Verhalten der Fakultät mit seiner Stellung als Privatdozent unvereinbar er scheint, fann höchstens die Fakultät dagegen einschreiten. Das Urtheil der Fakultät ist als eine Art ehrengerichtliches Urtheil anzusehen und in gewiffem Sinne als solches von größerer Bedeutung als ein richterliches Erkenntniß. Das Gesetz ist nach allem überflüssig und schädlich und höchstens denjenigen erwünscht, die auch für neue Sozialistengesetze schwärmen.( Beifall links.)

Regierungskommissar Geh. Rath Althoff protestirt gegen die In§ 106 beantragt Abg. Dr. v. Dz tembowst Bomian Auffassung des Vorredners, daß die Vorlage eine Verlegenheits­( Bole), den§ 2 wie folgt zu faffen: Vorlage des Kultusministeriums sei. Die Berantwortung trage Ausländer haben auf das Armenrecht nur insoweit Anspruch, ausschließlich der Kultusminister, hinter dem das Staatsministerium als sie Lohnforderungen verfolgen, sowie wenn die Gegenseitigkeit stehe. Auch die Anknüpfung an den Fall Arons sei unzutreffend. Die verbürgt ist. Frage schwebe seit 20 Jahren; ihre Erledigung wurde gerade von Geheimrath v. Seckendorff bemängelt den Ausdrud Lohn- der Universität Berlin verlangt, das muß auch Herrn Virchow be forderungen", der unklar sei. Der Herr Antragsteller habe außerdem fannt sein und es ist daher zu verwundern, daß er behauptete, es wohl übersehen, daß durch einen erst im vorigen Jahre vom Reichen feieren, fint of an estimmungen gelten fängst für die Pro­tag genehmigten internationalen Vertrag sämmtlichen ohne zu Klagen Anlaß gegeben zu haben. Staaten Europa's mit Ausnahme Englands diese Materie ganz Abg. Dr. Borsch( 3) hat kein Bedenken gegen die Vorlage, in seinem Sinne geregelt wurde. Ein praktisches Bedüfniß für den die man eher ein Gesetz zum Schutze der Privatdozenten nennen vorliegenden Antrag liege daher nicht vor.ll tönnte. Heute find wohl Maßregeln gegen die Privatdozenten Der Antrag wird hierauf abgelehnt. möglich, die fünftig durch die Vorlage verhindert werden. Mit der

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§ 143 handelt von den Beschränkungen, die Parteien, Bevoll- Freiheit der Wissenschaft hat die ganze Vorlage nichts zu thun. Ob der mächtigten und Beiständen rücksichtlich der Vertrages auferlegt Fall Arons den Anlaß zur Vorlage geboten, ist gleichgiltig, auf die werden fönnen, sowie von der Zurückweisung von Bevollmächtigten Einzelbestimmungen der Vorlage hat er einen Einfluß nicht und Beiständen, die die Vertretung gewerbsmäßig betreiben. geübt. Einige Bestimmungen der Vorlage seien ja etwas

Nach der Vorlage sollen diese Vorschriften auf Rechtsanwälte, allgemein gehalten, allein das sei bei Disziplinarbestimmungen diejenigen über die Zurückweisung auch auf alle die, denen das nicht zu vermeiden; fie finden fich in gleicher Form mündliche Verhandeln vor Gericht durch eine seitens der Polizei- auch in anderen gesetzlichen Bestimmungen, so z. B. in der Rechts­berwaltung getroffene Anordnung gestattet ist, teine Anwendung anwalts- Ordnung. finden. Abg. Beckh beantragt, die ersten beiden Absätze des§ 143 so zu fassen: Das Gericht kann Parteien, Bevollmächtigten und Beiständen, denen die Fähigkeit zum geeigneten Vertrage mangelt, den weiteren Vertrag untersagen. Eine Anfechtung dieser Anordnung findet nicht statt.

Das Gericht fann Bevollmächtigte und Beistände, welche das mündliche Verfahren vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, zurück­weisen. Gegen diese Anordnung, welche durch Beschluß zu Protokoll niederzulegen ist, greift das Rechtsmittel der Beschwerde Plaß. Abg. Träger( frs. Vp.) erklärt, daß der Abg. Beckh nur für seine Person gesprochen habe. Seine übrigen Parteigenossen seien mit ihm der Ansicht, daß die Vorlage auch im Interesse der Rechts­anwälte alle Garantien biete, die er verlangen fönne. Abg. Schmidt- Warburg( 8.) beantragt, der Vorlage noch folgenden Zusatz zu geben:

Solche Anordnung soll nur dann getroffen werden, wenn wegen Mangels einer genügenden Anzahl von Rechtsanwälten an dem Orte des Gerichts ein Bedürfniß hierzu vorliegt."

Kultusminister Dr. Boffe betont, daß das Bedürfniß für die Vorlage feit 20 Jahren auch von Freunden des Abg. Virchow an erkannt sei. Das Disziplinarrecht sei mit allen erforderlichen Ga­rantien für den Beschuldigten umgeben.

Abg. Brömel( fr. Vg.) anerkennt, daß die rechtliche Stellung der Brivatdozenten eine prefäre sei, allein das rechtfertige noch nicht die Unterstellung unter das Gesetz von 1852.

Abg. Dr. Jrmer( f.). Die Vorlage sei nichts als eine Ver beugung gegen die Berliner Universität, die mit ihren Wünschen vom Jahre 1878 der Zeit um 20 Jahre vorausgeeilt war.

Der§ 1 wird mit dem Antrage Kirsch angenommen. Hierauf wird zunächst der§ 5a debattirt, der das Verfahren vor der Fakultät regelt und namentlich eine mündliche Verhandlung vorschreibt.

Abg. Dr. v. Cunh( natt.) hat hierzu beantragt, einen neuen § 5a einzufügen, wonach das Ober- Verwaltungsgericht als Berufungs­instanz eingesetzt wird. Minister Bosse hält die Kommissionsbeschlüsse für zweckmäßiger als den Antrag Cuny. Es liege hier einer der Punkte vor, die das Zustandekommen des Gesetzes erschweren. Das Gesetz von 1852 habe Abg. Dr. Stephan( 3.) empfielt den Antrag Schmidt- Warburg. sich in der Praxis ganz gut bewährt und die frühere Abneigung Das Rechtstonfulententhum begegne in vielen Kreisen mit recht lebhaften gegen das Staatsministerium als Berufungsinstanz ist geschwunden Bedenken, in vielen Orten feien auch Rechtsanwälte in genügender und die Beamten, die vor dem Staatsministerium Recht gesucht. Zahl vorhanden, so daß kein Bedürfniß für Rechtskonsulenten vor- haben, sind dabei gut fortgekommen. Dem Ober- Verwaltungsgericht liege. Wenn einmal ein Rechtskonsulent von einem Amtsgericht fehlt diejenige Fühlung mit dem Beamten, die das Staats­zugelassen ist, so würde das zur Folge haben, daß sich dort fein ministerium durch den Ressortminister besitzt. Um das Zustandes Rechtsanwalt mehr niederlaffen kann und das wäre zu bedauern. kommen des Gesetzes zu ermöglichen, das überall gewünscht wird, Abg. Dziembowsky- Pomian beantragt die in der Regierungs - bittet der Minister, den Antrag Cunh abzulehnen. vorlage vorgesehene Aenderung des bisherigen Zustandes wieder zu streichen. Abg Gamp( Rp.) tritt für die erweiterte Zulassung der Rechts­tonfulenten ein. Staatssekretär Nieberding hält die Besorgniß, die einzelne Redner wegen der erweiterten Zulaffung der Rechtskonsulenten aus­gesprochen haben, weder in dem Wortlaut der Vorlage noch in der von der Regierung beigegebenen Begründung für hinreichend be­gründet.

Abg. Brömel( frf. Vg.) empfiehlt den Antrag Cunh. Unsere Zeit zeige so schroffe politische Gegenfäße, daß das Staatsministerium feine unpolitische und unparteiische Instanz sei, das beweise ja ge­rade der Fall Arons.

Abg. Dr. Jrmer( f.): Die fehr wichtige Frage, ob Staats­ministerium oder Ober- Verwaltungsgericht als Berufungsinstanz ge= eigneter sei, hier bei diesem ziemlich unwichtigen Gesetz zu regeln, scheint nicht zweckmäßig. Er bittet alle zum§ 5 und 5a ges stellten Anträge abzulehnen und es bei den Kommissionsbeschlüssen zu

Abg. Stadthagen( Soz.): Wir sind gegen die Anträge und belassen. gegen den Vorschlag der Regierung, denn die von uns in der Abg. Dr. Porsch( 3.) erklärt, daß ein erheblicher Theil seiner Stommission gestellten Anträge gingen dahin, den ersten Absatz, der politischen Freunde in zweiter Lesung für das Ober- Verwaltungsgericht es zuläßt, den Parteien den Vortrag zu unterfagen, zu streichen, und stimmen werden; sie behalten sich, nach den Erklärungen des Ministers, ferner die Befugniß des Gerichts zu streichen, diejenigen, die ihr ihre Stellungnahme für die dritte Lesung vor. Gewerbe betreiben, zurückweisen zu dürfen. Statt dessen haben wir Abg. Dr. Oswalt( natl.) hält nicht für wahrscheinlich, daß die verlangt, es solle nur dann eine Zurüdweisung stattfinden dürfen, Vorlage an der Instanzfrage scheitern werde. Das Ober­wenn Thatsachen vorliegen, aus denen die Unzuverlässigkeit des Verwaltungsgericht wirte ja bereits als Disziplinargericht auch Gewerbetreibenden bezüglich seines Gewerbebetriebes hervorgeht. jetzt schon. Diese Anträge habe ich nicht wiederholt, weil ich der Ueber- Abg. v. Voß( frt.) führt aus, daß die Verhältnisse der Privat­Abg. Dr. Rintelen( 8.) erklärt sich gegen beide Abänderungs- zeugung bin, daß Aussicht auf Annahme nicht vorhanden ist. dozenten gerade so eigenartige find, daß für sie das Staatsministerium anträge. Unseren Anträgen müßte ja jeder zustimmen, der nicht viel günstiger als Berufungsinstanz wirken wird, als das Ober­Abg. Stadthagen ( Soz.): Das Bürgerliche Gesetzbuch ist doch wünscht, daß die Rechtsprechung nur von Bunftrichtern Verwaltungsgericht. gerade zu dem Zwede geschaffen, um die Willtür der Einzelstaat- ausgeübt werde, und daß das Gesetz Geheimbibel für den Laien Minister Bosse erklärt nochmals, der Antrag Cuny bedeute eine Gesetzgebungen aufzuheben, und jest soll wieder das Recht der bleibe. Es ist ein Widerspruch, jemand verbieten zu wollen, sein verhängnißvolle Durchlöcherung des geltenden Disziplinar- Rechts und Arbeiter den reaktionären Gelüften zurückgebliebener Landestheile Recht geltend zu machen, weil er die Fähigkeit nicht habe, und gefährde die Vorlage. ausgeliefert werden? Ich bitte nochmals um Annahme meines An- wiederum einem anderen den Vortrag zu untersagen, weil er so Der Antrag ung wird mit knapper Mehrheit abgelehnt und trages. fähig ist, daß er gewerbsmäßig das Vertreten des Rechts Fremder der§ 5a unverändert nach den Kommissionsbeschlüssen angenommen. Abg. v. Dziembowski- Pomian( Bole) zieht seinen Antrag betreibt. Diese neue Bebormundung des Volkes mache ich nicht mit. Bei§ 19 gelangen einige formelle Aenderungen zur Annahme; Der Antrag Bech wird nach einigen weiteren Reden gegen die ein materieller Antrag Brömel, der eine Einschränkung der für Der Antrag Stadthagen wird hierauf gegen die Stimmen der Stimme des Abg. Beckh abgelehnt( Heiterkeit), ebenso die anderen nicht richterliche Beamte geltenden Disziplinar Vorschriften zu Sozialdemokraten abgelehnt. Abänderungsanträge. Der Paragraph wird in der Kommissions- gunsten der Privatdozenten bezweckt, wurde abgelehnt. Bu§ 71 des Gerichtsverfassungs- Gefeßes beantragt und be- faffung angenommen. gründet Abg. Stadthagen( Soz.) folgenden Zusatz:

zurück.

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Als Berufungsgerichte in den vor den Gewerbegerichten oder Innungs- Schiedsgerichten verhandelten Streitigkeiten verhandeln und entscheiden die Zivilfammern unter Zuziehung eines Arbeitgebers und eines Arbeiters. Ausgeschlossen sind diejenigen Arbeitgeber und Arbeiter, welche in demselben Rechtsstreite vor dem Gewerbegericht oder Inmungs- Schiedsgericht als Beisiger thätig gewesen sind. Die Arbeitgeber und Arbeitnehmer find da, wo Gewerbegerichte bestehen, aus dem Kreise der Gewerbegerichts- Beifizer zu nehmen."

Der Antrag Stadthagen wird hierauf gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt. Bu§ 179 beantragt Abg. Stadthagen: vor dem Worte Barteien" einzuschalten:" Staatsanwälte", eventuell für den Fall der Ablehnung dieses Antrages in§ 180 des Gerichtsverfassungs­Gesetzes vor Rechtsanwalt einzuschalten: Staatsanwalt".

Hierauf vertagt sich das Haus. Nächste Sigung: Dienstag 12 Uhr. ( Rest der heutigen Tagesordnung; Nachtragsetat in dritter Lesung; leinere Vorlagen.) Schluß 6 Uhr.

Abgeordnetenhaus.

70. Sigung vom 2. Mai. 11 Uhr. Am Ministertische Kultusminister Dr. Bosse. Die Disziplinar Vorlage für Privatdozenten steht zur zweiten Berathung.

Kultusminister Dr. Boffe erklärt sich namens der Regierung mit dieser Bestimmung, die eine dankenswerthe redaktionelle Berbesserung darstelle, einverstanden.

Abg. Dr. Jrmer( f.) erklärt sich ebenfalls namens seiner Freunde mit dem§ 1 der Kommissionsbeschlüsse einverstanden.

Bu§ 2 bemerkt Regierungskommissar Geh. Rath Althoff auf eine Anfrage des Abg. Hirsch, es sei selbstverständlich, daß die Entziehung der Eigenschaft als Privatdozent nur für die Fakultät Wirkung habe, die sie beschließt. Es sei stets so gehandhabt, daß jede andere Fakultät den Dozenten wieder aufnehmen kann, wenn nicht besondere Gründe hiergegen vorliegen.

§ 3 behandelt die Verhängung der Ordnungsstrafen. Zu dieser Verhängung soll außer dem Unterrichtsminister die Fakultät bes fugt fein.

Ein vom Abg. Dr. Virchow gestellter Antrag bezweckt, diese Befugniß des Ministers zu beseitigen.

Nach längerer Debatte wird der Antrag abgelehnt.

In einem Antrage des Abg. Brömel ist eine Reihe neuer Baragraphen beantragt, welche eine wirthschaftliche Schädigung der Privatdozenten verhindern sollen, wenn zu unrecht Disziplinar­Anordnungen gegen ihn getroffen sind. Auch ein Anspruch auf theilweisen Erfaz der ergangenen Kollegien- Gelder wird in dem Antrage gesichert.

Nach einer Erklärung des Regierungskommissars Althoff, daß den Privatdozenten die Ankündigung neuer Vorlesungen nicht ge­stattet ist, wenn sie vom Amte vorläufig suspendirt sind, zieht Abg. Brömel seinen Antrag zurück. Der Rest der Vorlage wird angenommen. Nächste Sigung morgen( Dienstag) 11 Uhr: Antrag Gamp betr. Sonntagsruhe und Berichte und Petitionen. Schluß 44 Uhr.

Die Kommission hat einen neuen§ 1 neben dem§ 1 der Vorlage vorgeschlagen: Ein Privatdozent an einer Landesuniversität, der Akademie zu Münster und dem Lcheum Hofianum zu Brauns berg, welcher 1. die Pflichten verletzt, die ihm seine Stellung als Abg. Stadthagen ( Soz.): Bisher bestehen nicht die ge- akademischer Lehrer auferlegt, oder 2. fich durch sein Verhalten in ringsten disziplinarischen Bestimmungen, um einen Staats- und außer seinem Berufe der Achtung, des Ansehens oder Vertrauens, anwalt, der die Sigungen zum Beispiel durch beleidigende die seine Stellung erfordert, unwürdig zeigt, unterliegt den Vor­Aeußerungen gegen den Angeklagten nur den Angeklagten mur stört, vorzugehen. schriften dieses Gesetzes. Solche Fälle sind nicht nur theoretisch denkbar, sondern in der That vorgekommen. Ich erinnere Sie an den Fall, daß der Staatsanwalt dem Vorsitzenden erklärte ich streife" und sogar die Sigung verließ, ohne daß der Richter das geringste gegen ihn unternehmen konnte. Zur Zeit besteht theoretisch der Zustand, daß der Staatsanwalt Herr des Prozesses ist und der Richter machtlos. Wie oft tommt es nicht Abg. Kirsch( 3) beantragt: in dem Eingangsfage des Para­in Moabit können Sie das täglich erleben daß der Staats- graphen anstatt des und" zu setzen oder". anwalt den Angeflagten durch seine Aeußerungen und Zwischenrufe Abg. Dr. Virchow ( frs. Bp.): Zweifellos kann durch die vorge vollkommen verwirrt, ohne daß der Richter das geringste dagegen schlagene Gesetzgebung eine erhebliche Verschlechterung in der Stellung thun kann. Dieser Zustand ist eine Ungerechtigkeit in einem Rechts der Privatdozenten herbeigeführt werden, und gerade der Einzelfall, der Jm Seniorenkonvent des Reichstages wurde gestern die staat, er wäre allerdings selbstverständlich, wenn man anerkennt, daß den Anlaß zur Vorlage bot, zeigt, daß man einen Verlegenheits- Mittheilung verbreitet, daß der Kaiser den Reichstag persönlich die Gerichte mur Verwaltungsorgane der Behörde wären. Der An- schritt machen mußte, man nennt ja auch die Vorlage die lex Arons. schließen will, und zwar soll dies Freitag Vormittag 10 Uhr im geklagte tann höchstens einen anderen Staatsanwalt fordern; wird Ich habe mich immer noch nicht von der Nothwendigkeit dieses Ge- weißen Saal des Schlosses geschehen. Die frühe Morgenstunde ist ihm das nicht gewährt, so ist er machtlos. Wenn Ihnen jedoch mein feges überzeugen können. Wie der§ 1 fich mit der Zusage der deshalb gewählt, weil der weiße Saal für die Abendtafel, zu Antrag zu weit gehen sollte und man den Staatsanwalt nicht den Verfassung von der Lehrfreiheit vertragen soll, sehe ich nicht ein. Es der der Reichstag soweit die Mitglieder ihre Karten beim Zeugen gleichstellen will vielleicht deshalb, weil dann wird hier eine Art willkürlichen Eingreifens der Behörden ermöglicht. Hofmarschallamt abgegeben haben geladen wird, hergerichtet

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Parlamentarisches.

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in der Folge ein Mangel an Staatsanwälten in den Gerichts- Dr. Arons lehrt Phyfit, ich weiß nicht, daß er jemals darüber hinaus werden muß. Der Schluß der gesetzgeberischen Thätigkeit dieses fälen sich ergeben könnte( peiterkeit), so bitte ich Sie, meinen ging und Sozialpolitit gelesen hätte, er tonnte also nur teichstages wird also am Donnerstag, den 5. d. 2. erfolgen. Gr­Eventualantrag anzunehmen. außerhalb des Lehramtes etwas thun, was der Behörde anstößig er ledigt werden noch die zweite und dritte Berathung des Auch dieser Antrag wird hierauf gegen die Stimmen der Sozial- fcheint. Daß ein Lehrer der Phyfit als solcher für etwas bestraft Nachtrags- Etats, sowie die die Militärstrafprozeß- Ordnung bemokraten abgelehnt. wird, was er als Mensch und Staatsbürger thut, ist doch mindestens die Zivilprozeß- Ordnung in den noch ausstehenden

und

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