stens wenige Jarzehntausende schäzen. Es ist hiergegen eingewendet worden, daß der Kulturfortschritt gegen jene älteste Zeit, also seit 4000 Jaren, heut garnicht so bedeutend sei, die vorher liegende Entwicklung also auch auf eine höhere Bal von Jar tausenden angenommen werden müsse. Bemerkenswert ist, daß die geologischen Erscheinungen einstimmig auf eine sehr lange Entwicklung deuten. Im Ganzen aber sehen wir hieran, daß eine Beantwortung der Frage nach dem Alter der Erde und des Menschengeschlechtes noch sehr wol zu erwarten ist, zumal wenn wir die Resultate der modernen Astronomie werden mit in Betracht ziehen können.
Bedeutend jünger als die angefürten, aber immer noch einer Zeit angehörend, welche sich der historischen Betrachtung völlig entziet, sind die folgenden Ueberreste der alten Bewohner Europas . In Dänemark findet man am Meeresstrande langgestreckte Hügel bis zu 3 Meter Höhe, 6 Meter Breite und 30 bis 500 Meter Länge, welche in der Hauptsache aus Muschelschalen bestehen; sie liegen meist unmittelbar am Meere, einzelne finden sich noch in zwei geographischen Meilen Entfernung von demselben. Früher hielt man sie für Reste von Muschelbänken; seit 1847 aber wurde durch die dänischen Altertumsforscher Steenstrup, Forchhammer und Worsaae festgestellt, daß sie einem Volke der Steinzeit ihre Entstehung verdanken, welches an jenen Küsten von Fischfang und Jagd lebte und die Ueberbleibsel seiner Malzeiten zu großen Schutthaufen zusammenwarf. Seitdem hat man auch in anderen Gegenden solche Küchenabfälle, Kjökkenmöddinger( Küchenmoder) untersucht. Sie finden sich noch in England und Schottland , in Norwegen bei Drontheim , in Lappland , am Kanal, dann aber auch am Mittelmeer an der Rhonemündung, in Südamerika an der Ostküste von Brasilien , in Nordamerika , Grönland , am stillen Dzean. Die Schalen, welche die Küchenabfälle bilden, sind die der Auster und in geringerer Menge anderer eßbarer Muscheln, der Herzmuschel, Miesmuschel, Userschnecke, zweier Arten der Krullschnecke, der Venusmuschel. Von Krustentieren sind Reste von Krabben vorhanden und in größter Menge Fischgräten des Härings, Dorsches , Aales und der Scholle. Von Wild finden wir Knochen der wilden Enten, Gänse, Schwäne, des Tauchers, Auerhahns; von Säugetieren Steletteile von Hirschen , Rehen, Auerochsen, Wildschweinen, Bibern und Seehunden, seltener von Raubtieren, wie Wölfen, Füchsen, Luchsen, Wildkazen, Mardern und Fisch ottern. Von Hasen finden wir keine Spur, welcher vielleicht für unrein galt, wie heut noch bei einigen Völkern, z. B. den Lappen, ebensowenig von Schwalben, Sperlingen, Störchen, welche doch an anderen Orten aus derselben Zeit vertreten sind.
Die angefürten Tatsachen sind im Zusammenhange mit anderen einer sehr klaren Deutung fähig. Der Kreideboden Däne marks ist ein Gebild der jüngeren Tertiärzeit. Nach der Eiszeit war jenes Inselgebiet zunächst Steppenlandschaft, dann erst brachte es Wälder hervor und zwar wechselten dieselben insofern, als zunächst Bitterpappeln, dann Fichten, später Eichen und in jüngster Zeit Buchen den Bestand bildeten. Die dänischen Torfmoore weisen diesen Wechsel nach. Nun ist der Auerhahn an die Fichtenwaldungen gebunden, welche ihm durch die jungen Triebe dieser Bäume Narung gewären. In jene Zeit also, in welcher die Fichte den herschenden Waldbaum bildete, ist die Entstehung der Kjökkenmöddings zu versezen. Damit stimt einerseits das Vorfommen des Tauchers überein, welcher schon längst nicht mehr in jenen Breiten heimisch ist, andrerseits das Vorkommen der Auster. Diese lebt nur im Salzwasser. In der Zeit, in welcher die Ostsee erst jüngst durch die Erhebung des sarmatischen Tief landes vom weißen Meer getrent ward, enthielt sie sowol wie die Meeresarme, welche sie mit der Nordsee verbinden, Salzwasser, wärend der Salzgehalt seitdem nach und nach durch das Süßwasser der in sie einmündenden Flüsse und die Absperrung Dom Dzean immer mehr vermindert worden ist; daher kann die Auster heut nicht mehr an den dänischen Inseln leben. Auch war jenes Volk in gewisser Weise seßhaft, denn der Schwan ziet im Sommer nordwärts und hält sich nur im Winter in diesen Gewässern auf, so daß also die Bewohner auch im Winter im Lande blieben.
Die Muscheln wurden nicht mit Instrumenten geöffnet, sondern durch Erhizen über dem Feuer; Aschen- und Kolenreste finden sich gleichfalls in den Abfällen. Die Röhrenknochen sind aufDie Röhrenknochen sind aufgebrochen; dies tun nur die Menschen, wenn sie zum Mark gelangen wollen, wärend Tiere die Knochen zerbeißen und die Splitter mit verschlingen. Von Haustieren sind nur die Reste einer kleinen, dem Wachtelhund ähnlichen Hundeart enthalten,
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derselbe war der Begleiter der Menschen, und dies erklärt, daß die weichen Knochen, eine Lieblingsspeise des Hundes, ganz fehlen, auch diente er selbst zur Narung. Getreidereste waren nicht zu ermitteln, somit wurde Ackerbau jedenfalls nicht getrieben, oder die Körner wilden Getreides gesammelt. Dagegen wurde Salz aus den Meerespflanzen gewonnen, von denen Asche und Reste sich reichlich vorfinden. Hier und da wurden auch Herdsteine zu Feuerstellen zusammengelegt. In großer Menge sind Scherben grober, mit der Hand gefertigter Töpferwaren erhalten, ferner Geräte und Waffen aus Knochen, Horn und Feuerstein , wie Pfriemen, Alen, Meißel, Pfeilspizen, Aerte, Angelhaken, Messer, Schabinstrumente, Schleudern, Nezbeschwerer, auch Feuersteinknollen, von denen jene Instrumente abgeschlagen wurden. Die Steingerätschaften sind nicht sehr sorgfältig bearbeitet, nicht geschliffen und abgerundet. Metall findet sich nirgends; diese Reste menschlicher Tätigkeit gehören also noch ganz der Steinzeit an, und ihnen ist mit Rücksicht auf die oben mitgeteilten Tatsachen ein hohes Alter zuzuschreiben.
Schon auf der Wende jener beiden großen Kulturepochen, welche durch die Verwendung der Steine und des Metalls zu Geräten und Waffen karakterisirt und als Steinzeit und Metallzeit bezeichnet werden, steht eine Reihe von Denkmälern, die Pfalbauten, die Hünengräber, die Runensteine und die Heidenschanzen. Dieselben stammen aus verschiedenen Zeiten,-wärend die älteren noch wärend der Steinzeit errichtet wurden, liegen in den jüngeren Stein- und Metallwerkzeuge neben einander. Es ist leicht einzusehen, daß die Einfürung metallener Geräte nicht plözlich geschehen konte, sondern dieselben fanden zuerst bei den Reichen und Vornemen Eingang, und neben ihnen waren steinerne bei dem Volke im Gebrauch, welche erst nach einer langen Reihe von Jarzehnten verdrängt werden konten. Diese Zeit nähert sich schon soweit der geschichtlich bekanten, daß hier die Frage aufgeworfen werden muß: woher stamten die metallenen Geräte und welches Volk bewohnte zur Zeit der Einfürung derselben das westliche Europa ?
Die Germanen sind erst von Osten her nach Deutschland eingewandert. Die vergleichende Sprachforschung lehrt, daß sie mit den Indern, den Medern und Persern, den Griechen und Italikern, den Celten und den Slaven zusammen eine große Völkerfamilie bildeten, die arische. Sie bewohnten anfänglich als ein Volk die Gegend des südlichen Sibiriens , östlich vom kaspischen Meere. Von hier aus wanderten zuerst die Inder und Perser nach den jezt nach ihnen benanten Ländern, wärend die späteren Griechen und Italiker das südöstliche Europa besuchten, dann erst drangen die Celten westwärts bis an den atlantischen Ozean. Am längsten blieben die Germanen und Slaven beisammen. Professor Felix Dahn in Königsberg nimt an, daß die Celten schon 200 Jare vor Christi Geburt den Ozean erreichten, ihnen folgten 1200 Jare später die Germanen und drängten sie über den Rhein , wärend erst zur Zeit der sogenanten Völkerwanderung die Slaven bis an die Elbe gelangten. Allen diesen Völkern war der Gebrauch des Eisens und der Bronze bekant; von ihnen können also die ältesten Pfalbauten und solche überhaupt nicht errichtet sein. Vor der Zeit ihrer Einwanderung waren die Finnen über Europa verbreitet, welche jezt nordwärts verdrängt worden sind; außer ihnen waren die Basken, die Illyrier und Albanesen weiter verbreitet, von denen die ersteren, welche auch jezt noch eine eigentümliche Stellung in der Völkerkunde einnemen, jezt auf die Küsten des biskaischen Golfes in Spanien und Frankreich beschränkt sind, die lezteren die Westküste der Balkanhalbinsel bewohnen. Zu jener Zeit aber, vor vier Jartausenden und früher, hatten die semitischen Völker Vorderasiens schon eine hoch entwickelte Kultur und trieben einen ausgedehnten Handel. Die uralte, stets betretene Handelsstraße des Dnieper, der Beresina und Weichsel bis zur Ostsee ward auch von deu Phöniziern benuzt; außerdem war das Volk der Etrusker in Italien ein Träger der Kultur. Daß diese Handel trieben bis nach der Ostsee , geht daraus hervor, daß sie den Bernstein hoch schäzten und zu einem wertvollen Handelsartikel machten. Die Phönizier holten sich sogar selbst das Zinn aus England. Auch zeigen die Verzierungen der Bronzegegenstände, die Radfiguren und gewundenen Mäanderlinien die karakteristischen Merkmale phönizischer und etruskischer Kunst. Die kurzen Griffe der Schwerter, welche zu dem gewaltigen Körperbau der Germanen nicht passen würden, deuten darauf hin, daß sie von einem Volfe mit schmalen Händen und schwächlichem Körperbau oder für ein solches angefertigt wurden; beides paßt auf Semiten und Finnen. Die chemische