fältige Rundung und genaue Zuschärfung, daß sie nicht wol als ein Spiel des Zufalls bezeichnet zu werden vermögen. Mensch­liche Ueberreste sind bisher vergeblich dort gesucht worden, wenn auch die Fundstätten von den bedeutendsten Geologen der Gegen­wart durchforscht wurden. Doch darf, wie Peschel bemerkt, dieser Umstand nicht als ein Gegenbeweis gegen die Alechtheit der Funde angefürt werden, denn auch nach Austrocknung des Haarlemer Meers wurden wol zalreiche Schiffstrümmer, doch keine mensch lichen Ueberreste gefunden, und doch waren Farzeuge auf dem Golfe verunglückt und waren Seeschlachten geschlagen worden. Eine hinreichende Erklärung dieses Umstandes würde auch die scharfsinnige Vermutung von Prestwich gewären, nach welcher jene alten Bewohner der Pikardie auf dem Eise der Somme har­punirten, und die Steinklingen, welche nach einem verunglückten Wurfe ins Wasser fielen, sind es, welche uns von ihren Ver­fertigern Kunde bringen. Dadurch wird der Mensch als ein Zeitgenosse der Eiszeit hingestellt.

Dies wird durch eine Reihe anderer Zeugnisse bestätigt. Schon früher waren menschliche Ueberreste zusammen mit den Knochen diluvialer Säugetiere in belgischen Höhlen gefunden worden, zumteil wurden menschliche Knochen aus Schichten her­vorgezogen, welche tiefer lagen als die Knochenreste von aus­gestorbenen Säugetieren enthaltenden.

In Deutschland wurde gleichfalls der Beweis geliefert, daß der Mensch Schwaben bewohnte, als die Gletscher noch das Rheintal und den Bodensee ausfüllten. Bei Schussenried deckte man bei Gelegenheit von Erdarbeiten an der Quelle des Schussen, eines Baches, welcher bei Langenargen in den Bodensee mündet, eine ungestörte Schicht von Gletscherlehm auf, in welcher sich bear­beitete Rentiergeweihe, Pfriemen mit ausgeschliztem Dehr, eine hölzerne glattgeschabte Nadel, Angelhaken, Lanzett- und sägeblatt­artige Feuersteine, rote Farbenknollen zur Hautmalerei, Aschen­und Stolenreſte vereinigt fanden. Die Bearbeitung des Hornes deutet schon auf einen Kulturfortschritt. Interessant sind aber

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die weiteren Beweise, welche uns einen Schluß auf das damalige Klima Schwabens gestatten. Es lagen diese Reste menschlicher Tätigkeit zusammen mit solchen des Eisfuchses, im Bau überein­stimmend mit einer Art, welche jezt nur in Labrador haust, des Fjällfraßes, eines Bewohners der polaren Gebirge Europas ; noch zwingender ist das Vorkommen von drei Moosarten, welche heute nur in den sumpfigen Wiesen der höheren Alpenregionen, der Sudeten , in Skandinavien , Grönland und dem arktischen Amerika wachsen. Hieraus folgt mit Notwendigkeit, daß Europa eine niedrige Temperatur besessen und daß der Mensch schon zur Eiszeit unser Vaterland bewohnte. Bei Blaubeuren lagerten menschliche Reste zusammen mit Scherben von Tongeschirren, welche ihrer flachen Form wegen zum Rösten oder Braten gedient haben mögen; zu den damaligen Tieren im Tale der Blau ge­hörten neben dem Mammut und Elephanten auch ein stattlicher Löwe, drei ausgestorbene Bärenarten, das Ren, dessen Geweih auch hier zu Geräten verarbeitet ward. Viele Höhlen Westfalens , des Harzes, so die bekante Baumannshöhle, und der Rhein bergen Reste der diluvialen Höhlenfauna und des Menschen. Er­wänt sei aus Deutschland noch der berüchtigte Schädel aus dem Neandertale bei Düsseldorf , welcher mit seiner flachen Wölbung und den gewaltigen Knochenrändern an den Augenbrauen den Beweis liefern sollte für das Heraufsteigen des Menschen aus dem Tierreich. Er ist ein Bruchstück, der Stirnteil ist nur er­halten, das Hinterhaupt fehlt. Charles Darwin nante ihn ge­räumig und gut entwickelt; er faßt im gegenwärtigen Zustande 63 Kubikzoll, und würde nach Schäzungen im vollständigen Zu­stande 75 Kubikzoll messen. Da nun europäische Schädel zwischen 55 und 114 Kubifzoll als den äußersten beobachteten Grenzen schwan­ken, so konte Virchow äußern, daß er in seinen Größenverhält nissen zwischen ganz erträglichen Grenzen sich halte; außerdem rüre er von einem alten, mit Rhachitis behafteten Manne her, einer Krankheit, welche Knochenauftreibungen mit sich bringt.

( Schluß folgt.)

Allerhand

Kein Staat der Welt krankt so sehr an den Sünden der Re­girung und der Regenten wie Rußland . Alle die entsezlichen Zustände, wie sie das ungeheure Czarenreich zeigt, sind die natur­gemäße Folge der Verhältnisse, die durch den Einfluß höherer Staatslenker geschaffen wurden. Wir teilen hier in bunter Reihe einiges von den Ursachen und Wirkungen mit. Die haarsträubendsten Maßregeln hat die Geschichte aus der Willkürherrschaft des Kaiser Nikolaus zu verzeichnen. Nach seinem polnischen Feldzuge befahl dieser die vom Flügeladjutanten Levoff in der dritten Abteilung seiner höchsteigenen Kanzlei komponirte nationale Hymne müsse in allen größeren Konzerten und Bünen­auffürungen gesungen werden, was den Kaiser jedoch nicht ver­hindert haben soll, nachher zu verbieten, russische Opern zu schrei­

russisches.

einer Uniform zwanzig solcher Ehrenzeichen beisammen sehen.

Karakteristisch ist die Anekdote, daß sich um das Jahr 1830 ein lichkeit einen niedrigeren Siz anwies, als ihm nach der hierarchi­schen Rangordnung zukam.

Hofbeamter den Hals abschnitt, weil man ihm bei einer Feier­

Noch im Jahre 1859 wurden Zirkulare erlassen, welche be­

stimten, es sei jedermann verboten, in Rußland zu reisen, um statistische oder ethnographische Erkundigungen einzuziehen, es sei

denn mit spezieller Autorisation der Regirung. Das Zensur­komitee in Moskau erhielt in den lezten Wionaten des genannten Jares Weisung, ja nicht von Diebstälen und Erpressungen be­richten zu lassen, wofern die juristischen Beweise erbracht seien, und das betreffende ministerielle Schreiben bemerkte bei diesem Anlaß besonders, daß die Regirung die Oeffentlichkeit vollständig

oberſten komponirten herausgefunden hatte. Von der politischen unnüz finde und ihrer Würde etwas zu vergeben glauben würde,

wenn sie den durch die Presse zum Ausdruck gebrachten Klagen über Mißbräuche oder ihren Erzälungen von solchen die geringste

Altertumsgesellschaft wurden suspendirt, die Zeitschrift für Ethno­graphie" verboten. Der Jensor Krassowski," Geheimrat, Inhaber vieler hoher Orden, Vertrauter dreier Unterrichtsminister, Grenz­

Bildung des russischen Volkes zur Zeit des Regirungsantritts des Nikolaus gibt folgende Tatsache einen Beweis. Eine kleine Anzal von Männern aus den ersten Familien des Reichs, zum größten den Striegen gegen Napoleon mitgekämpft hatten, waren zusammen­getreten, um größere politische Freiheit anzustreben. Am Morgen des 26. hüter über die Literatur des Auslandes, lezte Instanz über die denzſchloſſes und riefen nach einer Stonſtitution. Das Volt Beschwerden aller Zensoren und Mitglied der Akademie der stimmte nun zwar sofort in diesen Ruf mit ein," Hurrah Kon- Wissenschaften, veranlaßte im Jare 1849 ein Dekret, welches alle stitution," schrie es in einem fort, wer aber möchte sich des Lachens erwehren, wenn er erfärt, daß diese Leute Konstitution" alles Ernstes für die Gemalin Konstantins, des legitimen Nach­folgers Alerander I., der aber seinen Rechten auf die Krone ent­jagt hatte, hielten, und daß andere, denen man von Republik unjittliche Ausdrücke mit aufgezält seien. Was mag dieser Mann

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sprach, ganz treuherzig erwiderten:" Gut Republik, aber wer wird dann unser Kaiser sein, wenn es nicht mehr Nikolaus ist?"- schiedenen Arten und Abarten mit Einrechnung ihrer Klassen und Zalreich sind die russischen Orden; es gibt deren in den ver der kaiserlichen Namenszeichen, sowie der die Bal der Dienstjare tragenden Schnallen, ungefär sechzig. Man kann zuweilen auf

bildlichen Darstellungen beanstandete, wenn sie Frauen vorfürten, die nicht vollständig, d. h. vom Kinn bis zu den Füßen, bekleidet waren. Er ließ den Druck des russich- deutsch - französischen Wörter­buchs von Reiff einstellen, weil in demselben unpassende und

für Begriffe von den ersten Lebensbedingungen der bildenden Kunst, vom Zweck der Sprachwissenschaften gehabt haben! Und dabei war das vorneme Rußland" lüstern bis zum Ekel!

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Die Räuber,"" Fiesko,"" Tell,"" Emilia Galotti,"" Egmont" standen völlig unter dem Bann eines strengen Verbots; die Opern Tell"( von Rossini), Die Hugenotten,"" Czar und Zimmer­