Ausrüstungen der Bote angenommen werden. Der Jagd lag man fleißig ob. An Wild waren die Alpenländer reich, wilde Rinderarten, wie Auerochs und Wiesent  , den Steinbock, Damm­hirsch, das Elen, den Biber, den großen braunen Bär beherbergten sie und lieferten so Fleisch und Mark zur Narung, Knochen und Horn zu Geräten, Felle zur Kleidung, Sehnen als Fäden zum Nähen. Reste von Menschen finden sich außerordentlich selten; meistens sind es Knochen von Kindern, welche im Wasser ver­unglückt sein mochten. Es geht daraus hervor, erstens daß die Pfalbauer ihre Begräbnispläze am Lande hatten oder die Toten völlig verbranten, zweitens daß die Pfaldörfer nicht von Feinden zerstört, sondern freiwillig von den Bewohnern verlassen und angezündet wurden. Ueber die physische Beschaffenheit derselben ist infolge dessen auch nichts bekant. Die Verbreitung der Bauten ist bedeutend, so daß dieselben wol kaum von nur einem Volke herrüren können. Man findet sie im ganzen Alpengebiet, den schweizer, den oberitalischen, den österreichischen, den salzburger Seen, in Norddeutschland, den Sümpfen und Torfmooren Mecklen burgs, Pommerns  , der Mart, und in Frankreich  ..

Die älteren Pfalbauten gehörten noch durchaus der Steinzeit an. Die Geräte sind aus Stein, Holz, Knochen, Horn und Ton gefertigt, doch ist bemerkenswert, daß die Beile aus Nephrit, einem grünen jaspisartigen Stein, häufig vorkommen. Derselbe findet sich aber nur in Asien  , und man hat aus diesem Umstande auf die Herkunft des Volkes aus Asien   geschlossen; der Nephrit läßt sich nicht spalten, wie der Feuerstein  , sondern nur schleifen; er ist daher zur Anfertigung von schneidenden Werkzeugen auch besser geeignet. Eine Einteilung der Steinzeit in die der be­hauenen Steine und die der geschliffenen, welche man hierauf gründen wollte, ist hinfällig. Es finden sich Messer, Meißel, Stricknadeln, Harnadeln aus Horn u. s. w. Zu einer gewissen Industrie brachten es die Pfalbaner in der Töpferei und Weberei. Allerdings sehen die ältesten Tongefäße noch sehr plump aus, sie sind mit der Hand one Anwendung der Töpferscheibe gearbeitet, und als Verzierungen sind Eindrücke mit dem Finger gemacht. Mit der Zeit vervollkomnet sich der Geschmack, die Kruge und Töpfe werden mit Graphit geschwärzt, erhalten Schnäbel und Griffe, Verzierungen in der Form von Hirschgeweihen und Blättern. Die Gestalten der Gefäße werden mannichfaltiger, es finden sich Wassergefäße, Teller, Becher. Besondere Aufmerkjam­

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feit namen Krüge in Anspruch, in deren parallelen Strichverzie rungen schräg aufsteigend Löcher angebracht waren, welche durch die Wand des Gefässes hindurchgehen. Es hat sich ergeben, daß noch heut in Baiern   solche Gefäße in Gebrauch sind bei der Käsebereitung, indem die Molken durch die Löcher abfließen und den Käsestoff zurücklassen. Bringt man damit die vielen aufge= fundenen Quirle in Beziehung, so muß man annemen, daß die Pfalbauer sich sehr wol auf die Butter- und Käsebereitung ver­standen haben. Sehr kunstreich sind die Gewebe; schon die ältesten Seile, Matten, Neze, sind aus Bast zierlich geflochten. Flachs findet sich in allen Stadien der Verarbeitung, als Stengel, in zusammengebundenen Büscheln, zu Fäden versponnen, mit Weiden­bast zu Geflechten vereinigt, und dies oft in großen Mengen. Schnüre, Neze, Matten, Tücher, sogar eine auf ein Geflecht auf­geheftete leinene Tasche fand sich. Die Schmucksachen sind eins fach, Ketten von durchborten Steinchen, Tierzänen, Nadeln und Kämme von Holz und Horn.

Erst in späterer Zeit tamen Bronze- und Eisengeräte in Ge­brauch. Interesse erweckt eine Art von Messern one Griff, mit breitem Rücken und ansehnlicher Breite der Klinge, welche als Rasirmesser erklärt wurde; Scheeren sind in der Weise konstruirt, daß man zwei Messerklingen an den Enden eines elastischen Bügels befestigte. Die Zieraten werden kostbarer, die Harnadeln, Kämme, Armbänder, Spangen bestehen aus Bronze und sind kunstvoll gearbeitet, Schmucksachen von buntem Glas und Bernstein  sind eingefürt. Die Bauten werden mit den verbesserten Instru­menten fester und sicherer, ferner vom Lande aufgefürt, die Töpfer­waren feiner gearbeitet. Auch neue Getreidearten, besonders der Hafer, treten auf, auch andere Arten von Haustieren wurden eingefürt.

Die Errichtung der ersten Pfalbauten fällt jedenfalls in eine sehr alte Zeit; wenn auch in anderen südlicheren Ländern schon damals ein reges, der Geschichtsforschung zugängliches Leben herschte, so bieten die Pfalbauten dem Altertumsforscher heut noch unlösliche Rätsel. Der erste Römer, welcher im lezten Jar hundert vor Christi Geburt in die Alpengegenden eindrang, war Cäsar; er fand die Bauten und das Volk nicht mehr vor; denn die Helvetier, keltischen Stammes, waren nicht die Ecbauer. Wenn aber in einigen Pfalbauten römische Altertümer gefunden wurden, so mochten diese stehen geblieben und in späterer Zeit von den Grenzposten als Castelle benuzt worden sein.

Die Fliederzweige.

Eine einfache Geschichte von C. Dreßler.

Zur selben Zeit, als Hedwig die überraschende Neuigkeit von Gerta vernam und auch den Rest des Geheimnisses schmerzlich gelöst zu haben glaubte, saß Professor Harms in seiner schönen, aber wie es ihm heute vorkam, troz aller soliden Bequemlichkeit düsteren, einsamen Junggesellenwohnung. Er war garnicht recht mit sich zufrieden, ganz aus dem gewonten Gleichgewicht seiner sonst harmonischen Seelenstimmung, und doch hatte vor kaum einer Stunde ein stralendes dunkles Augenpar mit dankbarem Blick zu ihm aufgeschaut und zwei kleine weiße Hände innig seine Rechte gedrückt. Ein junges Menschenkind hatte er glück lich, sehr glücklich gemacht, wie ihm Gertas rosige Lippen ver­sichert, und doch war er nicht recht erfreut von dieser humanen Tat, dieses Glück schien ihm so zweifelhaft, so unscheinbar, daß er sich einen Augenblick versucht gefült, Mitleid mit der beschei­denen Genügsamkeit des jungen Mädchens zu empfinden- denn war es ein Glück, seine Unabhängigkeit aufzugeben?

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Und doch hatte Gerta so stralend ausgesehen, als er ihr ver­kündet, daß seine Tante, die Kommerzienrätin Lindner, sie defi­nitiv als Gesellschafterin engagirt habe. So reizend war sie in ihrer stürmischen Freude gewesen, so jugendübermütig und lebens­voll stand sie dort im Garten unter dem dunklen Kastanienbaum, warhaft leuchtend in ihrer stralenden Lieblichkeit, daß der Ge­lehrte, als er dann später in seine stille Wohnung zurückkehrte, sich von dem plözlichen Gedanken überrascht fand, daß Gerta wie ein Sonnenstral oder wie ein lustiges Singvögelchen die düsteren Räume beleben würde.

Doch nur vorübergehend war diese Nachwirkung ihrer rei­zenden Persönlichkeit; denn so lieblich und jugendfrisch, so an­

( Schluß.)

ziehend sie in ihrer naiven Kindlichkeit auch war, so wenig ent­sprach sie doch seinem Jdeal, das noch immer einer Verwirklichung harrte.

War ihm in der Tat noch die eine nicht begegnet, nach der sich heimlich sein Herz gesehnt, welche die Leere in seinem Leben, die Wissenschaft und Bücher stets so eifersüchtig zu füllen gemeint, beseitigt hätte? Wollte er ganz aufrichtig sein, dann mußte er sich gestehen, daß er das Jdeal, von dem er als Jüngling ge träumt und in der Wirklichkeit nicht gefunden, dann wie mancher gleich ihm im Drange des Lebens vergessen, oder der tote Bücher­staub ihm die Augen getrübt und er es im rechten Augenblick unerfant hatte vorübergehen lassen. Das Wort Jdeal war ihm nur in der Kunst noch verständlich gewesen, und doch, als vor wenigen Wochen nach all den Jaren der Vergessenheit zwei ernste blaue Augen mit stillem Dankeslächeln zu ihm emporgeschaut und später mit atemloser Aufmerksamkeit an seinem belehrenden Munde gehangen, da schien es ihm, als wenn alle Jare des Studiums, der Bücherweisheit plözlich in nichts versänken und er wieder der Jüngling wäre mit seinen Idealen und Träumen von Frauenaumut und Würde.

Und so flogen auch jezt seine Gedanken zu ihr, der Waise, die, obwol ein schwaches Weib, so mutig sich eine wenn auch bescheidene Existenz erfämpft, in ernster Arbeit Genüge fand, und nie gegen ihn, der ihr doch Freund geworden, eine Klage über ihr freudeleeres Los laut werden ließ, wärend jene kleine lachende Schönheit ihn, in anmutig findlicher Weise zwar, sehr bald zum Vertrauten ihrer Leiden machte und immer mit dem Schicksal haderte, das ihr so unverdient alles versagte, was sie