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vorigen Jares das österreichische Wehrgesez publizirt wurde, welches zu den vielen Steuern noch dem armen, besizlosen Bauern seine zur Eristenz nötigen Hände zum Zweck des Waffendienstes wegnemen wollte, brach der Aufstand los. Dazu bestimte dieses Gesez nicht nur die Schaffung einer Landesverteidigung, sondern eine Aushebung von Manschaften zur Verteidigung des gesamten Kaiserstaats. Hatten nun dies schon die Bewohner insofern als einen Eingriff in ihre vom ,, Berliner Vertrag" garantirten Rechte bezeichnet, indem die militärische Aushebung erst dieses Früjar stattfinden durfte, so hatte ein Zeitungsforrespondent auch andererseits nicht unrecht, wenn er sagte, daß sich Desterreich einer staats- und völkerrechtlichen Erschleichung" schuldig mache, wenn es für sich dort Soldaten aushebe, indem es dort nicht souverän, sondern nur interimistischer Besizer sei. Nun, die an Kampf gewönten Söhne der Berge haben in ihrer Art auf all dies geantwortet und sollen die Angaben sind verschieden über 6000 Bewaffnete verfügen. Um sie zu bezwingen wird nach Angabe von mit den dortigen Verhältnissen vertrauten Männern eine Armee von 60 000 Soldaten mit Flinten und Kanonen nötig sein. 26 000 Mann mit 56 Kanonen waren schon vor 14 Tagen dort, Gefechte finden hie und da statt und ist auch, falls sich nicht andere Mächte hineinmischen, die schließliche Unterwerfung sicher, so wird doch der Kampf in den schwierigen Gebirgsgegenden immerhin verhältnismäßig langwierig und blutig sein.
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Aber gerade die Einmischung anderer Faktoren ist eben das wichtigste und unter Umständen für das alte Desterreich verhängnisvollste. Wan fürt, troz der Ableugnungsversuche seitens des österreichischen Ministeriums doch soviel Symptome an, die es nur allzu warscheinlich erscheinen lassen, daß Rußland seine unsaubre Hand mit im Spiele hat. Dieses ist, wie nur zu bekant, seit langem darauf ausgegangen, sich durch den Besiz von Konstantinopel die Weltherschaft zu erschließen und ist jezt im Innern durch den Nihilismus so zerfressen und unterwült, daß es sich nur durch große Triumphe nach außen hin seine faule Existenz noch auf eine Galgenfrist retten kann. Es wird also stets darauf bedacht sein, sich die Herschaft über Gebiete anzueignen, nach denen es schon im lezten Kriege gegen die Türkei lechzte, die es aber schließlich infolge der Beschlüsse des„ Berliner Kongresses" nicht erhielt. Daß dem so ist, könte man schon mit Sicherheit annemen, auch wenn der Bramarbas Skobeleff seine deutschen - hezerischen Reden neuerdings nicht gehalten hätte. Nun komt aber noch hinzu, daß Führer der Aufständischen mit viel Geld versehen sind, daß man kürzlich nach einem für die Insurgenten mit einer Niederlage endenden Gefecht deren Kasse mit 9000 Gulden erbeutete, unter welchen sich neben 14 Imperials 195 20- Frks.- Stücke und gegen 1000 Rubel vorfanden. Außerdem treiben sich in den Balkanländern soviele russische Agenten herum und äußern diese ihre russenfreundliche Meinung so ungenirt, als ob sie schon den ganzen Landstrich in die weiten Taschen der russischen Regirung gesteckt hätten. Nur ein Beispiel.
In Montenegro hatte ein Serbe, der Redakteur des Amtsblattes ist, für den 1. Jan. d. J. das Erscheinen eines ,, unabhängigen" Blattes angekündigt und auch die erste Nr. davon herausgegeben. Diese wimmelte von Angriffen gegen Desterreich und deshalb wurde denn das ganze Unternemen auf Intervention Desterreichs dadurch unmöglich gemacht, daß der Regirungsdruckerei zu Cettinje, der einzigen die es dort gibt, der Druck desselben verboten wurde. Der Redakteur bleibt aber in seiner amtsblättlichen Stellung, und man behauptet, daß er dieses Unternemen nur hätte mit russischem Gelde fertig bringen können.
Mag dem nun sein wie ihm wolle, jedenfalls komt Rußland diese gauze Affaire sehr gelegen und es wird schließlich ebenso bereitwillig die ,, unterdrückten Länder" vom österreichischen wie einst vom türkischen Joche ,, befreien". Die Orientfrage" ist mit dieser Insurrektion wie der auf der Tagesordnung und die Dinge zeigen dem Unbefangenen nur zu deutlich, daß Säbel und Kanonen nicht die einzigen Instrumente zu ihrer Lösung sind. Komisch muß es aber auf alle Fälle wirken, wenn das gegen den Moslem von sittlicher Entrüstung übertriefende Europa jezt noch eine schlimmere Mißwirtschaft auf der Balkanhalbinsel eingefürt hat wie die Türkei , über die es vor kurzem noch zu Gericht saß. Und damit das Maß der Ironie voll werde, hat die leztere noch einen Grenz- Kordon aufgestellt, um Zuzüge zu den Insurgenten aus Albanien und Novibazar zu verhüten. Türkischer Schuz für das arme bedrängte Desterreich, so muß es kommen!
Angesichts der Wichtigkeit dieser Frage werden unsere Leser wol verzeihen, daß wir gelegentlich der Besprechung unserer Illustration diesen Streifzug vorgenommen. Das Bild selbst wie die Geschichte, die sich an den auf ihm dargestellten Stoff knüpft, drängt aber dazu. Borzüglich ausgefürt, mag es auch ungefär einen Begriff geben von den oben furz erwänten Naturschönheiten Bosniens . Der Maler, Karl Ebert, ist ein Stuttgarter, am 28. März 1821 geboren, und hat sich namentlich durch Darstellung von Szenerien aus dem deutschen Walde
ausgezeichnet. Er lebt in München und ist mit einem Gemälde beschäftigt, das gleichfalls eine Szene aus Bosnien darstellt. Eine Reise in dieses interessante Ländchen ist die Veranlassung zu diesen Arbeiten.
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Fr. Nrt.
Aus allen Winkeln der Zeitfiteratur. Elektrische Beleuchtung in Berlin und in Kleinstädten. Der potsdamer Plaz in Berlin und ein Teil der Leipzigerstraße bis zur Wilhelmstraße werden mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet. Ob dieselbe binnen kurzer Zeit in großen Städten ganz die Gasbeleuchtung von den Straßen verdrängen wird, bleibt fraglich, weil dadurch die gewaltigen Kapitalien, welche in Gasanstalten, Gasleitungen und was sonst noch dazu gehört, stecken, zum allergrößten Teile einfach und eine Grausamkeit, die man mit einem Hiebe totgeschlagen würden wol nicht so leicht erlauben wird; in allen Kleinstädten aber, die es bisher noch nicht einmal zur Gasbeleuchtung gebracht haben, würden die lichtfreundlichen Gemeindemänner gut tun, sich die Frage vorzulegen, ob es nicht für ihr Städtchen ehrenvoll und praktisch zugleich wäre, wenn statt der mehr und mehr auf überwundenem Standpunkte zurückbleibenden Gasbeleuchtung das zukunftsichere elektrische Licht die des lezten Drittels vom erfinderischen Jarhundert unwürdige Delfunzel schleunigst ablöste zumal die elektrische Beleuchtung nicht nur un vergleichlich besser, sondern auch billiger zu unterhalten und desgleichen einzurichten ist, als Gasbeleuchtung.
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XZ.
Samariterſchulen richtet der berühmte Chirurg Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Esmarch in Kiel ein. Prof. Esmarch tut das, um seiner Pflicht als Mitglied des Vereins vom roten Kreuze und als Ehrenmitglied der englischen Johanniterritter zu genügen, welche lezteren seit 1877 unter dem Beistande der angesehensten englischen Aerzte überall in England solche Samariterschulen eingerichtet und bereits 30 000 Männer und Frauen zu der jezt sogenanten samaritischen Hilfeleistung ausgebildet haben. Zweck derselben ist, bei Fällen plözlicher Verwundung und Körperbeschädigung die nötige, dem jeweiligen Stande der Heilwissenschaft entsprechende Hilfe zu leisten, bis der Arzt zu er scheinen imstande ist, eine Hilfe, die nicht nur inmitten des Massen jammers auf Schlachtfeldern, sondern auch gegenüber den zalreichen Unglücksfällen des gewönlichen Lebens überreichen Erfolg und Dank zu erzielen vermag.
Ratgeber für Gesundheitspflege.
XZ,
Lindenau. K. M. Gegen den Stockschnupfen genanten chronischen Nasen fatarrh werden Einsprizungen von Alaunlösung oder Eichenrindenabkochung angewendet. Ist der zur Absonderung gelangende Schleim sehr übelriechend, so sprizt man Chlorkalk lösung( 60,0: 300,0 Wasser) ein. Bier mit glühendem Eisen zu erwärmen ist zwar an sich nicht gesundheitsschädlich, aber aus Reinlichkeitsgründen und, weil der Ges schmack des Bieres darunter leiden muß, nicht zu empfelen.
Großenhain . N. Schreiten Sie gegen Ihren Bandwurm, wenn Sie Sid sonst gesund und fräftig fülen, folgendermaßen ein: acht Tage lang trinken Sie jeden Morgen 1-2 Gläser friedrichshaller Bitterwasser, nach Verlauf dieser acht Tage nemen Sie nüchtern viermal nach je einer halbstündigen Bause 2-4 Gramm der in jeder Apoteke käuflichen Kamala in etwas Citronenlimonade. Bewirken die Pulver bis spätestens eine Stunde nach dem Einnemen des lezten keinen Stul, so müssen Sie noch einige Gläser Bitterwasser trinken. Eine andre gleichfalls zu empfelende Kur beſteht darin, daß Sie sich einen Tag lang nur an start gesalzne Narung halten und am fol genden Tage 3 Gramm gepulverte Schildfarruwurzel mit 60 Gramm Granatwurzelrinde in 1 Liter Wasser abgefocht und zwar so, daß sie 3 mal 1 dieser Abkochung in be liebigen, nur nicht zu kurzen Zwischenräumen und dazwischen sowol, als danach einige Löffel Ricinusöl einnemen. Geht der Bandwurm in Stüden und nicht in Slumpen ab so dürfen die Stücke nicht abgerissen werden, sondern müssen durch Pressen des Bauches in möglichster Länge herausspedirt werden. Um des Bandwurms Tebig zu sein, muß man ben jogenanten Kopf desselben losgeworden sein, der sich in der Dicke eines Sted nabelkopfes an fabendünnem Gliede hängend präsentirt. Komt dieser Kopf nicht zum Borschein, so muß noch durch lauwarme Milchklystiere nachgeholfen werden. Von dem Verlauf der Kur wollen Sie uns Nachricht geben.
Redaktionskorrespondenz.
Berlin . Amicus D- nanu- niemuß. Unser Kompliment ob des schönen Namens, den Sie sich gewält haben, zuvor! Sie schreiben:„ Meine liebe Naie Welt"! Gott ist ein Geist! Und zwar ein guter Geist! Und ein guter Geist ist ein liebender Geift, un ein liebender Geist ist ein Seeligkeitsgeist, und ein geistlicher Leib ist ein leiblicher Gei und ein geistlicher Leib ist ein leib- oder lieblicher Geist! Gott ist die Weltfeele! Eine Seele ist ein geistlicher Leib oder ein leiblichter Geist oder ein lieblichter Geist! J freue mich herzinnerlich über die Belehrung, Jeraels' in der Naien Welt nur mit de Auferstehung des Fleisches( Kristenthum) schachert er noch, die verlangte Kohn zeffion( In, Religion der Zukunft ist schon gemacht" u. j. w. über vier Brifieiten wortung übergeben, derselbe gab fie uns aber zurück mit der Versicherung, wie Ihnen noch zu raten und zu helfen sei, das wisse er freilich nicht.
Möllu. Tuchmacher S. Etwas verspäteten, aber darum nicht minder freund lichen Dank für Ihr freundliches Schreiben. Daß wir in Zukunft sparsamer mit Todes lebhafteste. Insbesondere erweckt unsre Sympatie, daß Ihnen der Tod unseres Rothberg anzeigen sein tönnen, die Mitarbeiter der N. W. betreffen, wünschen wir selber auf das Linderer so zu Herzen gegangen ist.
Frdl. Gruß!
in
Kappel bei Chemnitz . Schriftsezer E. K. Wenn die uns eingefanten Gedichte Inhalt und Form ganz Ihr Eigen sind, so befizen Sie ein bedeutendes poetisches Talent, das der Pflege sehr wol wert ist und vor der Deffentlichkeit sich nicht zu scheuen braucht Wir werden eines davon warscheinlich schon in nächster Zeit abbruden.
Snhalt. Im Kampf wider alle. Roman von Ferd. Stiller.( Forts.) Von C Lübec.( Schluß.)- Meine erste Gotthardfart. Reisestizze von Carl Stichler.( Schluß.)- Die Fliederzweige. Eine einfache Geschichte - Die Berufstätigkeit der Juden in Deutschland und Rußland . von C. Dreßler.( Forts.) Boetische Aehrenlese. Einst und Jezt, von Nikolaus Lenau . Illustration.)- Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: Elektrische Beleuchtung in Berlin und für Desterreich und das„ bischen Herzegowina".( Mit Gesundheitspflege. Redaktionskorrespondenz.
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