so

Frage kommenden Sonderinteressen stets den kürzeren ziehen würde; und zum dritten, weil eine derartige, von oben herab und von außen her geleitete Organisation sehr bald des ihr inne­wohnenden und nur aus ihr selbst neuzugebärenden Geistes ver­lustig gehen, entgeistet werden und verknöchern müßte etwa wie die Staatswissenschaft in China entgeistet und ver­tnöchert ist, obgleich vor 500 Jaren noch die chinesische Wissen­schaft der europäischen höchst warscheinlich sehr weit vorausge­wesen ist.

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Zur Leitung einer Organisation der wissenschaftlichen Gesamt­arbeit so außerordentlich wünschenswert und ersprießlich eine solche auch ist kann also keine Regirung als geeignet be­trachtet werden, darin denke ich werden die Leser der N. W. mit mir gern übereinstimmen.

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Frucht und Saat.

Es ist wol angenehm, sich mit sich selbst Beschäft'gen, wenn es nur so nüzlich wär. Inwendig lernt kein Mensch sein Innerstes Erkennen, denn er mißt nach eig'nem Maß Sich bald zu klein und leider oft zu groß. Der Mensch erkennt sich nur im Menschen, nur Das Leben lehret jeden, was er sei. Shakespeare ( Othello ).

Noch Seelen gibts, mit Worten unerreichbar, Mit siebenfachem Leder überzogen, Dem Schild des Ajax in Homer vergleichbar.

Platen.

Das Naturgesez.

So war's immer, mein Freund, und so wirds bleiben: die Ohnmacht Hat die Regel für sich, aber die Kraft den Erfolg. Schiller.

Mit Botanik gibst du dich ab? mit Optif? was tust du? Ist es nicht schönrer Gewinn, rühren ein zärtliches Herz? Ach die zärtlichen Herzen! Ein Pfuscher vermag sie zu rühren; Sei es mein einziges Glück, dich zu berühren Natur!

Aus stillem Denken keimt ein wachsend Leben, Das wird die Welt aus ihren Angeln heben: Und wär' es auch nach hunderten von Jahren Ein Tag erscheint dem ausgesprochnen Wahren.

Goethe.

2. Schefer( Laienevangelium).

In der Tat ist es eine große Gabe des Himmels, einen geraden oder, wie man es neuerlich benant hat, schlichten, Menschenverstand zu befizen. Aber man muß ihn durch Taten beweisen, durch das Ueber­legte und Vernünftige, was man denkt und sagt, nicht aber dadurch, daß, wenn man nichts Kluges zu seiner Rechtfertigung vorzubringen weiß, man sich auf ihn als ein Orakel beruft. Wenn Einsicht und Wissenschaft auf die Neige gehen, alsdann und nicht eher sich auf den gemeinen Menschenverstand zu berufen, das ist eine von den subtilen Erfindungen neuerer Zeiten, dabei es der schalste Schwäzer mit dem gründlichsten Kopfe getrost aufnehmen, und es mit ihm aushalten kann. So lange aber noch ein kleiner Rest von Einsicht da ist, wird man sich wol hüten, diese Nothülfe zu ergreifen. Und beim Lichte besehen ist diese Berufung nichts anderes, als eine Berufung an das Urteil der Menge, ein Zuflatschen, über das der Philosoph errötet, der populäre Wizling aber triumphirt und trozig tut.

Kant.( Prolegomena, S. 11. 12.)

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Was geht das aber das Reichsgesundheitsamt und dessen gewiß fördersame wissenschaftliche Arbeit an wird mancher kopfschüttelnd fragen.

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Viel sehr viel- habe ich darauf zu antworten. Das Reichsgesundheitsamt ist die deutsche Reichsregirung mag es wissen und wollen oder nicht der Embryo zu einer Orga= nisation der wissenschaftlichen Gesamtarbeit, wie sie mun und nimmer dauernd zur Disposition einer nichtreinwissen­schaftlichen Körperschaft stehen darf.

Darüber im Schlußartikel, den die nächste Nummer bringen wird, ein Mehreres.

( Schluß folgt.)

Der Weg der Philosophie ist der aller anderen Wissenschaften; man muß zuerst die Tatsachen sammeln und die Dinge kennen lernen, an denen sich die Tatsachen ereignen; nicht die Masse der Tatsachen auf einmal, sondern eine jede einzeln für sich soll man zuerst betrachten und daran die Schlüsse knüpfen; haben wir die Tatsachen, so ist es nachher unsere Sache ihre Verbindung herzustellen. Diese Tatsachen werden durch Sinneswarnehmungen erworben; wenn diese unvollständig sind, so würde es auch die darauf gebaute Erkentnis sein. Wir können feine allgemeinen teoretischen Säze außer durch Induktion haben, und Induktion fönnen wir nur durch Sinnes warnehmungen machen, denn diese haben es mit dem Einzelnen zu tun. Aristoteles .

Unsere Erleuchtung ist nicht blos als Bedingung, sondern als In­gredienz zur Seligkeit notwendig; in unserer Erleuchtung besteht am Ende unsere ganze Seligkeit. Lessing .

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Sie wird kommen, sie wird gewiß kommen, die Zeit der Voll endung( die Zeit eines neuen ewigen Evangeliums), da der Mensch,- je überzeugter sein Verstand einer immer besseren Zukunft sich fült, von dieser Zukunft gleichwol Beweggründe zu seinen Handlungen zu erborgen nicht nötig haben wird; da er das Gute tun wird, weil es das Gute ist, nicht weil willkürliche Belohnungen darauf gesezt sind, die seinen flatterhaften Blick ehedem blos heften und stärken sollten, die inneren, besseren Belohnungen desselben zu erkennen. Lessing .

Nicht felsenfeste Burg, noch eh'rne Mauern, Noch dumpfe Kerker, noch der Ketten Last, Sind Hindernisse für des Geistes Stärke. Das Leben, dieser Erdenschranken satt, Hat stets die Macht, sich selber zu entlassen. Cassius in Shakespeares Julius Cäsar .

Darauf Casca: Das kann auch ich.

So trägt ein jeder Sklave in eigner Hand Gewalt, zu brechen die Gefangenschaft.

Und Cassius: Warum denn wäre Cäsar ein Tyrann? Der arme Mann! Ich weiß, er wär kein Wolf, Wenn er nicht säh', die Römer sind nur Schafe. Er wär kein Leu, wenn sie nicht Rehe wären.

Der Frühling komt, ihr fönt es nicht verwehren; Die Luft erquickt, ihr fönt sie nicht verschließen; Der Bogel singt, ihr könt ihn nicht belehren; Die Rose blüht, es darf euch nicht verdrießen; Und wagt ein Dichter eure Lust zu mehren, So lernt ihn auch in vollem Maß genießen, Anstatt sein Tun beständig zu verneinen: Was soll der Mond denn anders tun, als scheinen? Blaten.

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Ave Caesar, morituri te salutant!- Heil dir Kaiser, die Totgeweihten begrüßen dich! S. 308. In einem früheren Jargange sind in furzer Stizze die grauenvollen und scheußlichen Gladiatoren­fämpfe geschildert worden, wie sie im alten Rom beliebt waren und von den Wüstlingen und Tyrannen unter den römischen Kaisern bis zum Ent Sezen Ausbildung erhielten. Die unglücklichen Opfer dieses grausamen Spiels, die Gladiatoren selbst, wurden bekantlich jare, oft lebenslang in großen Kasernen zu diesen mörderischen Kämpfen einegerzirt, um dann vor den Augen des im Cirkus versammelten, überreizten und sittlich verkommenen Volkes, wie vor den Cäsaren selbst auf Tod und Leben zu kämpfen. Nur sehr wenigen, die die Arena betraten, war es beschieden, dieselbe gesund und lebend zu verlassen und so war der un­heimliche Gruß, den die armen vertierten Opfer ihrem kaiserlichen Herrn richtiger ihrem Henker zuriefen und der an der Spize dieser Zeilen steht, nur zu begründet. Ob dieser Gruß aus einem

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dem Begrüßten alles Wol wünschenden Herzen gekommen, kann man sicher mit Recht bezweifeln, vielmehr dürfte sich gerade in dem Ver­hältnis des Cäsar zu den Gladiatoren die totale Unhaltbarkeit des alten römischen Reichs widergespiegelt, und in dem erzwungenen Gruß des Gepeinigten gegen seinen Beiniger seinen sprechendsten und unheimlich sten Ausdruck gefunden haben. Genug, ein junger Künstler, Pius Veloušti, hat einen solchen Kämpfer in Bronze dargestellt, welche Figur wir in dieser Nummer den Lesern der N. W. im Holzschnitt vorfüren. Er hat den Moment festgehalten, wo die Hühnengestalt mit mächtiger und weithin schallender Stimme und die muskulöse Rechte erhebend, den grausigen Gruß ausruft. In der Linken den Dreizad, das kurze, aber breite Streit schwert hängt noch unblutig an der rechten Seite. Der schüzende Gürtel und die Beinschinen sind wie zum Hohn künstlerisch verziert. Jebe Muskel der herkulischen Gestalt atmet Leben, und so steht denn die Figur vor uns wie eine Verkörperung physischer Kraft, die freilich im