die Abenddämmerung mit ihren Schatten hereinbrach. Hie und da ertönte als Andachtssignal von den bewaldeten Vorbergen oder auch aus der Tiefe des Tales das Glöckchen einer Dorffirche oder Waldkapelle, und Herden mit ihrem Schellengeläute heimkehrend vollendeten das Ensemble dieser interessanten Abendlandschaft.
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Auch meine Wenigkeit schritt endlich ins Dorf zurück, um das schüzende Obdach ohne Verirrung zu erreichen. Durch eine Nebengasse meine Schritte lenkend, stand ich bald vor dem ersten Etablissement des Ortes, vor dem Hotel zum„ goldenen Schlüssel."
Drinnen saßen beim splendiden Male und bei gefüllten Pokalen die Herren, die als erwälte Regenten, die Geschicke Uri's lenkten. An jenem Tage hatten diese braven Funktionäre sich hier im Hauptorte des Kantons versammelt und nun beschloß eine gemeinsame Malzeit die Feierlichkeit.
Daß in Uri noch ein gut Teil des patriarchalischen Regiments herscht, zeigte der Umstand, daß der vor dem Etablissement sich befindende Landjäger und uniformirte Polizeidiener gar oft hineingerufen wurde, um mit den Herren da drinnen anzustoßen. Mochte nun der oftmalige Luftwechsel, die Quantität des Genossenen, oder irgend eine ähnliche Bedingung auf den bewaffneten Vertreter der Obrigkeit eingewirkt haben eines stand fest, daß er mehr und mehr, mit dem jedesmaligen Eintreten und Verlassen der gastlichen Räume, etwas von der Sicherheit seines Auftretens einbüßte und bald genug in bedenklicher Weise ins Schwanken geriet.
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D, dieser Landjäger! Am anderen Tage führte uns die Tücke des Schicksals und meine Naivität bezüglich der passenden Auswal eines günstigen Farplazes für einige Stunden zusammen. Im Adler" hatte man mir im zweiten Stock ein kleines
Nach der Verurteilung.( Illustr. S. 260.) Ein inhalts- und folgenschweres Urteil ist soeben gefällt worden: Zwanzigjärige Zuchthausstrafe hat es über den Verbrecher verhängt, dessen großes Vergehen gegen die Sazungen menschlicher Gerechtigkeit schon aus den Fesseln hervorgeht, die man ihm anlegt, wie aus der ihm gewidmeten polizeilichen Leberwachung. Wer einmal einer Gerichtssizung beigewohnt, die über einen so wichtigen Fall, wie den vorliegenden zu entscheiden hat, tem sind auch die verschiedensten und vielfach widersprechendsten Meinungen des zuschauenden Publikums bekant. Wärend die einen schon von vornherein bereits in der Anklage die Verurteilung begründet finden, gibt es doch viele, welche Sympatien für den Angeklagten empfinden und deshalb für milde Beurteilung, wenn nicht gar für Freisprechung plädiren. Und vollends in dem Falle, der hier soeben seinen verhängnisvollen Abschluß gefunden Der Angeklagte, wenn auch schon von Haus aus ein armer, so doch im übrigen kein schlechter Mensch, ist lediglich durch seinen Jäzorn ins Verderben gekommen. Schon mehreremale hat er sich durch Ausbrüche ungezügelter Wut bedenkliche unannehmlichkeiten bereitet, aber immer ist er noch so ,, mit einem blauen Auge" davon gekommen. Diesmal jedoch hat er, von der Leidenschaft fortgerissen, einen Todschlag verübt und zwar, was um so erschwerender für ihn, an einem jener Sicherheitsorgane, die wir unter den verschiedensten Beziehungen als Sicherheits- Wachtmann, Schuzmann, Gensdarm . 1. w. fennen, sie gemeinhin aber mit dem einfachen Namen Polizisten bezeichnen. Die Tat geschah, wie gesagt, nicht mit Ueberlegung, ia nach den Begriffen mancher Leute war sie sogar ein Aft der Notwehr. Bon dem nunmehr toten Sicherheitswächter wegen Ruheſtörung bei nachtschlafender Zeit arretirt, wurde er von diesem unter allerhand Büffen und Stößen nach der Wache gefürt, sezte sich aber unterwegs gegen diese Behandlung zur Wehre, der Beamte zieht blank", ein hieb nach ihm und schon sinkt ersterer von einem Messerstich getroffen tot zu Boden. Das war noch etwas mehr als eine Auslehnung gegen die Staatsgewalt, an mildernde Umstände war daher bei den Richtern nicht Redeſchlagend" nachgewieſen, wie nötig es ſei, einmal ein Exempel zu statuiren. Dem haben nun auch die würdigen Herren Richter entsprochen und das schwerste Strafmaß verhängt. Wie dies Urteil vom Publikum aufgenommen wurde, zeigt unser Bild nur zu deutlich. Der greise Vater wie das Weib des Verurteilten sind hart getroffen und zu sehr von der Schande überzeugt, die dadurch zeitlebens über sie gekommen, denn der Ausspruch, der bloße Gedanke, daß der Sohn, der Mann, der Vater im Zuchthause sizt, genügt in ihrem Heimatsorte und Umgebung, um auch sie dauernd als von einem Makel belastet zu betrachten. Das zeigt so recht klar links der verächtliche Blick des bebrillten behäbigen Schuhmachermeisters, aus dem unleugbar zu lesen ist: dieses Pack ist doch von vornherein zu nichts Gutem in der Gesellschaft nüze und verdiente gänzlich ausgerottet oder doch mindestens samt und sonders ins Zuchthaus gesperrt zu werden." Anders denken Sie kennen und bedauern ihn und würden ihn sogar freigesprochen die beiden Arbeitsgenossen des Verbrechers, da vorn an der Barriere. haben, wenn sie mit der Funktion des Aburteilens betraut worden
nur
wären.
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Diese verschiedenen Stimmungen hat auch der Künstler sehr
Zimmer angewiesen, dessen Fenster gerade die Aussicht auf den in geringer Distanz vor dem Gebäude sich erhebenden Tellsturm bot. Bald war das einfache Nachtmal beendet und mein gewönlicher Abendgenuß auf allen Wanderfarten, eine regelrecht gestopfte Pfeife, fam nun an die Reihe, um als letztes Labsal mich zu erquicken.
Die stille, verkehrslose Ortschaft stimmte mich an jenem Abend etwas melancholisch. Zudem hatte mich der Abschied von guten Freunden am Tage vorher, das Ungewisse und Unbehagliche einer zweifelhaften Zukunft und damals recht unsicheren Lebensstellung ein wenig niedergedrückt.
Es war kein Wunder, daß ich unruhige Träume und einen durchaus schlechten Schlaf hatte. Zechende Kantonsregenten, altertümlich gekleidete und ärmlich ausstaffirte Volkshelden wurden in meinen Träumen in wechselnder Reihenfolge von eleganten, hüpfenden und springenden Saisonkellnern abgelöst, denen sich schließlich mehr oder weniger benebelte Landjäger im bunten Reigen beigeſellten.
Bulezt glaubte ich mich auf der ,, Gaunerkilbi" und Vagabun denkirchweih von Gersau zu befinden, nur hatten alle Teilnehmer dieser geträumten Feierlichkeit verteufelte Aehnlichkeit mit diesem oder jenem angesehenen Manne, und dergleichen tolles Zeug häufte sich schließlich in ganz unveranwortlich respektswidriger Weise derartig an, daß ich endlich darüber erwachte und für den Rest der Nacht des Schlafes entbehrte.
Mit etwas bleichen, übernächtigen Gesicht begrüßte ich den folgenden Morgen und hoffte nun einen sofortigen reichen Genuß während der Fahrt über den St. Gotthard zu erleben.
( Fortsezung folgt.)
scharf farakterisirt und man braucht nur die Mienen der hintenstehenden Personen zu betrachten, um die Gefüle, welche sich hier pro oder contra regen, zu erkennen. Julius Geery, ihm verdanken wir das Werk, wurde am 21. April 1837 in Hamburg geboren, und erhielt dort, in Karlsruhe und in Düsseldorf , wo er sich schließlich ganz niederließ, seinen Unterricht in der Malerei. In Paris und in Holland , wo er die Meister des 17. Jarhunderts studirte, hielt er sich 1864 auf. Seine Stärke ist das Genre, und seine Bilder zeigen, daß er das Leben scharf beobachtet und kennen gelernt. Dafür dürfte denn auch das Bild, welches wir heute unsern Lesern vorgefürt, sprechen.
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nrt.
Der Uhu als Lockvogel.( Illustr. S. 261.) Wie der FürstReichskanzler unter den Politikern der bestgehaßte" Mann zu sein behauptet, so ist der Uhu, der Schuhu, Buhu, Buhua, Auf, Gauch oder wie der wilde Gesell nun heißt, der am meisten gehaßte unter den Vögeln und zwar wird ihm nicht nur Haß entgegengebracht von den Schwächeren, die oft seine Kampflust fühlen müssen, auch die Verwanten seines Stammes sind erbost über ihn und suchen ihm hie und da etwas am Zeuge zu flicken. Dieser Umstand mag nun Veranlassung gewesen sein, daß sich bei der stürmischsten der neuesten Reichstagsdebatten der Leiter der deutschen Politik mit einem Auf" verglich, ob mit Glück wollen wir hier nicht untersuchen. Für uns genügt es zu wissen, daß der Bursch da, dem diese Ehre zuteil wurde, von den Jägern eingefangen und angefesselt wird, und die auf ihn wütenden andern Vögel herantockt, welche der schlaue Jäger nun mit Leichtigkeit erlegen kann. Anstatt ihren Haß und ihre Rache an dem gefärlichen Räuber auslassen zu können, werden sie einfach die Beute eines dritten Stärkeren und gehen elend zugrunde. Man sieht, boshafte Menschen könten leicht aus dem oben genanten fürstlich- bismarckschen Vergleich malitiöse Schlüsse ziehen oder gar noch bedenklichere Nuzanwendungen machen. Genug, unser Uhu ist die größte aller Eulen, wird über 2 Fuß lang und 5
Fuß breit. Der Fittig mißt 16, der Schwanz über 10 Zoll. Sein ebenso reiches wie dichtes Gefieder ist auf der oberen Fläche dunkelroſt
gelb und schwarz geflamt, auf der Unterfläche rostgelb und schwarz gestreift. Die hier durch die eigentümliche Stellung wenig sichtbaren Federohren sind schwarz, auf ihrer Innenseite gelb eingefaßt. Die Stehle ist heller gefärbt; die Schwung- und Schwanzfedern sind abwechselnd mit gelblichen und braunen Punkten gezeichnet. Jede Feder hat schwarzen Schaft und ist mit schwarzen Querstreifen versehen. Der scharfe Schnabel ist dunkelblaugrau, das Auge von prachtvoller goldgelber Farbe und am äußern Rande rötlich. Männlein und Weiblein sind nur in der Größe verschieden. Verbreitet ist seine Familie wol über die ganze Erde, namentlich komt er in Europa überall vor, wo sich sein Lieblingsterrain, Felsen und große Waldungen, vorfinden. Am liebsten hält er sich an Felswänden in großen Wäldern auf. Den Menschen als seinen gefärlichsten Feind, fürchtet er; auf Tiere und selbst große, wie Rehe und Hirsche, macht er Angriffe oder verteidigt sich doch gegen etwaige Angriffe ihrerseits mutig und erfolgreich. Des Nachts, wo er erst so recht auflebt, ist er gegen seine Feinde immer vorsichtig, aber auch des Tags, wo er selten sichtbar ist. Seine den