,, Junger Mann!" entgegnete ihm Franz ,,, es wird vielleicht desto besser gehen. Ein wahrer Künstler muß sich beherrschen und nicht beherrschen lassen. Sie sind ein wahrer Künster, also Mut!"

-

Die übliche Konzertpause war vorüber; über dem Publikum lag hier und da noch der Duft der Weihe, während andere sichtbar einen Gegensaz zu dem Ernste erwarteten, womöglich etwas Ker­niges und Kräftiges, um das Gleichgewicht in Seele und Ge­müt wieder herzustellen.

Sie hatten sich in dieser Er­wartung nicht getäuscht. Der Komponist hatte sich resignirt zum Vortrag seiner fünfmalhundert­tausend Teufel an das Piano­forte gesezt. Im Vertrauen auf die Nachsicht des Publikums, das er ja so oft erfreut, eingedenk der väterlichen Worte: Schmeiß nicht um!" begann er loszu legen", wie der Musikantenaus­druck lautet. Die Sache gelang wider alles Erwarten, denn schon nach den ersten Accorden hatte der Sängerkomponist sich und das Publikum so vergessen, daß er von dem Lärm, welcher nach den Worten ausbrach: Alle, alle, alle, alle durch das Schlüssel­loch" ganz betäubt war. Ea bedurfte Augenblicke der Fassung, um zu erkennen, daß dieser Lärm ganz energischer Applaus war.

Ha! pfeift der Wind aus dem Loch? flüsterte er sich zu, dann weiter. Jubelnd wurde das gleich darauf folgende Hurrah!" von ihm ausgerufen, und das Lied, das gerade von da ab sich musikalisch steigert, glänzend zu Ende geführt.

Wahre

Aequinoctialstürme

des Applauses durchbrausten den Sal; das Dekaporufen wollte fein Ende nehmen, Hoffmann sah sich gezwungen, das ganze Lied noch einmal zu geben, so­dann noch einmal auf stürmisches Verlangen und zur Beschwich tigung eines wahren Aufruhrs zulezt zum viertenmale noch die zweite Hälfte desselben.

Von allen Seiten wurde der

Glückliche umringt, er hatte mit dem Vortrag seiner Komposition an jenem Abend sozusagen den Vogel abgeschossen. Von jezt an bis den ganzen Winter hindurch empfing der Komponist Einla dungen zu Konzerten oder in Gesangvereine, wo

man sein

Lied zum Vortrag brachte oder

auch wo es von ihm selbst ge

jungen wurde.

359

Komposition hören mußte. Da hieß es denn oftmals: ,, Sie haben dem Anschein nach das Lied nur so aus dem Aermel geschüttelt!" oder: ,, Sie müssen eine glückliche Stunde gehabt haben, als Ihre Teufel ent­standen!"

Bergfahrt im Regen.( Seite 364.)

Nach einigen Monaten zählte Graben- Hoffmann zu den

populärsten und beliebtesten Persönlichkeiten Berlins , wo er in

Welcher Irrtum, nicht nur von Dilettanten, sondern selbst von Künstlern. Als ich den Komponisten über diesen Punkt befragte, entgegnete er mir weh­mütig lächelnd: ,, Nein, nicht Stunden, nicht Wochen, soviel ich mich erinnere, habe ich ge= braucht, che das Lied die Ge stalt gewonnen hatte, in welcher es später zu Gehör kam. Beim ersten Anlauf hatte ich, ohne alle Figurationen, nichts als die Me­lodie zur ersten Strophe, welche mir allerdings in einigen Mi­nuten gekommen war; doch dann wuchs es von Tag zu Tag, von Woche zu Woche, wie Doktor Faust's hinter dem Ofen ge­bannter Pudel."

Nach den hier geschilderten Erfolgen konnte es nicht fehlen, daß die Musikalienhändler auf das Lied fahndeten, und solches zu Anfang des Jahres 1847 im Druck erschien und mit Adler­schwingen die Reise um die Erde machte.

Gleich nach dem Erscheinen schrieb der damals in Leipzig lebende Dichter des Liedes: E. M. Dettinger in seinem ,, Charivari": ,, Die Komposition, 11 Seiten start, ist ein Spring­quell des umfassendsten Humors, ein Feuerwerk der zündendsten Melodieen. Champagnerschaum in Musik gesezt."

Offen gestanden hatte der Komponist zur Zeit dieses Schaf= fens durchaus keine Veranlassung zur Ausgelassenheit. Er befand sich vielmehr in der drückendsten Lage seines Lebens. Täglich warmi zu speisen oder sich an einem Seidel Bier zu laben, gehörte zu den frommen, unerfüllten Wünschen. Was war es also, das ihm einen so hohen Schwung verlich, der seinen Tönen eine so hinreißende Kraft und Beseligung verlieh, die in tausend und aber­tausend Herzen ein frendetrun­fenes Echo fand? Es war der göttliche Funke, die Freudig feit am Schaffen selbst, es war, wie Plato im ,, Phädrus " sagt, ,, jener unverwüstliche Trieb der Seele, zu dichten und zu ge­stalten, der selbst von dem Miß­flang und Widerstreit des Welt­lanfs nicht überwunden wird."

Um seine mißliche pekuniäre Lage zu verbessern, faßte er den Entschluß, einen Cyclus von drei Konzerten ins Leben zu

Gesellschaften oft sonderbare Fragen und Ansichten über seine rufen und zwar für den Winter von 1847 auf 48. Das Un