Vorschlag wurde nämlich größtenteils abgelehnt. Es ist uns ein Bericht erhalten, welcher über diesen Gegenstand im geheimen Kabinet zu Dresden erstattet wurde, und worin die Ablehnung eingehend motivirt wird. Dieselbe stüzt sich darauf, daß ein Verbot des Kaffee in hiesigen kommerzirenden Landen und in den Gegenden derselben, wo eben bei Gelegenheit der stärkeren Handlung der mehrste Kaffee konsumirt wird, niemals zu einer völligen Wirksamkeit gebracht werden könne." Interessant und für die wirtschaftlichen Grundsäze damaliger Zeit bezeichnend ist der weitere Teil des Berichts, der von den Einkünften des Staats vom Kaffee handelt, und in welchem darauf hingewiesen wird, daß der Kaffee bereits ein billiges Narungsmittel geworden sei, welcher es den Frauen ermögliche, für„ wolfeile Preise" zu arbeiten. Es heißt da:„ Vermutlich dürfte in den meisten Orten das Verbot nur die Wirkung hervorbringen, daß der Kaffee heimlich eingebracht, gekauft und genossen, dadurch aber einesteils die nicht unbeträchtlichen Einkünfte von Kaffee in die landesherrlichen Kassen mit unterschlagen, andernteils der Handel mit solchem und der Gewinn auf diesen Handel den Nachbarn angewiesen würde. Demnächst ist sehr unausgemacht, ob ein solches Verbot im ganzen genommen fürträglich sey. Denn wenn auch dadurch der Konsum von Bier und Brantwein in etwas vermehrt würde, so ist doch lezterer der Gesundheit nicht weniger nachteilig als der Kaffee(!) Ueberdem würde die Vermehrung des Abgangs von beyden mit der Verminderung der Konsumption des Kaffee in keinem Verhältnis stehen. Denn bei den Aermeren vertritt der Kaffee öfters zugleich die Stelle der Mahlzeit und würde, wenn es nicht erlaubt wäre, mit einer Suppe ersezt wer= den. Folglich würde, soviel den Einfluß auf die landesherrlichen Revenuen anbetrifft, schwerlich bei den Abgaben von Bier und Brantwein soviel zuwachsen, als beim Kaffee abginge. Der hauptsächlichste Vorteil wäre eigentlich in der Erhaltung des Landesvermögens zu suchen, von welchem weniger außer Landes gehen würde. Doch auch dieser Vorteil würde zumteil in hiesigen Landen durch die inländischen Waaren, so im Wechsel des Kaffee ausgesendet werden, und durch die wohlfeilen Preise ersezet, welche manche Fabrikanten, absonderlich Frauenzimmer zum= teil auch deswegen mit ihrer Arbeit machen können, weil sie den Kaffee als ein wohlfeiles Nahrungsmittel betrachten."
Die Suppe, die keine Steuer brachte, ist in Sachsen denn ja auch glücklich durch den zu den„ landesherrlichen Kassen" beitragenden Kaffee verdrängt worden, und die„ billigen Preise", die„ absonderlich die Frauenzimmer mit ihrer Arbeit machen können, weil sie den Kaffee als ein wolfeiles Narungsmittel betrachten" hat ein gut Teil zu der sprichwörtlichen Armut des sächsischen Erzgebirges beigetragen.
Nach dem Beispiel Ludwig XIV. hatte auch Friedrich II. von Preußen in seinen Staaten eine große Anzal von Waren,
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gegen 500 monopolisirt. Unter diesen befand sich auch der Kaffee, so daß auch dieser nur für Rechnung des Staates eingefürt und verkauft wurde. Ja, selbst das Brennen des Kaffee nam Friedrich als Regal für sich in Anspruch, und es macht einen einigermaßen seltsamen Eindruck, wenn man hört, daß eigene Kaffeeriecher angestellt waren, die auf den Straßen herumschnüffeln mußten, ob sich nicht der Geruch gebranten Kaffee's irgendwo zeige, und die dann die Uebertreter zur Anzeige zu bringen hatten.
Wärend der napoleonischen Kriege ward eine zeitlang der Verbrauch von Kaffee in Deutschland dadurch beinahe aufgehoben, daß Napoleon durch die Kontinentalsperre die Einfürung aller englischen Waren nahezu unmöglich machte. Als Volksgetränk verschwand der Kaffee damals vollständig, weil der hohe Preis der wenigen Ware, die nach Deutschland hereinkam, ein so enormer war, daß nur vermögende Leute ihn zu zalen vermochten. Später hob sich indeß der Verbrauch dieses Getränkes in Deutsch land derart, daß dieses jezt von größeren Ländern im Konsum des Kaffee die erste Stelle einnimmt, und überhaupt nur von Belgien und der Schweiz übertroffen wird.
Die warmen Getränke sind in ihrer Bedeutung als Volksgetränke wolverstanden nicht als Narungsmittel- noch bei weitem nicht genügend gewürdigt worden, und sie verdienen als mächtigste Gegenmittel gegen die Verbreitung der Spirituosen in jeder Weise unterstützt und gefördert zu werden. Mehr als alle Truntsuchtsgeseze würde die Aufhebung des Zolles auf Kaffee und Tee der um sich greifenden Trunksucht entgegenwirken, da der Zoll eine Verteurung dieser Artikel bewirkt und sie daher in geringerem Maße dem Volfe zugänglich macht. Daß zwischen der Verbreitung der warmen Getränke und der Verbreitung des Genusses von Spirituosen ein bestimtes Verhältnis besteht, ist allseitig auerfant, und es ist z. B. mehrfach darauf hingewiesen worden, daß der Verbrauch berauschender Getränke in Wien bei weitem nicht so bedeutend sei, als in andern Weltstädten, und bekantlich ist in dieser Stadt das Kaffeehauswesen in stärkerem Maße entwickelt, als anderswo. Aber nicht allein, daß durch den Zoll der Kaffee und Tee verteuert wird, er wird dadurch auch verschlechtert. Ist durch den Zoll doch gewissermaßen eine Prämie auf die Fälschung dieser Genußmittel gesezt, da es klar ist, daß, je teurer ein Gegenstand ist, desto vorteilhafter und da durch verbreiteter muß seine Verfälschung werden. Natürlich wird durch die wertlosen, ja schädlichen Stoffe, die zum Verfäl schen gebraucht werden, auch der Wert des Kaffee und Tee als Anregungsmittel vermindert, und dadurch wiederum, da der Mensch solcher Anregungsmittel zum Leben bedarf, in direkt die Verbreitung von Spirituosen gefördert.
Je billiger die Aufgußgetränke sind, desto weniger wird Trunksucht mit ihren Folgen verbreitet sein!-
Von C. Lübeck.
Durch lange Gewönung sind wir im allgemeinen der Ansicht geworden, daß die jüdische Bevölkerung zu jeder schwereren Arbeit untauglich und nur noch zum leichten Handel und zum Geldgeschäfte verwendbar sei. Daß die Juden auch Handwerker ja sogar Landwirte sind und wie die Christen in Schweiße ihres Angesichts ihr Brod erwerben, das klingt der Mehrzal der Menschen so neu und unfaßbar, daß man die energischsten Zweifel zu gewärtigen hat, wenn man derartige Rezereien zu äußeru wagt. Und doch ist es so; die Juden unterscheiden sich bezüglich ihrer Berufsarbeit nur unwesentlich von den Christen; sie treiben Handel und Handwerk wie diese und in großen Prozentjäzen auch Landwirtschaft, mit dem Unterschiede allerdings, daß die Juden ein ungleich stärkeres Kontingent zum Handelsstande stellen als die Christen, wärend diese wiederum in ihrer großen Majorität der landwirtschaftlichen Beschäftigung zugewendet sind.
In Preußen z. B. betrug im Jare 1849 bei einer erwerbsfähigen( männlichen jüdischen) Bevölkerung von 69 610 Personen die Zal der jüdischen Landwirte 940; fie stieg 1852 auf 1043, fant 1855 auf 987, 1858 auf 943 und stieg 1861 wieder
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Die
auf 971. Hiebei sind jüdische Tagelöhner und Gesinde in der Landwirtschaft nicht mit gerechnet; ebensowenig die jüdischen Krugbesizer, die wol ausnamslos auch Ackerbau treiben. jüdischen Handwerker und Gehilfen bezifferten sich im Jare 1849 auf 12 054, im Jare 1852 auf 12 626, 1855 auf 11 556, 1856 auf 11 347 und 1861 auf 11 445, wobei die jüdischen Tage löhner und Lehrlinge nicht mitgerechnet sind. Zum Handelsstande gehörten im Jare 1849 inkl. der Gehilfen 27 166 Juden, 1852 stieg diese Zal auf 30 399, 1855 auf 32 301, 1858 auf 35 654, 1861 auf 38 683 Personen. Der Handelsstand machte im Jare 1861 von den arbeitsfähigen( männlichen) preußischen Juden 55,57% aus, der Handwerkerstand mit Hinzurechnung der Gehilfen und Taglöhner 18%, der Kontingent der Landwirte 7%. Es fielen hienach dem leichten Erwerbe 55,570, und dem schwereren 25% der arbeitsfähigen( männlichen) jüdischen Bevöl ferung zu. Die leztere Zal erhöht sich jedoch, wenn man die Handelsgeschäfte in leichtere und schwerere teilt, zum höheren und leichteren Banquiers, Großhändler, Kommissionsgeschäfte one offnen Laden, Kaufleute mit offenem Laden, Liferanten, Agenten,