Aus allen Winkeln der Zeitliteratur.

Muhamedanische Propheten der Gegenwart. Der Muhamedanis­mus hat das Vergnügen und den Vorzug vor allen unseren europäi­schen Religionen, heute noch lebendige Propheten aufweisen zu können. Im August vorigen Jahres erklärte sich Fattis Mohamed im ägyp= tischen Sudan   als Prophet; zugleich empörte er sich gegen die ägyp= tische Regierung, deren Vertreter er war, besezte die Insel Aba im Weißen Nil   und schlug die gegen ihn ausgesandten Regierungstruppen auf's. Haupt. Darauf brachte er die Araber zwischen dem Weißen Nil  und der Südgrenze von Kordofan unter seine Herrschaft und vermehrte durch sie seine Armee auf die Zahl von mehreren tausend Reitern, welche mit den 450 Mann Soldaten, die im Verein mit 50 Schiauk­negern im Dezember vom Gouverneur von Faschoda gegen ihn geführt wurden, leicht fertig wurden. Am 8. Dezember wurden die ägyptischen Truppen am Berge Gedir bis auf drei Mann in die Pfanne gehauen und 450 Remingtongewehre mit dem gesammten sehr beträchtlichen Munitionsvorrat erbeutet. Die ägyptische Regierung hat nun in aller Eile soviel Truppen zusammengerafft, als sie verfügbar fand und unter dem Kommando des aus Deutschland   stammenden Giegler Pascha   gegen den Propheten abgesendet. Dieser besizt aber eine vorzügliche Position in schwer zugänglichen, von dürren Steppen umschlossenen Bergen und wird nach seinen bisherigen Erfolgen unter allen benachbarten Stämmen Bundesgenossen in hellen Mengen finden. Daher dürfte dieser Pro­phetenkrieg noch nicht sobald sein Ende erreichen und vielleicht für Aegyptens Machtstellung gefährlich werden.

Finanzielle Ergebnisse der Ausstellungen von 1881. Die meisten der zahlreichen Ausstellungen des verflossenen Jahres haben finanziell ungünstig abgeschlossen. Nur ein par sind so glücklich gewesen, Ueber­schüsse zu erzielen; bei ein par anderen werden Erträge und Kosten sich etwa die Wage halten, während die übrigen mit Unter- Bilanzen zu kämpfen haben. Ohne für die Genauigkeit der folgenden Zahlen eine Gewähr zu übernehmen, bringen wir nach verschiedenen Quellen die folgende bezügliche Zusammenstellung: Günstige Abschlüsse haben erzielt: Die internationale Elektrizitätsausstellung in Paris  , welche einen Ueberschuß von etwa 400 000 Ffrs. lieferte und die württembergische Lan­desgewerbeausstellung in Stuttgart  ; leztere soll einen Ueberschuß von 300 000 Mart geliefert haben. Die Reihe derjenigen Ausstellungen, bei welchen Kosten und Einnahmen sich ausgleichen oder doch das Defizit nur gering ist, bildeten die schlesische Industrieausstellung zu Breslau  , die badische Kunst- und Industrieausstellung zu Karlsruhe  , die bauge= werbliche Ausstellung zu Braunschweig  . Anzufügen ist dieser Reihe auch noch die allgemeine Jagdausstellung zu Cleve. Mit Unterbilanzen haben geschlossen: Die sächsisch- thüringische Ausstellung zu Halle ( 100 000 Mart Defizit) und die Allgem. Patent- und Musterschuz- Aus­stellung zu Frankfurt   a. M.( ca. 500 000 Mark Defizit). Wir reihen diesen Daten, die im Augenblide erst bekannt werdenden genaueren Er­gebnisse der internationalen Pariser   Ausstellung von 1878 an: Man hatte für dieselbe ein Defizit von 10 000 000 Frts. in Anschlag gebracht; dasselbe hat sich indessen mehr als verdreifacht, indem die Ausgaben teils beträchtlich höher und die Einnahmen erheblich niedriger ausge­fallen sind, als man geschäzt hatte. Es steht demnach der Summe der Ausgaben von 55 775 000 Frks. nur eine Gesammt- Einnahme von 24 350 000 Frts. gegenüber, so daß ein Defizit von nicht weniger als 31 425 000 Frts. heraus kommt. Interessant werden insbesondere die beiden Posten: Einnahme an Eintrittsgeldern 13 379 638 Frts. und Ein­nahmen aus den Verkauf der Baulichkeiten 2c. 3 440 000 Frfs., welche um 620 362 Frks. und bezw. 560 000 Frks. hinter den Voranschlägen zurück blieben.

Neuentdecktes Homermanuskript. Vor kurzem ging die Nachricht durch die Blätter, daß ein Gelehrter Herr Kokkos in Athen   ein Homer­manuskript entdeckt habe, welches über manches Dunkle und Zweifelhafte in Bezug auf den großen altgriechischen Dichter volles Licht verbreite und daher von unschäzbarem Werte sei. Die internationale Revue ,, Auf der Höhe" publizit nun einen Brief des Herrn Kokkos an Sacher Masoch  , dem wir folgende interessante Stelle wörtlich entnehmen.

,, Vor einiger Zeit hatte ich mich nach Athen   begeben, um einige auf die Werke des Photius bezügliche Notizen zu sammeln. In der Schazkammer eines Klosters entdeckte ich eine ganz alte Papyrusrolle, auf welche die Verse Homers   von Theophrastus   dem Athener   aus der Olympiade während der Dauer des Archontenamtes des Simonides ge­schrieben sind.

Deutlich kann man darin lesen, daß der göttliche Dichter in einer ganz anderen Stadt und keiner der sieben Städte, welche sich um die Ehre seiner Geburt streiten, geboren wurde; er wurde in Ithaka   geboren und war ein Zeitgenosse Lykurgs, welcher auf seinen Reisen die Dich­tungen Homers   fand und nach dem eigentlichen Griechenland   brachte.

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Nach dem Papyrus hieß der Vater des Dichters Philomenos und seine Mutter Gryjais. Man liest außerdem auch noch in dem Manuskript, daß Homer   die Erzählung des Zuges gegen die Trojaner in den Archiven der Insel Ithaka   gefunden hatte, wie auch den des Kataloges, welchen er am Ende des Buches der Iliade erwähnt. Prinz Andronikus  , der Sohn Manuels und Bruder des lezten Kaiser von Byzanz, Johann und Konstantin Paläologos, brachte es im Jahre 1428 nach Christi Geburt  dorthin.

Auf der Rückseite des Papyrus sieht man viele alte und moderne Namensunterschriften, unter welchen man die des Adronikus deutlich

erkennt."

Ueber den Einfluß der gewerblichen Beschäftigung auf das Gehirn des Menschen veröffentlichen englische Zeitungen eine interessante Statistik. Hiernach mußten im lezten Jahre von 5234 Ingenieuren 24 ins Jrren­haus gebracht werden, während von 5804 Malern und Bildhauern nur 16 einen solchen Schicksal verfielen. Von etwa 32000 Architekten und Kontraktoren wurden nur 25 in solcher Weise betroffen, während von 20 694 Geistlichen 35 den Verstand verloren. Am günstigsten stellt sich das Verhältnis bei Schriftstellern und ähnlichen Gewerben. Von 139 143 mit schriftstellerischen Arbeiten beschäftigten Personen, wie Jour nalisten, Reportern, Uebersezern u. dgl. wurden nur 12 irrsinnig. Einen bedeutenden Beitrag zur Zahl der Geisteskranken liefern die Maurer und Steinhauer, bei denen von 234 778 nicht weniger als 145 dem Wahnsinn verfielen. Noch höher ist der Prozentsaz, den die Anstreicher, Weißer und Tapezirer zur erwähnten Kategorie liefern. Auf 106 824 kommen nämlich 132. Von 205 624 Zimmerleuten erlitten 174 Stö­rung ihrer Gehirnfunktionen. Leider ist, wie es scheint, diese Statistik nicht auf Gewerbe mit Fabrikbetrieb ausgedehnt. Von großem In­teresse wäre es, zu erfahren, in welcher Weise das Lärmen und das monotone Einerlei der Fabrikarbeit auf das Gehirn einwirkt. Gewiß eine dankbare Aufgabe für einen Forscher!

Für Haus und Hof.

Billige und gute Bettmatrazen. Eine der vorzüglichsten Füllungen für Matrazen, des Strohsacs, den in Ermangelung von Springfeder rahmen der größte Teil der schlafenden Menschheit zu benüzen gezwungen ist, ist der sogenannte cornhusk, die Blätter des Mais, welche unmit telbar die Fruchtkolben einhüllen. In den Vereinigten Staaten   wird dieses cornhusk allgemein zu dem genannten Zwede benuzt, und wenn in Deutschland   der Anbau von Mais auch verhältnismäßig gering ist, so dürfte es manchem doch leicht sein, genanntes Material in genügendem Maße erhalten zu können, da es in der Landwirtschaft doch wohl nur als Streu zu benuzen ist. Das Cornhusk zeichnet sich dadurch vor­teilhaft vor Stroh, Seegras und dergleichen aus, daß es stets locker und trocken bleibt, nicht stäubt, und sich nicht zerreibt. Vor dem Ge­brauch ist dieses Maisstroh an der Luft zu trodnen und man tut gut, jedes Blatt vermittelst einer Gabel aufzusplitten, wodurch die Lockerkeit der Matraze gesteigert und eine öftere Ausschüttelung nötig wird.

Ratgeber für Gesundheitspflege.

Berlin  . O. O. Der Arzt, welcher Ihnen sagte, daß es mit Ihnen leider nichts auf sich hätte, befand sich jedenfalls im Recht. Medi tamente, Bitterwasser und dergleichen lassen Sie ruhig beiseite. Fahren Sie fort, mäßig und Ihren Bedürfnissen gemäß zu leben.

Redaktions Korrespondenz.

Leipzig  . N. H. Geschichten wie die, welche Sie uns zur Aufnahme in die N. W.   eingesendet haben, sind gut gemeint, aber zeugen doch von einer gar zu jugend lichen Auffassung von Welt und Leben.

Breslau  . A. G.   Genügend als Adresse des betreffenden brasilianischen Korre spondenten u. Bl. ist: A. Schneider, Curitiba  , Provinz Parana  , Brasilien  .

Zwickau  , Lina 3. Die Paragraphen der sächsischen Gesindeordnung, welche auf Ihren Fall in Annendung fommen, sind folgende,§ 74: Wenn ein Dienstbote während des Dienstes erkrankt, so ist hinsichtlich der Verbindlichkeit zur Krankenpflege und zu Bestreitung der Kurkosten zu unterscheiden: 1. ob die Krankheit lediglich aus natürlichen Ursachen, oder 2. durch eigene grobe Verschuldung des Dienstboten, oder 3. durch grobe Verschuldung der Dienstherrschaft entstanden, oder 4. ob sie eine unmittel bare Folge der Dienstverrichtungen sei. Bleibt zweifelhaft, ob die Krankheit als eine Verschuldung des Dienstboten oder der Dienstherrschaft oder der Dienstverrichtungen anzusehen sei, so streitet die Vermutung dafür, daß die Krankheit durch eine natürliche Ursache entstanden sei.§ 75. Im ersten Falle hat bis zu dem Zeitpunkte der wirk lichen Aufhebung des Dienstvertrages(§ 83) die Herrschaft für die Kur und Pflege des Dienstboten zu sorgen, darf ihm auch solchenfalls die baar verwendeten Kosten, nicht aber die Bezahlung eines Stellvertreters auf das Lohn- und Kostgeld anrechnen. Lezteres findet auch nicht statt, wenn die Dienstherrschaft den Dienstboten zwar nicht ganz entlassen, sondern nur der Kur halber einstweilen aus dem Hause entfernen will. Mit der Aufgebung des Dienstes hört dagegen der Anspruch auf weiteres Lohn- und Koftgeld auf.§ 83. Krankheit, von welcher der Dienstbote während des Dienstes be fallen wird, ist auf beiden Seiten nur dann ein Grund, den Dienstvertrag aufzuheben, wenn selbige entweder an sich zum Dienste unfähig macht, oder länger als 14 Tage ohne Aussicht auf baldige Genesung dauert.

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Inhalt: Verschlungene Lebenswege. Roman von Franz Carion.( Forts.)- Iphigenie auf Tauris. Von Dr. Richard Ernst. Eine neue ( Schluß.) Religiöses Leben und Treiben bei den Juden der Gegenwart. Von Maximilian Dittrich.( Fortsezung statt Schluß.) Von einem Zaunkönig. Neue Funde in den schweizer Pfahlbauten. Deutsches Reichsgeld, echtes Entlarvung spiritistischen Humbugs. Balmenwald auf den Samoainseln.( Mit Jalustr.) Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: und falsches. Alphornbläser.( Mit Jllustr.) Muhamedanische Propheten der Gegenwart. Finanzielle Ergebnisse der Ausstellungen von 1881. Neuentdedtes Homermanusfript. den Einfluß der gewerblichen Beschäftigung auf das Gehirn des Menschen. Für Haus und Hof: Billige und gute Bettmatrazen.- Ratgeber für Gesundheitspflege.- Redaktions- Korrespondenz.

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Verantwortlicher Redakteur Bruno Geiser   in Stuttgart.  ( Neue Weinsteige 23.) Expedition: Ludwigstraße 26 in Stuttgart  . Drud und Verlag von J. H. W. Dies in Stuttgart  .

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