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der heiligen Stadt", die Sitte des Kaffeetrinkens allgemein verbreitet.
In Mekka war es auch, wo der Kaffee sein erstes Märtyrertum zu bestehen hatte. Dem dortigen Statthalter erschien nämlich die neue Sitte deshalb bedenklich, weil der Kaffee ein auf regendes Getränk war, und als solches gegen die Sazungen des Koran verstoße. Er sezte einen Gerichtshof ein, der entscheiden sollte, ob der Kaffee unter das Verbot des Koran falle, und die Folge war, daß der Genuß desselben verpönt und der gläubigen Menschheit erzält wurde, daß die Gesichter der Kaffeetrinker einst am Tage des Gerichts noch schwärzer erscheinen würden, als der Kaffeetopf, aus dem sie das Gift getrunken." Außer dieser ewigen Strafe" wurden die heimlichen Trinker noch mit der Bastonade, wie auch damit bedrot, daß sie, verkehrt auf einem Esel sizend, zur Schande durch die Straßen der Stadt gefürt werden sollten.
Gleichzeitig wurden die Kaffeehäuser geschlossen; einige Kaffeevereine, wol die ältesten Vorgänger unseres modernen„ Kaffeeflatsch" wurden aufgelöst und die Vorräte der Kaufleute den Flammen übergeben.
Der Sultan von Kairo, dem dieses Verbot zur Bestätigung zu unterbreiten war, verweigerte indes, da er selbst den braunen Trant bereits liebgewonnen, seine Unterschrift, und die Bewohner der„ heiligen Stadt" durften one Furcht vor dem schwarzen Gesicht am jüngsten Tage" den verbotenen Trank weiter genießen. Auch in Kairo eroberte sich der Kaffee rasch allgemeine Beliebt heit und im Jare 1632 zälte diese Stadt über 1000 Kaffeehäuser.
In Europa war es naturgemäß zuerst die Türkei , welche die neue Sitte von Kairo aus übernahm. Im Jare 1530 wurde der Kaffee in Konstantinopel bereits allgemein getrunken, und das erste Kaffeehaus daselbst wurde im Jare 1554 errichtet. Hier hatte auch der Kaffee seine erste politische Verfolgung zu erdulden, nachdem, wie wir gesehen, er aus der ersten religiösen Verfolgung siegreich hervorgegangen. Unter Sultan Murad II. wurden nämlich alle Staffeehäuser geschlossen, weil dieselben als Mittelpunkte der Gesellschaft und als Sammielorte der Anhänger des Propheten diesen die Gelegenheit boten, sich mit der Politik zu befassen, und weil diese Gelegenheit nach der Ansicht des Sultans von den Muselmannen in zu hohem Grade benuzt worden war.
Die erste Erwänung des Getränkes im westlichen Europa findet sich in einem Buche des deutschen Arztes und Reisenden Rauwolf aus dem Jare 1582. Die Eigenschaften der Kaffeebohne wurden im Jare 1591 von dem venetianischen Arzte Alpinus, und bald darauf von Baco in seiner Naturgeschichte" beschrieben. Weiter wird der Kaffee vor seiner Einfürung in Europa erwänt von dem Reisenden Adam Olearius , der in der Beschreibung seiner Reise nach Persien vom Chan von Ardebil folgendes meldet:„ Den Tabak liebte er sehr, und sog den Rauch durch lange Röhren, die durch ein Wasserglas laufen, an sich; dazu trant er heißes, schwarzes Wasser, Kahowä genant."
In England wurde der Kaffee zuerst zur Zeit der Republik eingefürt, und zwar durch einen Kaufmann Namens Edwards, der Handelsverbindungen mit der Levante unterhielt und dort das Getränk kennen gelernt hatte. Ein Grieche, Namens Pasqua , errichtete zur selben Zeit 1652 unter dem Namen ,, Virginia Caffeehouse" die erste, noch heute bestehende Kaffeeschenke im westlichen Europa , und fürte hiermit ein Institut in England ein, welches eine wichtige politische Bedeutung erlangen sollte.
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In Frankreich wurde die neue Sitte zuerst in Marseille , warscheinlich durch Einfürung aus Italien , wo seit dem Jare 1645 das Kaffeetrinken Mode geworden, bekant, und hier entstand 1664, nach anderen 1671- das erste französische Kaffeehaus. Nach Paris kam die Sitte durch den Gesanten des Sultan Mahomed IV., Soliman Aga, der derselben am Hofe Ludwig XIV. rasche Verbreitung verschaffte. Da damals noch mehr, als späterhin, die Sitten des pariser Hofes für Frankreich und andere Länder maßgebend waren, so ward auch die Mode des Kaffeetrinkens, als derselbe sich einmal am Hofe eingebürgert hatte, rasch verallgemeinert, obgleich das Pfund Kaffee im Jare 1672 noch 140 Franc tostete. Trozdem wurde im selben Jare schon das erste pariser Kaffeehaus durch den Armenier Paskal eröffnet. Der bald sinkende Preis schaffte ihm auch eine raschere Verbreitung, und es wird in Schriften damaliger Zeit bemerkt, daß das neue Getränk der
Trunkenheit, welche in Frankreich sehr vorherschend gewesen war, einen ernſten und fast unmittelbaren Einhalt tat.
Ludwig XIV. , der zu seiner Mätressen- und Kriegswirtschaft ungeheure Summen verbrauchte, entdeckte bald, daß dem neuen Getränk nicht nur anregende und belebende, sondern auch finanzielle Kräfte innewohnten. Die allgemeine Verbreitung des Kaffee machte diesen aufs schönste zur Besteurung geeignet, und so erklärte denn der König den Kaffee für königliches Regal. Die Verkäufer wurden zu Beamten ernant, mußten aber ihre Stellung von ihm kaufen, und natürlich namhafte Summen zalen. Selbstverständlich schlugen die Beamten diese Summen auf den Preis ihres Kaffee, der dadurch im Jare 1692 wieder auf 4 Livres- 20 Mark nach heutigem Geldwert- stieg, nachdem er schon früher bedeutend billiger verkauft worden war.
Die Kaffeehäuser nahmen in Frankreich einen raschen Aufschwung. Sie entwickelten sich zu den wichtigsten Mittelpunkten des gesellschaftlichen Lebens und sie waren gewissermaßen die Vorläufer der Klubs des 18. Jarhunderts, in denen die Ideen der Encyklopädisten, die Ideen Rousseau's und Voltaire's eine so allgemeine Verbreitung erlangten und welche dadurch die herannahende große Revolution so mächtig förderten.
Wärend sich in Frankreich das Kaffeehausleben bis auf den heutigen Tag erhalten und weiter ausgebildet hat, vermochte dasselbe in England nicht Wurzel zu schlagen und erst in neuerer Zeit gewint es dort wieder etwas mehr Boden. Und doch war das Kaffeehaus einst in England noch populärer als in Frank reich , und nicht nur eine der glänzendsten Literaturepochen Englands, sondern auch eine äußerst wichtige Periode der englischen politischen Geschichte ist mit dem Kaffeehauswesen eng verknüpft.
Die allgemeinere Verbreitung des Kaffee wie der übrigen warmen Getränke fiel in England in die Zeit zwischen den beiden Revolutionen, deren eine einem König den Kopf, und deren zweite einem solchen die Krone kostete. Der leztere dieser beiden Fürsten , Jakob II. , unbelehrt durch das Schicksal seines Vaters, hatte das möglichste getan, das Volk gegen sich aufzubringen, indem er die alten englischen Freiheiten und die dieselben garantirenden Geseze mißachtete und verlezte. Die Opposition, vereint in der Partei der Whigs, der Partei des aufstrebenden und nach politischer Herschaft ringenden Großbürgertums, wurde auf's grausamste verfolgt. Das Interesse an der Politik und am öffentlichen Leben überhaupt war durch all diese Umstände allgemein geworden. Deffentliche Versammlungen u. dgl. gab es noch nicht. Das Zeitungswesen lag noch in seiner Kindheit und die wenigen Journale, die erschienen, durften nur mit Erlaubnis des Hofes herauskommen, brachten also auch nur Nachrichten, die diesem genehm waren. Die ganze politische Lage drängte aber auf Vereinigung, auf Verbindung, und da boten denn die Kaffeehäuser eine äußerst günstige Gelegenheit, sich gegenseitig zu treffen und auszusprechen.
Diese nahmen denn auch eine ungeahnte Verbreitung an. Sie vertraten, wenigstens in London , die Stelle der so mangelhaften Zeitungen. Hier sammelten die Neuigkeitsschreiber, die allwöchentlich für irgend eine Stadt oder Grafschaft die wichtigsten Nachrichten zusammenstellten, ihre Stoffe, und der Aufenthalt im Kaffeehause ward so allgemein, daß in den höheren und mittleren Klassen jeder Mann täglich in sein Kaffeehaus ging. Wir dürfen auch wol annehmen, daß aus diesem Grunde im Fare 1674 die Frauen von London eine Petition gegen den Kaffee einreichten.
Von besonderer Anziehung für die Kaffeehäuser waren die öffentlichen Redner, von denen jedes derartige Institut einen oder mehrere hatte. Diese Kaffeehausredner erlangten durch ihre Ausfürungen einen solchen Einfluß, und das Leben im Kaffeehaus ward für die öffentliche Meinung in London so wichtig, daß ein englischer Schriftsteller die Kaffeehäuser damaliger Zeit eine politische Institution" nennt, und daß die Regirung be schloß, gegen diese neue Macht im Staate mit Verboten vorzu gehen.
Jm Jare 1675 beschloß der Hof, alle Kaffeehäuser in London schließen zu lassen. Diese Maßregel brachte aber soviel Unruhe und Widerspruch bei allen Parteien hervor, daß die Regirung doch nicht wagte, ihre Anordnung durchzusezen. Sie wagte es um so weniger, als ein solches Berbot den englischen Gesezen zuwider lief.
( Schluß folgt.)