sonderbar zu nennenden tiefen Eindruck machte. Der Dichter­fürst", wie viele es lieben, Goethe zu nennen, fülte sich durch Howard's Wolkengestalten zu einer dichterischen Verherlichung des Meisters und seiner Werke begeistert, ja es verlangte ihn, wo­möglich etwas, und wären es auch nur die einfachsten Linien, von Howard's Lebenswegen" zu erfaren, damit er erkenne, wie ein solcher Geist sich ausgebildet."

Erinnern wir uns aber, daß Goethe als Naturforscher, auf welche Seite seines Wesens er stets einen nachdrücklichen Wert gelegt hat, mit besonderer Vorliebe auch die Farbenlehre und die Lehre von der Metamorphose der Pflanzen betrieb, so finden wir seine Begeisterung für Howard's Wolkenwissenschaft ganz natürlich, denn alle diese drei Seiten der Naturwissenschaft ge= hören ebensosehr in die Welt des Dichters wie des Forschers. Goethe gesteht es auch ausdrücklich, welche Seite der Naturfor schung ihm zusage und welche nicht, indem er bei dieser Gelegen heit von sich selbst sagt: Den ganzen Komplex der Witterungs­funde, wie er tabellarisch durch Zalen und Zeichen aufgestellt wird, zu erfassen oder daran auf irgend eine Weise teil zu nemen, war meiner Natur unmöglich; ich freute mich daher, einen integrirenden Teil derselben meiner Neigung und Lebensweise angemessen zu finden."

Wer weiß, ob one Goethe's eifrigen Hinweis auf Howard's Wolfenarbeit, auf welche ihn selbst übrigens erst Herzog Carl August   aufmerksam gemacht hatte, jene nicht noch lange Zeit der öffentlichen Beachtung entzogen geblieben sein würde. Howard. ging in einem ausfürlichen Schreiben vom 21. Februar 1822 auf Goethe's   Wunsch ein, diesem zu erzälen, wie sich sein Geist ausgebildet habe", und man lernt daraus in dem Ordner des Wolkenhimmels einen gläubigen und doch auf das Praktische ge­r chteten Verehrer des Kirchenhimmels, einen Quäfer, fennen und achten.

Durch Goethe's Befürwortung fand Howard's furze und flare Einteilung der Wolfen in drei Grundgestalten schnell eine allge­meine Anerkennung und Befolgung, und auch heute noch erkennt sie die Wissenschaft als geltend an.

Wie des Dichters, so sind die Wolken auch des Malers Eigen­tum. Sie bilden ein sehr wesentliches Mittel für diesen, seinen Bildern, vorzugsweise natürlich den Landschaften und den sich im Freien bewegenden Historien- und Genrebildern, dazu zu ver helfen, daß sie in dem Beschauer einen solchen Eindruck zu Stande kommen lassen, wie derselbe dem Hauptgedanken des Bildes an­gemessen ist. Es kann gar wol, und leider sieht man dies ziem lich oft, der Himmel eines Bildes den Wert desjelben selbst wenn dieser in allen übrigen Punkten ein großer ist-- wesent lich beeinträchtigen.

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An einem Landschaftsbilde ist der Himmel gewissermaßen der geistige Hauch, der einigend und zum Einklange verbindend aus dem Bilde erst ein Bild, ein Ganzes macht.

Wenn es sich um Wiedergabe einer bestimten Gegend handelt, die man nicht anders machen kann, als man sie vor sich sieht, entweder als formenreiches Berggelände oder als eintönige Ebene, so liegt in der Wal   des darüber zu malenden Himmels, worin glücklicherweise der Maler fast vollkommene Freiheit hat, eine außerordentlich große Unterſtüzung; freilich auch eine nicht min der große Verlockung, das eigene Werk geistig zu zerstören, wenn der Künstler der er dann freilich nicht ist in den Wolken weiter nichts sieht, als stets bereite Lückenbüßer, um das lang weilige Blau über einer langweiligen Ebene auszufüllen oder zu unterbrechen.

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Wenn der unglückliche Maler den unliebsamen Auftrag hat, für guten Ehrensold den unschönen, auf getreidewallenden Fluren gelegenen Rittersiz samt umliegenden Besizstücken zu konterfeien, so kann er daraus ein Meisterwerk machen, wenn er das am Himmel sucht, was ihm die Erde versagt. Doch lernen wir zu­nächst die Howardschen Wolkenformen kennen, bevor wir es ver­suchen, der Kunst noch einige Fingerzeige zu geben.

Die Haufenwolfe( cumulus) ist gewissermaßen der Ausdruck des ruhigen Beharrens großer, scharf umgrenzter Massen von Wasserdampf in der Luft. Dies Beharren darf aber nur in ver­hältnismäßigem Sinne gelten, denn wir lernen die Wolfe nicht as etwas Fertiges, Beharrendes kennen, sondern erkennen in ihr einen wandelvollen Vorgang der Verdichtung von Wassergas   zu sichtbaren Dampf. Im Kleinen gibt uns nicht nur ein sehr an­schauliches Bild davon, sondern eine vollkommen gleiche Erschei­nung der aus dem Schlot einer Lokomotive ausquellende blendend weiße Wasserdampf, namentlich wenn dieser ihn in einzelnen

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Bällen fauchend ausstößt. Jeder solche Ball ist eine kleine Haufenwolfe. Diese ist also die Grundform der Wolkenbildung, die aber blos dann sich behaupten kann, wenn kein Luftzug statt­findet. Sobald die Lokomotive im brausenden Laufe ist, sehen wir den laugen Dampfstreif sich zerfaren, und zulezt sich in Nichts, d. h. in unsichtbares Wassergas auflösen. Jede andere Woltenform, mit vielleicht alleiniger Ausname der ersten Schicht­wolfe, erhält ihre Umrisse durch den Zug der Luft, und ihre Stellung zu anderen gleichen( wie z. B. die bekanten Schäfchen­wolfen) vielleicht durcht elektrische Spannung. Ueberhaupt ist die Elektrizität, namentlich bei der Bildung und dem oft auffallend andauernden Beharren der Haufenwolken one Zweifel stark beteiligt. Die Farbe der Haufenwolfe sowie aller Wolken ist stets von dem auf sie fallenden Lichte abhängig; dies gilt jedoch bei den Wolken insofern in buchstäblicherem Sinne, als die Wolken nicht in der Verschiedenartigkeit ihrer Masse den Grund zu den verschiedenen Farben in sich tragen. Vielleicht bewirken elektrische Spannungen eine verschiedene Lagerung der Wasserbläschen, aus denen die Wolke besteht, und diese verschiedene Lagerung bedingt dann die Farbe, d. h. die Reflektirung des Lichtstrals. Dies scheint jedoch nie lebhafte Farben hervorbringen zu können. Die rote, orange­gelbe und gelbe Färbung der Wolken sehen wir deshalb nur bei Sonnenauf und Untergang, weil dann die Stralen der tief stehenden Sonne durch die Wasserdämpfe der unteren Luftschichten gebrochen werden und nur die genanten drei Farbstralen, die Grenzfarben des optischen Farbenspektrums, auf die Wolken fallen. Die unbeleuchteten Flächen der Wolken erscheinen uns grau, um so dunkler, je dichter sie sind.

Die Federwolfen( cirrus) sind die graziösen Schönen des Himmels, oft von außerordentlicher Lockerheit und Duftigkeit. Ihre zallosen Mannichfaltigkeiten der Gestaltung kennen wir alle. Daß namentlich sie unter der Botmäßigkeit des Luftzuges stehen, zeigt ihre Gestalt auf das bestimteste, namentlich wenn sie als Wetter- oder Windbäume recht eigentlich die Bahn des Luft­zuges zu verkörpern scheinen. Nicht selten sieht man die Wetter­bäume in Mehrzal ziemlich gleichgestaltet und gleichlaufend neben einander, was auf parallele Luftströmungen zu deuten scheint. Bald ändern die Federwolken bei längerem aufmerksamen Beob­achten derselben unaufhaltsam, wenn auch nur in allmälichem Wandel, ihre Form, bald stehen sie auffallend lange in unver änderter Gestalt am Himmel. Sie sind ebenso oft die ersten Anfänger einer sich bildenden, wie sie die Ueberreste einer sich auflösenden Haufenwolke sind. Die Federwolken stehen meist hoch über dem Horizonte und nicht selten unmittelbar über unserem Scheitel, wohin sich die Haufenvolken seltuer versteigen.

Am wenigsten tun dies der Natur der Sache nach die Schichtwolken( stratus), welche sich fast immer an der unteren Partie des Himmels lagern und nicht selten unmittelbar auf dem Gesichtskreise aufliegen. Für die leztere Form, namentlich wenn sie breit und dicht ist und oben mit einer scharfen Linie ab­schneidet, glaubte Goethe die Bezeichnung paries, Wand, einfüren zu müssen, was mit dem Volksausdruck Wetterwand oder Wolkenwand übereinstimt. Die Schichtwolken, die wol keiner weiteren Beschreibung bedürfen, zeigen sich am häufigsten am Morgen- und Abendhimmel, und stehen wol mit der Nebelbildung, der durch schnellen Temperaturwechsel, wie ihn das Kommen und Scheiden der Sonne mit sich bringt, bedingt ist, in nahem Zu­sammenhang.

In dem Chaos von Gestaltungen, welches zwischen diesen drei Hauptformen liegt, hat Howard drei Ruhepunkte festgestellt, welche aus der Verschmelzung von je zweien von jenen hervorgehen. Auch sie sind uns allen bekant und beweisen den glücklichen Griff, den Howard in diese scheinbar so unbestimte Formenwelt getan hat.

Die Haufen- Schichtwolke( cumulostratus) ist eine der gewön­lichsten Himmelserscheinungen. Die meisten Haufenwolken haben eine mehr oder weniger ausgedehnte ebene Grundfläche, als wenn sie auf einer unsichtbaren festen Unterlage aufrühten. Zwischen einer solchen Haufenwolfe und einer Schichtwolfe, deren oberer Saum mit nur flachen gerundeten Buckeln bedeckt ist, liegen eine große Menge von Uebergängen und Zwischenformen.

Eigentlich ist der echte Cumulostratus diejenige Wolfe, welche dem bei ruhiger Luft von einem Eisenbahnzug auf einige Augens blicke hinter sich gelassenen Dampfstre.fen gleicht, wie wir sie in vielfacher Wiederholung übereinander namentlich am März- und Aprilhimmel sehen. Dann zeigt sich oft der ganze Himmel mit grauen Haufwolfen verhüllt, in denen eine geschichtete Gliederung in horizontalen Lagen herschend ist.