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Laßt ihn nur, den Liebling der Fortuna und der Venus !" rief der andere. Der hat beffres zu tun, als mit uns Früh­schoppen zu zechen. Denkt euch, als ich gestern Vormittag zu ihm ging, fam mir ein bildhübsches, reizend unternehmend aus­sehendes Mädchen auf der Treppe entgegen, das ihm wie ich eine Morgenvisite machen wollte und schon zum zweitenmale, wie mir seine in gewisser Beziehung riesig tolerante Wirtin sagte, vergeblich zuhause gesucht hätte.

Thor , ich komm dir' n Ganzen auf's Spezielle," rief Faß dazwischen. Alles, was du liebst, soll leben."

Alles, was ich liebe!" sagte der Angeredete achselzuckend

Zum Kapitel Weltsprache

schreibt der berühmte Sprachforscher Max Müller in Rodenbergs ,, Deutscher Rundschau" folgendes ganz besonders Beherzigenswerte: Was will die Sprache?

Sie will gar vieles, und vieles hat sie vollbracht. Ja alles, was wir sind und was wir haben, nennt es, wie ihr wollt: Denken, Wissen, Schaffen, ohne die Sprache wäre es nicht.

Was wollte aber die Sprache vor allem, als sie hervorbrach in Tönen und die Worte auf Flügeln des Gesanges herausflogen in die weite Welt. Sie wollte die fremden Menschen rufen wie der Vogel den Vogel rust, sie wollte die dunkeln Nebel zerstreuen, welche den Nächsten vor den Blicken des Nächsten verhüllen, sie wollte die alten Freunde wieder versammeln aus Weit und Fern. Millionen wollte sie umschlingen und das erste Wort war der erste Gruß, der erste Kuß der ganzen Welt.

Aber was die Sprache gewollt, das haben die Sprachen zerstört. Die Sprachen vereinigen die Menschen nicht, sie trennen sie, mächtiger als Meere und Berge. Die Vögel im Walde verstehen noch immer ihren alten Ruf; die Menschen verstehen sich nicht mehr. Wie ein Vogel im Käfig, so ist der Menschengeist in seiner eigenen Sprache ge­fangen. Er strebt hinaus in die frische, freie Luft, aber die eisernen Stäbe der Sprache treiben ihn zurück, bis er endlich den alten Traum der Menschheit vergißt, und die Menschen, die in anderen Käfigen leben, Schwäzer( Mlêkkha), Stumme( Njemtz), wenn nicht Barbaren nennt.

Da gibt es nun sehr weise Leute, die sagen uns, es müßte so sein, es könnte gar nicht anders sein. Es war keine Strafe, sagen sie, daß die Sprachen verrückt wurden, so daß keiner des andern Sprache ver­nahm": es war ein Segen, daß die Menschheit sich trennte, denn nur so fonnte in vielen kleinen Kreisen der ganze Reichtum der Menschen­natur verwirklicht werden.

Schön! schön! Es gibt eine Weisheit, die meint, daß alles, was wirklich ist, vernünftig ist. Es gibt aber auch eine andere Weisheit, die dafür sorgt, daß etwas wenigstens von dem, was vernünftig ist, wirklich werde.

Die etwa tausend Sprachen der Menschheit sind die reine Unver­nunft, denn was sich selbst widerspricht, ist und bleibt troz aller Philo­sophie unvernünftig, und daß eine Brücke ein Graben sei, das wider­spricht sich selbst.

Nun ist aber das Reich der Unvernunft gar groß und mächtig und läßt sich nicht auf einmal über den Hausen werfen. Auch sind seine Minister gar fluge Leute. Niemand spricht so vernünftig als diese Priester der heiligen Unvernunft. Wollen sie etwas recht Schlechtes verteidigen, so ziehen sie in Mönchskutten einher. Wenn sie etwas recht Dummes 3u jagen haben, legen sie den akademischen Talar an. Gibt es etwas wahrhaft Gemeinnüziges zu hintertreiben, so seßen sie die phrygische Müze auf, oder schmüden sich mit vaterländischen Farben und Fahnen.

So haben sie unter der Maske des Patriotismus die Völker be­redet, daß es nichts Unantastbareres, nichts Heiligeres gebe, als ihre Muttersprache und daß ein Volk aufhöre ein Volk zu sein, wenn es seine Sprache aufgibt. Die Walliser sollten nur immer wallisisch, die Ballonen wallonisch sprechen und schreiben, sonst begingen sie Hoch­verrat an sich und an ihren Vätern. Jezt gibt es faum eine Sprache, faum ein Volk, flein oder groß, das nicht zu dieser Lehre bekehrt wäre.

Japan allein macht eine Ausnahme und beschämt die ganze Welt. Als dieses Volk von gegen 35 Millionen, mit einer Zivilisation und Literatur älter als die meisten Europas , aus seinem Schlummer er­wachte und eine Welt um sich sah, in der es fremd und unverstanden dastand, fühlte es, daß es mit seiner Sprache, wie mit einer Kugel am Fuße, nie in den Wettlauf der Menschheit eintreten fönne. Und die wahren Patrioten des Landes, denen das Wohl der Nachwelt mehr am Herzen lag, als die Bequemlichkeit ihrer Mitwelt, beschlossen, daß in allen Schulen des Landes Englisch gelehrt werde, damit das heran­wachsende Geschlecht in geistigen Verkehr treten könne mit dem Volke don England und Amerita, ja mit den Pflanzstätten der ganzen Welt.

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und kühl. Das wäre nicht übermäßig viel wenigstens der Zal nach. Und was den bildhübschen Besuch enlangt, so will ich ihn der Couleur schenken, wenn ihr wollt; ich brauch' ihn nicht, ich war der Kleinen nur ein halbes Duzend Flaschen Champagner schuldig für einen Dienst, mit dem weder Venus noch Fortuna etwas zu schaffen haben, viel eher Eris, die Göttin des Streites

"

Er spricht in Rätseln, wie so oft," meinte Schleiermacher , laßt ihn nur. Seine Wege sind nicht unsre Wege und seine Gedanken sind nicht unsre Gedanken--" David hatte kein Wort von alledem verloren.

( Fortsezung folgt.)

Voetische Aehrenlese.

Es klopft des Frühlings

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Es klopft des Frühlings grüne Hand An Herzen jezt und Türen, Und wer dies Klopfen recht verstand, Läßt gerne sich verführen.

Der Schnee zerfließt im tiefen Tal Vor seines Odems Wunder; Wer's redlich meint, folgt mir zumal Zur Laube von Hollunder .

Den vollen Becher an den Mund, Bei heitern Frühlingsstimmen Seh' ich in seinem goldnen Grund Des Liebchens Bildnis schwimmen. Wenn Sorge mir das Herz zerreißt, Heut wird sie flugs vertrieben, So fühl' ich erst, was Leben heißt, Was Frömmigkeit und Lieben.

Dem Winke der Pedanten taub Schwelg' ich in Lenzesgaben, Und will mich statt im Bücherstaub Im Blütenstaub begraben.

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Adolf Böttger .

Pfahldorf.( Illustr. S. 369). Am Schlusse des größeren Artikels: Die Urkunden des Menschengeschlechts in Nr. 25 und 26 ist jener Wohnungen unserer Vorfahren gedacht worden, die auf im Wasser eingerammtem oder versenkten Pfahlwerk errichtet waren. Unser Bild bringt nun die Rekonstruktion eines solchen Pfahldorfes im Züricher See, wo man bekanntlich in den fünfziger Jahren eine große Anzahl von Spuren dieser eigentümlichen früheren menschlichen Behausungen gefunden. Um die Szene zu beleben, teils wol auch um unsere An­schauungen über jene längst entschwundene Zeit zu bereichern, hat der Zeichner uns auch zugleich im Vordergrunde die Bewohner jener Hütten, wie sie mit ihrer Beute von der Jagd heimkehren, geschildert. Daß das Wohnen und Leben damals nicht besonders schön und heiter ge­wesen sein mag, lehrt das stumme Bild in sehr beredter Sprache und überhebt uns so jeder weiteren Auseinandersezung. Von Pfahlbauten hat man schon seit alten Zeiten gewußt, und schon die altgriechischen Schriftsteller erzählen davon. Aber seit jener Entdeckung im See bei Zürich durch Dr. Ferdinand Keller wie in anderen Seen der Schweiz hat man auch an anderen Orten Europas nachgeforscht und leberreste von solchen Pfahlbauten bei Wismar , in mährischen Flüssen und Seen, in den Seen des bairischen Hochlandes, im Gardasee und andern ober­italischen Seen, bei Pyriz in Hinterpommern und im Rykflusse Neu­vorpommerns, aufgefunden. Aber auch in anderen Weltteilen trafen die Europäer auf solche in Flüssen und Seen erbaute Pfahlwohnungen. Andere Völkerschaften wie z. B. die Insulaner Ostasiens wohnen auch auf dem Lande in Hütten, die von hochstehenden Pfählen getragen werden. Was bei den alten Völkern Veranlassung gewesen sein mag, diesen Brauch einzuführen, ist wol noch nicht genügend erkannt worden, so bedeutend auch das Material ist, welches die Pfahlbauten für die Vorgeschichte der Menschheit geliefert haben. Zum Schluß teilen wir unsern Lesern noch mit, daß der Entdecker der schweizer Pfahlbauten am 21. Juli 1881 im Alter von 81 Jahren gestorben ist. Anfangs

bell die Muttersprache deshalb ausgerottet werden? Nein, ie jolt hielt man die Mitteilungen über ſeine Entdedung für ein Mängu

bleiben und wird bleiben für lange Zeiten, als die heimliche und ver trauliche des Hauses und des Herdes, der Liebe und des Leides, so wie die Schleswig- Holsteiner ihre Moder prat so slicht und recht" sich nicht wollen rauben lassen, trozdem sie auf dem Schlachtfelde des Geistes die Sprache Luthers und Goethes ebenso fräftig zu schwingen wissen, wie Schwaben und Baiern .

und erst als man sich der Pfähle im Neuenburger und anderer schweizer Seen erinnerte und nähere Forschungen anstellte, fing man an, seine Behauptungen glaubwürdig zu finden. Aber auch erst dann besannen sich die Philologen auf die Stellen in den alten Schriftstellern, welche

gleichfalls von solchen Pfahlwohnungen berichten.

nrt.