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liche männliche Kunstgenosse fehlt, der Tanz ist gleichfalls anders auf­gefaßt und zu der einen Flötenbläserin haben sich noch zwei Kunstge nossinnen mit Tamburin und Leier gesellt. Die zuschauende Gesellschaft ist mit den Opfern des Bacchus beschäftigt wie die alten griechischen Weisen auch. Was anderes ist es, ob sie diesem Spiel mit demselben naiven Gemüt zuschauen wie die wirklichen Griechen, unter denen einer und zwar Sokrates, an diesen Künsten bei dem genanten Male feinen Gefallen finden wollte, sondern es lieber sah, wenn er beim fleißigen Zuspruch des Bechers geistiger Beschäftigung in lebhafter Rede und Gegenrede pflegen konte. Aber mir däucht als hätte unser Künstler diese beim griechischen Gastmale übliche Erheiterungs- oder Belusti­gungsszene nicht mit den Augen angesehen wie diese an das Nackte von Jugend auf durch Erziehung und Brauch gewönten Männer, und dadurch dürfte denn auch ein Unterschied in der künstlerischen Auffassung entstehen, ein Unterschied, der sich nicht zum Vorteil seines Werkes äußert. So blendend schön und reizend auch das hier vorge­fürte Bild erscheint, so wird man seinen Wert doch erst dann richtig beurteilen können, wenn man das Original vor sich sieht, denn im Kolorit liegt die Stärke und die hervorstechendste Eigentümlichkeit Siemi­radzkis, liegt richtig gesagt der Reiz seiner Bilder. Und hierin ist er eine für unsere Zeit so farakteristische Erscheinung, daß es der Mühe lohnt, ein par Worte darob zu verlieren. Henri Siemiradzki wurde 1843 als Sohn eines russischen Generals, dem Sprossen einer lithaui­schen Adelsfamilie, und einer Polin in Charkow geboren, wo er studirte und sich den Doktortitel erwarb. Hierauf( 1864) ging er nach St. Petersburg , wo er in die Akademie der bildenden Künste eintrat, die er nach vier Jaren mit zwei Medaillen ausgezeichnet verließ, um auf Staatsfosten sechs Jare lang im Auslande zu verweilen. Nachdem er in München unter Piloty seine Studien fortgesezt, ging er nach Rom , wo er sich später dauernd niederließ. Hier malte er mehrere seiner Bilder, welche großes Aufsehen erregten, vor allem aber seine Lebenden Fackeln Neros". Es ist genügend bekant, wie dieses ärgste Scheu­sal unter den römischen Kaisern die Christen verfolgte und welch grausame Kurzweil sich derselbe mit den armen Anhängern der christlichen Lehre erlaubte. Eine der gräßlichsten Szenen hat Siemiradzki auf seinem Kolossalbilde dargestellt.

das Land von einem Hauptpunkte zum andern auf den schlechten aber direkten Verbindungslinien des Verkehrs der Eingebornen durchzogen werden. Von Eisenbahnen gab es anfangs 1855 nur die kleine Strecke von Kalkutta bis Ranigandsch, 132 engl. Fuß( 40,3 Meter) ansteigend; vielfach waren dagegen selbst den Verkehrswegen des Handels entlang auch den Reisenden Kameele und Elephanten nötig. In Hochasien hatte Hermann auf der indischen Seite des östlichen Himalaya zunächst die Gebiete von Bhutan und Sikkim und später auch Nepal allein durch zogen; 1856 war er mit seinen Brüdern im Nordwesten zusammenge­troffen, und hatte dann, auf jenen Wegen von Robert begleitet, von Kaschmir durch West- Tibet bis Ost- Turkestan, mit nicht unbedeutender Veränderung der Marschlinien wärend des Vordringens und wärend der Rückkehr, die Gebiete des westlichen Hochasien durchforscht. Es war dabei möglich geworden, was bis zu jener Zeit noch keinem Europäer gelungen war, die chinesischen Grenz- und Zollwachen zu umgehen und verkleidet sowol die Karakorumkette als die Künlünkette gegen Norden zu überschreiten. Sogleich nach der Rückkehr nach Europa im Juni 1857, wurden die Vorarbeiten zur Publikation in einem Prachtwerke mit ausschließlich wissenschaftlichem Texte und großem Folio- Atlas begonnen. Es sind bis jezt unter anderm die Tabellen und Kurven des Magne­tismus, die Ortsbestimmungen, Höhenmessungen, klimatischen Verhält­nisse und Temperaturtabellen erschienen. Erst als diese in objektiver Bearbeitung vorlagen, erschien auch von Hermann deutsch der beschrei­bende Reisebericht. Unter den geographischen Ergebnissen ist das wich­tigste, daß dabei, wie soeben genant, zwischen dem Himalaya und dem Künlün die centrale Karakorumkette sich zeigte, und daß sich diese, nicht der Künlün, als die wasserscheidende erkennen ließ, die zugleich gegen Westen an die Kette des Hindukusch sich anschließt. Für das westliche Tibet ist die Uebergangsstelle nach Ost- Turkestan der Karakorum - Paß, 18 345 engl. Fuß( 5592 Meter) hoch, und es ist auch in den Um­gebungen gegen Westen und gegen Osten desselben ein weniger hoher Baß bis jezt noch nicht bekant geworden. Die ganz unerwarteten Effekte starker Auswaschung in Hochasien, mit welcher auf der indischen Seite des Himalaya der Mangel an Wasserfällen und Seen, bei den in Tibet noch erhaltenen Seen der Uebergang aus Süßwasser in Salzwasser sich ver­bindet, sind für die topographischen Verhältnisse gleichfalls neue Daten. Mit den Reisen war auch die Anlage großer Samlungen verbunden, und es sind dabei nicht nur die naturgeschichtlichen Fächer vertreten, sowie Etnographie von den Gegenständen der Kunsttechnik und Waffen­formen bis zur einfachen Bekleidung, sondern es finden sich für Antro­pologie speziell Skelete und Schädel, sowie hunderte ,, plastischer Racen­typen", die, ungeachtet schwieriger Ausfürung, Gegenstand der Publi­fation wurden und vielfach in den Museen ersten Ranges jezt aufge­stellt sind. Der Heimgekehrte wurde nebst seinem Bruder von Maxi­milian II. von Bayern in den Adelsstand erhoben; 1864 erhielt er den Beinamen Safünlünsti, 1866 mit dem Comthurkreuz des mexikanischen Guadeloupe - Ordens den Freiherrntitel. Er ließ sich dann, ausschließlich gar von der Staffage gefangen genommen wird, sondern von der lich mit der Bearbeitung seiner asiatischen Forschungen beschäftigt, als Mitglied der königlich bayerischen Akademie in München nieder mit temporärem Aufenthalt auf Schloß Jägersburg, bei Forchheim in Ober­ franken , dessen Besiz anfangs zur Aufstellung und Bearbeitung der Samlungen sich nötig zeigte. Sein Tod erfolgte am 23. Jan. d. I. in München .

Man kann nun bei dem Ruf, den dieser Künstler als Historien­maler genießt, mit Recht auf die Ausfürung gespant sein. Der histo­rische Stil wird sich immer darin äußern, daß der Künstler aus der großen Fülle von Erscheinungen das wesentliche zur Darstellung bringt und daß er den Kern, den seinem Werke zugrunde liegenden Gedanken einfach und groß, das Ganze beherschend und durchdringend vorträgt. In der Einfachheit zeigt sich erst der Meister, sie groß und erhaben zu bilden, das haben uns gerade zurgenüge die Meister der Antike ge­lehrt. Anordnung und Ausfürung des Stoffs muß derart klar sein, daß der Beschauer beim Anblick nicht von einzelnen Szenen, womög­Idee, vom ganzen Werke. Dominirt die Idee derart im Kunstwerk, dann mag die Karakterisirung noch so sein, scharf und tiefsinnig, die schöne Gestaltung noch so großartig sein, sie wird uns leiten und fesseln und uns allmälich das Geheimnis des künstlerischen Genius klar und rein vor die Seele füren. Ist das nun der Stil Siemiradzkis? Wie löst er seine Aufgabe?

Vom Goldenen Hause" des Nero haben unsere Leser wol schon gehört. Es war ein Komplex von prunkvoll und überreich ausge­statteten Marmorpalästen mit Portiken, vielarmigen Freitreppen, inner­lich in der luxuriösesten Weise mit Gold und Marmor geschmückt, und so ein sprechendes Bild von der Uebersättigung und Wollust des römischen Cäsarentums gebend. Inmitten der Front dieses Baues erhob sich auf riesigem Postamente die vergoldete Kolossalstatue Neros. Auf dem Bilde links im Vordergrunde steht das Piedestal aus weißem Marmor mit einem Hautrelief geschmückt, die ganze enorme Höhe des Bildes einnehmend, so daß oben noch die Zehen der Statue sichtbar sind. Natürlich dominirt nun auf zwei drittel der Bildfläche die Fassade des grandios blendend geschmückten Hauses selbst als Hinter-, richtiger aber gesagt Vordergrund. Ein Wasserbassin ist vor dem genanten Bostamente, zu dem breite Stufen bis zur Hälfte hinauffüren. Die riesige große Frei­treppe und die eben so große Säulenhalle des Palastes, die goldver­alles aus kostbarstem Ma­zierten Geländer, die Sphingen u. dgl. teriale hergestellt, blendet den Beschauer. Die untersten Stufen der Treppe wie der Plaz vor dem Hause sind mit einem wüst komponirten Haufen Menschen besezt, aus deren Gesichtern und Haltung die totale sittliche Verdorbenheit jener römischen Zeit nur allzudeutlich zu lesen ist. In der oberen Halle und Treppe stehen römische Große, unter denen sich manches feiste Gesicht befindet, das an die Pfaffen des heutigen Rom erinnert, die dem Schauspiel gierig lauschen. Im Mittelpunkt der Treppe be­findet sich Nero selbst oder vielmehr seine von acht nubischen Sklaven getragene Sänfte, denn ihn mit einem seiner Weiber sieht man kaum darin. Rechts auf dem lezten Dritteil des Bildes sieht man in die kaiserlichen Gärten, und hier sind hohe starke Baumstämme in die Erde geramt, an deren oberen Enden die armen Christenopfer in leicht

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Der Schwertertanz.( Siehe Illustration S. 285.) Der erste und eigentliche Teil des Festmales ist vorüber und die Teilnemer gehen jezt zu der nicht minder wichtigen Fortsezung über, zum lustigen Gelage. Aber hierbei soll nach allgemeinem Brauch nicht nur der Gaumen ge­nießen, auch Auge und Ohr sollen teilnemen. Und so tritt er denn her­ein, um sein Teil zur Erhöhung der Feststimmung beizutragen, der Chef der kleinen Künstlertruppe, die aus einer reizend schönen Tän­zerin, einem mit dieser an Anmut und Schönheit wetteifernden Knaben und einer Flötenspielerin besteht. Die Tanzweise ertönt und in gra­ziösen Bewegungen vollfürt die Schöne den Tanz, dabei mit einer An­zal Reifen ein ebenso reizendes wie gewantes Spiel treibend, wärend sie in den Pausen von ihrem jugendlichen Begleiter, der in dieser Kunst nicht minder bewandert ist, abgelöst wird. Aber sie begnügt sich in ihren Produktionen nicht mit dem graziösen Tanze allein, sie verbindet damit auch schwierige und mit Gesar verbundene Leistungen. Ein gro­Ber Reifen wird gebracht, der rings mit Schwertern besteckt ist und deren scharfe Spizen nach oben gerichtet sind. Und da mitten hindurch mit dem Kopf voran vollfürt sie ihren Tanz mit einer Geschicklichkeit, die fie vor jeder Verlezung bewart und die mit ihren reizvollen Bewegungen im Tanze wetteifert. Oder sie steckt die Schwerter in geringen Entfer­nungen auseinander mit den Griffen in den Boden, die feingeschliffenen Spizen nach oben gekehrt und vollfürt nun auf den Händen gehend und so die zarte Laſt des Körpers im Tanzen fortbewegend, ihre schwierige Kunst, von den Zuschauern bewundert und mit Beifall und Gaben belohnt. So war es wenigstens üblich bei den kunstliebenden und-übenden Griechen, wie uns Xenophon in seiner Schilderung des Gastmals des Kallias erzält. Und diesen Brauch, der wie wir beiläufig bemerken wollen, noch von andern Kunststückchen begleitet oder abge­den Gemäldes benüzt, das wir heute in einer Holzschnitt- Reproduktion unsern Lesern vorfüren. Man sieht, die ganze Szenerie des Bildes trägt ausgedrückt ist auch der Blumenschmud an den Opferstämmen. Aber

brennbare Stoffe bis an den Hals gewickelt, mit Stricken befestigt

sind. Nur die Gesichter von zweien, einem Greise und einem jungen

Mädchen sind zu erkennen, dagegen umsobesser die der Henkersknechte,

welche unten das Feuer schüren und eben im Begriff sind, vermittels Fackeln die ,, lebenden Fackeln" zn entzünden. Umsobesser und klarer