Auf Schloß Ambras führte man ein Trinkbuch, in das sich alle einzeichneten, welche den 3 Maß haltenden Willekumbecher schwangen und die Reihe der Frauen eröffnet niemand anders als die bekannte Philippine Welserin( 1557); ihr folgen eine stattliche Reihe fester Trinker weiblichen Geschlechts.
Vielfach angezogen und deshalb weit bekannt ist die Trinkordnung Ernst des Frommen von Sachsen- Gota vom Jahre 1648. Da heißt es:„ Zum Untertrunck vor unser Gemahlin soll an Bier und Wein, soviel dieselbe begehren wird, gefolget werden. Vors gräfliche und adelige Frauenzimmer aber 4 Maß Bier und des Abends zum Abschenken 3 Maß Bier; vor die Frau Hofmeisterin und zwo Jungfern und vor die Mädgen wird gegeben von Ostern bis Michaelis Vormittags um 9 Uhr auf jede Person 1 Maß Bier und Nachmittags 4 Uhr ebenso viel."
Die Teilnahme der Fräulein an Studentenkneipereien ist belegt durch die Entscheidung, daß einem Studenten seine Nachbarin helfen dürfe, wenn er nicht floricos auszutrinken vermöchte; floricos trinken heißt: das Gefäß mit den Lippen umschließen und mit einem Sturm das Getränk in die Gurgel gießen, daher denn aus Wiedertrieb des Atems kleine Bläschen auffahren, welche die Unsern flores, zu deutsch Blümlein nennen. Diese Sitte des Mittrinkens mag denn die Trinkfertigkeit der Damen wohl ausgebildet haben. 1737 erschien in Halle noch eine gelehrte Abhandlung: de ebrietate mulierum: über die Trunksucht der Frauen.
Aus gleicher Zeit datirt wohl ein Schwank, in welchem eine Frau auf dem Grund des Bechers, aus dem sie stets trank, Gott den Herrn bilden ließ und ihrem Manne, der sie schalt, erwiederte, man müsse immer den Herrn vor Augen haben. Der aber läßt einen Satan dahin prägen, und mun meint die immer noch trinkluſtige fromme Frau, dem Teufel
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müsse man soviel als möglich Abbruch tun, und trinft weiter!.
Um unsre deutschen Frauen aber wieder zu versöhnen, wenden wir unsre Blicke wieder ins Ausland. Das Liqueurchen spielte in Frankreich eine große Rolle: Marianne von Bourbon soll ihm geradezu zum Opfer gefallen sein und Katarina II. von Rußland liebte das gebrannte Wasser mit moskowitischem Entusiasmus.
Das Altertum ist voll von Belegen für die hohe Bacchus verehrung durch leistungsfähige Priesterinnen. In den Ruinen Tebens finden wir auf einem Wandgemälde, ein Zechgelag darstellend, eine bedenklich angegriffene ägyptische Dame, und der weise Jesus Sirach muß deren beim Volke Israel auch kennen gelernt haben, denn er warnt:„ Ein trunken Weib ist eine große Plage."
Bei den Römern befolgten nicht alle, namentlich nicht die Damen der liderlichen Kaiserzeit, die Vorschriften der alten Sitte. Ja schon Horaz beklagt das arme Weiblein, die nicht Amors Spiele spielt und das Herzensweh mit Wein vertreibt. Auch von allzu reichlich dem Bacchus opfernden jungen und alten Weibern weiß er ein Liedchen zu singen. Auch die pompejanischen Wandgemälde belegen dasselbe. Auf einem der selben stehen zwei Mädchen in einer Kneipe und die Kellnerin spendet ihnen Getränke.„ Ist das mein?" fragt die eine; die andre entgegnet" Mein ist's nicht!" Die Kellnerin bemerkt dazu„ Trink wer will! Komm Oceane, komm und trink!"
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Unsre Leserinnen werden uns dieses ungalante Kapitelchen hoffentlich nicht für ungut nehmen: wir trinken selbst gern ein gutes„ Schöppeli" und wissen nicht, ob dereinst uns nicht auch ein Text aus diesem Kapitel gelesen werden wird. Deshalb wollen wir bei Zeiten vorbeugen!
Im Kampf wider alle. Roman von Ferdinand Stiller.
Franz Stein war von David fortgeeilt, um sich zur Post zu begeben. Möglich, fast wahrscheinlich dünkte es ihm, daß er da Nachricht über den bisherigen Aufenthaltsort seiner Frieda zu erhalten vermöchte. Er hatte erst in den lezten Tagen an sie geschrieben; jeder seiner Briefe trug die Adresse des Absenders, also hätte ein Schreiben, das seinen Adressaten nicht zu erreichen vermocht hätte, in seine Hände zurückgelangen müssen. Die immerhin nicht sonderlich zuverlässige Hoffnung beflügelte seine Schritte; er stürmte so rasch vorwärts, daß viele der ihm Begegnenden stehen blieben und ihm verwundert nachschauten.
Sein Weg führte ihn am Weißen Adler vorüber. Er gedachte den Portier im Vorübereilen zu verständigen, daß viel leicht jemand nach ihm fragen werde und daß er vorläufig direkten Weges nach der Post gegangen sei, woher er sofort wieder in das Hotel zurückkehren oder Nachricht senden werde, wo er in den nächsten Stunden aufzusuchen sei.
Der, für den diese Mitteilung hauptsächlich bestimmt war, brauchte sie nicht erst aus zweiter Hand in Empfang nehmen, er stand schon seit einer halben Stunde an der Hoteltür und wartete sehnsüchtigst auf den nobelsten Menschen, der ihm jemals in seiner Schuldienerlaufbahn vorgekommen war.
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" Ah, gnädiger Herr, da sind Sie ja," rief er Franz Stein schon auf zwanzig Schritt Entfernung entgegen, anders als durch die Anrede gnädiger Herr" wußte er seiner riesigen Hochachtung nicht den ihm unbedingt nötig scheinenden Ausdruck zu geben, ich warte schon wer weiß wie lange
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Bringen Sie jezt schon Nachricht, Mann?" fiel ihm Stein ins Wort.„ Sprechen Sie, schnell!"
O s'ist wenigstens was, was ich raus hab, wenn auch nicht alles, aber ich wollt' es Ihnen doch gleich melden. Wir haben nämlich eine Muhme, die hat für's Fräulein Haßler immer gewaschen und auch Wäsche genäht und die wohnt ganz in meiner
( 31. Fortsezung.)
Nähe. Die hab' ich also gestempelt, daß sie zu unsrer Frau Direktorin gegangen ist, und der gesagt hat, sie müsse das Fräulein notwendig was fragen, wo sie sich da hinwenden solle. Und unsre Frau Direktorin hat auch garnichts gemerkt und hat ja gesagt, da müßte sie schon schreiben, denn's Fräulein Haßler wäre verreist und käme nicht bald wieder. Den Brief brauchte sie aber nicht auf die Post zu geben, sondern sollte ihn bei unserm Herrn Konsistorialrat abgeben, der würde das nötige ver
mitteln.
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Franz Stein atmete hoch auf.
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„ Sie lebt sie lebt wirklich!" drängte es sich leise über seine Lippen und laut fügte er hinzu:" Wie heißt dieser Konsistorialrat?"
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„ Kölle Sr. Hochwürden der Herr Konsistorialrat Kölle." Dieser ein Ortodoxer reinsten Wassers, ah, ganz richtig auch Ihre Direktorin ist ja eine ganz außerordentlich fromme Dame."
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Der Schuldiener sah sich vorsichtig um. Dann nickte er. ,, Na und wie die fromm ist zum Davonlaufen manchmal, Herr, rein zum Davonlaufen."
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" Nun fange ich an zu begreifen," sagte Franz Stein laut zu sich selbst,„, es galt eine Seele zu retten, was die Frau Krause zu ihrem Hasse gegen mich treibt und den Konsistorialrat zu ihrem Bundesgenossen zu machen geeignet ist, erscheint klar genug. Aber Frieda selbst, sie, sie kann doch nicht so schwach sein, sich aus solchen Beweggründen von mir entfernen zu lassen
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Er sah einen Augenblick düster sinnend vor sich hin. Der Schuldiener redete ihn wieder an:
„ Ich denke Ihnen heute noch mehr melden zu können, gnädiger Herr. Vielleicht kann die Muhme
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, Senden Sie Ihre Verwandte sogleich zum Konsistorialrat,