16

-

268

Felsen und der Baumrinde sehr ähnliche Farbe komt ihm hierbei treff lich zustatten. Wenn er aber doch von diesem oder jenem Sing­vogel wargenommen wird, fängt dieser einen mächtigen Skandal an, der seine Genossen wie alle übrigen befiederten Feinde dieses Nacht­vogels herbeilockt, um sich an der Verfolgung desselben zu beteiligen. Am Tage schläft er mit halboffenen Augen, doch weckt ihn das leiseste Geräusch. Mit Einbruch der Nacht begint seine Jagd, wobei ihm seine sehr scharfen Augen, sein scharfes Gehör und leiser Flug treff­lich unterstüzen. Durch Beobachtungen ist festgestellt worden, daß er Kaninchen, Hasen, Enten, Auer-, Birk- und Rebhühner und Gänse an­greift, sie tötet und verzehrt; selbst die spizen Stacheln des Jgels ver mögen ihn nicht zu schrecken. Mäuse und Ratten bilden aber seine Hauptnarung und dadurch wird er für den Menschen zu einem der nüzlichsten Geschöpfe. Das ist aber auch mit seinen Verwanten der Fall. So wird von kundigen Beobachtern behauptet, daß ein einziger Steinfauz in einem Jare mindestens 1500 Stück Mäuse vertilge. Wie gefräßig die Eulen sind, dafür einige Beispiele. Zunächst fressen oder würgen sie vielmehr ihre Beute buchstäblich mit Haut und Haaren hin­unter und verschlucken auch die Klauen mit. Knochen, Haut, Hare und Federn ballen sich nach der Verdauung im Magen zu Kugeln zu­sammen und werden unter den sonderbarsten Bewegungen ausgespien. So fand ein Forscher bei der Untersuchung von 706 solcher von der Schleiereule ausgespienen Bälle Ueberreste von 16 Fledermäusen, 240 Mäusen, 693 Wülmäusen, 1580 Spizmäusen, 1 Maulwurf und 22 Kleinen Vögeln; in 210 solcher Gewölle des Waldkauzes fand er Reſte von 1 Hermelin, 48 Mäusen, 296 Wülmäusen, 1 Eichhörnchen, 33 Spiz mäusen, 48 Maulwürfen, 18 kleinen Vögeln, 48 Käfern one die unzäl­baren Maikäfer. In 25 solcher ausgespienen Bälle der Waldohreule fanden sich Reste von 6 Mäusen, 35 Wülmäusen und 2 Vögeln; in 10 Gewöllen des Käuzchens 10 Waldmäuse, 1 Spizmaus und 11 Käfer. Unser Uhu verzehrt nun noch, wie oben schon bemerkt, mit großer Vor­liebe Hasen und so wird denn berichtet, wie man einst im Röhricht einen Uhuhorst gefunden habe, um den herum die Reste von Hasen, Enten, Reb- und Bleßhühnern, Ratten, Mäusen, Igeln u. s. f. gelegen hätten und zwar sei von den Alten für ihre Jungen von dem Getier soviel herbeigeschafft worden, daß eine Bauernfamilie auch noch davon wochenlang Fleisch zu essen gehabt hätte. Das Bäuerlein war täglich hingegangen und hatte sich einen Teil der frischen Beute des Uhu an­geeignet. Die Paarungszeit ist in den ersten Monaten des Jares, meist im März, wo die Alten sich durch besonders großen Skandal be­merkbar machen. Das Männchen soll ein ebenso liebevoller und zärt­licher Gatte, wie das Weibchen eine besorgte Mutter sein. Ersteres verteidigt leztere wie die Jungen auf das mutvollste und sorgt wärend dem Brutgeschäft für reichliche Azung. Die Jungen werden förmlich überfüttert. Der Horst ist sehr einfach, am liebsten nemen sie das fertige und verlassene Nest eines Raben oder schwarzen Storches. Auch gegen gefangene Genossen ist der Uhu ein geselliger Kamerad, der reichliche Unterstützung spendet, wie folgende Geschichte beweist. Ein Oberförster hatte einen Uhu gefangen und merkte eines Tages, wie sich in der Nähe seiner Wohnung ein andrer wilder einstellte. Er sezt den ge­zämten gefesselt ins Freie, der wilde gesellt sich hinzu und füttert von Stunde an jede Nacht seinen gefangenen Kollegen und bringt ihm innerhalb 4 Wochen 3 Hasen, 1 Wafferratte, unzälige andre Ratten und Mäuse, 1 Elster, 2 Drosseln, 1 Wiedehopf, 2 Rebhühner, 1 Kiebig, 2 Wasserhühner und eine Wildente. Und so werden noch ähnliche Fälle von verschiedenen Seiten erzält. Man hat auch junge Exemplare in der Gefangenschaft aufgezogen. Besonders zahm und gesellig wer­den sie in diesem Zustande aber nicht, und sie sind auch gegen den, der ihnen täglich das Futter bringt, ebenso wütend wie gegen jeden an­dern, der sich dem Käfig naht. Seinesgleichen läßt er jedoch in Frie­den, wärend schwächere Vögel von ihm unbarmherzig aufgefressen werden. Was sie überhaupt mit ihren Krallen gepackt, entweicht ihnen, wenn es nicht stärker ist, nicht wieder und ist unrettbar verloren. Was das gesamte Eulengeschlecht für eine Rolle in der Sage gespielt, was ihm namentlich der Aberglaube angedichtet, ist sehr interessant, fann jedoch hier nicht erörtert werden und gibt vielmehr Stoff zu einer andern in­teressanten Arbeit. Daß dieser ,, bestgehaßte" und vielfach verabscheute Geselle auch seine guten Seiten hat, wird vorstehende Skizze aber schon deutlich genug zeigen.

-

nrt.

Aus allen Winkeln der Beitliteratur. Fortschritte in der elektrischen Beleuchtung. Man erinnert sich, wie der Streit zwischen den Vertretern der Gasbeleuchtung und dem elektrischen Licht in lezter Zeit, namentlich seit den Erfindungen Edisons, hin und her geschwankt und wie namentlich die bei Gas- Aktien­

-

| Gesellschaften mit Kapital beteiligten Unternehmer resp. deren Wort­führer dem neuen Beleuchtungssystem durch Elektrizität keine günstige Zukunft prophezeit haben. Man verteidigte auch hier, was man in seinem eigenen Interesse gern erhalten möchte. Doch scheint der neue Konkurrent sich um diese schönen Wünsche nicht besonders zu kümmern, wie folgende Nachricht zeigt. Die amerikanische ,, Brush Electric Light Company" hat nämlich den städtischen Behörden von Cincinnati   das Anerbieten gemacht, die elektrische Beleuchtung der Straßen und Pläze zu einem Preise zu übernehmen, der 25% niedriger ist, wie der für die Gasbeleuchtung gezalte Betrag. Die genante Gesellschaft will Türme errichten, die 60 Meter hoch, in ähnlicher Weise wie Leucht­türme durch elektrische Lampen ein Licht von 16 000 Kerzenstärken aus­senden. Um aber eine gleichmäßige Beleuchtung zu erzielen, sollen außerdem noch in den Straßen auf 23 Meter hohen Pfosten elektrische Lampen angebracht werden, welche je ein Licht von 2000 bis 4000 Kerzenstärken verbreiten und die zu diesem Zwecke projektirten dynamo­elektrischen Maschinen sollen eine Leistungsfähigkeit von 200 000 Kerzen stärken befizen. Geradlinige Straßen, wie die in amerikanischen Städten sind der Ausfürung eines solchen Unternehmens günstig. Welche Vor­teile das elektrische Beleuchtungssystem für Fabriksäle besizt, ist bekannt, ebenso für Teater und Unterhaltungssäle. In einer Spinnerei zu New­Jersey sind 578 Gasbrenner durch 71 edisonsche Lampen ersezt worden. Neuerdings versucht man nun bereits die elektrische Beleuchtung beim Bergbau einzuführen. Welche Fortschritte dies gerade hier, wo durch die Delbeleuchtung beständige Explosionsgefahr vorhanden ist, zeitigen würde, liegt flar zu tage. Auch zur Beleuchtung der Schiffe fängt man an die neue Beleuchtungsweise anzuwenden, und in Frankreich   will man Versuche damit im großartigen Maßstabe zur Beleuchtung der Küsten anstellen.

Sprechsal für jedermann.

ff.

Noch einmal das ,, Hans in Bewegung". Herr Jakob Neef in Omaha  , Staat Nebraska  , schreibt uns unterm 2. Januar: In Nummer 2 der ,, N. W." befindet sich eine Abbildung nebst Schilderung eines Häusertransports in Amerika  , nach v. Hübner. Zeichnung und Schilderung entsprechen so ziemlich der Warheit; nur daß auf dem Bilde wol etwas zu viel Zuschauer angebracht sind, da das Transportiren von Häusern in Amerika   etwas so alltägliches ist, daß das Publikum nicht mehr darauf achtet, als auf jedes andere alltägliche Geschäft. So vergeht z. B. hier in Omaha   auch nicht eine Woche, daß nicht in irgend wohner des Hauses wärend des Transports nicht ausziehen und in einer Straße ein oder zwei Häuser am Wandern sind. Daß die Be demselben so sortleben, als ob das Haus noch ruhig auf seiner frühern Stelle stehe, ist nicht nur natürlich, sondern auch weniger waghalsig, als sich vielleicht mancher denken mag. Da sich fast ausschließlich in jedem Hause ein Klavier und eine Nähmaschine befinden, das erstere aber meistenteils mehr als die leztere in Arbeit ist, so komt es natür lich auch sehr häufig vor, daß aus den offenen Fenstern des wandernden Hauses die Töne eines Klaviers herabdringen, wobei der gemütliche Yankee auf dem Balken in seinem Schaufelstule sizt und Zeitung liest, dabei sich nicht mehr um das Fortbewegen seines Hauses be fümmert wie der Mann im Monde um die Politik Bismarcks. Das Transportiren von Häusern ist hier sozusagen zu einem regelrechten Handwerk geworden. Diese Häusertransportirer vollbringen ihre Arbeit so geschickt, daß die Insassen des Hauses wol faum spüren, daß sich das Haus fortbewegt. Daß Häuser von 50 Fuß im Quadrat und 2-3 Stockwerk hoch oft 1/2 Stunde und weiter transportirt werden, ist nichts außergewönliches. Ist das Haus zu groß, um es zu transportiren, so wird es an geeigneter Stelle vom Dache herunter durchschnitten und in zwei Teilen transportirt, worauf es an seinem Bestimmungsorte an gelangt wieder zusammengesezt wird. Der erfindungsreiche Yankee benuzt aber auch noch andere Wege, als auf dem Bilde angegeben ist, um seine Häuser zu transportiren. So wurde vor kurzem ein, einer Eisen bahnkompagnie gehöriges Haus, das 11/2 Stockwert hoch ist und 35 Fuß im Quadrat auf folgende Art transportirt: Das Haus wurde an den 4 Eden mit Schrauben ungefär 5 Fuß tief hinanfgeschraubt, dann vom Eisenbahngeleise nach dem Hause der Grund in schräger Richtung so tief abgetragen, daß, nachdem man in diesen Einschnitt die Schienen gelegt hatte, ein Eisenbahnwaggon unter das Haus faren konte. Dann wurden die Schrauben heruntergedreht, so daß das Haus auf den Waggon zu stehen kam, eine Lokomotive wurde davorgespant, und nun ging es mit seinen Insassen dem etwa 2 Stunden entfernten Bestim mungsorte zu, und dort wurde das Haus wieder aufgestellt. Die ganze Arbeit hatte etwa 12 Stunden gedauert.

Meine erste

Inhalt. Im Kampf wider alle. Roman von Ferd. Stiller.( Forts.) geschichtliche Stizze von H. S.( Schluß.) Die Einfürung der warmen Getränke in Europa  . Kultur Die Berufstätigkeit der Juden in Deutschland   und Rußland  . Von C. Lübeck. Gotthardfart. Reiseskizze von Carl Stichler. Nach der Verurteilung.( Mit Illustration.). Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: Fortschritte in der elektrischen Beleuchtung. Sprechsal für jedermann: Noch einmal das Haus in Der Uhu als Lockvogel.( Mit Illustration.) Bewegung".

-

-

-

Berantwortlicher Redakteur Bruno Geiser in Stuttgart.  ( Neue Weinsteige 23.) Expedition: Ludwigstraße 26 in Stuttgart  . Druck und Verlag von J. H. W. Dieß in Stuttgart  .

1433

3

S

2

Fet

VII.