wahr ein Schopenhauer gelebt hat, schade nur, daß er eines sogenannten natürlichen Todes- Lungenschlag wie ordinär!
gestorben ist."
" 1
-
Er stieß mächtige Dampfwolfen von sich und fuhr dann fort: Aber ist nicht die blaue Bohne auch ein ordinäres Mittel, durch die Ausgangspforte des, Leben genannten, stückweisen Sterbens zur Nirvana einzugehen? Und wie ordinär? Der Banquier, der die ihm anvertrauten Gelder verschuldet hat, rafft sich zur einzigen vernünftigen und anständigen Handlung auf, deren solch' ein Kerl fähig ist, und vollzieht an sich das Ürteil: Tod durch Erschießen. Der Lieutenant, dem die Schulden bergehoch über die unfruchtbare Tiefebene seiner Schädelbedachung emporgewachsen sind, der hoffnungsvolle Gefreite, welcher in seinem Stolze auf die blanken Knöpfe seiner Uniform durch die feierliche Versichrung seines Kompagniechefs, daß er ein unverbesserlicher Schmierpeter sei, bis zum Verzweifeln gekränkt worden ist, sie und all' das übrige Gesindel der am Gelde, am Verstande und am Karakter Bankerotten greift zu dem Universalheilmittel für alle Schmerzen zur Kugel oder ihren in Gift, Strick u. s. w. bestehenden, noch weniger fashionablen Surrogaten. Jämmerlich - daß unsereiner auch da, wo er am guten Ende des elenden Lebens angekommen ist, solcher Sippe nicht entrinnen fann,- unſereiner, der nicht deshalb der Welt den Rücken kehrt, weil er kein Geld hat, sondern weil er zu viel hat, nicht weil sein Verstand und sein bischen Karakter beim Teufel ist, sondern grade weil er an Verstand und Karakter über die ihn umwim melnden zweibeinigen Kriechtiere emporragt, wie der Chim borasso über den Kreuzberg . Aber was ist da zu tun? Nichts weiter, als daß man sein seliges Ende etwas dramatischer und pikanter gestaltet, als es gemeinhin zu geschehen pflegt. Aber wie?"
-
-
-
Er machte eine Pause, warf das Mundstück der verrauchten Cigarrette mitten ins Zimmer, zündete sich eine frische an und hub von neuem langsam und halblaut vor sich hinredend an: „ Der Gedanke an Elfriede will mir seit den lezten Tagen nicht aus dem Kopf, wenn ich ihr eine lezte, größte Ehre erwiese--? Aber was wird dann aus Frank, dessen Begleitung im Grunde auch nicht übel wäre? Eine Lektion, eine derbe Lektion hat er sich redlich durch die gewalttätige Einmischung in die Angelegenheiten Steins verdient, aber wäre das eine Lektion?"
-
Er sprang auf und warf die kaum angebrannte Cigarrette weit von sich, um einigemale rasch im Zimmer auf und ab zu schreiten.
"
-
-
,, Nun wollen ja sehen! Vorerst an die Arbeit! Endlich einmal wieder etwas zu tun und insoweit ich dem Stein den tollen Frank vom Leibe halte, solange jener nach seiner Geliebten sucht und um sie kämpft, auch etwas nüzliches zu tun. Das ist ein würdiger Abschluß der Komödie, und es ist ganz in der Ordnung, wenn der Vorhang endlich fällt."
-
Er begab sich in sein Anfleidezimmer und machte sich binnen furzem zum Ausgehen fertig.
Gleichzeitig hatte er sein Cab anspannen lassen und nun fuhr er, mit eigner Hand futschirend, einen sehr jugendlichen Diener hinter sich in sausendem Trabe durch die Straßen der Stadt nach einer großen Restauration weit draußen in einer der Vorstädte, das wegen seines mehrere tausend Personen fassenden, mit prächtigen Baumpartien geschmückten Gartens im Sommer ein vielbeliebter Aufenthaltsort für die Bewohner der Hauptstadt war und in seinen großen Salräumlichkeiten von früh bis spät in die Nacht zalreich besucht war.
Ohne die windschnelle Gangart seines edlen Pferdes im geringsten zu mäßigen, fuhr David an dem stattlichen Portale des Restaurants vor, hielt es dann mit einzigem kraftvollen Ruck an dem Zügel an und sprang von seinem hohen Size so verwegen und gewandt zu Boden, als wäre er selbst ein Kunstreiter und Equilibrist.
Mehrere Studenten, die eben im Begriffe waren, in das Lokal einzutreten, wandten sich neugierig und ein wenig erstaunt nach ihm und und seinem Gefährt um.
" Ah der!" flüsterte der eine und der andre, während er
374
mitten durch sie hinschritt, ohne ihnen die mindeste Beachtung zu schenken.
Der eine der Studenten fügte hinzu, als David sich außer Hörweite befand:
„ Wie ein Modell für einen Mephisto ist mir dieser Mensch immer vorgekommen. Die scharfen Züge des Gesichts mit den dunklen, fast unheimlich starren und stechenden Augen, diese dünnen Lippen mit dem unverschämten, stereotypen Lächeln darum, während auf dem ganzen übrigen Gesichte abstoßende, menschenfeindliche Kälte lagert, diese mitunter zutage tretende tigerartige Gewandtheit der Bewegungen bei der gesuchten Ruhe, oder besser, der übertriebenen Pomadigkeit des gewöhnlichen äußeren Verhaltens, alles ganz so, wie ich es mir nur bei einem Stück Gottseibeiums in Menschengestalt denken kann!"
"
" Nana, Schleiermacher ," erwiderte einer der andern Studenten, das heißt dem da doch gar zuviel Ehre antun. Ein Gemisch von Plutokrat und Aristokrat, oder noch treffender von Börsenjude und Gardelieutenant von Börsenjude und Gardelieutenant weiter nichts, ein ganz unschädliches Individuum, den man blos nicht anzusehen braucht, wenn man sich nicht ärgern und in seinem allgemeinen Bierbehagen gestört sehen will."
,, Ob du das Zeug zu einem berühmten Menschenkenner und Psychologen hast, biedres Faß, möchte ich mir zu bezweifeln erlauben," antwortete der erste Sprecher." Ich will dir nur wünschen, daß du mit dem nie etwas Ernstliches zu tun hast, damit dein allgemeines Bierbehagen nicht empfindlich gestört werde."
Indessen waren die Studenten in den größten der Restaurationssäle eingetreten und gingen nach der Ecke, wo mehrere im rechten Winkel aufgestellte Tische ihren Stammsiz für den Frühschoppen bildeten.
„ Lächerlich!" brummte das Faß." Dem Kerl wollt' ich lehren, was ein bemooster Bursche, wie ich, für eine Klinge schlägt So'n Hasenfuß von Teologe freilich
-
"
Der Kellner brachte eben eine ganze Menge gefüllter Biergläser geschleppt, von denen Faß mit möglichster Beschleunigung eines anneftirte, um es sofort bis auf den lezten Tropfen zu leeren.
-
Willibald David hatte bereits Plaz genommen nicht weit von dem Stammtische der Studenten, die er durch sein goldgefaßtes Pincenez der Reihe nach musterte.
"
Von dem Frank feine Spur," brummte er gähnend vor sich hin.„ Es wäre verteufelt, wenn ich ihn nicht gleich hier erwischte. Kellner!"
Der Kellner, welcher der Sitte des Lokals folgend, ohne zu fragen ein Glas Bier vor David niedergestellt hatte und sich bereits wieder entfernte, kehrte zurück:
„ Der Herr befehlen?"
" Kennen Sie den Studenten von Frank?"
Der Kellner sah David verwundert an:
" Den Herrn Baron von Frank, der Erste von den Sueven ich habe die Ehre."
"
Kommt Frank täglich zum Frühschoppen?"
-
„ Der Herr Baron sind allerdings fast jeden Tag bei uns, aber oft nur auf einen Schoppen er tut, was er will, während die andern Sueven den Frühschoppen nicht schwänzen dürfen und auch nicht einzeln weggehen sollen. Doch da, sehen Sie, mein Herr, dort kommt der Herr Baron von Frank schon das ist ein patenter Student ein patenter Student- der nobelste auf der ganzen Universität und sehen Sie nur den herrlichen Leonberger, den er sich vor furzer Zeit angeschafft hat- ein Prachthund, wie ich in meinem ganzen Leben noch keinen Hund gesehen habe
-
"
daß der Kellner rot wurde vor Aerger über diese Art, die " Gut, gehen Sie," sagte David so kalt und verächtlich, Unterhaltung zu beendigen, und leise vor sich hin räſonnirend von dannen ging.
Frank, der raschen, elastischen Schrittes daher kam, wurde von seinen Bundesbrüdern lebhaft begrüßt.
,, n' Morgen Thor! s' ist famos, daß du heut so zeitig kommit du hältst hoffentlich auch wieder' mal' n ganzen Frühschoppen über bei uns aus!" rief der eine.