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nicht im engen Bezirk des Privatlebens, sondern auf dem weit sich ausdehnenden Gefilde der Geschichte. Es sind überaus an­ziehende Lebens- und Familienbilder auf geschichtlichem Hinter­grund. Das erhöht nicht blos ihren poetischen Gehalt, sondern verleiht ihnen die Fähigkeit, den kindlichen Horizont zu erweitern, seinen Blick für das Allgemeine zu öffnen und sie bilden gewis sermaßen die Uebergangsbrücke zum Unterricht in der Weltge­schichte. Sodann ist auch die religiös- moralische Bedeutung der biblischen Geschichte nicht zu unterschäzen. Die Moral ist hier in Fleisch und Blut, in plastisch greifbarer Gestalt verkörpert. Das abstrakte Wort ist Mensch geworden, stellt sich dar in Per­sonen und lebendigen Vorgängen und die Lehren der Moral lassen sich an denselben in anschaulicher, faßlicher Weise entwickeln. Endlich entfalten sie einen so großen Szenenreichtum, daß sich eine Fülle gelegentlicher Belehrung über allerlei Wissenszweige dabei passend anknüpfen läßt. Wir werden uns somit für eine rationelle Behandlung des biblischen Geschichtsunterrichts entschei­den müssen. Das meinen wir jedoch nicht so, daß alles irratio­nale Beiwerk auszuscheiden wäre und die Geschichten so erzält werden sollten, wie sie möglicherweise sich zugetragen haben kön­ten. Damit würden die meisten ihren poetischen Duft einbüßen und zu nüchternen, unschmackhaften, teilweise faden Geschichten vertrocknen. Um wie viel poesieloser wäre z. B. die Erzälung von Jsaks Opferung, wenn der Engel fehlen würde, der vom Himmel herabruft:" Strecke deine Hand nicht aus nach dem Knaben 2c." Wer möchte die liebliche Erzälung von den drei Königen aus dem Morgenlande vermissen, die den Stern des neugeborenen Jesuskindes erblicken, zu ihm pilgern und ihm Gold, Myrrhen und Weihrauch schenken. So wenig ich eine Odyssee ohne Kirke und Kalypso , ohne die Höllenfahrt des Helden und die Geleitschaft der blauäugigen Göttin wünschen möchte, ebenso­wenig möchte ich die biblischen Geschichten und Gestalten gleichen Karakters dem Volke und der Jugend vorenthalten wissen. Da mit würden wir in die törichten Fußstapfen des seligen Nikolai treten, den die deutschen Dichterdioskuren mit so köstlichem Spott verewigt haben. Die soeben gezogene Parallele mit Homer führt uns jedoch auf die Spur der richtigen Behandlungsweise. Wir lesen die Dichtungen des Homer mit dem Bewußtsein, daß es eben Dichtungen sind und dieses Bewußtsein, das den Leser gegen jedes superstitiöse Kontagium feit, beeinträchtigt den poetischen Genuß derselben nicht im geringsten, steigert ihn vielmehr be­trächtlich. Warum sollte die biblische Geschichte nicht nach der­selben Metode in der Schule gelehrt( und, fügen wir hinzu, in der Kirche behandelt) werden können? Warum sollte der Lehrer dem Kinde nicht durch häufige Wiederholung das Bewußtsein

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| beibringen können, daß und wo man es mit Sage und Mytus zu tun hat und daß überhaupt dem biblischen Sagenkreis, auch wo der Bericht mit der modernen Weltanschauung nicht im Wider­spruch steht, die historische Zuverlässigkeit gebricht? Wird doch auch, wer den Kindern Märchen und Fabeln erzält, es nicht versäumen, sie auf das Illusorische derselben aufmerksam zu ma chen. Zugleich kann und soll der Lehrer, wo es möglich ist, nachdem er die Erzälung in ihrer tradirten Form eingeprägt hat, die rationelle Auffassung hinzufügen. Wie leicht ist es z. B. bei der Erzälung von Jsaks Opferung den Kindern verständlich zu machen, daß von dem biblischen Erzäler der innere fromme Drang als göttlicher Befehl, die natürliche geistige Erleuchtung als göttliche Offenbarung dargestellt wird; daß Abrahams Ver­nunft, die bessere Einsicht, die er auf dem Wege nach Moriah erlangt hat( die Einsicht, daß es kein frommes Werk, sondern ein Gräuel sei, sein Kind zu opfern), der Engel war, der ihm zu­rief: Strecke deine Hand nicht aus nach dem Knaben 2c." Bei dem Durchzug durch das Schilfmeer kann nebenbei erklärt wer­den, daß man es hier entweder mit einer bloßen Dichtung zu tun hat, oder daß der Uebergang zur Zeit der Ebbe stattfand. Bei andern wird sich eine symbolische Deutung empfehlen. Die Speisung der Tausend durch Jesus läßt sich, one dem kindlichen Verstand zuviel zuzumuten, dahin wenden, daß Jesus mit dem geistigen Brod der Erkenntnis und Warheit Tausende gesättigt habe; die Heilung der Blinden , daß er die geistig Blinden sehend gemacht. Auf diese Weise empfängt das Kind den Leib der biblischen Geschichten ungeschmälert und dazu den vernünftigen Geist derselben, der es vor einer abergläubischen Säftebildung bewahrt. Man glaube ja nicht, daß eine solche Behandlungs­weise die kindliche Fassungskraft übersteigt, oder den Geist des Kindes verwirrt. Wir haben uns im Gegenteil erfahrungsge­mäß überzeugt, daß selbst mittelmäßig begabte Kinder an dieser Behandlungsweise den größten Gefallen haben und volles Inters esse und Berständnis dafür an den Tag legen. Es wird sogar dieser Behandlung ein hoher formalbildender Wert zugestanden werden müssen; denn sie weckt das Nachdenken, das Prüfen, übt den analytischen Verstand schon frühzeitig und schärft die Intel­ligenz, one die Phantasie zu beeinträchtigen und das poetische Bedürfnis zu verkürzen. Sie läßt jeder der beiden psychischen Sphären das ihrige zuteil werden."

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Auf diese Weise könte allmälich die supranaturalistische Religion sich zur monistischen metamorphosiren. Die Religion, eine Kultur­pflanze, welche in supranaturalem Boden großgezogen wurde, braucht nicht frisch ausgesät, sondern darf nur in die Atmosphäre und den Boden der modern philosophischen Weltanschauung versezt werden.

Ueber den Einfluß geistiger Getränke, besonders des Brantweins auf den menschlichen Organismus.

Nach Johnston von Dr. My.

In einer Zeit, wo man durch Zölle und Steuern das Bier, den Wein und den Brantwein immer mehr zu verteuern sucht, ist es gewiß angezeigt, an der Hand einer großen Autorität die Wirkungen dieser Getränke furz zu erörtern, und so auch die Frage

derselben bedürfe? Hört man nicht oft, der gemeine Mann habe jein Gläschen Brantwein gar nicht notwendig; er könne dessen ganz gut entbehren, falls ihm der Genuß allzusehr verteuert werden sollte. Prüfen wir daher die Sache etwas näher.

daher im allgemeinen nur als ein Reiz- und Erwärmungs­mittel anzusehen, ebenso wie der Wein und selbst das Bier, deffen Inhalt an Narungsstoff viel zu gering ist, um als Ursache seines Verbrauchs maßgebend zu sein. Indessen folgt hieraus immer noch nicht, daß der Brantwein durchaus keinen Nuzen für

den menschlichen Organismus habe. Im Gegenteil läßt sich als bestimmt annehmen, daß geringe Mengen davon erstlich

den Körper unmittelbar erwärmen, und durch die Verände­rungen, welche durch sie in dem Blute vorgehen, einen Teil der Kolensäure und des Wasserdampfes ersezen, welche als eine notwendige Lebensbedingung von den Lungen unaufhörlich wie­der ausgeatmet werden. In diesem Sinne kann man allerdings sagen, daß der Brantwein die Stelle einer Narung, z. B. von vertritt, zweitens, daß der Brant­wein allerdings die absolute Verlustmenge an durch die Lunge und die Nieren ausgeschiedenen Stoffen zu ver­ringern vermag. Der mäßige Genuß von Brant­wein vermindert, ebenso wie Tee und Kaffee, den natür­

Der reine Brantwein ist bekantlich ein Gemisch aus Alkohol ( reinem Weingeiſt) und Wasser, mit einem geringen Busaz flüch­tiger Dele, deren Wirkungen auf den Körper aber bis jezt noch nicht befant sind. Da der Alkohol nun nur aus gleichen Teilen ölbildendem Kolenwasserstoffgas und Wasserdampf besteht, welche Fett oder Stärke beide Stoffe one jeglichen Narungsgehalt sind, so enthält auch der reine Brautwein nicht den geringsten Anteil an Narungs stoffen, wie sie in den gewönlichen Arten unserer tierischen und pflanzlichen Speisen vorkommen. Auch die Zusäze zum Brant

lichen Verlust von Fett und Gewebestoff, und damit in gleichem Grade die gewönliche Narungsmittelmenge, welche zur Erhal­

der gewönlichste derselben, der Zucker, allein an und für sich nie­mals die Körperkraft zu erhalten vermag. Der Brantwein ist tung des gesammten Körpergewichts notwendig ist. Mit andern