285

Verkommenheit, in dem wir hier den russischen Staat antreffen.| welche sich ihr in finanzieller Richtung erschlossen, waren aller­Das Streben nach sittlicher Hebung des Volkes, nach Milderung dings verfürerisch genug. Bei der großen Beliebtheit des Brant­und Veredlung

seiner Angehöri­

gen scheint ihm nicht nur größten­teils verloren ge= gangen zu sein, als Monopolin­haber macht er auch den Eindruc eines direkten Gegners der Milderung und Veredlung der Volkssitten troz vielfacher Ver

suche, den Bil­dungsgrad

der

Massen zu heben. Je tiefer wenig stens die Kultur­stufe des Volkes, je größer seine Roheit und Bar­barei, um so leichteres Spiel hat der Brant­weinteufel, und um so blühender wird das Brant­weingeschäft der Krone sich ge= stalten.

Drei Jarhun derte hindurch hat die russische Krone das Brantwein­monopol besessen, ungeheure Sum

men daraus ge= zogen, das Volk aber ist dabei tief ins Elend gesun­fen, materiell und geistig ruinirtund in einen Zustand versezt worden, der es weit hinter den Kulturvölker Europas zurück­bleiben und im übrigen reif wer­den ließ für jeden Absolutis­

mus.

-

Es liegt uns fern, damit sagen zu wollen, daß ein solcher Zweck der russischen Krone" bei Ein­fürung des Mo­nopols vorge Schiebt habe.

Einen Vorwurf

aber muß sie sich

unter allen Um ständen gefallen lassen, den näm lich, daß sie im Augenblick, als sie das Brantweingeschäft zu ihrem Monopol erhob, die höheren sittlichen Aufgaben, die ihr gestellt waren, total überfah, obwol die verhängnisvollen Folgen des Brantweingenusses da­mals schon klar zu Tage lagen. Ihr Gedanke war allein der finanzielle, dem gegenüber alle anderen Rücksichten und selbst die schreiendsten und dringendsten schweigen mußten. Die Aussichten,

Henri Siemiradzki.( Seite 291.)

uoa

Der Schwertertanz

weingenusses ver­hieß das Mono­pol ganz bedeu= tende Einnamen und diese mußten sich in demselben Maße steigern, in dem der Brant­weinkonsum wuchs. Indem die Krone" das Brantwein­monopol einfürte, erwuchs ihr von selbst die Pflicht, alles zu tun, was seine Ergibigkeit erhöhen fonte. Eswar eine schiefe Ebene, auf welche sie mit dem Mo­nopol sich begab; sie mußte notwen digerweise mehr und mehr den sittlichen Boden unter den Füßen verlieren und zur Steigerung des Brantwein geschäfts zu Mit­

keit

teln greifen, die mit der Sittlich­und den höheren Staats­zwecken unverein­bar sind. Was ursprüng­lich vielleicht nicht beabsichtigt

-

der Appell an die niedrigsten Triebe, er mußte erfolgen, Staatsinteressen erheischten ihn

die

und zwangen, demselben eine ganz spezielle Bflege zu wid men. Die leztere mußte sich zn einer besonderen Kunst entwickeln und die Regi­rung in Den schärfsten Gegen­saz zu allen Be­strebungen bringen, die auf die Bekämpfung des Brantwein­genusses gerichtet waren. Wir sehen sie auch direkt diesen Bestrebun das gen auf feindlichste begeg= nen*). So mußte

die Krone schließlich zur ersten Ausbeuterin des Volkes werden und der Ausbeutung die Pflege der Moral und Sittlichkeit des

*) Es gibt Befehle von Nikolaus und Alexander II. , welche die Bestrebungen der Temperenzler als liberal und staatsgefärlich signali­siren und ihre energische Bekämpfung den Behörden zur Pflicht machen.